An den Grossen Rat

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Transkript:

An den Grossen Rat 13.5224.02 PD/P135224 Basel, 11. Dezember 2013 Regierungsratsbeschluss vom 10. Dezember 2013 Motion Andreas Zappalà und Konsorten betreffend keine Unterschriftenpflicht für Wahlvorschläge von im Grossen Rat vertretenen Parteien bei kantonalen Wahlen Der Grosse Rat hat mit Beschluss vom 18. September 2013 (Nr. 13/38/27.3G) die nachstehende Motion Andreas Zappalà und Konsorten dem Regierungsrat zur Stellungnahme unterbreitet: "Wer zu kantonalen Wahlen antreten will, muss nach 36 des kantonalen Wahlgesetzes einen Wahlvorschlag einreichen, der von mindestens 30, im Einerwahlkreis von mindestens 10 Stimmberechtigten unterzeichnet worden ist. Eine ähnliche Regelung gilt auch für Nationalratswahlen, bei denen im Kanton Basel- Stadt nach Art. 24 BPR mindestens 100 Stimmberechtigte einen Wahlvorschlag unterzeichnen müssen. Diese Vorschriften dienen dazu, eine gewisse Abstützung von Kandidaturen sicherzustellen und Spasskandidaturen nach Möglichkeit zu verhindern. Auf Bundesebene besteht aus diesem Grund eine Ausnahmeregelung für Parteien, welche bestimmte Voraussetzungen erfüllen (Art. 24 Abs. 3 BPR). Demnach ist eine Partei von der Pflicht 100 Unterschriften zu erbringen befreit, sofern sie a) am Ende des den Wahlen vorangehenden Jahres bei der Bundeskanzlei ordnungsgemäss registriert war b) im Kanton einen einzigen Wahlvorschlag einreicht; und c) in der ablaufenden Amtsdauer für den gleichen Wahlkreis im Nationalrat vertreten ist oder bei der letzten Gesamterneuerungswahl im gleichen Kanton mindestens drei Prozent der Stimmen erreichte. Auf kantonaler Ebene fehlt eine solche Ausnahmevorschrift, so dass auch etablierte Parteien die erforderlichen Unterschriften beibringen müssen. Dies ist zum einen unnötig, da mit der Vertretung im Grossen Rat sichergestellt ist, dass ein genügender Rückhalt in der Bevölkerung besteht. Zum anderen stellt diese Pflicht eine administrative Belastung für die Parteien ohne Mehrnutzen dar. Die Unterzeichnenden bitten daher den Regierungsrat, dem Grossen Rat eine Vorlage zu unterbreiten, wonach für in Fraktionsstärke im Parlament vertretene Parteien keine Pflicht zur Unterzeichnung der Wahlvorschläge mehr besteht. Andreas Zappalà, Christine Wirz-von Planta, Patrizia Bernasconi, Remo Gallacchi, Mirjam Ballmer, Joël Thüring, Dieter Werthemann, Tanja Soland, Patricia von Falkenstein, Daniel Stolz, Lukas Engelberger" Den Mitgliedern des Grossen Rates des Kantons Basel-Stadt zugestellt am 13. Dezember 2013. Seite 1/5

Innert Frist gemäss 42 Abs. 3 des Gesetzes über die Geschäftsordnung des Grossen Rates (GO; SG 152.100) vom 29. Juni 2006 nimmt der Regierungsrat zu diesem Vorstoss wie folgt Stellung: 1. Zur rechtlichen Zulässigkeit der Motion 42 des Gesetzes über die Geschäftsordnung des Grossen Rates vom 29. Juni 2006 (GO; SG 152.100) bestimmt folgendes: 1 In der Form einer Motion kann jedes Mitglied des Grossen Rates oder eine ständige Kommission den Antrag stellen, es sei der Regierungsrat zu verpflichten, dem Grossen Rat eine Vorlage zur Änderung der Verfassung oder zur Änderung eines bestehenden oder zum Erlass eines neuen Gesetzes oder eines Grossratsbeschlusses zu unterbreiten. 2 Motionen können sich nicht auf den ausschliesslichen Zuständigkeitsbereich des Regierungsrates oder den an ihn delegierten Rechtssetzungsbereich beziehen. Mit der vorliegenden Motion wird im Hinblick auf eine Vereinfachung der Einreichung von Wahlvorschlägen für kantonale Wahlen die Änderung des entsprechenden Gesetzes beantragt. Der Erlass und die Änderung von Gesetzesbestimmungen fallen in die Zuständigkeit des Grossen Rates. Die Motion verlangt zudem nicht etwas, das sich auf den ausschliesslichen Zuständigkeitsbereich des Regierungsrates oder den an ihn delegierten Rechtssetzungsbereich bezieht. Es spricht auch kein höherrangiges Recht wie Bundesrecht oder kantonales Verfassungsrecht gegen die rechtliche Zulässigkeit des Motionsbegehrens. Die Motion ist aufgrund dieser Erwägungen als rechtlich zulässig anzusehen. 2. Inhaltliche Würdigung der Motion 2.1 Das Anliegen der Motion Gemäss 36 Abs. 1 des Gesetzes über Wahlen und Abstimmungen (Wahlgesetz, SG 132.100) müssen Wahlvorschläge für Grossratswahlen von mindestens 30, im Einerwahlkreis von mindestens 10 Stimmberechtigten unterzeichnet werden. Mit diesem Unterschriftenquorum sollen eine gewisse Abstützung der Kandidaturen unter den Stimmberechtigten sichergestellt und Spasskandidaturen nach Möglichkeit verhindert werden. Nach Ansicht der Motionärinnen und Motionäre stellt diese Vorschrift für etablierte Parteien jedoch ein administrativer Mehraufwand dar, ohne dass ein irgendwie gearteter Mehrnutzen erkennbar sei. Da politische Parteien beim Einreichen von Wahlvorschlägen für die Nationalratswahlen unter gewissen Voraussetzungen vom Beibringen von Unterschriften befreit sind, streben die Motionäre auch auf kantonaler Ebene eine entsprechende Ausnahmeregelung an. Dabei schlagen sie vor, dass Parteien, die bereits in Fraktionsstärke im Grossen Rat vertreten sind, künftig bei kantonalen Wahlen von der Pflicht zur Unterzeichnung der Wahlvorschläge zu befreien sind, da sie dadurch einen bereits genügend grossen Rückhalt unter den Stimmberechtigten geniessen würden. Die von den Motionärinnen und Motionären vorgeschlagene Regelung führt für die meisten der im Grossen Rat vertretenen Parteien zu einem Wegfall der Pflicht zur Unterzeichnung von Wahlvorschlägen für die kantonalen Parlamentswahlen. Seite 2/5

2.2 Regelung bei Nationalratswahlen In Art. 24 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte vom 17. Dezember 1976 (BPR; SR 161.1) ist vorgesehen, dass für Parteien, die nur einen einzigen Wahlvorschlag einreichen (Buchstabe a), am Ende des den Wahlen vorangehenden Jahres bei der Bundeskanzlei ordnungsgemäss registriert waren (Buchstabe b) und in der abgelaufenen Amtsdauer für den gleichen Wahlkreis im Nationalrat vertreten sind oder bei der letzten Gesamterneuerungswahl im gleichen Kanton mindestens 3% der Stimmen erreichten (Buchstabe c) die Erfüllung der Unterschriftsquoren entfällt. Sie müssen gemäss Art. 24 Abs. 4 BPR lediglich die rechtsgültigen Unterschriften aller Kandidatinnen und Kandidaten sowie der präsidierenden und der geschäftsführenden Personen der jeweiligen Partei einreichen. Diese Regelung ist seit dem 1. Januar 2003 in Kraft. Mit dieser administrativen Erleichterung soll der Entscheid politischer Parteien, sich ins Parteienregister des Bundes eintragen zu lassen, abgegolten werden (Botschaft des Bundesrates über eine Änderung des BPR vom 30. November 2001, Seite 6420). 2.3 Vergleich mit anderen Kantonen Ein Blick über die Kantonsgrenze auf die Rechtslage in den deutschsprachigen Kantonen zeigt, dass die Mehrheit derselben (AG, BL, GL, LU, OW, SG, SZ, UR, VS, ZG und ZH) über Regelungen verfügen, die der im Kanton Basel-Stadt geltenden Bestimmung entsprechen, wonach Wahlvorschläge ausnahmslos nur dann gültig sind, wenn sie von einer bestimmten Anzahl Stimmberechtigten unterzeichnet werden. Eine kleinere Gruppe von Kantonen sieht (vermutlich aufgrund der überschaubaren Verhältnisse) das Einreichen von Wahlvorschlägen auch bei Proporzwahlen gar nicht vor. Dabei handelt es sich um die Kantone Schaffhausen, die beiden Appenzell und Nidwalden. Einen Mittelweg geht der Kanton Graubünden, der bei den Bezirksgerichtswahlen die Möglichkeit der stillen Wahl eingeführt hat, weshalb hierfür das Institut der Wahlvorschläge eingeführt wurde, die von einer bestimmten Mindestanzahl Stimmberechtigter unterschriftlich unterstützt werden müssen. Ansonsten sieht auch der Kanton Graubünden keine Einreichung von Wahlvorschlägen vor. Von denjenigen Kantonen, welche das Institut der Wahlvorschläge kennen, sehen nur gerade die Kantone Bern, Solothurn, Fribourg und Thurgau unter gewissen Voraussetzungen eine Befreiung von der Pflicht zum Beibringen von Unterschriften vor. So sind im Kanton Solothurn diejenigen Parteien, die auf Bundesebene bei den letzten Nationalratswahlen von der Unterschriftenpflicht befreit waren, dies auch bei den kantonalen Parlamentswahlen. Im Kanton Bern entfällt das Unterschriftenquorum für politische Gruppierungen in denjenigen Wahlkreisen, in denen die Gruppierungen bei den letzten Wahlen mindestens einen Sitz erreicht haben. Eine Ausnahmeregelung kennt auch der Kanton Thurgau. Hier sind für Wahlvorschläge von Bisherigen, die zur Wiederwahl antreten, keine Unterschriften von unterstützenden Stimmberechtigten nötig. Der Kanton Fribourg dagegen hat die Bundeslösung praktisch 1:1 übernommen und sogar ein kantonales Parteienregister eingeführt. Die Voraussetzungen für die Aufnahme in dieses Register sind, dass die Partei als Verein mit Statuten organisiert ist und bei den letzten Wahlen für das Kantonsparlament mindestens drei Sitze erreichte. Parteien, die im kantonalen Parteienregister eingetragen sind, sind bei der Einreichung von Wahlvorschlägen von der Unterschriftenpflicht befreit. Seite 3/5

3. Haltung des Regierungsrates Im Zusammenhang mit der in Ziffer 3.2 dargestellten Regelung des Bundes hatte sich der Regierungsrat in seiner Vernehmlassungsantwort vom 16. Oktober 2001 zustimmend zur Befreiung der politischen Parteien von der Erfüllung des Unterschriftenquorums bei den Nationalratswahlen geäussert. Er ist deshalb gerne bereit, dem Grossen Rat auf kantonaler Ebene analoge Vorschläge zu unterbreiten, obschon das Beibringen der im Gesetz vorgeschriebenen Unterschriften wohl auch für kleinere politische Gruppierungen keine wirkliche Hürde darstellt. Die Motionärinnen und Motionäre möchten, dass die neue Regelung ausschliesslich etablierten Parteien zugute kommt. Zur Frage, welche Parteien als etabliert qualifiziert werden können, äussert sich der Motionstext widersprüchlich. So wird ausgeführt, dass eine Partei, die im Grossen Rat vertreten ist, über einen genügenden Rückhalt in der Bevölkerung verfügt, sodass diese vom Beibringen der erforderlichen Unterschriften und dem damit verbundenen administrativen Aufwand entlastet werden kann. Gleichzeitig wird aber vorgeschlagen, dass die Pflicht zur Unterzeichnung der Wahlvorschläge nur für jene Parteien entfallen soll, die im Parlament in Fraktionsstärke vertreten sind. Gemäss 13 Abs. 1 des Gesetzes über die Geschäftsordnung des Grossen Rates (GO; SG 152.100) sind für die Bildung einer Fraktion fünf Ratsmitglieder erforderlich. Die Regelung, wie sie die Motionäre und Motionärinnen letztendlich vorschlagen, hätte deshalb zur Folge, dass ausschliesslich lokal starke politische Parteien, welche lediglich in wenigen bzw. nur einem Wahlkreis vertreten sind, von der administrativen Erleichterung in der Regel nicht profitieren könnten. Zudem blieben nicht in Parteiform organisierte politische Gruppierungen unberücksichtigt. Am 8. Juni 2011 hat der Grosse Rat beschlossen, dass Listen, die in einem Wahlkreis ein Quorum von 4% der Stimmen erreicht haben, im jeweiligen Wahlkreis zur Sitzverteilung zugelassen sind. Die neue Regelung kam bei den Grossratswahlen 2012 erstmals zur Anwendung. Vorher war eine politische Partei oder Gruppierung in sämtlichen Wahlkreisen zur Sitzverteilung zugelassen worden, wenn sie in wenigstens einem Wahlkreis 5% der Stimmen erreicht hatte. Mit der neuen Regelung wollte der Gesetzgeber auch vorwiegend lokal starken Gruppierungen eine Chance bieten, in den Grossen Rat einziehen zu können. Nur dort, wo das Quorum erreicht würde, sollte damit auch ein Sitz gewonnen werden können (vgl. den Zweiten Bericht der Spezialkommission zu einer Änderung des Gesetzes über Wahlen und Abstimmungen vom 11. Mai 2011 [Nr. 09.1775.02], Seite 9). Im Sinne einer konsistenten Weiterentwicklung der Rechtslage erscheint es dem Regierungsrat deshalb angezeigt, eine allfällige Befreiung von der Pflicht zur Erfüllung der Unterschriftsquoren ebenfalls wahlkreisspezifisch zu beurteilen. Zu fragen wäre demnach nicht, ob eine Gruppierung im Grossen Rat über Fraktionsstärke verfügt, sondern ob sie innerhalb eines Wahlkreises über einen genügenden Rückhalt verfügt. Ist dies der Fall, sollte sie in diesem Wahlkreis von der Beibringung der erforderlichen Unterschriften entlastet werden. Auf diese Weise wird zudem sichergestellt, dass die fragliche Vorschrift beispielsweise auch im Wahlkreis Bettingen Wirkung entfalten kann, wo regelmässig nicht politische Parteien sondern politische Gruppierungen wie etwa die Vereinigung "Aktives Bettingen" Wahlvorschläge einreichen, welche im Grossen Rat nie Fraktionsstärke erreichen werden und aufgrund der in der Motion vorgeschlagenen Regelung zu keiner Zeit von der Erfüllung des Unterschriftenquorums befreit werden könnten. Auch bei der Frage, wann eine politische Gruppierung innerhalb eines Wahlkreises als etabliert betrachtet werden kann, sollten den dem Grossratsbeschluss vom 8. Juni 2011 zugrunde liegenden Überlegungen Rechnung getragen werden. Wahlvorschläge ohne Unterschriften von Stimmberechtigten sollten deshalb diejenigen politischen Parteien und Gruppierungen einreichen dürfen, die im fraglichen Wahlkreis bei den letzten Grossratswahlen mindestens einen Sitz zugeteilt erhalten haben und damit auch das Quorum von 4% der Stimmen erreicht haben. Dies entspricht im Resultat der vorstehend dargestellten Regelung des Kantons Bern (Art. 3 Abs. 5 des Dekrets über die politischen Rechte des Kantons Bern [BSG 141.11]), welcher die Zulassung Seite 4/5

einer Liste zur Sitzverteilung im Übrigen nicht vom Erreichen eines Mindestanteils an Stimmen abhängig macht. Ganz ohne Unterschriften werden Wahlvorschläge auch mit der neuen Regelung nicht eingereicht werden können. Zuerst sind natürlich weiterhin die Unterschriften der Kandidaten gemäss 37 Abs. 1 lit. d Wahlgesetz nötig, mit welcher sie unwiderruflich ihre Zustimmung zur Kandidatur abgeben. Zusätzlich muss dennoch jede Wahlliste von einem Listenvertreter sowie einem Stellvertreter unterzeichnet werden, die die nötigen Erklärungen gemäss 36 Abs. 4 Wahlgesetz abgeben können. 4. Antrag Der Regierungsrat stimmt mit den Motionärinnen und Motionären überein, dass überzeugende Gründe dafür bestehen, auch für die Wahlen in den Grossen Rat unter gewissen Voraussetzungen auf die Pflicht der Unterzeichnung von Wahlvorschlägen zu verzichten. Die Befreiung vom Unterschriftenquorum sollte aber nicht vom Erreichen der Fraktionsstärke im Grossen Rat abhängig gemacht werden, sondern wahlkreisspezifisch erfolgen. Der Regierungsrat schlägt deshalb vor, dass das Wahlgesetz dahingehend zu ändern ist, dass politische Gruppierungen, die bei den letzten Wahlen in einem Wahlkreis mindestens einen Sitz zugeteilt erhalten haben, in diesem Wahlkreis einen Wahlvorschlag ohne die erforderlichen 10 bzw. 30 Unterschriften gültig einreichen können. Dem Grossen Rat wird deshalb beantragt, die Motion Andreas Zappalà und Konsorten dem Regierungsrat im Sinne der vorstehenden Ausführungen als Anzug zu überweisen. Im Namen des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt Dr. Guy Morin Präsident Barbara Schüpbach-Guggenbühl Staatsschreiberin Seite 5/5