Niederschrift über die Verhandlungen des Gemeinderates -öffentlich- Gemeinde Dußlingen Verhandelt am Dauer Normalzahl: Anwesend: Entschuldigt: Außerdem anwesend: Schriftführer: 1. Juli 2016 von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr 1 Vorsitzender und 14 Mitglieder 1 Vorsitzender und 7 Mitglieder GRe Hipp, Kocher, Müller, Wütherich, Klaus Zürn, Schmidt, Reutter Kämmerer Rall, Herr Revierförster Gerster, Herr Köberle stv. Hauptamtsleiterin Rotenhagen Seite 1. Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung mit der Feststellung, dass zur Gemeinderatssitzung rechtzeitig schriftlich unter Übersendung der Tagesordnung eingeladen wurde. Zeit, Ort und Tagesordnung der öffentlichen Sitzung sind rechtzeitig durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Gemeinde bekanntgegeben worden. Bei Beginn der Sitzung sind von 14 Gemeinderäten 7 anwesend; der Gemeinderat ist somit beschlussfähig. 2. Tagesordnung: Waldumgang 2016 Borkenkäfer und Eschentriebsterben verändern den Dußlinger Wald Wie gehen wir damit um und welche Waldbäume kommen danach? 1
Waldumgang 2016 Borkenkäfer und Eschentriebsterben verändern den Dußlinger Wald Wie gehen wir damit um und welche Waldbäume kommen danach? Der Vorsitzende begrüßt am Wanderparkplatz Ohnhalde die rund 30 Personen, darunter Vertreterinnen und Vertreter des Gemeinderates, Herr Revierförster Gerster, Herr Abteilungsleiter Köberle vom Landratsamt Tübingen, die Presse sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger. Der diesjährige Waldumgang beschäftigt sich mit dem Thema Borkenkäfer und Eschentriebsterben verändern den Dußlinger Wald Wie gehen wir damit um und welche Waldbäume kommen danach?. Herr Köberle und Herr Gerster begrüßen ebenfalls alle Anwesenden und freuen sich über die hohe Zahl der Teilnehmer und über das gute Wetter. Herr Köberle erläutert, dass der Wald dem wechselnden Klima ausgesetzt ist, weshalb es zu Ereignissen kommt, denen man begegnen muss. Aus diesem Grund gehe es heute um das Eschentriebsterben und den Borkenkäfer. Außerdem geht er auf die Frage von GRin Schelling ein, welche in der Gemeinderatssitzung am 14.04.2016 gestellt wurde. Sie fragte, welchen Prozentanteil die Eschen derzeit in Bezug zu anderen Baumarten in den Wäldern in Dußlingen ausmachen. Herr Köberle sagt, dass derzeit 18 % Eschen und 18 % Fichten im Dußlinger Wald wiederzufinden sind. Rund ein Drittel der Dußlinger Waldbestände seien somit in der Existenz gefährdet und damit sei klar, dass sich der Wald deutlich verändern wird. Der heutige Waldumgang führt an neun Stationen vorbei. Station 1: Allgemeines zu Borkenkäfern; Klimawandel Herr Gerster leitet an der ersten Station in das Thema Borkenkäfer ein und erläutert, dass es viele verschiedene Borkenkäferarten gibt. Die Art der Buchdrucker ist für die Fichten der häufigste und gefährlichste Schädling. Allgemein leben Borkenkäfer unter der Rinde im Bast von Zuckerstoffen. Durch die Borkenkäfer wird der Saftstrom des Baumes unterbrochen, was bei Massenbefall von Käfern das Absterben nach sich zieht. Das Holz erfährt dadurch im Verkauf eine erhebliche Entwertung, da es auf dem Markt weniger nachgefragt wird. Es ist rund 15-20 % weniger Wert. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) gab für das Jahr 2016 eine Warnung hinsichtlich einer Massenvermehrung von Borkenkäfern heraus. Die hohen Bestandszahlen kommen zustande, da sich die Eier und Larven vom letzten Herbst aufgrund milder Witterung und Trockenheit im Dezember im Frühjahr prächtig entwickeln konnten und nicht, wie üblich, abgestorben sind. Jedoch konnte die Entwicklung im Frühjahr durch die hohe Feuchtigkeit gehemmt werden. Herr Gerster rechnet die Anzahl der Nachkommen eines Mutterkäfers hoch und verdeutlicht dies anhand von Reiskörnern, die der Größe der Käfer entsprechen. Ein Buchdruckerkäfer legt im Jahr rund 150 Eier. Ein wärmeres Klima ermöglicht daraus bis zu drei Generationen im Jahr. Mit Verlusten und 3 Jungkäfergenerationen und 2 Geschwisterbruten sind so bis zu 100.000 Nachkommen möglich. Neben dem warmen Klima und den wenigen Niederschlägen sind geschwächte Bäume, beispielsweise durch Sturmanrisse, besonders gefährdet für einen Käferbefall. Station 2: Altbestand Kupferstecher, Waldgärtner; natürliche Feinde Aufgrund der guten Voraussetzungen für die Entwicklung und Vermehrung der Borkenkäfer informiert Herr Gerster darüber, wie die Natur Massenvermehrungen reguliert. Natürliche Feinde, wie der Specht, andere Vögel oder der Ameisenbuntkäfer fressen eine hohe Zahl an Borkenkäfer, haben jedoch nur eine marginale Auswirkung auf Massenvermehrungen. Sie regulieren lediglich die Bestandszahlen bei einem schwachen Befall. Allein Mischbestände im Wald bremsen Massenvermehrungen ab. 2
Herr Gerster informiert darüber, dass derzeit 50-80 Jahre alte Bäume gefährdet sind. Station 3: Erkennen von Borkenkäferbefall An der nächsten Station sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gefordert, einen Borkenkäferbefall zu finden. Hierzu gibt Herr Gerster folgende Hinweise: Die Bäume geben bei Befall Schwächeduftstoffe ab und locken damit weitere Käfer an. Tote Bäume ohne Käfer sind keine Gefahr, denn Schwächeduftstoffe können nur frische, lebende Bäume abgeben. Erkennbar wird ein durch Käfer befallener Baum anhand Bohrmehl an den Rindenschuppen oder auf Blättern am Boden, wenn kein Wind oder Regen herrscht. Außerdem symbolisiert Harzfluss im oberen Stammbereich einen Käferbefall, wobei nicht jedes Harz auf Borkenkäfer zurückzuführen ist. Bei fortgeschrittenem Befall sind außerdem vom Specht abgeschlagene Rindenschuppen sowie gelb-rötlich verfärbte Nadeln und Nadelabfall ein Indiz Im Juni bis September werden gefährdete Bäume alle 1-2 Wochen kontrolliert. Im Anschluss machen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen befallenen Baum ausfindig. Dieser wird von Herrn Haug sodann gefällt. Danach untersuchen die Anwesenden mit Hilfe von Lupen die Rinde des Baumes auf Borkenkäfer und Borkenkäferlarven ab. In diesem Zusammenhang erklärt Herr Gerster die einzelnen Entwicklungsstadien der Käfer anhand Modellen. Herr Gerster informiert darüber, dass beispielsweise der Ehrleshardt 50 % Fichtenbestand aufweist und somit ab Juni sehr gefährdet sei. Es besteht die Gefahr, dass der ganze Bestand abstirbt. Auf Anfrage leitet Herr Gerster bereits bei dieser Station auf die Bekämpfung der Borkenkäfer über. Dies kann allgemein durch Mischbestände im Wald, saubere Waldwirtschaft, regelmäßige Kontrollen der Bäume sowie sofortige Entfernung befallener Bäume vonstatten gehen. Er weist darauf hin, dass im Steinlachtal gezielt seit 20 Jahren keine Spritzungen mit Gift mehr durchgeführt werden. GR Broser nimmt ab 15.15 Uhr nicht mehr an der Sitzung teil. Station 4: Borkenkäferbekämfung und Anpflanzungen Eine weitere Möglichkeit, um zu erkennen, wann wie viele Käfer im Wald sind, können sogenannte Käferfallen bzw. Lockstofffallen sein. Diese können jedoch Bestände nicht abschöpfen oder gar reduzieren. Außerdem gibt es im Internet mittlerweile sehr präzise Informationen und Warnungen bei Gefährdungen. Der beste Schutz vor Borkenkäferbefall ist aber das frühe Erkennen und Beseitigen von befallenen Bäumen. GRin Schelling fragt an, wie das Erkennen von befallenen Bäumen und das Kontaktieren der Eigentümer in solch kleinen Parzellen, wie es sie in Dußlingen gibt, abläuft. Herr Gerster antwortet, dass es eine sehr mühsame Arbeit sei, die Eigentümer aus den Unterlagen herauszufinden. Er arbeite deshalb sehr eng mit dem Notariat zusammen. Außerdem informiert er darüber, dass sich die Nachverfolgung durch die öffentliche Hand durch die mögliche strikte Trennung der Betreuung von privaten und öffentlichen Waldflächen durch das Kartellverfahren ändern kann. Danach geht Herr Gerster darauf ein, wie reduzierte Baumbestände wiederaufgebaut werden können. Er rechnet den Anwesenden die kostenintensive Pflanzung von Eichenpflanzen vor. So ist mit ca. 10 pro Pflanze zu rechnen. Diese Pflanzungen sind jedoch an solchen Stellen nicht möglich, an denen es schlagartige Auflichtungen gibt. Dadurch wächst die umliegende Bepflanzung, sogenannte Schlagflora, derartig stark, dass die Sämlinge keine Chance haben durchzuwachsen. 3
GRin Wuchter geht auf die Neubepflanzung an dieser Station ein und fragt, warum die Pflanzen so nah aufeinander stehen. Herr Gerster erläutert, dass von dieser Bepflanzung zukünftig noch einige ausfallen und somit gezielt nur die stärksten Pflanzen auswachsen. Außerdem müssen sich die Bäume gegenseitig hochbringen, um größer als Apfelbäume zu werden. Er macht zudem hinsichtlich der Kosten für die Bepflanzung klar, dass die Ausfälle durch das Eschentriebsterben und den Borkenkäferbefall viel Geld kosten, wenn der Wald weiterhin so bestehen soll, wie er derzeit noch ist. Station 5: Konkurrenzkampf Naturverjüngung mit Begleitflora Bei Station 5 geht er auf eine kostengünstigere Lösung für die Neupflanzung von Bäumen ein. Er erklärt, dass dieses Instrument nur bei Samenbäumen und bei kleiner Konkurrenzvegetation durchzuführen ist. Außerdem ist eine optimale Pflege und eine gute Zusammenarbeit mit den Jägern wichtig, damit kleine Pflanzen zu Bäumen werden. Denn entscheidend ist hierbei, dass durch Rehwildabschuss der Verbiss der jungen Bäume verringert wird. An dieser Stelle informierte Herr Fauser über die schwierige Arbeit der Jagd. Durch immer mehr Einwohnerinnen und Einwohner, welche quer durch den Wald gehen, ist es einerseits gefährlich, Wild zu schießen und andererseits kommt dieses nicht mehr zur Ruhe oder zieht ab. Derzeit werden deshalb nur noch 25-30 Wildschweine und rund 35 Rehe pro Jahr in den drei Jagdbögen in Dußlingen geschossen. Dies macht deutlich, wie viel Zeit benötigt wird, um ein Tier zu erlegen. Station 6: Eschentriebsterben Schadbild Stangenholz Station 7: Eschentriebsterben Schadbilder Durchforstungsbestand Station 8: Zusammenfassung Herr Gerster erklärt, dass das Eschentriebsterben durch einen eingeschleppten, aggressiven Pilz aus Asien ausgelöst wird. Dieser befällt nahezu alle Eschen. Der Pilz geht über die Sporen vom Boden in die Blätter junger Triebe und bewirkt, dass diese vorzeitig welken und die Triebe absterben. In einem späteren Stadium sterben die Bäume gänzlich durch Fäule am Stammfuß ab. Bislang verstärkte sich dieses Phänomen jedes Jahr in Dußlingen. Im Jahr 2016 jedoch wurden die Sporen durch das feuchte Frühjahr immer wieder abgewaschen, weshalb weniger Bäume befallen wurden. Und dennoch weist er darauf hin, dass die Esche in den nächsten 10-20 Jahren im Waldbestand verschwinden wird. Auch die Fichte wird aufgrund Käferschäden dauerhaft abnehmen, denn die Waldwirtschaft und die Überwachung kann diese Schädigungen nur eindämmen, aber nicht verhindern. Zusammenfassend wird in den nächsten Jahren weniger Erlös aus dem Borkenkäfer-Holz sowie dem dünnen Eschenbestand erzielt werden können. Mehr kostenintensive Pflanzungen oder arbeitsintensive Naturverjüngungen werden notwendig. Herr Gerster gibt dennoch einen positiven Ausblick und erklärt, dass der Wald auch weiterhin bestehen und somit seine Funktionen auch künftig erfüllen wird. Station 9: Klarasee Zum Abschluss treffen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Klarasee. Hierbei nutzt Herr Gerster die Gelegenheit und bedankt sich für die gute Zusammenarbeit und das Engagement von Herrn Haug, welcher mit seinem Forstbetrieb über Jahrzehnte den Dußlinger Wald betreut hat. Er geht außerdem auf die Entwicklungen des Klarasees im Jahr 2015 ein. Dieser wurde im September innerhalb von zwei Tagen durch die Arbeit der Herren Seif ausgebaggert sowie 4
verschiedene Tiefenzonen modelliert und somit renaturiert. Außerdem wurde die Überfahrt durch große Natursteine befestigt. Das Geländer habe der Bauhof montiert. Herr Gerster lobt das Engagement der Unternehmer am Ort und regt an, einen Spender für eine neue Bank am Klarasee zu finden. Der Vorsitzende dankt für die kreativen Ideen, für die Durchführung des diesjährigen Waldumgangs und für die Informationen darüber, wie man den Herausforderungen in der Zukunft begegnen kann. Außerdem nutzt er ebenfalls die Gelegenheit, sich für die langjährige Treue und für das Engagement von Herrn Haug zu bedanken. Der Vorsitzende lädt alle Anwesenden zum Abschluss zu einem gemeinsamen Vesper an der Ohnhaldehütte ein. Der Vorsitzende beendet den Waldumgang um 16.50 Uhr. 5