Präsenzveranstaltung zum Modul 1 Leipzig, 10. - 11.08. 2012 Grundlagen- und Anwendungsfächer Gerlind Pracht Lehrgebiet Psychologische Methodenlehre, Diagnostik und Evaluation Institut für Psychologie, Unterscheidung innerhalb der Psychologie in Grundlagenfächer (auch: theoretische Psychologie) Anwendungsfächer (auch: praktische Psychologie) Differenzen bzgl. Fragestellung, Gegenstand, Methoden Idealfall: Anwendung der Ergebnisse der Grundlagenfächer in den Anwendungsfächern Realität: oft Kontroversen zwischen beiden Disziplinen (vgl. Schönpflug, 2006, S. 48-50) Folie 2 PSYCHOLOGIE Allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten des Erlebens und Verhaltens erforschen, die möglichst weite Geltung aufweisen Relevanz für viele Anwendungsbereiche Grundlagenfächer Anwendungsfächer nicht auf einen speziellen Kontext bezogen erkenntnisorientiert und zweckfrei Theorie Ziel: Wahrheit Praxis Ziel: Nützlichkeit Beispiele: Persönlichkeitsdimensionen, Motivationstheorien, Gruppenprozesse, Entwicklungsbedingungen Definitionen Klassifikationen Ursachenanalyse Gesundheit Tüchtigkeit Sicherheit In Modul 1: Allgemeine und Biologische Psychologie; Sozialpsychologie, Entwicklungspsychologie, Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung, Psychologische Diagnostik Quelle: Schönpflug, 2006, S. 32 Folie 3 Folie 4
Allgemeine + Biologische Psychologie Allgemeine Psychologie: erforscht die psychischen Funktionen, die die Grundlage sind für das Erleben, Verhalten und Handeln Themenbereiche: Wahrnehmung, Bewusstsein, Denken, Urteilen, Kognition, Sprache, Handeln, Informationsverarbeitung, Sensomotorik, Emotion, Motivation, Gedächtnis, Lernen, Wissen Beobachtungsmethode: Experiment Metapsychologie zur Gesamtheit der psychischen Funktionen Allgemeine + Biologische Psychologie Biologische Psychologie: erforscht Verhalten und Erleben hinsichtlich der zugrunde liegenden organismischen bzw. körperlichen Prozesse Gegenstand sind körperliche Prozesse, Veränderungen und verschiedene Zustände des Organismus Forschungsmethode: überwiegend physiologische Messungen (z.b. bildgebende Verfahren, elektrophysiologische Techniken) Teilbereiche: Zusammenhänge zwischen Gehirn und Verhalten, Gestörte Hirnfunktionen und menschliches Verhalten, Physiologische Prozesse als Indikatoren psychischer Prozesse, neurochemische und zelluläre Prozesse im Kontext der Verhaltensregulation Folie 5 Folie 6 Sozialpsychologie Entwicklungspsychologie Beschreibung, Vorhersage und Erklärung menschlichen Erlebens und Verhaltens im sozialen Kontext Empirische Wissenschaft, d.h. systematische Prüfung von Hypothesen und Theorien Forschungsmethoden: Beobachtung, Befragung, Dokumentenanalysen, Experiment Analytischer Schwerpunkt: Mesoebene -.> Untersuchung von sozialen Prozessen zwischen Individuen, Gruppen, innerhalb von Gruppen oder zwischen Gruppen Themenbereiche: Einstellungsforschung, Prosoziales Verhalten, Soziale Wahrnehmung, Aggressives Verhalten, Inter- und Intragruppenprozesse Entwicklung bzw. Entstehung, Veränderung und Stabilität psychischer Phänomene und Funktionen über die Lebensspanne hinweg Veränderungsorientierte Perspektive: Frage danach, wie etwas wird im Gegensatz zur Frage, wie etwas ist Lebensspannenorientierung Entwicklung und Veränderung im Längsschnitt- und Querschnittdesign Folie 7 Folie 8
Persönlichkeitspsychologie Persönlichkeitspsychologie Oberbegriff für Differentielle Psychologie und Persönlichkeitspsychologie im engeren Sinne Differentielle Psychologie: Unterschiede zwischen einzelnen Personen oder Gruppen von Personen bezüglich bestimmter Dimensionen/Merkmale (z.b. Angst, Extraversion) Persönlichkeitspsychologie: Untersuchung der individuellen/einzigartigen Organisation psychischer Merkmale innerhalb einer Person Methoden: Befragung, Verhaltensbeobachtung, Experiment Persönlichkeitspsychologie Fünf-Faktorenmodell der Persönlichkeit ( Big Five ): Neurotizismus Extraversion Offenheit für Erfahrung Verträglichkeit Gewissenhaftigkeit Folie 9 Präsenzveranstaltung Gerlind Pracht M.A. (Foliensatz am 3.-4. Juli Dr. 2010 Petmecky in München SS2010) Dr. Andrea Petmecky Folie 10 Psychologische Diagnostik Methodenlehre im Dienste der Angewandten Psychologie Gegenstand: Beschreibung, Klassifikation, Vorhersage und Evaluation von Unterschieden zwischen und innerhalb von Personen im Hinblick auf psychische Zustände ( ), Eigenschaften ( ) und deren Veränderungen sowie damit einhergehender ( ) Bedingungen. (Renner, 2009, S. 218) Erfassung psychischer Zustände und Eigenschaften -> Diagnose -> Grundlage für konkrete Interventionen bzw. Maßnahmen 3 Klassen psychologischer Tests: Leistungstests (z.b. Intelligenztest, Leistungstests, Entwicklungstests, Schultests) Psychometrische Tests (Persönlichkeitsstruktur-T.,Klinische T., Einstellungstests) Persönlichkeitsentfaltungsverfahren (z.b. Formdeuteverfahren, verbal-themat.v.) Psychologische Diagnostik Zwei Arten der Diagnostik: Selektionsdiagnostik (Eigenschaftsmodell) (Auswahl geeigneter Personen und/oder Bedingungen) normorientierte Statusdiagnostik zur Messung der Ausprägung von Eigenschaften (Testen) Modifikationsdiagnostik (Verhaltenstheorie) (Diagnostik als Grundlage für die Veränderung von Problemverhalten oder externer Bedingungen als Ursache von Problemverhalten) kriteriumsorientierte Prozessdiagnostik zur Entscheidungs-/Behandlungsoptimierung (Inventarisieren) Folie 11 Folie 12
1.5 Anwendungsfächer Anwendung der Ergebnisse der Grundlagenforschung in konkreten und speziellen Kontexten ergebnisorientiert und zweckorientiert/problemorientiert Beispiele: Optimierung von Organisationsabläufen in Unternehmen, Verbesserung der Verkehrssicherheit von Fahranfängern, Gruppenprozesse in Moodle In Modul 1: Arbeits- und Organisationspsychologie; Pädagogische Psychologie; Gemeindepsychologie; Klinische Psychologie Arbeits- u. Organisationspsychologie Erleben und Verhalten in Arbeitsorganisationen Scientist-practitioner model Dreiteilung: Arbeit, Personal, Organisation Arbeitspsychologie Tätigkeit und Bedingungen/Anforderungen der Arbeit Arbeitsbewertung: menschengerechte Arbeit Arbeitsgestaltung Folgen von Arbeit Grundlage: Allgemeine Psychologie Folie 13 Folie 14 Arbeits- u. Organisationspsychologie Personalpsychologie Berufseignungsdiagnostik Leistungsbeurteilung Personalentwicklung Grundlage: eher Persönlichkeitspsychologie Organisationspsychologie Arbeitsmotivation und -einstellungen Arbeitsbeziehungen (Führung) Organisationsentwicklung Pädagogische Psychologie Gegenstand: Lehren und Lernen im schulischen Kontext (z.b. Bedingungen des Lernprozesses, Lernstrategien, Unterrichtsstile, Lernschwierigkeiten) Aus-, Fort-, und Weiterbildung im Prozess des lebenslangen Lernens (Weiterqualifikation von Arbeitslosen, Freizeit- und Gesundheitspädagogik, Fernlehre und Fernlernen) Erziehung und Sozialisation (z.b. Erziehungsstile, Schulpolitik, Bildungskanon, Erziehungsschwierigkeiten) Große Methodenvielfalt: Beobachtung, experimentelle Methoden, Befragungen verschiedenster Art Quer- und Längsschnittdesigns Folie 15 Folie 16
Gemeindepsychologie Gemeindepsychologie Junge Anwendungsdisziplin mit unterschiedlichen Schwerpunkten in der universitären Ausbildung Psychosoziales Wohlbefinden und mentale Gesundheit Partizipation und Empowerment Analyse und Gestaltung der Mensch-Umwelt-Beziehung Ziel: Optimierung des Wohls von Gemeinden, kommunalen Institutionen, Gruppen und Individuen durch psychologische und partizipative Methoden Gemeinde als Lebenskontext der Betroffenen wird zum Begegnungsort (Ansatzpunkte Meso- und Makroebene) Konkrete Ansatzpunkte der Gemeindepsychologie Prävention und Bekämpfung nachteiliger Situationen Stärkung sozialer Netzwerke und der Netzwerkkooperation Lebensweltorientierung (= Gemeinde, Kommune etc.) Eigenverantwortlichkeit Interdisziplinäre Zusammenarbeit Ressourcenorientierte Förderung (= Empowerment) von individuellen und kollektiven Kompetenzen Vorgehen: partizipative Methoden und Aktionsforschung Zögerliche Etablierung in Deutschland wg. Themenüberschneidungen und weniger sozialwissenschaftliche Anwendungsorientierung Folie 17 Folie 18 Klinische Psychologie Klinische Psychologie Gegenstand: Erleben und Verhalten bei psychischen Störungen und die psychischen Aspekte von somatischen Störungen und Krankheiten bei Personen in allen Altersgruppen (Baumann & Perrez, 2005; Wittchen & Hoyer, 2006) Vier Merkmale der gegenwärtigen klinischen Psychologie Konsolidierung: Diagnostik und Therapie empirisch bewährt und hilfreich Standardisierung: Standards zur Diagnostik und Therapie, Manuale Differenzierung: Berücksichtigung von Klient, Therapeut, Setting Pluralismus: Verschiedene Theorien und Modelle zu psych. Störungen Klinische Diagnostik und Klassifikation: ICD und DSM Kriterien für behandlungsbedürftige psychische Störungen Forschungsgegenstände Epidemiologische Forschung: Inzidenz- und Prävalenzrate Ätiologie-Forschung Psychotherapie- und Interventionsforschung Klinische-psychologische Interventionen und Psychotherapie (Prävention, Beratung, Training, Psychotherapeutische Ansätze) Wirkfaktoren in unterschiedlichen PT-Formen Therapeut-Klient-Beziehung Ressourcenaktivierung Problemaktualisierung Motivationale Klärung Problembewältigung Folie 19 Folie 20