Schadensersatz im Strafprozess

Ähnliche Dokumente
2 in 1. Recht einfach: Schadensersatz im Strafprozess.

2 in 1. Recht einfach: Schadensersatz im Strafprozess.

Merkblatt. für Opfer einer Straftat

Merkblatt für Opfer einer Straftat

Merkblatt. Opferhilfe. Strafanzeige. für Opfer einer Straftat. Nebenklage. Zeugenaussage. anwaltliche Beratung. psychosoziale Prozessbegleitung

Welche Rechte habe ich als Opfer einer Straftat?

Merkblatt für Opfer einer Straftat

Dr. Michael Jasch

Merkblatt. für Opfer einer Straftat

Prof. Dr. Michael Jasch

Die psychosoziale Prozessbegleitung. Informationen für Verletzte einer Straftat.

Rechtsschutzhilferichtlinien

Informationsblatt für die Opfer einer Straftat

Anwendungsbeschreibung. Honorarabrechnung RVG - Adhäsionsverfahren 403 StPO

Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt

Opferbeauftragter des Landes Berlin

Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Verletzten im Strafverfahren (Opferrechtsreformgesetz OpferRRG)

Informationen zum Platzverweis bei häuslicher Gewalt

Informationen der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern

Merkblatt Opferrechte

Staatsanwaltschaftlicher Sitzungsdienst

Opferrechte und Zeugenpflichten bei sexuellem Missbrauch

Das Adhäsionsverfahren

Wiebke Schubert: Was nun tun Rechtliche Möglichkeiten der Angehörigen nach einer Gewalttat

Antrag auf Gewährung einer Billigkeitsentschädigung für Opfer extremistischer Übergriffe

Seniorinnen und Senioren als Opfer von Straftaten. Informationen zu Hilfs- und Unterstützungsangeboten

Militärstrafprozess. (MStP) Änderung vom. Vorentwurf. Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

Opferschutz in der Praxis

Zivilrechtliche Ansprüche im Strafverfahren

Rechte und Pflichten in einem Strafverfahren

DIRO-Strafrechtstag 2016 in Hagen

Die Beratungshilfe. Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen

Seniorinnen und Senioren als Opfer von Straftaten. Informationen zu Hilfs- und Unterstützungsangeboten

Ihre wichtigsten Rechte als Opfer einer Straftat

Opferhilfe SG - AR - AI Teufener Strasse 11 Postfach 9001 St. Gallen. T F

Wie berechnen sich die anwaltlichen Gebühren in Straf- und Bußgeldsachen?

Abschlussprüfung für Rechtsanwaltsfachangestellte Sommer 2016

Häusliche Gewalt Häusliche Gewalt

C Strafprozessrecht - Hauptverfahren. Stand: Dezember Dipl.Rpfl(FH) Daniel Christians. Bayerische Justizschule

INFORMIEREN LEICHT GEMACHT. Opfer-Telefon. Bundesweit kostenfrei

Inhaltsverzeichnis: - I. Einleitung/Präventionsmassnahmen. - II. Statistik. - III. Rechtliche Grundlagen. III.1.) Strafrecht III.2.

Psychosoziale Prozessbegleitung bei Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Mecklenburg-Vorpommern

Sexuelle Gewalterfahrung in Kindheit und Jugend. Wichtige juristische Aspekte und Hintergrundinformationen für Psychotherapeutinnen und Beraterinnen

«Umgang mit Strafanzeigen»

Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG)

Opfer eines Gewaltverbrechens?

Menschen mit Behinderungen. Förderung von Fachkräften für Unternehmen

Sexuelle Misshandlung von Kindern und Jugendlichen aus rechtlicher Sicht

Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. Opferrechtsreformgesetz)

Was Sie über die Finanzgerichte wissen sollten.

S C H L I C H T U N G S O R D N U N G

In Anbetracht der mit dem Referentenentwurf vom vorgeschlagenen Gesetzesänderungen

Die psychosoziale Prozessbegleitung in der Strafprozessordnung. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Gegenteil: Dispositionsmaxime: Im Zivilrecht, die Parteien entscheiden, ob und welche Art von Prozess geführt wird

Lieblingsplätze für alle

Kostenübersicht über Verfahren in Gewaltschutzfällen, Wohnungszuweisungsangelegenheiten und Kindschaftssachen - Anwalts- und Gerichtskosten - 1

Häusliche Gewalt. (Gewalt im häuslichen Nahbereich)

Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen

Beweisantrag und Sachverständiger - Fragen nach einer Reformbedürftigkeit

Strafrecht. Artikelübersicht: - Kein Kavaliersdelikt: Wer schlägt, muss gehen! - Schmerzensgeld für Opfer schon im Strafverfahren

Inhalt. Lektion 4: Die Klagearten 35 A. Leistungsklage 35 B. Feststellungsklage 35 C. Gestaltungsklage 39 Zusammenfassende Übersicht 41

Antrag auf Gewährung einer Pauschalleistung für Opfer rechtsextremistischer Übergriffe

SOZIALGERICHT HANNOVER

Prozesskostenhilfe. Verwaltungsgericht Braunschweig. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren

Was tun gegen Stalking?

Antrag auf Leistung in Anerkennung des Leids, das Opfern massiver körperlicher Gewalt zugefügt wurde

Merkblatt über Rechte und Pflichten eines Zeugen sowie Informationen zur Zeugenbetreuung 1. Rechte und Pflichten des Zeugen

Stolpersteine und Fallgruben bei der Strafanzeigeerstattung Erfahrungen einer Opferanwältin minimax vom

STRAFRECHTSVERSTOSS IM UNTERNEHMEN WAS NUN?

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 13. Juni in dem Rechtsstreit

Vortrag: EREV-Fachtag Erziehungsstellen

LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode. Kleine Anfrage. Antwort. Drucksache 16/1694. der Abgeordneten Anne Spiegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und

Kantonales Sozialamt Graubünden Uffizi dal servetsch social chantunal dal Grischun Ufficio del servizio sociale cantonale dei Grigioni

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Bund Deutscher Kriminalbeamter

Recht und Gerechtigkeit am Beispiel des Artikel 6 EMRK Recht auf ein faires Verfahren

Änderungen der StPO durch das Budgetbegleitgesetz 2009 (BGBl I 52/2009) 1. Zusammenfassung der wesentlichen Bestimmungen

VL Strafverfahrensrecht SS Rechtsbehelfe. Rechtsbehelfe. Hubert Hinterhofer

Das OHG und der Adhäsionsprozess

Standards für die Opferhilfe im WEISSEN RING

SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss

6. Von der Anzeige bis zur Gerichtsverhandlung

PKH-Gebühren so hoch wie möglich halten

Verfahrensordnung für den Schlichtungsausschuss der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe

Sächsischer Inklusionspreis Inklusive Gesellschaft im Sozialraum

Ermittlungsleitfaden und Checkliste für Staatsanwaltschaften

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

Strafprozessordnung - StPO -

Erster Abschnitt Armenrecht. VollstrVtrTUNAG. Ausfertigungsdatum: Vollzitat:

Relevante Bestimmungen der Österreichischen Strafprozessordnung

Die Notrufzentrale des ADAC erreichen Sie bei Fahrzeugpannen und -Unfällen unter der Rufnummer

Inhaltsübersicht. 1. Teil. Rechte wahrnehmen (Weiner) A. Grundlagen 1 B. Stalking, Gewalt- und Sexualverbrechen als strafbare Handlungen

Erster Abschnitt Erteilung der Vollstreckungsklausel zu gerichtlichen Entscheidungen und zu anderen Schuldtiteln. VollstrVtrNLDAG

Netzwerk Gewaltschutz. Landkreis Miesbach

HÄUFIG GESTELLTE FRAGEN VON BETROFFENEN

Gesuch um Entschädigung und Genugtuung nach Art. 19 ff. Opferhilfegesetz vom 23. März 2007 (OHG)

Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NEUSTART Täter-Opfer-Ausgleich ermöglicht eine faire Lösung außerhalb des Gerichtssaals.

Transkript:

Schadensersatz im Strafprozess

1. Wer kann Schadensersatz im Strafprozess verlangen? Wer Opfer einer Straftat geworden ist, kann Schadensersatz oder Schmerzensgeld nicht nur durch eine Klage vor dem Zivilgericht, sondern schon im Strafprozess gegen den Angeklagten geltend machen. Bestrafung und Verurteilung zu Entschädigungsleistungen erfolgen in einem Verfahren. Über einen Antrag kann nur dann entschieden werden, wenn es zu einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung und zu einem Urteil kommt. War der Täter bei Tatbegehung noch nicht 18 Jahre alt, ist die Geltendmachung von Schadensersatz im Strafprozess gesetzlich ausgeschlossen. 2. Was sind die Voraussetzungen? Voraussetzung ist nur ein entsprechender Antrag des Verletzten oder seines Erben. Gegenstand und Grund des Antrags müssen bestimmt bezeichnet werden. Ein geforderter Geldbetrag als Ausgleich für einen finanziellen Schaden (z. B. Verdienstausfall oder beschädigtes Eigentum) ist in der Regel genau zu beziffern. Die Höhe eines Schmerzensgeldes kann und sollte dagegen in das Ermessen des Gerichts gestellt werden. Auch hier müssen aber zumindest eine ungefähre Größenordnung genannt und die Grundlagen für die Berechnung oder Schätzung des Schmerzensgeldes dargelegt werden. Die Tatsachen, die den Anspruch begründen sollen (z. B. die Schilderung der Straftat, Angaben zu den erlittenen Verletzungen und Vermögensschäden), müssen so vollständig wie möglich angegeben werden. Beweismittel sollten bezeichnet oder beigefügt werden (z. B. Rechnungen, Atteste). Zumindest der Schädiger sollte namentlich benannt werden. Einen Rechtsanwalt zu beauftragen ist nicht zwingend erforderlich, kann sich aber im Einzelfall empfehlen. Das gilt beispielsweise, wenn ein komplexer Sachverhalt mit mehreren Tätern zugrunde liegt, schwierige zivilrechtliche Haftungsfragen betroffen sind oder zuerkannte Ansprüche (z. B. ein Geldbetrag) nach der Gerichtsentscheidung im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden müssen. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (insbesondere Bedürftigkeit) kann für die Zuziehung eines Rechtsanwalts Prozesskostenhilfe gewährt werden. In bestimmten Fällen kann die anwaltliche Vertretung sogar durch kostenlose Beiordnung erfolgen. Weitergehende Informationen

dazu bietet Ihnen etwa das Merkblatt über Rechte von Verletzten und Geschädigten im Strafverfahren, das Sie u. a. auf der Internetseite www.justiz.sachsen.de unter den Navigationspunkten Service/Formulare/Strafgericht abrufen können. 3. Wann und wo kann ein Antrag gestellt werden? Der Antrag kann schon mit Erstattung der Strafanzeige bei der Polizei schriftlich gestellt werden. Er kann aber auch später bei der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht schriftlich eingereicht oder zu Protokoll des Urkundsbeamten (bei der sog. Rechtsantragstelle) erklärt werden. Eine mündliche Antragstellung ist noch in der Hauptverhandlung möglich. Hält das Gericht ergänzende Angaben für erforderlich, fragt es bei der antragstellenden Person nach. Zu beachten ist, dass der Antrag keine Hemmung der zivilrechtlichen Verjährung bewirkt. 4. Welche Rechte hat der Antragsteller? Die antragstellende Person wird über Ort und Zeit der Gerichtsverhandlung benachrichtigt. Sie kann an der gesamten Verhandlung teilnehmen und hat das Recht, gehört zu werden. Auch kann sie jederzeit Fragen und Beweisanträge ihre Ansprüche betreffend stellen. 5. Welche Entscheidungen kann das Strafgericht treffen? Kommt es wegen der vorgeworfenen Straftat zu einer Verurteilung, so entscheidet das Strafgericht in der Regel zugleich über die Ansprüche des Opfers. Auf Antrag der antragstellenden Person und des Angeklagten protokolliert das Gericht aber auch einen Vergleich über die aus der Straftat erwachsenen Ansprüche. Es soll auf übereinstimmenden Antrag einen Vergleichsvorschlag unterbreiten. Aus einem Urteil bzw. einem Vergleich kann die Zwangsvollstreckung gegen den Angeklagten betrieben werden.

Das Gericht trifft keine Entscheidung über den Entschädigungsantrag, wenn der Angeklagte freigesprochen oder das Verfahren eingestellt wird, der Antrag unzulässig ist, dem Gericht unbegründet erscheint oder wenn der Antrag sich zur Erledigung im Strafverfahren ausnahmsweise nicht eignet. 6. Was kann man tun, wenn das Strafgericht nicht oder nur teilweise entschieden hat? Entscheidet das Gericht nicht über den geltend gemachten Entschädigungsanspruch oder entspricht es dem Antrag nur teilweise, kann der Verletzte den Anspruch grundsätzlich vor einem Zivilgericht weiterverfolgen. Dies gilt aber nicht, wenn er lediglich mit der Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldes unzufrieden ist, denn über den Schmerzensgeldanspruch kann nur einheitlich entschieden werden. 7. Wer trägt die Kosten des Verfahrens? Wird dem Antragsteller die Entschädigung zugesprochen, fallen für ihn keine Gerichtsgebühren an. Seine notwendigen Auslagen, z. B. Verdienstausfall wegen Teilnahme an der Gerichtsverhandlung, trägt der Angeklagte. Ist der Angeklagte jedoch vermögenslos, besteht das Risiko, dass der Antragsteller seinen Erstattungsanspruch deshalb nicht durchsetzen kann. Wird dem Antrag nicht oder nur zum Teil entsprochen, nimmt das Opfer den Antrag zurück oder sieht das Gericht z. B. im Falle einer Verfahrensbeendigung ohne Urteil von einer Entscheidung ab, entscheidet es darüber, wer die entstandenen Auslagen des Gerichts und der Beteiligten (z. B. Anwaltskosten) trägt. Die Auslagen können dann auch dem Verletzten auferlegt werden. Selbst wenn der Entschädigungsantrag keinen Erfolg hat, muss der Verletzte anders als im Zivilprozess jedenfalls keine Gerichtsgebühren zahlen. Schon deshalb ist die Geltendmachung im Strafprozess immer kostengünstiger als eine Zivilklage.

8. Welche sonstigen Rechte stehen mir als Opfer einer Straftat zu? Unabhängig von dem oben beschriebenen Antrag auf Entschädigung können Sie sich als Opfer bestimmter Straftaten etwa einer vorsätzlichen Körperverletzung einer Anklage als Nebenkläger anschließen. Unter weiteren Voraussetzungen kann Ihnen in diesem Fall ein anwaltlicher Beistand bestellt oder für dessen Hinzuziehung Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Darüber hinaus können Sie Unterstützung und Hilfe durch Opferhilfeeinrichtungen in Form einer Beratung oder einer psychosozialen Prozess begleitung erhalten. Sind Sie Opfer etwa von häuslicher Gewalt oder von Nachstellungen (»Stalking«) geworden, können Sie gegen den Beschuldigten gegebenenfalls Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz (z. B. ein Kontaktverbot) bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht (Familiengericht) beantragen. Nähere Auskünfte zu Ihren Rechten als Opfer erteilen Ihnen Opferhilfeorganisationen, Rechtsanwälte, die mit der Sache befasste Staatsanwaltschaft oder das zuständige Gericht. Weitere Informationen erhalten Sie auch auf der Internetseite www.justiz.sachsen.de unter den Navigationspunkten Service/Opferhilfe.

Herausgeber: Sächsisches Staatsministerium der Justiz Pressestelle Hospitalstraße 7, 01097 Dresden Redaktion: Abteilung III, Referat III. 1 Foto: Sebastian Duda / fotolia.com Gestaltung und Satz: Ö GRAFIK agentur für marketing und design Druck: SAXOPRINT GmbH Redaktionsschluss: Januar 2017 Copyright: Diese Broschüre ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die des Nachdruckes von Auszügen und der fotomechanischen Wiedergabe, sind dem Herausgeber vorbehalten.