Mundhygiene beim älteren Patienten oder Patienten mit Handicap Jutta Daus DH E-mail: jutta.daus@uni-greifswald.de WHO-Klassifikation zum Altern von Menschen 45 - < 60 J. alternder Mensch 60 -<75 J. älterer Mensch 75 - < 89 J. alter Mensch 90 - < 100J. sehr alter Mensch >100 J. Langlebiger Praxis und Prophylaxe: Fit für 50+ M. Löhnes M. Poswa-Scholzen qb 1
Physiologische Veränderungen im Alter Abnahme der manuellen Geschicklichkeit Altersschwerhörigkeit Abnehmende Sehkraft Reduzierter Geruchssinn Allgemeinerkrankungen Herz Kreislauferkrankungen Diabetes Rheuma Depressionen 2
Medikamente u. a. 400 verringern die Speichelproduktion Antihypertensiva (blutdrucksenkende Medikamente) Betablocker, ACE-Hemmer, einige Wasser ausscheidende Medikamente (Diuretika), Kalziumantagonisten Schmerzmittel (starke Mittel aus der Gruppe der Opioide) Antiparkinsonmittel (einige Dopaminagonisten) Beruhigungs- und Schlafmittel krampflösende Medikamente (Spasmolytika), einige Schlafmittel (Hypnotika) sowie Beruhigungsmittel (Sedativa) Antihistaminika (Antiallergika) Anticholinergika Medikamente, die direkt den Parasympathikus hemmen, oder den Sympathikus aktivieren (Sympathomimetika), führen ebenfalls zu Mundtrockenheit. Chemotherapeutika (verstärkt bei einigen Zytostatika) Antiepiletika Antiemetik gegen Übelkeit und Erbrechen Psychopharmaka einige Antidepressiva, aber auch Mittel gegen Angstzustände (Neuroleptika) Orale Erkrankungen Mundtrockenheit Karies Sekundärkaries Wurzelkaries Gingivitis Parodontitis Mundschleimhauterkrankungen 3
Wie entsteht Karies? Bakterien kleben sich an die Zahnoberfläche Diese bilden Säuren Welche den Zahn entmineralisieren. Wie entsteht Parodontitis Bakterien kleben sich an die Zahnoberfläche Geben Giftstoffe ab Bindegewebsabbau Knochenverlust 4
Aphte Mikronekrose Ulkus ist fibrinbedeckt und rot umrandet Unklare Genese Bakterielle Infektion Therapie: Salben die desinfizieren, anästhesierend, ätzend o. entzündungshemmend wirken. Candida albicans Pilzinfektionen: Weißliche, abwischbare, schmerzfreie Beläge Therapie: lokale o. systemische Anwendung von Antimykotika 5
Schulung der Pflegekräfte 1. Informieren: Symptome / Verläufe Gingivitis, Parodontitis, Karies /Wurzelkaries, Mundschleimhauterkrankungen 2. Sensibilisierung der Pflegekräfte über Besonderheiten der Mundhöhle 3. Optimierung der Mund-Zahnpflege Forum für Zahnheilkunde 09/2013 Neue Wege in der Alterzahnmedizin gehen; Projekt für Schulungszahnärzte Hessen Welche Zahnbürste / Zahnpasta Zahnputztechnik / Systematik Instruktion Interdentalalraumpflege Spüllösungen Zungenreinigung Prothesenpflege Fluoridierungsmaßnahmen 6
Griffverstärkung z.b. von TePe Dr. Barmans Superbrush Drei-Kopf-Zahnbürste auch Erwachsene mit SUPERBRUSH deutlich mehr Zahnbelag entfernen als mit einer herkömmlichen Zahnbürste. Zimmer, S.; Didner, B.; Roulet, J.F.: Clinical study on the plaque-removing ability of a new triple-headed toothbrush. J Clin Periodont 1999; 26:281-285). Bass Technik: Borstenende im Winkel von 45 gingivalwärts innere Borstenreihe -> Zahn mittlere Reihe -> Sulcus äußere Reihe -> Gingiva Anpressdruck ohne das die Borsten verbiegen! Horizontale Rüttel-/ Rotationsbewegung ggf. Ausstreichbewegung koronal Kauflächen horizontal pro Patient 7
Systematik 2 Putzdauer: Glattflächen Ca.2 3 min. 3 Ziel: Plaquefreie Zahnoberfläche!!! 1 pro Patient Elektrische Zahnbürsten Geeignet scheinen Instrumente mit rotierenden Bürstensystemen z.b. Plak ControlR Der Wirkungsgrad einer Schallzahnbürste in der Pflege von Zahnimplantaten. In der Reduktion von Plaque und Zahnfleischbluten war die Sonicare genauso wirksam o. gar effektiver als die Handzahnbürste. Probleme mit Implantaten traten nicht auf. Wolf L University aus Minesota J Clin Periodontel 1998 8
Quadrantenweise Elektrische Zahnbürsten Instruktion Oszillierende elektrische Zahnbürsten von hinten nach vorn Mitte Bürstenkopf am hintersten Zahn aufsetzen Borsten berühren den Zahnfleischrand Geringer Druck Nach distal + mesial in die Zwischenräume kippen 3 5 Sekunden pro Zahn dann anheben, zum nächsten Zahn Kauflächen Zeit ca. 3-4 Minuten 28.11.2016 Quelle: Quintessenz Jutta Daus 54, 4, DH 399-406 ( 2003) Oral-B Trizone Professional Timer hilft dabei, gleichmäßig (4x30 Sek) und ausreichend lange (2 Min) zu putzen Drei-Zonen-Tiefenreinigung mit pulsierend-schwingenden Power Tip Borsten Sensitive Andruckkontrolle stoppt die Pulsationen bei zu viel Druck Visuelle Andruckkontrolle leuchtet bei zu viel Druck auf www:oral-b.de: Trizone 500 20,000 Pulsationen und 7600 Seitwärtsbewegungen/ Minute Trizon 5000 40,000 Pulsationen und 8800 Seitwärtsbewegungen / Minute 9
Elektrische Zahnbürsten 3. Generation ab 1993 Schallzahnbürsten OralB Sonic Complete - Philips Sonicare - WaterPik - Elmex ProClinical Reinigung durch Kombination der Schallvibrationen, dynamischen Strömungen und mechanischen Bürsten Quelle: Quintessenz 54, 4, 399-406 ( 2003) elmex Pro R Clinical R A1500 Schalltechnologie 32500Schwingungen pro Minute 3 Putzmodi Abgewinkelter Hals 2-Minuten -Timer Sensitiv Bürstenkopf Intensivreinigung B. 10
Schallzahnbürste Indikation Putzkörper mechanisch Tenside chemo pysikalisch Wirkstoffe chemisch therapeutisch präventiv Zahnpasten Zusatzstoffe Voraussetzung zur Gebrauchsfähigkeit 11
Aktive Wirkstoffe in Zahnpasten ätherische Öle Zahnpasten Wirkstoffe z.b. blend a med PRO EXpert Zahnstein Antizahnstein Zahnpasten können die Neubildung um 10 50% hemmen, aber nicht ganz vermeiden (Zimmer et al. 1994) 12
Ursachen Halitosis Ca. 90% haben ihre Ursache in der Mundhöhle Zungenbelag Parodontitis marginalis Karies 10 % aus dem HNO-Bereich Ca. 4 % Psychogene Ursachen Selten gastro-intestinale Ursachen Zungenreinigung 13
ZUNGENREINIGUNG Mechanische Reinigung der Zunge 2 x tägl. 1% Chlorhexidingel auf die Zunge auftragen Bei Erfolg nur mechanische Reinigung der Zunge Ggf. mechanische Reinigung + Spüllösung oder antimikrobiell wirkende Zahnpasta (z.b. meridol SICHERER ATEM) Prophylaxe impulse 2002: R. Seemann, Diagnostik und Behandlung von Mundgeruch Jutta Daus DH pro Patient Produktset von Gaba meridol Halitosis Das darin enthaltende Zinklactat bindet die den Mundgeruch auslösende Schwefelverbindun gen und somit den unangenehmen Geruch 14
Desensibilisierende Stoffe Wirkstoff Fluoride und Kaliumsalze Produktbeispiele Sensodyne multicare R (Natriumfluorid) elmex sensitive R Aminfluorid) Colgate sensitive R (Natriummonofluorphosphat) Spitta Verlag AKTUELL12/05 Arginin + Calciumkarbonat Pro-Argin- Arginin ist Aminosäure, die natürlicherweise im Körper und auch im Speichel vorkommt Bipolar Zahnoberfläche ist - CaCo 3 + geht auf Zahnoberfläche - Tubuli werden verschlossen Flüssigkeit in den Tubuli ist vor externen Reizen geschützt Wirkung ca. 4 Wochen 15
Fluorid Wurzelkaries Dentin und Wurzelzement sind Kariesanfälliger als Schmelz (Hoppenbrouwers et al. 1986) Fluorid ist auch hier wirksam 2 3malige Spülen mit AmF-SnF2 Kombinationen (Banoczy u. Nemes 1991, Überschär u. Günay) Duraphat 2,3% Neue Zahnpasta von Duraphat 0,5% (Arzneimittel!) Wurzelkariesprävention EMPFEHLUNGEN WURZELKARIES Maßnahmen gegen Mundtrockenheit z.b. BioXtra: Zahnpasta mit aktiven Enzymen + Fluorid, Mundspülung ohne Alkohol, Kaugummi, Feuchtigkeitsgel Duraphatzahnpasta 5000ppm (hochkonzentrites Natriumfluorid) Zinnfluoridhaltige Zahnpasten z.b. meridol, blend a med pro Expert, Oral B Indikation von CHX Lack z.b.biodent EC 40 Bio C Wiederholung nach 3 - Wochen 16
Mundspüllösungen Antibakterielle Mundspüllösungen Chlorhexidin Goldstandard akut/ nach PA - Chirugie /ZA Fluoridhaltige Mundspüllösungen z.b. Meridol Chlorhexidin Applikationsformen Spüllösungen 0,1 0,2% Einsatz als chemische Zahnbürste Antiplaquesubstanz Spüllösungen ab 0,06%0,12% plaquereduzierend Gel 1% Lack1% Cervitec und 40% EC 40 17
Chlorhexidingel 1 % Risikopatienten mit > 10 5 Mutans-Streptokokken Alle 4 Monate für 14 Tg. 1 x tg. CHX-Gel für 5 min. Karieshemmung 81% (Zicker et al. 1982) Alle 3 Monaten an 2 Tagen 3 x 5min; je 5 min Pause Kariesreduktion 52% (Lindquist et al. 1989) Alle 3 Monate 14 Tage 1 x tg. CHX-Gel putzen ZZMK Greifswald Ernährung: Hartkäse zum Mundtrockenheit Empfehlungen Abschluss, viel Flüssigkeit Vermeidung kariogener, säurehaltige, stark gewürzte Nahrung Salbeitee, bildquellewww-zmk-aktuell.de b Grüner(antibakteriell) / Schwarzer(Fluorid) Tee Wasser viel trinken! 18
Zahnpflege mit neutrale Mundtrockenheit Empfehlungen Fluoridgelee (NAF, SnF 2 ) und Fluoridspüllösungen z. B. Meridol Zuckerfreie Kaugummi Speichelersatzmittel 19
Zahnhölzchen Medizinische Zahnhölzer Dreieckige Form Passen sich in der Form dem Interdentalraum an Weiches Holz Nur einmal zu gebrauchen Zahnhölzchen 20
EASYPICK TePe Soft-Picks GUM SUNSTAR Brush Sticks ACCLEAN TM EASYPICK TePe 21
Zahnzwischenraumbürstchen Interdentalbürste Wenn der Interdentalraum schon vergrößert ist Es gibt unterschiedliche Größen Ohne Zahnpasta Mehrfach zu verwenden Zahnzwischenraumplege Interdentalbürste Bürste auswechselbar Indikation: Bei erweiterten Approximalräumen besonders im Seitenzahnbereich (Einziehungen) mit und ohne Griff und in unterschiedlichen Durchmesser 22
Interdentalbürste im Furkationsbereich Empf.: Jeden 2. Tag mit CHX Gels reinigen; im Wechsel mit Fluoridgel Zahnseide Gewachst Ungewachst Mit Halter Super floss Ultrafloss Flosser 23
Floss + Flosser Implantatprophylaxe 24
Implantatzwischenraumpflege Postcare-Floss Fa.Butler R Superfloss Quelle :Prophylaxe u.präventivzahnmedizin Thieme 2002 Floss Threaders Butler + Gazestreifen Zusammenarbeit Team v. Prof. Dr. med. W. Sümnig 25
Prothesenpflege ist erklärungs-, demonstrations- u. übungsbedürftig Prothese im gefüllten Waschbecken reinigen 2 x tägl. Mit alkalifreier Seife und Prothesenbürste, evtl. Einbündelbürste. Prothese gut mit kaltem Wasser abspülen. Prothesenbürste www.kzbv.de /prothesen-reinigung Prothesenreinigung www.presh.de 26
Zusammenfassung 2 x täglich Zähneputzen 1 x täglich Zahnzwischenraumpflege 1 x täglich Zahnersatzpflege Nach jeder Mahlzeit gut unter fließendem Wasser reinigen Ziel der Patientenmotivation Wissensdefizite Werte Verhaltensänderung 27
Erstkontakt Begrüßung, möglichst außerhalb des Stuhl Patient persönlich im Wartezimmer abholen signalisiert Wertschätzung! Anamnese Klinische Befundaufnahme Bedürfnisse des Patienten Diagnose Schritt 1 befundbezogene Aufklärung zeigen wohin das derzeitige Pflegeverhalten führen kann Kariöse Defekte Zahnfleischentzündungen Attachmentverlust Zahnverlust Funktionsverluste (Aussehen, Kauen, Sprechen) Entstehende Kosten für ZE 28
Schritt 2 Positive Wertvermittlung Gesund zu sein Gutes Aussehen Keine soziale Ausgrenzung -> kein Mundgeruch Keine Einschränkungen durch fehlende Funktion Schritt 3 Wunsch zur Verhaltensänderung fördern Notwendige Informationen vermitteln Instruktion der richtigen Hilfsmittel Üben und korrigieren Überprüfung in folgenden Sitzungen 29
Hilfsmittel zur Motivation Wohlbefinden des Patienten Aufrechte Lagerung Gleiche Augenhöhe/ kein Mundschutz Zuhören Was muss ich beachten?!!! Bedürfnisse des Patienten erkennen und respektieren! 30
Motivation es gibt kein Patentrezept! Angenehme Umgebung und Atmosphäre Braucht Zeit Störfaktoren ausschalten ( z.b. Telefon) Echtes Interesse am Patientenfall zeigen Auf Ängste und Probleme eingehen Persönliche Beziehung aufbauen ( Vertrauensverhältnis) Dialog Gesprächsführung a Ansicht des Patienten schildern lassen (Zuhören) Kenntnisstand des Patienten Information soll vom Befund des Patienten ausgehen Schlüsselinhalte zu Beginn 31
Gesprächsführung b Wortwahl dem Bildungsstand anpassen Patienten nicht überfordern, verdaubare Portionen; solange eine wichtige Information nicht verstanden ist, ist es sinnlos, mit weiteren fortzufahren Gespräch so lenken, dass der Patient seine eigenen Fehler erkennt Patient dass Gefühl geben, er trifft alle Entscheidungen Gesprächsführung c Patienten ermutigen, Loben nicht kritisieren Niemals offen widersprechen Rückfragen Zusammenfassung Broschüre 32
33