Mein Patient macht nicht mit- was nun? Compliance in der Arzneimitteltherapie Compliance: Definition: "Ausmass in dem das Verhalten einer Person- das Einnehmen von Medikamenten (...) -mit den vereinbarten/abgestimmten Empfehlungen eines Gesundheitsdienstleisters übereinstimmt". (WHO, SABATE 2003). Synonyme: Therapietreue, Zuverlässigkeit Formen von Compliance: compliant: Patient hält sich an Dosis und Verabreichungsmuster partiell compliant: compliance zwischen 20 & 80%: inkonsistente Dosierung non-compliant: Patient widersetzt sich dem Konzept der Therapie und der Durchführung Non-Compliance (-): Formen von non-compliance: Unterlassung/ Auslassung (Vergesslichkeit) Dosierungsfehler: Unterdosierung (Angst vor Nebenwirkungen); Überdosierung ( "viel hilft viel" ) Frequenzfehler ( Vergesslichkeit) Anwendung zur falschen Zeit ( Vergesslichkeit, Informationsdefizit) Krankheit als Ursache der Non-Compliance (-): Das Indikationsgebiet hat Einfluss auf Compliance: z.b. Art, Schwere, Dauer einer Erkrankung : zunehmende Schwere und Schmerz sowie der damit verbundene Leidensdruck erhöhen Compliance. (milde Symptome= - Compliance, mittelschwere Symptome= +/- Compliance, schwere Symptome= +++ Compliance. Beispiel: Art der Krankheit: Demenz (- Compliance) Schwere der Krankheit: terminale Erkrankung ( Krankheitsdepression) (- Compliance)
Dauer der Krankheit: Chronifizierung (- Compliance) Therapie als Ursache für Non-Compliance: (-) Applikationsform: komplizierte Anwendungsform, Arzneiform (-) (z.b. Dosieraerosol: 30%) Dosierungsfrequenz: Einnahme an alternierenden Tagen (-), Anzahl der Applikationen pro Tag, mehr als 2x = Abnahme der Compliance Komplexität: Einnahme unterschiedlicher Medikamente (-) je mehr Medikamente eingenommen werden müssen (mehr als 4) Unerwünschte Arzneimittelwirkung (-) (besonders bei Psychopharmaka Therapiekosten! Interaktion mit Arzt/Pfleger: Geringe oder schlechte Information über Wesen der Erkrankung, Grundsätze der Therapie: (-) Kommunikation: fehlende Kontinuität in der Betreuung durch zu lange Abstände zwischen den Besuchen: (-) Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient: z.b. autoritäres Verhalten: (-), Zusammenarbeit Patient- Pfleger: (+) Compliance- bestimmende Faktoren auf Patienten-Seite: Alter Geschlecht Bildung sozialer Status kaum Einfluss auf compliance! Primäre Einflussfaktoren = 1. eigene Vorstellungen des Patienten 2. Laienhypothesen 3. Ängste und Befürchtungen Laienhypothesen bestehen aus: 1. "dachte würde nicht helfen" (32%) 2. Bedenken wegen unerwünschter Nebenwirkungen (30%) 3. Symptome haben sich scheinbar verbessert (20%) 4. etwas gelesen oder gehört (7%)
5. Kosten (6%) 6. verwirrt (5%) Beispiel Laienhypothese: "da nehm ich ein paar Medikamente und bin dann wieder gesund". - besonders bei chronischen Erkrankungen muss der Patient erst langsam lernen, dass er nicht geheilt ist, wenn er keine Symptome mehr hat Psychologische Faktoren: Wunsch nach Selbstbestimmung, ( Absetzen des Medikamentes als Test inwieweit man selbst bestimmen kann, Einfluss hat) Veränderung des Tagesablaufes: je grösser die Veränderung desto geringer die Compliance Resistenz begünstigende Faktoren (Zunahme der Resistenz): 1. fehlende Information und Aufklärung 2. Anwendungsprobleme 3. Komplexität des Therapieschemas 4. Art, Schwere, Dauer der Erkrankung 5. Vertrauensverhältnis-Arzt/Pfleger- Patient 6. abweichende Laienhypothesen/Selbstbestimmung (1-6 : 1. am einfachsten zu verändern, 6. am schwierigsten zu verändern) Schwieriger eine Laienhypothese zu ändern als fehlende Informationen und Aufklärung zu geben! Wichtig = Ursachenforschung bei Non-compliance! Wenig Sinn dem Patienten zu helfen seinen Therapieplan ins tägliche Leben umzusetzen oder Anwendungshinweise zu geben, wenn das Hauptproblem im Bereich der Laienhypothese liegt! Compliance bei älteren Patienten ( 30-50%= non-compliant): Ursachen für Non-Compliance bei älteren Patienten: 1. Schwerhörigkeit (wichtig= zusätzliche schriftliche Information) 2. Sehschwäche ( Verwechslung seiner Vielzahl an "weissen" Tabletten 3. Mangelnde Geschicklichkeit (z.b. schwer zu handhabende Blisterpackung, Hilfestellung durch z.b. Umstellung auf ein anderes Medikament) 4. Vergesslichkeit ( Wecker als Erinnerungshilfe, Wochendispenser, schriftliche Dosierpläne) 5. Überzeugung vom Nutzen der Therapie ( wichtig= ausführliche Information über Nutzen der Therapie, Ermittlung von Vorurteilen, Erfahrungen mit dem Medikament) 6. Hohe Anzahl an einzunehmenden Medikamenten & in der Selbsmedikation zusätzliche erworbene Medikamente ( Abhilfe durch Reduktion auf unbedingt notwendige Medikamente ) 7. Veränderte Pharmakokinetik und -dynamik ( führt häufig zu unerwünschten Nebenwirkungen, die den Abbruch der Einnahme begünstigen) ( Diuretika z.b. sind nur zurückhaltend einzusetzen, c.f. häufig Störungen des Wasser-und Elektrolythaushaltes )
Strategien zur Compliance- Förderung: 1. Information des Patienten über seine Krankheit und deren Therapie, über den Nutzen der Arzneimittelanwendung, sowie Schaden bei Nichtanwendung 2. genaue Handlungsanweisung zur Anwendung von Arzneimittel sowie zum Umgang mit Problemen 3. Vermittlung von Methoden zur Beobachtung und Bewertung des Krankheitsverlaufes 4. regelmässige Gespräche zwischen Patient und Arzt/Pfleger zwecks Beratung und Abstimmung des Therapieverlaufes 5. Dokumentation des Therapieverlaufes 6. Steigerung der Eigenverantwortlichkeit des Patienten bis hin zum Selbstmanagement seiner Krankheit 7. Verständnis und Respekt: alle Mitteilungen des Patienten sind wichtig 8. Kompetenz und Sachverstand: der Patient erwartet, dass Arzt oder Pfleger sicher mit seinen Problemen umgehen kann (z.b. pharmazeutische Beratung) 9. Klare Handlungsanweisungen Die Arzneimitteltherapie bei älteren Menschen sollte sich trotz einer grösseren Anzahl an behandlungsfähigen Krankheiten auf das notwendige Mass beschränken. Patient kann am besten mit einem einfachen Therapieplan, der täglich nur wenige Anwendungen enthält umgehen. Medikamente müssen deutlich unterscheidbar sein. Im Gespräch muss auf die eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit (Sicht, Gehör) Rücksicht genommen werden. Hilfreich = ausführliche Information und Motivation Hilfreich = Einbezug der Vertrauensperson Zusammenfassung: Bereits vor Beginn der Therapie wird der Grundstein der Patienten-Compliance gelegt. Dies durch eine ausreichende Information durch den behandelnden Arzt sowie den Apotheker. Dank dieser Information ist der Patient in der Lage Verantwortung für sich und seine Therapie zu übernehmen und seine Arzneimittel therapiegerecht einzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt der Therapie darf kein Wissen des Patienten vorausgesetzt werden, kein Arzneimittel darf ohne die notwendigen Informationen verordnet oder abgegeben werden. Dabei = Informationsvermittlung kein einseitiger Prozess sondern eine Interaktion zwischen Vermittler und Patient. Rückfragen und Zwischenfragen müssen erlaubt sein.
Wichtig = zudem eine kontinuierliche Betreuung im Therapieverlauf. Durch diese Betreuung können Probleme in der Therapie frühzeitig erkannt und mit geeigneten Massnahmen gelöst werden.