Weiterbildung in Deutschland Arbeiten in Deutschland - eine Einführung für ausländische Ärztinnen und Ärzte Marburger Bund-Stiftung Hannover, den 13.09.2016 Andreas Hammerschmidt 1
Andreas Hammerschmidt Arzt in Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Klinikum Region Hannover, Klinikum Lehrte Beisitzer im Landesvorstand des Marburger Bundes Niedersachsen 2. Bezirksvorsitzender Marburger Bund Bezirk Hannover Stellvertretender Sprecher des Sprecherrates der Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung im Marburger Bund Mitglied des Aufsichtsrates der Klinikum Region Hannover GmbH Mitglied der Delegation des Marburger Bundes bei den European Junior Doctors 2
Inhalt I. Grundsätzliches zur Weiterbildung II. III. IV. Weiterbildungsordnung Richtlinien und Zeugnisse Anerkennung ausländischer Facharztdiplome 3
Ärztekammern Träger der berufsständischen Selbstverwaltung 17 Landesärztekammern, 1 Bundesärztekammer Aufgaben im Bereich der Weiterbildung (u.a.): - Festlegung von Satzungen und Regularien im Bereich der Weiterbildung (z.b. WBO) - Abnahme von Prüfungen -...
Was ist Weiterbildung? "Ziel der Weiterbildung ist der geregelte Erwerb in dieser Weiterbildungsordnung festgelegter eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten, um nach abgeschlossener ärztlicher Ausbildung und Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit besondere ärztliche Kompetenzen zu erlangen. Die Weiterbildung dient der Sicherung der Qualität ärztlicher Berufsausübung und der Bürgerorientierung." 1 Absatz 1 Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen
Was ist Weiterbildung? praktische Anwendung ärztlicher Kenntnisse + theoretische Unterweisung + ggf. vorgeschriebene Kurse stationäre, ambulante, rehabilitative Versorgung von PatientInnen Erfüllung der Mindestanforderungen + notwendige Zeugnisse + erfolgreich abgelegte Prüfung = Facharztkompetenz Weiterbildung möglich in...... Gebieten... Schwerpunkten... Zusatzbezeichnungen
Weiterbildungsordnung zuständig: jeweilige Ärztekammer z.b. Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, zuletzt geändert am 28.11.15 regelt die Grundlagen, Ablauf, Inhalte und Mindestzeiten der Weiterbildung Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer Weiterbildungsordnungen der einzelnen Landesärztekammern
Beispiel: Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen Abschnitt A: Ablauf der Weiterbildung Abschnitt B und C: Mindestzeiten, Inhalte Richtlinien: Einzelheiten zu Inhalten, z.b. Leistungs- und / oder Operationszahlen
Richtlinien Ergänzungen zur Weiterbildungsordnung für jeweilige Gebiete, Schwerpunkte und Zusatzbezeichnungen Festlegungen von Mindestweiterbildungszeiten, Mindestkennzahlen für bestimmte Verfahren / Kenntnisse / Interventionen, etc. Festlegungen je nach Gebiet, Schwerpunkt oder Zusatzbezeichnung unterschiedlich
Voraussetzungen für die Weiterbildung Approbation oder Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs Beginn der Weiterbildung im Gebiet Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie setzt abgeschlossene zahnärztliche Ausbildung voraus Weiterbildung muss angemessen vergütet sein Weiterbildung im Rahmen der hauptberuflichen Tätigkeiten Krankenhäuser müssen zugelassene Weiterbildungsstätten sein Weiterbildung bei einem Kammermitglied mit Weiterbildungsermächtigung
Weiterbildung versus Fortbildung Verwechslungsgefahr Weiterbildung: Erwerb in der Weiterbildungsordnung (WBO) festgelegter eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten --> Erwerb der Facharztkompetenz Fortbildung: berufsbegleitender Erhalt der Kompetenz
Weiterbildung: ambulant oder stationär? grundsätzlich: Weiterbildung sowohl in ambulanten als auch in stationären Einrichtungen möglich aber: Anteile abhängig von jeweiliger Facharztweiterbildung (Richtlinien beachten!) ambulant: Arztpraxen, Institutsambulanzen, poliklinische Ambulanzen, Medizinische Versorgungszentren stationär: Krankenhäuser, Rehabilitationskliniken, Belegabteilungen,...
Weiterbildung in Teilzeit? Weiterbildung muss im Hauptberuf erfolgen (Gebiete, Schwerpunkte). Weiterbildung in Zusatzbezeichnungen oder Nachqualifikationen auch in Teilzeit möglich. Die Weiterbildungsordnung geht von einer Weiterbildung in Vollzeit aus. Aber: Anerkennung in Teilzeit möglich ==> Weiterbildungszeit verlängert sich entsprechend! mindestens Hälfte der wöchentlichen Vollzeitarbeitszeit (~ 20 Stunden) ==> in Einzelfällen auch mit geringerer Arbeitszeit möglich!
Weiterbildungsermächtigung Vergabe durch Ärztekammern als "Weiterbildungsbefugnis" an Kammermitglieder Weiterbildung nur an Weiterbildungsstätten möglich, wo ÄrztInnen mit entsprechender Weiterbildungsermächtigung tätig unter Umständen auch mehrere Ermächtigte an einer Weiterbildungsstätte Umfang der Ermächtigung bestimmt anerkennbare Zeiten für die Weiterbildung Verzeichnis der ermächtigten Kammermitglieder bei Ärztekammern Ermächtigung kann widerrufen werden
Weiterbildungsermächtigung Voraussetzungen: - Kammermitglied muss entsprechende Bezeichnung führen - fachliche und persönliche Eignung - umfassende Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten - mehrjährige Tätigkeit in verantwortlicher Stellung nach Abschluss der entsprechenden Weiterbildung - Weiterbildung hat persönlich und ganztägig zu erfolgen - Weiterbildungsermächtigte(r) muss für Richtigkeit der Dokumentation sorgen
Weiterbildungszeiten anrechnungsfähige Zeiten: Weiterbildungszeiten unter Anleitung eines zur Weiterbildung ermächtigten Arztes; nur diese Zeiten sind anrechenbar! möglichst Weiterbildung in mindestens zwei Weiterbildungsstätten mindestens 6 Monate pro Abschnitt ==> kürzere Abschnitte nur anerkennbar, wenn explizit in WBO vorgesehen! Unterbrechung der Weiterbildung --> keine Anrechnung als Weiterbildungszeit, z.b. Schwangerschaft, Elternzeit, Wehr- und Ersatzdienst, Übernahme wissenschaftlicher Aufträge, Krankheit
Weiterbildungszeiten Tariflicher Erholungsurlaub ist keine Unterbrechung der Weiterbildung! Verkürzung der Mindestzeit der Weiterbildung im Einzelfall um höchstens die Hälfte, wenn schon andere Weiterbildung absolviert => entweder 1. eine gemeinsame Basis-Weiterbildung oder 2. deckungsgleiche Weiterbildungsabschnitte oder 3. die Anrechnung von Weiterbildungszeiten aus anderen Weiterbildungsgängen
Basisweiterbildung / Common Trunk gemeinsame Inhalte verschiedener Facharztweiterbildungen innerhalb eines Gebietes zu Beginn einer Facharztweiterbildung zu vermitteln Gebiet Chirurgie: 24 Monate Gebiet Innere Medizin: 36 Monate Gebiet HNO-Heilkunde: 24 Monate Gebiet Pathologie: 24 Monate Gebiet Pharmakologie: 24 Monate
Gebiete, Schwerpunkte, Zusatzbezeichnungen Gebiete: Weiterbildung in Gebieten führen zur Facharztkompetenz; Erwerb hauptberuflich; Prüfung Schwerpunkte: Facharztkompetenz notwendig, um Schwerpunkt zu erwerben; Erwerb hauptberuflich; Prüfung Zusatzbezeichnungen: je nach Bezeichnung Facharztkompetenz notwendig, teilweise keine Facharztkompetenz notwendig; Erwerb muss nicht im Hauptberuf erfolgen; teilweise Prüfung jeweils ggf. weitere Voraussetzungen notwendig
Gebiete Allgemeinmedizin Anatomie Arbeitsmedizin Augenheilkunde Biochemie Frauenheilkunde und Geburtshilfe HNO-Heilkunde Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen Haut- und Geschlechtskrankheiten Humangenetik Hygiene und Umweltmedizin
Gebiete Kinder- und Jugendmedizin Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Laboratoriumsmedizin Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie Neurochirurgie Neurologie Nuklearmedizin Öffentliches Gesundheitswesen Neuropathologie Pathologie
Gebiete Klinische Pharmakologie Pharmakologie und Toxikologie Physikalische und Rehabilitative Medizin Physiologie Psychiatrie und Psychotherapie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Radiologie Rechtsmedizin Strahlentherapie Transfusionsmedizin Urologie
Chirurgie Facharzt / Fachärztin für... Allgemeinchirurgie Gefäßchirurgie Herzchirurgie Kinderchirurgie Orthopädie und Unfallchirurgie Plastische und Ästhetische Chirurgie Thoraxchirurgie Viszeralchirurgie
Innere Medizin Facharzt / Fachärztin für... Innere Medizin Innere Medizin und Angiologie Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie Innere Medizin und Gastroenterologie Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie Innere Medizin und Kardiologie Innere Medizin und Nephrologie Innere Medizin und Pneumologie Innere Medizin und Rheumatologie
Schwerpunkte Radiologie: Kinderradiologie, Neuroradiologie Psychiatrie: Forensische Psychiatrie Pädiatrie: Kinder-Hämatologie und -Onkologie, Kinder-Kardiologie, Neonatologie, Neuropädiatrie Gynäkologie und Geburtshilfe: Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Gynäkologische Onkologie, Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin
Zusatzbezeichnungen Akupunktur Allergologie Andrologie Balneologie Betriebsmedizin Dermatohistologie Diabetologie Ernährungsmedizin Flugmedizin Genetische Beratung, fachgebunden Genetische Beratung im Kontext
Zusatzbezeichnungen Geriatrie Krankenhaushygiene Labordiagnostik Magnetresonanztomographie Manuelle Medizin Medikamentöse Tumortherapie Medizinische Informatik Naturheilverfahren Notfallmedizin Orthopädische Rheumatologie Palliativmedizin
Zusatzbezeichnungen Phlebologie Physikalische Therapie Plastische und ästhetische Operationen Proktologie Psychoanalyse Psychotherapie Qualitätsmanagement Rehabilitationswesen Röntgendiagnostik Schlafmedizin Sozialmedizin
Zusatzbezeichnungen Spezielle Orthopädische Chirurgie Spezielle Schmerztherapie Spezielle Unfallchirurgie Spezielle Viszeralchirurgie Sportmedizin Suchtmedizinische Grundversorgung Tropenmedizin Verkehrsmedizinische Begutachtung
Richtlinien
Richtlinien
Dokumentation Dokumentationspflicht durch Arzt / Ärztin in der Weiterbildung Weiterbildungsgespräche: - nach Abschluss eines Abschnitts, jedoch mindestens einmal jährlich - Nachweispflicht --> Protokoll - Sie haben ein Recht darauf! Logbücher
Zeugnisse durch Weiterbildungsermächtigten auszustellen ==> Pflicht! Dokumentation der Weiterbildung Inhalt: Kenntnisse, Erfahrungen, Fertigkeiten, fachliche Eignung, zeitlicher Umfang (Teilzeit?), Unterbrechungen Tipp: Ausstellung eines Zeugnisses nach jedem Weiterbildungsabschnitt / bei Arbeitgeberwechsel; auch Zwischenzeugnisse möglich
Prüfungen Voraussetzung: Erfüllung der Mindestanforderungen gemäß WBO und jeweiliger Richtlinie Entscheidung über Zulassung zur Prüfung durch Ärztekammer Einreichen der Zeugnisse und Nachweise bei Anmeldung zur Prüfung Zulassung zur Prüfung im Schwerpunkt erst nach Facharztanerkennung Zulassung zur Prüfung bei Zusatzbezeichnungen ggf. erst nach Facharztanerkennung, falls vorgeschrieben
Prüfungen mündliche Prüfung vor dem Prüfungsausschuss Prüfungsausschuss: drei ÄrztInnen, mind. 2 davon mit zu prüfender Kompetenz Ausstellung einer Anerkennungsurkunde nach erfolgreichem Absolvieren der Prüfung Ärztekammer setzt Termin fest, spätestens sechs Monate nach der Zulassung Inhalt: vorgeschriebene Inhalte, Kenntnisse, Erfahrungen, Fertigkeiten mindestens 30 min; Prüfung theoretischer Fähigkeiten, aber auch ärztlicher Fertigkeiten möglich
Prüfungen Nichtbestehen der Prüfung: Prüfungsausschuss kann Anforderungen festlegen --> ggf. Verlängerung der Weiterbildungszeit, ggf. Erwerb zusätzlicher Kenntnisse / etc. Verlängerung mindestens 3 Monate, längstens 2 Jahre Wiederholungsprüfung frühestens nach 3 Monaten
ausländischer Facharztdiplome Verfahren Facharztdiploms, Weiterbildungsordnungen gesetzliche Anerkennung Voraussetzung: inländischer zuständig: Antrag sinnvoll, auf oft abhängig Anerkennung Landesärztekammern möglich Grundlagen Weiterbildungsordnung der zwischen Gleichwertigkeit mit Herkunft von Facharztkompetenz Bundesländern in Qualifikation, von der Bezug Weiterbildungszeiten oder auf ausländischen eine Staat auf unterschiedlich Antragstellenden nach Grundlage berufliche der jeweiliger Ausstellung in jedem der Fall des
Anerkennung ausländischer Facharztdiplome EU-Staaten: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Zypern Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR): EU-Staaten + Island, Liechtenstein, Norwegen Schweiz Sonstige Staaten
Anerkennung ausländischer Facharztdiplome Staatsangehörige(r) eines Staates im EU- / EWR- / CH-Raum + im EU- / EWR- / CH-Raum erworbene Facharztqualifikation: in der Regel automatische Anerkennung --> Umschreibung in deutsche Facharztkompetenz in der Regel automatisch möglich Beispiel: Dänische Ärztin, Facharztausbildung in den Niederlanden, Facharztkompetenz für Gynäkologie und Geburtshilfe, möchte in Göttingen tätig werden. Es erfolgt ein Antrag auf Anerkennung / Umschreibung des Facharztdiploms. Es erfolgt die Anerkennung / Umschreibung. Konformitätsbescheinigung: Erfüllung der Kriterien gemäß EU-Richtlinie 2005/36/EG
Anerkennung ausländischer Facharztdiplome Staatsangehörige(r) eines Staates im EU- / EWR- / CH-Raum + in Drittstaat erworbene Facharztqualifikation: keine direkte Umschreibung möglich vollständige oder teilweise Anerkennung von Weiterbildungszeiten möglich Antrag --> Gleichwertigkeitsprüfung durch Ärztekammer --> Weiterbildungszeit von mindestens 12 Monaten in jeweiligem Fachgebiet in Deutschland abzuleisten + erfolgreiches Absolvieren einer Facharztprüfung ODER gleichwertig, wenn von einem anderen Mitgliedsstaat des EU- / EWR- / CH-Raums anerkannt + mindestens dreijährige Berufserfahrung in jeweiligem Staat --> Umschreibung möglich Bsp.: Polnischer Arzt, Facharztkompetenz für Neurologie in den USA erworben, 3 Jahre Tätigkeit als Facharzt in Österreich. Aufnahme einer Tätigkeit in Osnabrück. Gleichwertige Anerkennung, Umschreibung auf Antrag.
Anerkennung ausländischer Facharztdiplome Staatsangehörige(r) aus Drittstaat + in einem Drittstaat erworbene Facharztqualifikation: keine Umschreibung vollständige oder teilweise Anerkennung von Weiterbildungszeiten mindestens 12 Monate Weiterbildung in jeweiligem Fachgebiet in Deutschland zu absolvieren (ggf. länger) anschließend Facharztprüfung Beispiel: Tunesische Ärztin, Facharztausbildung Radiologie in Marokko, Aufnahme einer ärztlichen Tätigkeit in Braunschweig. Keine Umschreibung, 12 Monate Weiterbildung in Radiologie zu absolvieren. Anschließend Antrag auf Zulassung zur Prüfung --> Prüfung --> Facharztkompetenz CAVE: ggf. längere Fristen oder gar keine Anerkennung von Weiterbildungszeiten!
Anerkennung ausländischer Facharztdiplome häufig keine Umschreibung einer im Ausland erworbenen Zusatzbezeichnung weder aus Staat im EU- / EWR- / CH-Raum, noch aus Drittstaat Prüfung der Gleichwertigkeit notwendig Entscheidung über Anerkennung oder Ablehnung
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Marburger Bund LV Niedersachsen Berliner Allee 20, 30175 Hannover Tel: 0511 / 543066-0 Fax: 0511 / 543066-99 lvniedersachsen@marburger-bund.de 43
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