Aktuelle steuerliche und rechtliche Fragestellungen der Kommunalwirtschaft Teil 3: Zweckverband und interkommunale Kooperation

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Transkript:

Aktuelle steuerliche und rechtliche Fragestellungen der Kommunalwirtschaft Sehr geehrte Damen und Herren, interkommunale Kooperationen erfreuen sich einer großen Nachfrage, da zunehmend die Notwendigkeit gesehen wird, kommunale Aufgaben gemeinsam zu erfüllen, um Kapazitäten besser auszulasten, Rationalisierungspotenziale zu erschließen und Größenvorteile zu nutzen. Eike Christian Westermann Partner Recht und Steuern Tel.: +49 211 981-1741 eike.christian.westermann@de.pwc.com Matthias Beier Partner Steuern Tel.: +49 211 981-2473 matthias.beier@de.pwc.com Die landesrechtlichen Regelungen über die kommunale Gemeinschaftsarbeit eröffnen den Kommunen und Kreisen ein Füllhorn an rechtlichen Instrumenten für eine Zusammenarbeit. Die Möglichkeiten reichen - je nach Bundesland - von einer eher unverbindlichen Arbeitsgemeinschaft über öffentlich-rechtliche Vereinbarungen bis hin zur Gründung eines Zweckverbandes oder einer gemeinsamen Anstalt öffentlichen Rechts. Aktuell steht im Zusammenhang mit kommunalen Kooperationen nicht nur die umsatzsteuerliche Behandlung von sogenannten Beistandsleistungen vor einer Änderung, nämlich einer gesetzlichen Fixierung ihrer Voraussetzungen, es stellen sich auch aktuelle ertragsteuerliche Fragen. Zudem wird derzeit das nordrhein-westfälische Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit novelliert, ein Gesetzentwurf von Juni 2014 liegt vor, mit dem insbesondere erweiterte Möglichkeiten für die Ausgestaltung eines Zweckverbands geschaffen werden sollen. Daneben bringen die neuen Vergaberichtlinien Klarheit für die vergaberechtliche Behandlung kommunaler Kooperationen. Nachfolgend möchten wir Sie über die Formen kommunaler Kooperationen sowie die aktuellen rechtlichen und steuerlichen Entwicklungen informieren. Eine interessante Lektüre bei diesem momentan in der Praxis hochaktuellen Themenkomplex wünschen Ihnen Ihre Eike Christian Westermann Matthias Beier

Seite 2 Inhalte interkommunaler Zusammenarbeit Es gibt kommunale Aufgaben, die - aus unterschiedlichen Gründen - von der Kommune allein nicht oder nicht erfolgreich wahrgenommen werden können. In diesen Fällen bietet sich eine Zusammenarbeit mit anderen Kommunen an, z.b. um Kapazitäten besser auszulasten, den Personaleinsatz zu optimieren, Rationalisierungspotenziale zu heben oder Größenvorteile, etwa bei der Beschaffung, zu nutzen. Grundsätzlich kann jede Aufgabe, die eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband erfüllen muss oder darf, Gegenstand einer interkommunalen Zusammenarbeit sein, soweit nicht durch Gesetz eine besondere Rechtsform für die Zusammenarbeit vorgeschrieben oder die gemeinsame Wahrnehmung der Aufgabe ausgeschlossen ist. Vor allem Einrichtungen der Abfall- und Abwasserentsorgung sowie der Wasserversorgung, die Erschließung von Gewerbegebieten, Tourismus, Rechenzentren, Brandschutzeinrichtungen und kulturelle Einrichtungen werden im Rahmen interkommunaler Kooperationen geführt. Formen interkommunaler Zusammenarbeit Für eine interkommunale Zusammenarbeit stehen - abgesehen von den Gestaltungsformen des privaten Rechts, die hier nicht näher betrachtet werden sollen - die in den jeweiligen Landesgesetzen über die kommunale Gemeinschaftsarbeit geregelten Formen zur Verfügung. In Nordrhein- Westfalen 1 sind dies die kommunale Arbeitsgemeinschaft ( 2-3 GkG) der Zweckverband ( 4-22 GkG) das gemeinsame Kommunalunternehmen ( 27-28 GkG) die öffentlich-rechtliche Vereinbarung ( 23-26 GkG). Die kommunale Arbeitsgemeinschaft, die weder Rechtsträger ist noch Einfluss auf die Zuständigkeiten ihrer Mitglieder hat, hat in der Praxis nur geringe Bedeutung gewonnen. Demgegenüber finden der Zweckverband und in jüngerer Zeit auch das gemeinsame Kommunalunternehmen zunehmend Zuspruch. In beiden Fällen wird ein neuer Rechtsträger geschaffen, der dazu bestimmt ist, Aufgaben seiner Mitglieder in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen bzw. - im Fall des gemeinsamen Kommunalunternehmens - ggf. auch für diese durchzuführen. Ebenfalls weite Verbreitung gefunden hat die öffentlich-rechtliche Vereinbarung, aufgrund derer - je nach Ausgestaltung - ein Beteiligter einzelne Aufgaben der übrigen Beteiligten in seine Zuständigkeit übernimmt oder sich verpflichtet, solche Aufgaben für diese durchzuführen. Beteiligte Beteiligte einer interkommunalen Kooperation nach dem GkG können Gemeinden und Gemeindeverbände, sonstige Körperschaften, Anstalten 1 Die Darstellung fußt auf der Rechtslage in Nordrhein-Westfalen. Die übrigen Landesrechte enthalten zum Teil abweichende Regelungen; z.b. ist die Rechtsform des gemeinsamen Kommunalunternehmens nicht in allen Bundesländern zugelassen

Seite 3 und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts sein ( 2 Abs. 1 GkG). Für einzelne Formen der Zusammenarbeit bestehen allerdings Einschränkungen. Insbesondere gilt dies für die öffentlich-rechtliche Vereinbarung, die ausschließlich Gemeinden und Gemeindeverbänden vorbehalten ist. Ebenso können Träger eines gemeinsamen Kommunalunternehmens nur Gemeinden und Kreise sein. Anders als beim Zweckverband ist hier weder die Beteiligung anderer Körperschaften noch eine Einbeziehung privater Dritter möglich. Novellierung des GkG NRW Erweiterte Möglichkeiten für Zweckverbände Die Landesregierung NRW hat am 20.06.2014 einen Entwurf zur Novellierung des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit vorgelegt. 2 Mit dem Entwurf werden vor allem die Möglichkeiten für die Ausgestaltung eines Zweckverbands erweitert. Der Entwurf enthält zunächst die Klarstellung, dass sich die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung auch auf sachlich und örtlich begrenzte Teile einer Aufgabe beziehen kann. Mit Blick auf die Einbeziehung verwaltungsinterner Dienstleistungen erfolgt die Öffnung des Zweckverbands für die reine Durchführung von Aufgaben mit der Folge, dass Rechte und Pflichten der Beteiligten im Hinblick auf die dem Zweckverband gestellten Aufgaben nicht mehr zwangsläufig auf den Verband übergehen ( 6 Abs. 1 GkG NRW-E). Zukünftig soll es auch möglich sein, dass der Zweckverband Aufgaben nur für einzelne seiner Mitglieder erfüllt oder wahrnimmt; es müssen also nicht alle Mitglieder dem Verband dieselben Aufgaben übertragen. Ausdrücklich zugelassen wird die Fixierung eines einseitigen Kündigungsrechts in der Verbandssatzung, wenn zugleich das Verfahren zur Auseinandersetzung geregelt wird ( 9 Abs. 2 GkG NRW-E). Außerdem kann bestimmt werden, dass die Verbandsversammlung die Einstellung einer Geschäftsleitung zur Entlastung des Verbandsvorstehers beschließt und dieser mit dessen Zustimmung Aufgaben zur selbstständigen Erledigung überträgt ( 16 Abs. 3 GkG NRW-E). Zusammenschluss und Eingliederung Schließlich wird der Zusammenschluss von Zweckverbänden und die Eingliederung von Zweckverbänden in andere Zweckverbände geregelt. In beiden Fällen geht der Aufgaben- und Mitgliederbestand unmittelbar auf den neuen Verband (im Fall des Zusammenschlusses) bzw. auf den aufnehmenden Verband über. Die bisherigen Zweckverbände bzw. der eingegliederte Verband gelten mit dem Entstehen des neuen Zweckverbands bzw. mit dem Wirksamwerden der Eingliederung als aufgelöst. Der neue Zweckverband bzw. der aufnehmende Zweckverband sind Rechtsnachfolger der aufgelösten Verbände ( 22, 22a GkG NRW-E). 2 LT-Drs. 6/6090

Seite 4 Interkommunale Kooperationen und Vergaberecht Interkommunale Kooperationen und die an sie zu stellenden vergaberechtlichen Anforderungen sind bislang in den deutschen Regelungen zum Vergaberecht nicht enthalten. Vereinbarungen zwischen Kommunen oder Kreisen waren daher häufig Gegenstand von Vergabenachprüfungsverfahren. Entscheidungen hierzu liegen national auf Ebene der Vergabekammern und Oberlandesgerichte vor, zudem hat sich der EuGH in verschiedenen Verfahren mit den vergaberechtlichen Anforderungen an interkommunale Kooperationen auseinandergesetzt. Die vergaberechtliche Rechtsprechung des EuGH zu interkommunalen Kooperationen ist in die neuen EU-Vergaberichtlinien (Vergaberichtlinie, Sektorenrichtlinie, Konzessions-Vergabe-Richtlinie) eingeflossen, die am 17.04.2014 in Kraft getreten sind und binnen 2 Jahren in nationales Recht umgesetzt sein müssen. Geltendes Recht EuGH- Rechtsprechung Die derzeit geltenden Ausnahmebedingungen für horizontale Kooperationen von der Anwendung des Vergaberechts sind ebenfalls durch die Rechtsprechung des EuGH und der deutschen Oberlandesgerichte entwickelt worden. Nach Ansicht des EuGH sind die unionsrechtlichen Vergabevorschriften nicht auf solche Vereinbarungen zwischen öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgern anwendbar, bei denen eine Zusammenarbeit von öffentlichen Einrichtungen für die Wahrnehmung einer ihnen allen obliegenden öffentlichen Aufgabe vereinbart wird. 3 Die aus der Rechtsprechung des EuGH entwickelten Anforderungen für eine vergaberechtsfreie interkommunale Kooperation sind im Einzelnen, dass es sich um die Zusammenarbeit öffentlicher Einrichtungen bei der Wahrnehmung einer ihnen allen obliegenden Gemeinwohlaufgabe handelt, die ausschließlich zwischen öffentlichen Einrichtungen vereinbart wird, ohne Beteiligung Privater bzw. ohne Besserstellung privater Dienstleistungserbringer und bei der die vereinbarte Zusammenarbeit nur durch Erfordernisse und Überlegungen bestimmt wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen. Das europäische Recht kennt - im Gegensatz zum deutschen Recht - keinen Unterschied zwischen delegierender und mandatierender öffentlichrechtlicher Vereinbarung. Ebenso wenig unterscheidet das europäische 3 EuGH, Urteil v. 13.06.2013 - Az.: C-386/11 "Piepenbrock"; Urteil v. 08.05.2013 - Az.: C- 197/11 und C-203/11; Urteil v. 19.12.2012 - Az.: C-159/11; EuGH, Urteil v. 19.1.2012, Az.: C-159/11, Lecce ;EuGH Urteil v. 09.06.2009, Az.: C-480/06, "Stadtreinigung Hamburg"

Seite 5 Recht zwischen öffentlich-rechtlicher Vereinbarung und öffentlich - rechtlichem Vertrag. Die Anforderungen gelten mithin unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Vereinbarung aus Sicht des deutschen Verwaltungsrechts. Nationale Rechtsprechung Nach der bisherigen deutschen Rechtsprechung 4 wurde bei Kooperationsvereinbarungen nach der rechtlichen Qualität der Vereinbarung unterschieden. Eine mandatierende Vereinbarung, z.b. nach 23 Abs. 1, 2. Alt GkG NRW, hat die Rechtsprechung 5 als vergabepflichtige Beschaffungsmaßnahme angesehen. Diese Rechtsprechung wurde inzwischen in Ansehung der europäischen Rechtsprechung aufgegeben. 6 Neue Richtlinien Die neuen Vergaberichtlinien sehen eine Ausnahme von der Anwendung von Vergaberecht auf horizontale Kooperationen öffentlicher Aufgabenträger im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vor. Nach Art. 11 Abs. 4 Vergaberichtlinie sind interkommunale Kooperationen unter den dort genannten Bedingungen von der Anwendung des Vergaberechts freigestellt: "Ein ausschließlich zwischen zwei oder mehr öffentlichen Auftraggebern geschlossener Vertrag fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie, wenn sämtliche der nachfolgend genannten Bedingungen erfüllt sind: (a) Der Vertrag begründet oder erfüllt eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern mit dem Ziel, dafür Sorge zu tragen, dass von ihnen auszuführende öffentliche Dienstleistungen im Hinblick auf die Erreichung gemeinsamer Ziele erbracht werden; (b) die Durchführung dieser Zusammenarbeit wird ausschließlich durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt; und (c) die beteiligten öffentlichen Auftraggeber führen auf dem offenen Markt weniger als 20 % der durch die Zusammenarbeit erfassten Tätigkeiten aus." (nicht amtliche Übersetzung) 4 z.b. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 05.05.2004, Verg 78/03 und Beschluss vom 21.06.2006, Verg 17/06 sowie Vergabekammer Münster, Beschluss v. 22.07.2011, VK 7/11 und die diese bestätigende Entscheidung des OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.2012, Verg 69/11 5 z.b. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 05.05.2004, Verg 78/03 und Beschluss vom 21.06.2006, Verg 17/06 sowie die Vergabekammer Münster, Beschluss v. 22.07.2011, VK 7/11 und die diese bestätigende Entscheidung des OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.2012, Verg 69/11 6 z.b. VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2012, 1 VK 66/11

Seite 6 Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien Nach den Erwägungsgründen der Richtlinie können alle freiwilligen und pflichtigen Aufgaben der Gebietskörperschaften Gegenstand einer solchen vergaberechtsfreien Vereinbarung sein. Nicht notwendig dürfte es sein, dass beide Vertragspartner Hauptleistungen erbringen. Im Zweifel wird dies durch den EuGH näher auszulegen sein. Dasselbe wird für Sektorentätigkeiten nach Art. 21 Abs. 5 der Sektorenrichtlinie und für die Vergabe von Konzessionen nach Art. 15 Abs. 4 der Konzessions-Vergabe-Richtlinie gelten. Die neuen Vergaberichtlinien werden daher grundsätzlich rechtliche Klarheit im Zusammenhang mit den vergaberechtlichen Anforderungen an horizontale Kooperationen in städtischen Konzernen und zwischen öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgern bringen. Die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmungen im Einzelnen, z.b. die Verteilung von Aufgaben im Rahmen interkommunaler Kooperationen, werden der Rechtsprechung des EuGH vorbehalten bleiben. Steuerliche Aspekte Aufdeckung stiller Reserven durch Gründung oder Auflösung des Zweckverbands Neben den kommunal- und vergaberechtlichen Rahmenbedingungen einer interkommunalen Kooperation im Zweckverband sind auch steuerliche Aspekte zu berücksichtigen. Insbesondere ergeben sich für den Gründungsvorgang eines Zweckverbands steuerliche Risiken. Im Gegensatz zu den privatrechtlichen Gesellschaftsformen kann ein wirtschaftlicher Betrieb einer Gebietskörperschaft nicht zu dem Buchwertansatz in einen Zweckverband überführt werden. Hintergrund ist, dass in den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Verweis auf das Umwandlungsgesetz fehlt, der die Übertragung der Betriebe auf den Zweckverband als Umwandlungsvorgang ansieht. Somit ist nach der überwiegenden Ansicht der Finanzverwaltung eine steuerneutrale Übertragung der Wirtschaftsgüter nicht zulässig. Demnach kommt es auf Ebene der Gebietskörperschaft zur Aufdeckung der stillen Reserven. Sofern die Wirtschaftsgüter dem Vermögen eines Betriebs gewerblicher Art zugeordnet sind, können sich hieraus steuerliche Belastungen ergeben. Mangels eines ausdrücklichen Verweises in den landesrechtlichen Vorschriften ist eine Buchwertfortführung auch bei der Auflösung des Zweckverbands oder ähnlichen Vorgängen nicht möglich. Somit führt dies auch bei diesen Vorgängen im Zweifel zur Aufdeckung der stillen Reserven. Die derzeit in einigen Bundesländern neu gefassten Gesetze zur kommunalen Zusammenarbeit sehen zwar grundlegende Regelungen zur Auflösung oder zur Fusionierung von Zweckverbänden vor (vgl. 22, 22a GKG NRW-E), ein Verweis auf das Umwandlungssteuergesetz fehlt nach wie vor. Es bleibt abzuwarten, ob eine Regelung wie in 22a GKG NRW, die bei einer Fusionierung von Zweckverbänden immerhin eine Rechtsnachfolgeregelung vorsieht, dazu führt, dass die Finanzver-

Seite 7 waltung zumindest in Analogie zum Umwandlungssteuergesetz eine Buchwertfortführung für zulässig erachtet. Zusätzlich sind neben den oben angeführten ertragsteuerlichen Risiken auch die umsatzsteuerlichen Aspekte bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern auf einen Zweckverband zu beachten. Umsatzbesteuerung im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit Fazit Die Kommunen beschäftigt indes - bedingt durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur steuerlichen Behandlung von sogenannten Beistandsleistungen (Urteil des BFH vom 10.11.2011, Az. V R 41/10) - die wichtige Frage, inwieweit Leistungen im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit, z.b. Leistungen eines Zweckverbands an seine Mitglieder, zukünftig der Umsatzsteuer unterliegen. Es wird derzeit über einen ersten Entwurf des Gesetzgebers diskutiert, der sich hiermit auseinandersetzt. Einzelheiten können Teil 6 unserer Serie entnommen werden, der detailliert hierauf eingeht. Dennoch ist zu beachten, dass auch ohne Anwendung der oben angeführten Rechtsprechung die Finanzverwaltung in der jüngsten Vergangenheit explizit die Steuerbarkeit von Verbandsumlagen untersucht. Die Gesetze über kommunale Gemeinschaftsarbeit und das Verwaltungsverfahrensrecht eröffnen vielfältige Möglichkeiten interkommunaler Zusammenarbeit; es empfiehlt sich, hieraus nach Art und Inhalt der gewünschten Kooperation bewusst zu wählen. Dabei l sind ertrag- und umsatzsteuerliche sowie vergaberechtliche Folgen zu erwägen. Bei Fragen zu diesem aktuellen Themenkomplex und natürlich auch zu anderen kommunalrechtlichen, vergaberechtlichen und steuerrechtlichen Fragestellungen stehen wir und Ihre bekannten PwC- Ansprechpartner Ihnen gerne zur Verfügung. Im nächsten Teil unserer Herbstserie geht es um Aktuelles zum Thema Grunderwerbsteuer.

Seite 8 Ansprechpartner Dagmar Holz Senior Managerin Rechtsanwältin Tel.: 0211 981-4715 dagmar.holz@de.pwc.com PricewaterhouseCoopers AG Niederlassung Düsseldorf Moskauer Straße 19 40227 Düsseldorf Susanne Rachel Wellmann Senior Managerin Rechtsanwältin Tel.: 0211 981-1532 susanne.rachel.wellmann @de.pwc.com PricewaterhouseCoopers AG Niederlassung Düsseldorf Moskauer Straße 19 40227 Düsseldorf