Praktikum Radioaktivität und Dosimetrie" Alpha-Strahlung

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Praktikum Radioaktivität und Dosimetrie" Alpha-Strahlung 1. Aufgabenstellung 1.1 Bestimmung der Luftäquivalenz der Abdeckung eines Ra-226-Präparates mittels der experimentellen Reichweitebestimmung der vom Präparat ausgehenden α-strahlung. 2. Theoretische Grundlagen Stichworte zur Vorbereitung: Radioaktivität, α-,β-,γ-strahlung, Zerfallsgesetz, Aktivität, Szintillationszähler, Halbleiterdetektor, Zerfallsreihen, radioaktives Gleichgewicht. Literatur: H. Lindner Grundriss der Atom- und Kernphysik, Fachbuchverlag Leipzig 1988 Krieger, Petzold Strahlenphysik, Dosimetrie und Strahlenschutz, Band 1, Kap. 3 und 5, Teubner Verlag 1989 W. Stolz Radioaktivität B. G. Teubner Verlagsgesellschaft W. Walcher Praktikum der Physik, Kap. 6.4, Teubner Verlag 1989 W. Ilberg, M. Krötzsch Physikalisches Praktikum, Kap. 7, Teubner Verlag 1992 J. Becker, H.J. Jodl Physikalisches Praktikum für Naturwissenschaftler und Ingenieure VDI-Verlag 1991 1

2.1 Zerfallsreihen Ausgehend von den sehr langlebigen radioaktiven,,urnukliden" 238 U T1/2 = 4,5 10 9 a 92 235 U T1/2 = 7,04 10 8 a und 92 232 Th T1/2 = 1,39 10 10 a, 93 ergeben sich drei Zerfallsreihen, in die sich viele radioaktive Nuklide einordnen lassen. Dies sind die Uran-Radium-Reihe, die Uran-Actinium-Reihe und die Thorium Reihe. Am Ende dieser radioaktiven Zerfallsreihe stehen stabile Bleiisotope. Eine vierte Zerfallsreihe - die Neptunium-Reihe geht von dem heute nur noch 237 künstlich herstellbaren Np 237 aus und endet beim stabilen Bi. 93 93 In einem Stück Uranerz koexistieren alle Mitglieder der Uran-Radium-Reihe. Die Zahl der Uranatome nimmt dabei ständig ab und die Zahl der Bleiatome ständig zu. Für alle Zwischenglieder der Reihe hat sich im Laufe der Zeit ein Gleichgewichtszustand herausgebildet, bei dem pro Zeiteinheit genau soviel Atome eines solchen Nuklid zerfallen, wie von der Muttersubstanz durch Zerfall nachgeliefert werden (radioaktives Gleichgewicht). Arten und Energie der Strahlung eines radioaktiven Stoffes können aus dem Zerfallsschema des betreffenden Nuklids abgeleitet werden. Bildet das Nuklid beim Zerfall radioaktive Tochtersubstanzen, so müssen eventuell auch deren Strahlungen berücksichtigt werden. Dieser Fall ist immer dann gegeben, wenn die Halbwertszeiten der Folgeprodukte mit dem Alter des Präparates vergleichbar sind. Dementsprechend ist auch das hier zu messende Spektrum eines Ra-226- Präparates zu interpretieren. 2.2 α-strahlung Infolge ihrer großen Masse werden α-teilchen bei Zusammenstößen mit Elektronen kaum abgelenkt. Sie bewegen sich auf nahezu geradlinigen Bahnen. Die ionisierende Wirkung von α-teilchen ist sehr groß; bei Energien von 5 MeV werden in Luft durch Zusammenstöße zwischen den α Teilchen und den Luftmole- 2

külen 10 5 bis 10 6 Ionenpaare gebildet. Infolge dieser Wechselwirkung gibt das de α-teilchen Energie ab; der differentielle Energieverlust pro Weglänge wird dx auch als Bremsvermögen bezeichnet. Aufgrund des diskreten Energiespektrums haben alle Teilchen ungefähr die gleiche Reichweite (in Luft unter Normalbedingungen einige Zentimeter, in festen Stoffen wenige µm). Abb. 1: Energieverlust pro Länge (de/dx) für α Teilchen zweier verschiedener Energien in Luft bei p=1 bar (BRAGG sche Kurven) Das hier verwendete Ra-226-Präparat ist mit einer Metallfolie abgedeckt, um die Gefahr einer radioaktiven Kontamination der Umgebung herabzusetzen. Bei Durchtritt der α-teilchen durch die Folie wird deren Energie merklich vermindert und damit ihre Reichweite verkürzt. Die durch die Abdeckung verminderte Energie der energiereichsten α-strahlung des Präparates lässt sich experimentell durch Bestimmung der Reichweite in Luft unter Anwendung der empirischen Reichweite-Energie-Beziehung von GEIGER GI. (1) ermitteln. R 3 / 2 ( E ( )) / mm 3,1 MeV = α (1) 3

2.3 Die α-umwandlung Spontane Kernumwandlungen können nur auftreten, wenn sie exotherm ablaufen. Für die α-umwandlung ist dies für Nuklide mit Massenzahlen A>170 und Kernladungszahlen Z>70 möglich. In der Regel sind keine Umwandlungen zu beobachten, bei denen der Kern einzelne Nukleonen oder Deuteronen emittiert. Aus der Überlagerung des Potentials V K der anziehenden Kernkraft und des Potentials V c der abstoßenden Coulombkraft entsteht ein Potentialtopf V K+C mit einer Coulombbarriere für das α-teilchen. Da das α-teilchen die größte Bindungsenergie aller leichten Nuklide aufweist, ist es energetisch exponiert. Dies führt dazu, dass sich innerhalb schwerer Atomkerne so genannte α-cluster ( vorgeformte α-teilchen ) bilden. Der bei der internen Cluster-Bildung freiwerdende Energiebetrag wird zur inneren Anregung des Nuklids verwendet (α-cluster wird in den Potentialwall hineingezogen). Je höher die Energie des quasistationären Alphateilchenzustandes bzw. ist, umso schmaler ist die von dem α-teilchen zu durchdringende Potentialbarriere (Abb. 2). Abb. 2: Schematische Darstellung der Kernbindungsenergieverhältnisse beim α -Zerfall 2.4 Die Wechselwirkung von α-teilchen mit Materie Die für α-teilchen entscheidende Wechselwirkung ist die Ionisationsbremsung. 4

Der mittlere differentielle Energieverlust aufgrund der zur Ionisation führenden Stöße bezogen auf die Wegstrecke x wird als Stoßbremsvermögen S bezeichnet und lässt sich mit der BETHE-BLOCH-Gleichung berechnen. Der für eine qualitative Diskussion wichtige Zusammenhang lässt sich darstellen als S 2 de Z = ~ (2) v 2 dx mit Z als Kernladungszahl des sich mit der Geschwindigkeit v bewegenden α- Teilchens. Dieser Zusammenhang führt zu dem in Abb. 3 dargestellten Sachverhalt. N(x) E(x) S(x) R m x Abb. 2 : Verlauf der Teilchenzahl N(x), des Stoßbremsvermögens S(x) und der Teilchenenergie E(x)eines schweren geladenen Teilchens im Absorber Im Bereich sehr kleiner Teilchenenergien wird die Berechnung nach Gl. (2) fehlerhaft. Es tritt mit sinkender Teilchenenergie statt einer Zunahme ein starker Abfall von S auf. Die Ursache dafür sind Umladungsprozesse, die α-teilchen bei starker Abbremsung erfahren. Der mittlere Energieaufwand W i zur Bildung eines Ionenpaares durch α-teilchen in Luft beträgt ca. 35 ev. 5

2.5 Die Reichweite der α-strahlung Da sich die Reichweiten von α-teilchen in Gasen sehr genau experimentell bestimmen lassen, finden oft empirische Energie-Reichweite-Beziehungen praktische Verwendung. Für die mittlere Reichweite von α-strahlung (E α :2,5 bis 6 MeV) in Luft unter Normalbedingungen gilt näherungsweise (1): R m 3 / 2 ( E / ) / mm = 3,1 MeV α Die maximale Reichweitenstreuung von etwa 3% wird durch den statistischen Charakter der Energieverlustprozesse verursacht. Die Reichweite der α-strahlung in Gasen ist umgekehrt proportional zur Gasdichte und damit von Druck und Temperatur abhängig R T, p = Tpo RT, p. o o T p (3) o R T o, p o ist die Reichweite bei T o =288 K und p o =1,013 10 5 Pa und kann in guter Näherung mit Hilfe von Gl. (1) abgeschätzt werden. 3 Versuchdurchführung Die α-strahlung wird mittels eines Halbleiterdetektors gemessen. Dabei ist der Abstand zwischen Strahlungsquelle und Detektors zu variieren. Vergleichen Sie die experimentell ermittelte maximale Reichweite der α Teilchen in Luft mit der theoretisch möglichen Reichweite entsprechend der Nuklide, die in der Zerfallsreihe vorkommen. 6

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