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Transkript:

Beiträge des Instituts für Meteorologie der Freien Universität Berlin zur Berliner Wetterkarte Herausgegeben vom Verein BERLINER WETTERKARTE e.v. c/o Carl-Heinrich-Becker-Weg 6-10, 12165 Berlin http://www.berliner-wetterkarte.de 84/07 ISSN 0177-3984 SO 41/07 18.12.2007 Der November in der 100-jährigen Beobachtungsreihe von Berlin-Dahlem 1908 bis 2007 von Jürgen Heise und Georg Myrcik Sankt Martin kommt nach alten Sitten Gern auf dem Schimmel angeritten Foto: Georg Myrcik 13. November 2003 Berlin-Steglitz Sonnenaufgang bei starkem Dunst Der November ist wohl der einzige Monat im Jahr, mit dem man unangenehme Witterung verbindet: Novemberwetter, novemberlich, d. h. trübes, nebliges, regnerisches und kaltes Herbstwetter. Keine Pop- Gruppe würde sich den Namen November zulegen, Juli (so nennt sich eine Gruppe) klingt da schon viel besser. In der Tat lässt sich die Sonne viel seltener blicken als im Vormonat, obwohl der sonnenscheinärmste Monat erst der Dezember ist, doch Advent, Weihnachtsfest und Jahreswechsel lassen die Stimmung wieder heben. Die Mitteltemperatur des November beträgt für die Normalperiode 1961 1990 4,6 C. Die wärmsten Novembermonate wurden 1938 und 1963 mit jeweils 8,0 C registriert, waren also fast schon so warm wie normalerweise der Oktober. Den kältesten gab es 1919 mit -0,6 C; er war damit sogar noch ein wenig kälter als ein durchschnittlicher Januar (-0,4 C). Die Tagesmitteltemperatur sinkt mit einigen Schwankungen von 7,1 C am 1. 11. bis 2,0 C am 30. 11. Die mittleren Tagesextreme ( Maximum / Minimum ) gehen von 9 C / 1

3-4 C zum Monatsbeginn bis 5 C/0 C zum Monatsende zurück. Trotz des Rufs als Nebelmonat kommen in fast allen Jahren insbesondere in der ersten Monatshälfte noch einige sonnige und milde Tage mit Höchstwerten über 15 C vor. Der wärmste Novembertag wurde am 1. 11. 1968 mit 19,5 C registriert. In anderen Berliner Stadtteilen stieg die Temperatur an jenem Tag aber auch ein wenig über die 20 C-Marke (Flugplatz Tempelhof 20,5 C, Tegeler Fließ 21,1 C). Andererseits kann in der zweiten Monatshälfte schon strenger Frost mit weniger als -10 C herrschen. Der absolute Tiefstwert wurde mit -16,1 C am 23. 11. 1965 gemessen. Frostfrei ist bisher nur der November 1951 gewesen. Im Mittel bringt der letzte Herbstmonat aber schon 8,4 Frosttage, im extrem kalten November 1919 sank die Temperatur an 23 Tagen unter den Gefrierpunkt. Der späteste Termin des ersten Frostes war der 28. 11. 1958. Zwar war der November 1951 wie oben erwähnt frostfrei, doch gab es schon im Vormonat Oktober 3 Frosttage. Großen Schwankungen unterliegt die Anzahl der Eistage. Im Mittel gibt es nur 1,3 derartiger Tage, und in 65 Novembermonaten wurde 0 C an allen Tagen überschritten. Gelegentlich treten aber auch schon längere frühwinterliche Kälteperioden mit 10 Eistagen und mehr auf: So im November 1919 und 1993 mit jeweils 12 und 1965 mit 10 Eistagen. Im Mittel fiel im November in der Normalperiode 1961 1990 49,5 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Der trockenste brachte es nur auf 7,2 Liter (1931), der nasseste dagegen auf 137,0 Liter (1947). Jener Monat beendete in ganz Deutschland eine lange Trockenperiode, die mit ungewöhnlich warmem Sommerwetter und teilweise auch warmem Herbst einherging. Der erste Schnee fällt im Mittel am 18. 11. Natürlich variiert dieses Datum je nach Landschaft in Deutschland, doch liegt der Termin allgemein in der zweiten Monatsdekade, was auch die eingangs angeführte Bauernregel ausdrückt (Der 11. November ist der Sankt Martinstag, der Schimmel soll den Schnee symbolisieren). Allgemein bleibt im November der Schnee nicht lange liegen, doch gab es in Berlin in diesem Monat schon recht eindrucksvolle Schneeereignisse: Nachdem sich im November 1965 Mitte des Monats von Osten her sehr kalte Festlandsluft durchgesetzt hatte, zog am 21. 11. ein kräftiger Tiefdruckwirbel über das zentrale Deutschland hinweg (s. S. 7). Damit verbundener starker Schneefall ließ in unserer Stadt die Schneedecke innerhalb von nur 6 Stunden um 16 cm auf insgesamt 20 cm anwachsen. In Böen bis zu Stärke 7 wurde die Schneedecke auch stark verweht. Insgesamt fiel an 2 Tagen 27 cm Neuschnee (6 cm am 21. 11., 21 cm am 22.11., jeweils bis 7 Uhr morgens). So erklärt sich auch die extreme Kälte in den Frühstunden des 23. 11., als die Temperatur über der hohen Pulverschneedecke bei Windstille und wolkenfreiem Himmel auf den Rekordwert von -16,1 C sank. Wie schon im Vormonat beschrieben nehmen der Wind erst im November und damit die Anzahl der Herbststürme deutlich zu. Sie stehen teilweise in ihrer Stärke schweren Winterstürmen nicht nach: So wurde am 13. 11. 1972 beim sog. Niedersachsenorkan in Dahlem mit 71 kn (Windstärke 12) die höchste Windgeschwindigkeit überhaupt registriert (s. S. 6). Obwohl der November auch als Nebelmonat bekannt ist, nimmt er in der Statistik für die Jahre 1961 1990 in der Zahl der Nebeltage nach dem Oktober nur den zweiten Rang ein, allerdings dürfte sich im Oktober der Nebel schneller wieder auflösen. Insgesamt sind aber die Unterschiede in den Hauptnebelmonaten Oktober bis Februar nicht besonders groß (Oktober 5,9, November 5,4, Dezember 4,9, Januar 5,3, Februar 4,2, insgesamt 25,7 Tage mit Nebel). In jüngster Zeit ist allerdings Nebel deutlich seltener geworden: So wurde in den vergangenen 17 Jahren seit 1991 insgesamt im Mittel der Monate Oktober bis Februar nur noch an 11,7 Tagen Nebel beobachtet, wobei der November mit 3,4 Tagen wieder die Spitzenposition eingenommen hat. Kürzere Tageslänge und zunehmende Bewölkung führt zu einer weiteren Verminderung der Sonnenscheindauer: Die Sonne scheint nur noch an 52,4 Stunden, das sind 19,8% des astronomisch Möglichen (Oktober 110,8 Stunden, 33,5%). 1986 ließ sie sich immerhin noch an 91,7 Stunden blicken, während sie sich ein Jahr später nur an 15,0 Stunden zeigte. Die globale Erwärmung machte sich im November überhaupt nicht bemerkbar: Er war der einzige Monat im Jahr, dessen Mitteltemperatur im 15-jährigen Zeitraum 1991 2005 niedriger lag (-0,3K) als in der Normalperiode 1961 1990. 2

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* alle Werte in den Tabellen und Grafiken auf Seite 3, 4, 5 und 8 sind nicht reduziert bzw. homogenisiert. Das Mittel und die Abweichungen der Sonnenscheindauer sowie das Mittel der 5 cm Lufttemperatur beziehen sich auf die Messreihe 1961-1990. Die im Kriegsjahr 1945 entstandenen Datenlücken wurden teilweise mit Werten der Säkularstation Potsdam ergänzt. 5

Orkantief über Norddeutschland Vom Nordatlantik kommend wanderte der verhältnismäßig kleine, aber außerordentlich intensive Tiefdruckwirbel Q mit seinem Zentrum an der deutschen Nord- und Ostseeküste entlang nach Osten. Sein Orkanfeld suchte hauptsächlich das Norddeutsche Tiefland heim. Die Küste war weniger betroffen, da sie unter der Zugbahn des Tiefdruckzentrums lag, die höchsten Windgeschwindigkeiten dagegen meist einige hundert Kilometer vom Zentrum entfernt auftreten. In Berlin-Dahlem wurde mit 71 kn (Windstärke 12) die stärkste Böe der vergangenen 100 Jahre gemessen. Mehr als 80 kn traten über Nordwestdeutschland auf, wo es zu ausgedehnten schweren Waldschäden kam. Der Wirbel Q (Quimburga) ist daher auch als Niedersachsenorkan in die Geschichte eingegangen. 6

Novemberlicher Starkschneefall Nach einem Kaltlufteinbruch am 11. 11. 1965 von Osten her herrschte vom 13. 11. in Berlin Dauerfrost. In Süddeutschland setzte sich aber bald von Südwesten her wieder milde Luft durch, wobei am 21. 11. ein kräftiger Tiefdruckwirbel über die Mittelgebirge hinweg nordostwärts zog. Während südlich des Mains mittags die Temperatur bis +10 C (München) stieg, wurde im Norden Deutschlands der Gefrierpunkt zumeist nicht überschritten, und anhaltender Schneefall führte in Berlin-Dahlem zu einem Neuschneezuwachs von 21 cm innerhalb von 24 Stunden. Selbst in den eigentlichen Wintermonaten einschließlich des März sind derartige Starkschneefälle äußerst selten, und es sind nur 5 Fälle bekannt mit mehr als 20 cm Neuschnee innerhalb von 24 Stunden. 7

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