Sonntag / Anlaß Text Thema Ort / Datum Besonderes Notiz Lieder EL: 445, 1+4-7 Gott des Himmels PS: 727 LL 121, 1 + 4 Wir danken dir HL: 153, 1-5 Der Himmel, der ist PL: 504, 1-6 Himmel, Erde SL: 659 Die Erde ist des Herrn Lesung: Apg. 1, 3-4+8-11 1. Könige 8, 22,-24+26-28 (s. Lektionar) Predigtmanuskript Pfr. Jörg Wegner, Badische Landeskirche Haben Sie dieses Lied noch in den Ohren, liebe Gemeinde? Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, alle Ängste alle Sorgen blieben darunter verborgen und dann wird alles, was uns groß wichtig erscheint plötzlich nichtig und klein... Reinhard Mey sang das zu Zeiten, als ich noch wirklich jung war. Und trotzdem ist der Text noch in meinem Ohr, kein Choral, kein Kirchenlied, aber ein Lied vom Himmel, den Wolken kurz ein Lied von himmelweiten Abstand von allem, was auf Erden so groß vor uns steht, dass es uns oft klein und ängstlich macht. 1
Mit diesem Lied startet noch heute für manche eine nostalgische Himmelfahrt unserer Träume und Wünsche. Der Himmel wird eine große Leinwand, die sich über den Defiziterfahrungen unseres Alltags spannt. Wir träumen uns in die Wolken hinein. Sie sollen uns forttragen aus aller Enge in die Weite des Blaus. Vielleicht ist da sogar zu Gott. Die Jünger und Jüngerinnen Jesu wie gern wären sie ihrem Jesus gefolgt. Wie hätten sie sich nach allem gewünscht, wie er in den Himmel aufgenommen zu werden. Wie gern hätten sie auch ein himmlisches Dasein begonnen:... über den Wolken... Die himmlische Wetterlage der Bibel zeigt sich reichlich bewölkt, wenn Gott den Menschen nahe kommt: Gott setzt nach der Sintflut den Regenbogen in die Wolken als Zeichen eines neuen Bundes zwischen ihm und den Menschen. Die Herrlichkeit Gottes erscheint in den Wolken (Ex. 16,10). Eine Wolkensäule zieht dem Volk Israel voran auf dem Weg in die Freiheit. Mose geht mitten in die Wolke hinein, um Gott zu begegnen. (Ex. 24, 18) Gottes Wahrheit reicht so weit die Wolken gehen. (Ps. 36,6) Wolken und Dunkel verhüllen Gott. (Ps. 97,2) 2
Und - das klingt schon nach einer Himmelfahrt Gott fährt auf den Wolken daher, wie auf einem Wagen. (Ps. 104,3) Bei der Verklärung Jesu werden die Jünger von einer lichten Wolke überschattet, aus der Gott spricht. (Mth. 17,5) Und schließlich im Bericht der Himmelfahrt nahm ihn eine Wolke vor ihren Augen weg. (Apg. 1,9) Die Wolken als himmlische Begleiterscheinung Gottes; sie sind Zeichen der Großwetterlage des Glaubens in der Bibel. Und da geht es eben nicht nur um Freiheit und Sehnsucht. Da bewölkt sich Gott, weil er nie unverhüllt gesehen werden will. Wann haben Sie sich das letzte Mal einen ruhigen Blick auf die ziehenden Wolken gegönnt? Da gehen sie als mächtige Gebilde am Himmel dahin. Da bauen sie sich drohend und Dunkel auf, um ein Gewitter anzukünden. Da legen sie sich als zerbrechliche Schleier in strahlendes Blau. Eben noch so, jetzt schon wieder anders. Veränderlich und ungreifbar schweben sie in der Höhe wie Gott, der sich auf kein Bild festlegen lässt. Mit den Kindern haben wir früher in den Wolkenhimmel geschaut und Wesen in den Wolken entdeckt; fliehende Pferde, Drachen, Hasen, Wale usf.. 3
Aber all diese Wolkenbilder schmolzen schnell dahin, wurden immer wieder neu. Sind Wolken auch darum biblische Begleiter göttlicher Gegenwart, weil Gott sich nicht festlegen lässt auf ein fertiges Bild? Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Das gilt um so mehr für Gottes Freiheit, die die Grenzen unserer Vorstellungskraft übersteigt. Haben wir uns als Kinder ein Bild von Gott gemacht, verwandelt es sich im Laufe des Lebens wie eine Wolke am Himmel. Sind wir als Heranwachsende zu anderen Gottesbildern gekommen, ziehen sie über uns weg, um uns zu entgleiten. Sind wir im Alter endlich zu anderen Vorstellungen von Gott gekommen, erweisen auch sie sich als vorläufig. Gott lässt sich ebenso wenig fassen wie eine Wolke. Ein mystisches englisches Traktat aus dem 14. Jahrhundert trägt aufgrund dieser Erfahrung einen passenden Titel: Die Wolke des Nichtwissens Diese Wolke ist es, von der uns die vielen biblischen Wolken erzählen wollen. Und wenn Jesus bei seiner Aufnahme in den Himmel von einer Wolke aufgenommen wird, ist es auch eben diese Wolke des Nichtwissens. Jesus kehrt in eine Dimension zurück, die unseren Denkhorizont übersteigt. Doch seine Himmelfahrt will kein geistiger Höhenflug sein. Über den Wolken wird seine Freiheit grenzenlos sein. Denn der Himmel ist der Raum ohne Grenzen, sowie die Ewigkeit, die Zeit ohne Grenzen ist. 4
Damit geht er denen voraus, die jetzt ihren Hals gen Himmel strecken und ihm nachschauen. Jetzt muss es ohne ihn gehen mit all unsren erdverbundenen Ängsten und Sorgen. Seine Wolkenfahrt will uns zu einem mündigen Leben unterhalb der Wolken mit beiden Beinen auf der Erde herausfordern. Zugleich sollen wir den Blick in den Himmel nicht vergessen. Denn das soll der neue Blickwinkel sein mit dem wir alles betrachten: der Blickwinkel grenzenloser Freiheit. Mit ihm werden wir die Ängste und Sorgen nicht aus den Augen verlieren. Doch wir schauen sie wie R. May es besingt jetzt von oben an. Aus der Perspektive der Himmelfahrt, mit dem himmlischen Standpunkt im Sinn. Da werden die Ängste und Sorgen die Größe annehmen, die es uns leichter macht mit ihnen zu leben. Es ist oft gut, in vertrackten Lebenslagen, bei komplexen Problemen die Dinge mit Abstand zu betrachten. Der muss nicht himmelweit sein. Wie sieht es aus himmlischer Perspektive mit den Geschehnissen in Manchester aus? Das löst Sorgen und Ängste aus, die nicht einfach unter den Wolken verschwinden. Krankhafter Terror und sinnlose Gewalt bleiben, was sie sind. Doch sie sollen keine Macht über uns bekommen. Der himmlische Blickwinkel will unser Herz wieder weit machen. Und dann gibt er uns den Mut dazu und die trotzige Hoffnung, die wir brauchen, um unterhalb den Wolken - hier und heute ein Stück Himmel und Freiheit - zu bewahren. Amen 5
Amen Über den Wolken Songtext Wind Nord/Ost, Startbahn null-drei Bis hier hör' ich die Motoren Wie ein Pfeil zieht sie vorbei Und es dröhnt in meinen Ohren Und der nasse Asphalt bebt Wie ein Schleier staubt der Regen Bis sie abhebt und sie schwebt Der Sonne entgegen 6
Über den Wolken Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein Alle Ängste, alle Sorgen Sagt man Blieben darunter verborgen Und dann Würde was uns groß und wichtig erscheint Plötzlich nichtig und klein Ich seh' ihr noch lange nach Seh' sie die Wolken erklimmen Bis die Lichter nach und nach Ganz im Regengrau verschwimmen Meine Augen haben schon Jenen winz'gen Punkt verloren Nur von fern' klingt monoton Das Summen der Motoren Über den Wolken Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein Alle Ängste, alle Sorgen Sagt man Blieben darunter verborgen Und dann Würde was uns groß und wichtig erscheint Plötzlich nichtig und klein Dann ist alles still, ich geh' Regen durchdringt meine Jacke Irgendjemand kocht Kaffee In der Luftaufsichtsbaracke In den Pfützen schwimmt Benzin Schillernd wie ein Regenbogen Wolken spiegeln sich darin Ich wär' gern mitgeflogen Über den Wolken Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein Alle Ängste, alle Sorgen Sagt man Blieben darunter verborgen Und dann Würde was uns groß und wichtig erscheint Plötzlich nichtig und klein 7
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