Outsourcing nach der Reform des VAG

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Transkript:

Outsourcing nach der Reform des VAG Versicherungswissenschaftlicher Verein in Hamburg e.v. Dr. Martin Schaaf Hamburg 28.10.2016 1

Agenda Einführung Begriff der Ausgliederung (Outsourcing) Ausgliederung wichtiger Funktionen / Versicherungstätigkeiten Risikoanalyse / Auswahl des Dienstleisters Inhalt von Outsourcing-Verträgen Besondere Fälle von Outsourcing 2

Einführung Das aufsichtsrechtliche Regime für Outsourcing-Vorgänge hat sich durch Umsetzung von Solvency II seit 01.01.2016 verändert. Veränderungen betreffen den aufsichtsrechtlichen Bezugspunkt für das Outsourcing, den Inhalt von Outsourcing-Verträgen sowie die entsprechenden Governance-Vorgaben. 32 VAG 2016 Zentrale Vorschrift zur Ausgliederung Ersetzt Vorgängerregelung des 64a Abs. 4 VAG a.f. Setzt Art. 38 und 49 der Solvency II-RL um. Richtlinienvorgaben konkretisiert durch Art. 274 DVO. 19.10.2016: BaFin hat Entwurf eines Rundschreibens 09/2016 ( MaGo ) zur Konsultation veröffentlicht, wird BaFin- Auslegungsentscheidung v. 21.12.2015 zum Outsourcing ersetzen 3

Agenda Einführung Begriff der Ausgliederung (Outsourcing) Ausgliederung wichtiger Funktionen / Versicherungstätigkeiten Risikoanalyse / Auswahl des Dienstleisters Inhalt von Outsourcing-Verträgen Besondere Fälle von Outsourcing 4

Begriff der Ausgliederung Begriff der Ausgliederung in 32 VAG Keine Unterscheidung mehr zw. Funktionsausgliederungen und Dienstleistungsverträgen (so noch 64a Abs. 4 VAG a.f.). Der Begriff der Ausgliederung ist mithin nicht mehr im (engen) Rechtssinne einer Funktionsausgliederung zu verstehen. Vielmehr ist Begriff nun Synonym zu dem in der Solvency II-RL verwendeten Begriff des Outsourcing. Legaldefinition Ausgliederung ( 7 Nr. 2 VAG): = eine Vereinbarung [ ] zwischen einem VU und einem Dienstleister, auf Grund derer der Dienstleister [ ] einen Prozess, eine Dienstleistung oder eine Tätigkeit erbringt, die ansonsten vom VU selbst erbracht werden würde; [ ]. Folglich ist Outsourcing begrifflich extrem weit gefasst. 5

Begriff der Ausgliederung Notwendige Eingrenzung: 32 VAG stellt auf die Ausgliederung von Funktionen und Versicherungstätigkeiten ab (vgl. auch Art. 49 Solvency II-RL). Legaldefinition Funktion ( 7 Nr. 9 VAG): Interne Kapazität innerhalb der Geschäftsorganisation. Die vier Schlüsselfunktionen werden explizit vom Begriff umfasst. 6

Begriff der Ausgliederung Hingegen keine Legaldefinition von Versicherungstätigkeit. Aus Art. 13 Nr. 7, 28 Solvency II-RL wird aber abgeleitet, dass nur das eigentliche versicherungstechn. Kerngeschäft gemeint sein kann. Diese Auslegung wird von BaFin ausdrücklich anerkannt (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 247). Nach Ansicht der BaFin könnte die allgemeine Missstandsaufsicht aber auch nicht versicherungstypische Auslagerungen betreffen. Bsp.: Mitarbeiterausfall infolge salmonellenverseuchten Essens im vom externen Dienstleister betriebenen Kantinenbetrieb (BaFin, Outsourcing, 21.12.2015, Rn. 15; MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 247) Kritik: Vollharmonisierung unter Solvency II steht nach h.lit. einer Missstandsaufsicht bisheriger Prägung entgegen. 7

Begriff der Ausgliederung Ist jede ausgelagerte versicherungstypische Tätigkeit Outsourcing? Nein! Wenn ausgegliederter Bereich von ganz untergeordneter Bedeutung, kein Outsourcing (aufsichtsfrei, BaFin, Vorbereitung auf Solvency II: Outsourcing, v. 28.04.2015, Rn. 23, selten ). Weiche Abgrenzungskriterien (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 247): Dauer bzw. Häufigkeit der Inanspruchnahme eines Dienstleisters, und Wie substanziell ist die in Anspruch genommene Dienstleistung? Laut BaFin ist auf den Einzelfall abzustellen: Outsourcing i.d.r. (+), wenn das VU einem Dritten Teile der Erbringung seiner Versicherungstätigkeiten ggü. VN überlässt (BaFin, Outsourcing, 21.12.2015, Rn. 18). Rahmenvertrag soll Indiz für Outsourcing sein (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 249); P: Beauftragung externer Berater (Rechtsanwälte, Aktuare, etc.) immer Outsourcing? 8

Begriff der Ausgliederung Ist jede ausgelagerte versicherungstypische Tätigkeit Outsourcing? (Forts.) Outsourcing i.d.r. (-) bei bloß fallweiser operativer oder konsultativer Heranziehung eines Dritten (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 249). BaFin (Auslegungsentscheidung v. 21.12.2015, Rn. 18): Einschätzung kann sich ändern, wenn sich VU auf Dritten verlässt. Dies überzeugt in dieser Allgemeinheit jedoch nicht: Bsp.: Fallweise Beauftragung einer RA-Kanzlei bzgl. Bewertung von Rechtsrisiken: VU verlässt sich auf das eingeholte Rechtsgutachten. Dies kann nicht für die Einordnung entscheidend sein. Kriterium des Vertrauens auf die Qualität einer externen Dienstleistung weder in Art. 49 Solvency II-RL noch in Art. 274 DVO enthalten. MaGo-E v. 19.10.2016: Kriterium des Vertrauens nicht mehr genannt. 9

Begriff der Ausgliederung Verantwortlichkeit für ausgelagerte Funktionen oder Tätigkeiten Gemäß 32 Abs. 1 VAG bleibt das auslagernde VU für die Erfüllung aller aufsichtsrechtlichen Vorschriften und Anforderungen verantwortlich. D.h., die Letztverantwortung des (Gesamt-)Vorstands für die Geschäftsorganisation bleibt auch bei Outsourcing bestehen. Daran ändert sich z.b. nichts, wenn der Dienstleister die Aufgaben auf einen Subdienstleister weiterüberträgt. Genuine Leitungsaufgaben der Geschäftsleitung sind ohnehin nicht ausgliederbar (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 251); Dienstleister können insoweit nur unterstützend und beratend tätig sein. 10

Agenda Einführung Begriff der Ausgliederung (Outsourcing) Ausgliederung wichtiger Funktionen / Versicherungstätigkeiten Risikoanalyse / Auswahl des Dienstleisters Inhalt von Outsourcing-Verträgen Besondere Fälle von Outsourcing 11

Wichtige Funktionen/Tätigkeiten Outsourcing wichtiger Funktionen/Versicherungstätigkeiten Warum ist Abgrenzung wichtig? 32 Abs. 3 VAG (ebenso Art. 274 Abs. 5 DVO) gilt nur für die Auslagerung wichtiger Funktionen/ Versicherungstätigkeiten. Besondere Anforderungen: v.a. Prüfung des Risikomanagementsystems und der Notfallplanung des Dienstleisters, Bonitätsprüfung Dienstleiter, Prüfung aller Mitarbeiter in Bezug auf fachliche Eignung und Zuverlässigkeit, Einbeziehung in eigenes Risikomanagement). Anzeigepflichten gegenüber BaFin nach 47 Nr. 8, 9 VAG bei Absicht, wichtige Funktionen/Versicherungstätigkeiten auszugliedern unter Vorlage Vertragsentwurf (Nr. 8, s. im Einzelnen MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 275 ff.) sowie bei wesentlichen Änderungen nach Vertragsschluss (Nr. 9). s. auch 9 Abs. 4 Nr. 1 lit. c) VAG: Antrag auf Erlaubnis muss Angaben zum Outsourcing wichtiger Funktionen/Versicherungstätigkeiten enthalten. MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 263: Genehmigung durch Gesamtvorstand erforderlich bei Auslagerung wichtiger Funktionen/Versicherungstätigkeiten 12

Wichtige Funktionen/Tätigkeiten Was sind wichtige Funktionen/Tätigkeiten i.s.d. 32 Abs. 3 VAG? Per se: Die vier Schlüsselfunktionen (besondere Stellung im VAG). Daneben: andere vom auslagernden VU zu identifizierende Bereiche, die für den Geschäftsbetrieb des VU von erheblicher Bedeutung sind. In Anlehnung an 5 Abs. 3 Nr. 4 VAG a.f.: i.d.r. Vertrieb, Bestandsverwaltung, Leistungsbearbeitung, das Rechnungswesen und die Vermögensanlage und -verwaltung. MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 266: EDV bzgl. wichtige Tätigkeiten i.d.r. nicht: z.b. logistische Unterstützungstätigkeiten wie Reinigung/Catering (vgl. Erl. 2.292 EIOPA-LL Gov. zu LL 14) Aber: Die Prüfung kann letztlich nur einzelfallbezogen erfolgen: self assessment : Ist die Funktion oder Versicherungstätigkeit für Leistungserbringung gegenüber dem VN unverzichtbar? 13

Wichtige Funktionen/Tätigkeiten Was sind wichtige Funktionen/Tätigkeiten i.s.d. 32 Abs. 3 VAG? P: Teilauslagerung: lt. BaFin muss der auszulagernde Teil der Funktion/ Tätigkeit für sich gesehen wichtig sein (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 262). Wann ist Teilbereich wichtig i.s.d. Norm? Keine Anhaltspunkte in EU-Recht, daher in Anlehnung an das bisherige Merkmal der Wesentlichkeit bei Funktionsausgliederung: Jedenfalls bei einer Ausgliederung von > 50 % einer Funktion. (MüKoVVG/Grote, Bd. I, 2010, AufsichtsR Rn. 129) Bleibt der ausgelagerte Teil < 50%, ist eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen, ob wichtiges Outsourcing anzunehmen ist. Anhaltspunkte: Substanz, Komplexität, Mitarbeiteranzahl, fachliche Qualifikation. 14

Wichtige Funktionen/Tätigkeiten Bestellung eines Ausgliederungsbeauftragten Bei der Ausgliederung von Schlüsselfunktionen ist die Bestellung eines Ausgliederungsbeauftragten obligatorisch, der der BaFin anzuzeigen ist (vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 246). Ausgliederungsbeauftragter überwacht Outsourcing und übernimmt interne Berichtspflichten in Bezug auf ausgelagerte Schlüsselfunktion gegenüber Vorstand (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 281) Ausgliederungsbeauftragter kann auch Vorstandsmitglied sein (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 284), aber: ausreichende Trennung der Zuständigkeiten (str.) sowie zeitliche Kapazitäten des Vorstandsmitglieds sind nachzuweisen; Bei anderen wichtige Funktionen/VersTätigkeiten: self assessment des VU, ob Bestellung angemessen ist (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 282). 15

Wichtige Funktionen/Tätigkeiten Bestellung eines Ausgliederungsbeauftragten (Forts.) Persönliche Anforderungen: Der Beauftragte muss zuverlässig sein und über eine mindestens seinem Überwachungsauftrag genügende fachliche Eignung hinsichtlich der ausgegliederten Schlüsselaufgabe verfügen. Er muss aber nicht dieselbe fachliche Eignung vorweisen können wie die relevanten Person(en) beim Dienstleister (vgl. Erl. 2.62 EIOPA-LL Governance, Leitlinie 14). 16

Agenda Einführung Begriff der Ausgliederung (Outsourcing) Ausgliederung wichtiger Funktionen / Versicherungstätigkeiten Risikoanalyse / Auswahl des Dienstleisters Inhalt von Outsourcing-Verträgen Besondere Fälle von Outsourcing 17

Risikoanalyse / Auswahl des Dienstleisters Zwar beziehen sich 32 Abs. 3 S. 1 VAG und Art. 274 Abs. 3 DVO bzgl. Risikoanalyse explizit nur auf wichtiges Outsourcing. Jedoch hat ein VU grds. vor jedem Outsourcing eine Risikoanalyse vorzunehmen (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 256), gerade auch im Hinblick auf eine etwaige Gefährdung der VN-Interessen. Dienstleister muss erforderliche fachlichen Kenntnisse oder behördlichen Genehmigungen verfügen (s. Art. 274 Abs. 3 lit. a) DVO). 32 Abs. 2 S. 1 VAG: Ordnungsgemäße Ausführung der Funktion/ Tätigkeit darf durch Ausgliederung nicht beeinträchtigt werden. Dienstleister hat dem VU die fachliche Eignung nachzuweisen. Sorgfältige Auswahl des Dienstleisters (due diligence). Dokumentation Risikoanalyse (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 260) 18

Agenda Einführung Begriff der Ausgliederung (Outsourcing) Ausgliederung wichtiger Funktionen / Versicherungstätigkeiten Risikoanalyse / Auswahl des Dienstleisters Inhalt von Outsourcing-Verträgen Besondere Fälle von Outsourcing 19

Inhalt von Outsourcing-Verträgen Nach 32 Abs. 2 S. 1 VAG dürfen durch das Outsourcing die ordnungsgemäße Ausführung der ausgegliederten Funktionen und Versicherungstätigkeiten, die Steuerungs- und Kontrollfähigkeiten des Vorstands sowie die Prüfungs- und Kontrollrechte der Aufsichtsbehörde nicht beeinträchtigt werden. VU stellt dies neben der Auswahl des Dienstleisters insb. durch die inhaltliche Ausgestaltung der Outsourcing-Vereinbarung sicher. Wesentliche inhaltliche Vorgaben an Verträge finden sich in 32 Abs. 2 S. 3 VAG und vor allem in Art. 274 Abs. 4 DVO. 20

Inhalt von Outsourcing-Verträgen Bei den Anforderungen an Vertrag ist zwischen jedwedem Outsourcing und wichtigem Outsourcing i.s.d. 32 Abs. 3 VAG zu differenzieren. Allgemeine Anforderungen an alle Outsourcing-Verträge Art. 274 Abs. 4 lit. a) DVO: Klare Festlegung der Pflichten und Zuständigkeiten beider beteiligter Parteien. Eigentlich Selbstverständlichkeit; Spezifizierung der Pflichten war auch schon nach altem Recht erforderlich. Leistungsbeschreibung muss nicht im (Rahmen-)Vertrag selbst, sondern kann auch in Anlagen erfolgen. 21

Inhalt von Outsourcing-Verträgen Allgemeine Anforderungen an alle Outsourcing-Verträge (Forts.) Art. 274 Abs. 4 lit. b) DVO: Dienstleister ist auf Einhaltung der vom VU festgelegten Strategien sowie zur Kooperation mit der BaFin zu verpflichten. Verpflichtung auf Kongruenz mit der Risikostrategie wurde nach altem Recht nicht verlangt. Kooperationspflicht wird flankiert durch lit. h) und lit. i): Nach lit. h) ist festzulegen, dass der BaFin Zugang zu allen Informationen gewährt wird und dass u.a. Vor-Ort-Kontrollen möglich sind (s. auch 32 Abs. 2 Nr. 2 und 3 und 306 Abs. 2 Nr. 2 VAG). Nach lit. i) ist festzulegen, dass Fragen der BaFin vom Dienstleister im Rahmen des Erforderlichen unmittelbar beantwortet werden. 22

Inhalt von Outsourcing-Verträgen Allgemeine Anforderungen an alle Outsourcing-Verträge (Forts.) Art. 274 Abs. 4 lit. c) DVO: Dem Dienstleister ist ad hoc-informationspflicht aufzugeben, unverzüglich jede Entwicklung offenzulegen, die seine Fähigkeit, die ausgelagerten Funktionen und Tätigkeiten effektiv und unter Einhaltung der geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auszuführen, wesentlich beeinträchtigen könnte. Eine solche war bereits in MaRisk VA, bei 8.2, vorgesehen, so dass sich daraus keine wesentlichen Neuerungen ergeben. 23

Inhalt von Outsourcing-Verträgen Allgemeine Anforderungen an alle Outsourcing-Verträge (Forts.) Art. 274 Abs. 4 lit. d) DVO: Hinsichtlich der Regelung der ordentlichen Kündigung muss Kündigungsfrist für den Dienstleister lang genug sein, um es dem VU zu ermöglichen, eine alternative Lösung zu finden. Entsprechend der bisherigen Vertragspraxis erscheint Kündigungsfrist von 6 Monaten i.d.r. ausreichend. Im Einzelfall lassen sich jedoch auch kürzere/längere Fristen rechtfertigen. Dementsprechend verlangten die MaRisk VA (bei 8.2.) bislang schlicht angemessene Kündigungsfristen. 24

Inhalt von Outsourcing-Verträgen Allgemeine Anforderungen an alle Outsourcing-Verträge (Forts.) Art. 274 Abs. 4 lit. e) DVO: Das VU muss den Vertrag erforderlichenfalls beenden können, ohne dass dies zu Lasten der Kontinuität und Qualität der Dienstleistungen für die VN geht. Damit ist die Regelung außerordentlicher Kündigungsrechte gemeint. Entsprechend der bisherigen Praxis ist insb. ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund für den Fall zu regeln, dass die BaFin vom auslagernden VU die Beendigung des Vertrages verlangt. mit Blick auf BGH VersR 1992, 233 ist dies ggf. nur deklaratorisch. 25

Inhalt von Outsourcing-Verträgen Allgemeine Anforderungen an alle Outsourcing-Verträge (Forts.) Art. 274 Abs. 4 lit. f) und lit. j) DVO: VU hat sich die erforderlichen Auskunfts- und Weisungsbefugnisse vertraglich zu sichern (s.a. 32 Abs. 4 S. 1, 1. Hs. VAG). Umfasst u.a. periodische und ad hoc-informationspflichten. VU soll verhindern können, wegen nicht ordnungsgemäßen Verhaltens des Dienstleisters zur Verantwortung gezogen zu werden. Entspricht altem Recht ( 64a Abs. 4 S. 2 VAG a.f., MaRisk VA). Gleiches gilt für die Entbehrlichkeit des Weisungsrechts innerhalb einer steuerlichen Organschaft: 32 Abs. 4 S. 2 VAG übernimmt unverändert 64a Abs. 4 S. 3 VAG a.f. 26

Inhalt von Outsourcing-Verträgen Allgemeine Anforderungen an alle Outsourcing-Verträge (Forts.) Art. 274 Abs. 4 lit. g) DVO: Der Dienstleister ist zu verpflichten, alle vertraulichen Informationen zu schützen, die das (Rück-)VU oder und seine VN, Anspruchsberechtigten, Mitarbeiter, Vertragspartner sowie alle sonstigen Personen betreffen. Diese Vorgabe steht in Zusammenhang mit Art. 274 Abs. 3 lit. e) DVO, wonach sicherzustellen ist, dass der Dienstleister den Anforderungen des Datenschutzrechts genügt. Eine solche Verpflichtung auf das BDSG verlangten bereits die MaRisk VA (bei 8.2). 27

Inhalt von Outsourcing-Verträgen Allgemeine Anforderungen an alle Outsourcing-Verträge (Forts.) Art. 274 Abs. 4 lit. k) und l) DVO: Es ist festzulegen, ob eine Sub-Delegation seitens des Dienstleisters auf Dritte zulässig ist oder nicht. Falls ja, sind die Bedingungen der Sub-Delegation zu regeln (lit. k) und es ist sicherzustellen, dass die Pflichten/Zuständigkeiten des Dienstleisters nach der mit dem VU geschlossenen Vereinbarung von der Sub-Delegation unberührt bleiben (lit. l). Der Dienstleister muss insb. Weisungen des VU an den Sub- Dienstleister weitergeben und durchsetzen. Generell empfiehlt sich, die Sub-Delegation von der Zustimmung des auslagernden VU abhängig zu machen und im Vertrag doch zumindest Auswahlkriterien für Sub-Dienstleister vorzugeben. 28

Agenda Einführung Begriff der Ausgliederung (Outsourcing) Ausgliederung wichtiger Funktionen / Versicherungstätigkeiten Risikoanalyse / Auswahl des Dienstleisters Inhalt von Outsourcing-Verträgen Besondere Fälle von Outsourcing 29

Besondere Fälle von Outsourcing Übertragung von Aufgaben auf Versicherungsvermittler Typische Vermittlungstätigkeiten unterfallen, obwohl i.d.r. auf Dauer angelegt, den Outsourcing-Anforderungen nicht (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 295). Die Ausgliederung des Abschlusses von Versicherungsgeschäften oder der Schadenregulierung auf Versicherungsvermittler stellt hingegen immer ein Outsourcing i.s.d. 32 Abs. 1 VAG dar. Praktischer Anwendungsfall: Assekuradeure i.d.r. auch wichtiges Outsourcing i.s.d. 32 Abs. 3 VAG. Aber: Gesamtbetrachtung maßgebend, wenn ein VU einer Vielzahl von VersVermittlern Abschluss- oder Schadenregulierungsvollmachten erteilt (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 297). P: Begründet Inkassovollmacht für Versicherungsvermittler Outsourcing? P: Outsourcing, wenn Rückversicherer Courtageberechnung und - einbehalt auf Rückversicherungsmakler überträgt? 30

Besondere Fälle von Outsourcing Outsourcing innerhalb der Versicherungsgruppe Die aufsichtsrechtlichen Vorgaben gelten auch bei konzern-/ gruppeninternen Ausgliederungen (MaGo-E v. 19.10.2016, Rn. 288). Aber unter Proportionalitätsaspekten ggf. Erleichterungen, z.b. bei dem Auswahlprozess, der Risikoanalyse, der technischen Abfassung des Ausgliederungsvertrages oder bei der Benennung des Ausgliederungsbeauftragten, der nicht zwingend beim VU, sondern auch bei einem anderen gruppenangehörigen Unternehmen angestellt sein kann. Zudem ist genau zu dokumentieren, welche rechtliche Einheit auf welchen Dienstleister welche Funktion oder Versicherungstätigkeit ausgegliedert hat. 31

Fazit Neues Outsourcing-Regime muss sich in der Praxis bewähren. Mitunter schwierig festzustellen, wann ein Auslagerungsvorgang aufgrund untergeordneter Bedeutung aufsichtsfrei ist und wann Outsourcing im Sinne von 32 VAG vorliegt. Instrument des Ausgliederungsbeauftragten muss Nutzen aus der Perspektive der Krisenprophylaxe bringen (Verhältnismäßigkeit). Teilweise Rechtsunsicherheit bei Vermittlersachverhalten. Endfassung der MaGo abwarten (durchaus Änderungen von BaFin- Verlautbarung zur Vorbereitung auf Solvency II v. 28.04.2015, neugefasst am 18.08.2015; BaFin-Auslegungsentscheidung vom 21.12.2015 und MaGo-E vom 19.10.2016). 32

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 33

Zum Referenten Dr. Martin Schaaf Rechtsanwalt/Partner Theodor-Heuss-Ring 13-15 50668 Köln Telefon: 0221/944027-899 schaaf@bld.de Dr. Martin Schaaf ist seit 2009 Rechtsanwalt bei BLD in Köln und dort seit 2016 Partner. Seine Tätigkeitsbereiche umfassen insbesondere das Versicherungsaufsichtsrecht, das Lebensversicherungsrecht sowie die Produktentwicklung und -beratung. Er ist Lehrbeauftragter an der TH Köln für das Internationale Versicherungsrecht und Mitglied im Deutschen Verein für Versicherungswissenschaft e.v. 34

Köln Theodor-Heuss-Ring 13-15 50668 Köln Tel +49 221 944027-0 Fax +49 221 944027-7 München Karlstraße 10 80333 München Tel +49 89 545877-0 Fax +49 89 545877-77 Frankfurt/Main Stephanstraße 3 60313 Frankfurt/Main Tel +49 69 920740-0 Fax +49 69 920740-40 Berlin Kaiserin-Augusta-Allee 104-106 10553 Berlin Tel +49 30 886269-0 Fax +49 30 886269-29 Karlsruhe Reinhold-Frank-Str. 58 76133 Karlsruhe Tel +49 721 869776-0 Fax +49 721 869776-20 BLD International Einzelheiten zu BLD International finden Sie unter: http://www.bld.de/weltkarte.html 35