Von Hans Sprenger (Februar 2007)

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Von Hochseilakrobaten, Maurern, Fliegenschnäppern, Höhlenbauern, Mäusegreifern und Kunstfliegern oder: Nisthilfen-Betreuung durch die NABU-Ortsgruppe Wehrheim Von Hans Sprenger (Februar 2007) Die NABU-Ortsgruppe Wehrheim betreut in der hiesigen Gemarkung insgesamt ca. 200 Nisthilfen für Höhlenbrüter; der Großteil der Nistkästen (120) hängt in einem Mischwald-Biotop zwischen Schlink, Wolfsborn und Galgenberg. Dazu kommen 24 Nisthilfen im Bizzenbach-Tal (Feucht-Aue Biotop), 6 Kästen am Stockborn (Feldgehölz), 3 Kästen am Köllenheg (Trockenrasen) und 23 Nisthilfen am Löwenhain und Bohnenstück (Jagen-Bezeichnung) ebenfalls Mischwald-Biotope - sowie 2 Nisthilfen auf einer Streuobstwiese und 7 auf dem Friedhofsgelände. Außerdem werden die im Freilicht-Museum Hessenpark aufgehängten Nisthilfen (16) (Biotop: Dorfrand Mischwald) vom NABU betreut, und um 7 Fledermauskästen im Bizzenbachtal und am Löwenhain kümmern wir uns ebenfalls. Weiterhin betreuen wir zwei Nisthilfen, je eine für Schleier-Eulen und Turmfalken, sowie 12 Nisthilfen für Mauersegler in der evangelischen Kirche. Dazu kommen 6 Nisthilfen für Mauersegler im Turm der katholischen Kirche. Die Ergebnisse bzw. Rückschlüsse über die jeweilige Belegung werden seit den 90er Jahren in einer Langzeitstatistik erfasst und ausgewertet. Methodik zur Bestimmung des Brutvogels: Die Nisthilfen werden jeweils im Januar / Februar eines jeden Jahres kontrolliert. Auf Grund der Tatsache, dass der Nestaufbau und die verwendeten Materialien meist typisch auf den Brutvogel schließen lassen, können wir bestimmen, welcher Brutvogel in der letzten Saison den Kasten zur Brut benutzt hat. Dazu müssen die Nisthilfen in den Biotopen lokalisiert und geöffnet werden; das Nest wird entnommen und auf Grund des Nestaufbaus wird der Brutvogel bestimmt, der Kasten gesäubert, verschlossen und so für die neue Saison vorbereitet. Die Nisthilfen in den Kirchtürmen werden bereits während der Brutsaison kontrolliert, da diese Vögel, die dort brüten, keine Spuren in der Nisthilfe hinterlassen, die auf eine Belegung im Vorjahr schließen lassen. Die Ornis (nicht wissenschaftlich ausgebildete Vogelkenner) bei der Arbeit Franz-Josef Salzmann Hans Sprenger Nachfolgend einige Beispiele zur Bestimmung des Brutvogels anhand des Nestaufbaus: Franz-Josef Salzmann mit einem zugemauerten Kleiberkasten Der gleiche Kasten -geöffnet- mit Mauerresten

Kleiber kopfunter am Baumstamm Bild:NABU/Boehmke Sehr einfach lässt sich die von einem Kleiber in der letzten Saison belegte Nisthilfe bestimmen. Der Kleiber, ein sehr bunter Standvogel der Familie der Spechtmeisen, der in den Mischwäldern der Taunus-Region noch häufig anzutreffen ist, zeigt beim Nestbau zwei prägnante Eigenschaften: 1.: er mauert (klebt) das Einflugloch zur Nisthilfe mit tonhaltiger Erde so zu, dass kein größerer Vogel in diese Höhle kann; außerdem mauert er alle erkennbaren Ritzen zu, und 2.: zum inneren Nestaufbau benutzt er ausschließlich sog. Spiegelborke (äußere Rindenschicht von Nadelbäumen, bevorzugt Kiefer). Das Brutpaar trägt Hunderte dieser Spiegel-Borken-Blättchen in die Nisthöhle und baut damit die Grundlage für das Nest. Nach unserer Erkenntnis bevorzugen Kleiber offensichtlich großräumige Bruthilfen. Ein weiterer Vertreter der heimischen Vogelwelt - speziell in lichten Mischwald-Biotopen - ist der zur Familie der Fliegenschnäpper gehörige Trauer-Schnäpper, dessen Nest auch ziemlich einfach zu bestimmen ist. Dieser Vogel, ebenfalls ein Höhlenbrüter, bevorzugt offensichtlich Nisthilfen aus Holz, statt Holzbeton; dies zumindest zeigt unsere Langjahresstatistik. Der Nestaufbau ist sehr locker aus Halmen, kleinen Wurzeln und Laub zusammengesetzt und lässt sich gut bestimmen. Der Trauerschnäpper, ein Langstreckenzieher, der in Afrika südlich der Sahara überwintert, kommt relativ spät Ende April aus seinem Überwinterungsquartier zurück und hat dann oft Probleme, geeignete Nistmöglichkeiten zu finden, weil diese bereits von hier überwinternden Vögeln (hauptsächlich Meisen) besetzt sind. Daraus resultiert ein oft sehr schwankender Bruterfolg. Trauerschnäpper-Weibchen beim Brüten Typisches Nest eines Trauer-Schnäppers, allerdings mit Bild: NABU/Rolf Juergens mäßigem Bruterfolg (3 der vermutlich 5-7 Eier waren taub ) In unseren Mischwald-Biotopen wird ein kleiner Teil der Nisthilfen regelmäßig auch von der Haselmaus belegt (ca. 1-2%). Die Haselmaus, die - anders, als ihr Name sagt - nicht zu der Familie der Mäuse zählt, sondern den Bilchen zugerechnet wird und ein Winterschläfer ist, baut ihr Nest Mitte Mai hauptsächlich aus Blättern zu einer Kugel in der Nisthöhle zusammen; meist sind junge Blätter der Buche und Eiche ihr Nistmaterial, die dann im Nistkasten bei eingeschränkten Lichtverhältnissen dörren und deshalb ihre grüne Farbe fast behalten. Aus dem Grund ist die Belegung einer Nisthilfe durch eine Haselmaus sehr gut zu identifizieren. Die Haselmaus ist ein Kletterkünstler und erreicht selbst schwierigste Nistmöglichkeiten. Haselmaus ( der Hochseilakrobat mit den Knopfaugen ) Foto: NABU/B. Schulz

Die Belegung einer Nisthilfe durch den Feldsperling ist ebenfalls sehr leicht bestimmbar. Der Feldsperling bevorzugt als Lebensraum von Feldern oder Wiesen umgebene Gehölzgruppen oder Bachauen. Er favorisiert als Lebensraum auch die in Hessen - Gott sei Dank - noch vorhandenen Streuobstwiesen. Sein sehr unordentliches Nest baut er hauptsächlich aus trockenen Halmen, Wurzeln und - das darf nicht fehlen - aus Tauben- oder Hühnerfedern. Selbst Federn, die die Körperlänge dieses kleinen Vogels um ein Vielfaches übersteigen, schleppt der Feldsperling oft über mehrere Kilometer, um sie in sein Nest einzubauen. So haben wir in Nistkästen im oberen Teil des Bizzenbachtals, die von Feldsperlingen belegt waren, Hühnerfedern gefunden, die nur aus der Anlage der Geflügelzüchter am Schwimmbad (gut 1,5 km entfernt) stammen können. Der sehr prägnante Nestaufbau innerhalb der Nisthilfe ist praktisch eine Höhle in der Höhle. Nach unserer Beobachtung ist der Feldsperling in der Wehrheimer Gemarkung noch ziemlich häufig anzutreffen, während der Bestand in anderen Regionen bereits als bedroht gilt. Feldsperling Foto: NABU/Claus König Typisches Feldsperling-Nest aufgenommen im Feldgehölz am Stockborn Weitaus schwieriger ist die Bestimmung der Belegung bei manch anderen der hier verbreiteten Höhlenbrüter. Während Kohl- und Blaumeisen sich im Nestaufbau noch einigermaßen unterscheiden lassen, ist die Bestimmung bei Sumpf-, Weiden- oder Tannenmeise schon sehr viel schwieriger. Hier muss das Nest akribisch untersucht werden, um herauszufinden, welcher Brutvogel die Nisthilfe in der letzten Saison benutzt hat. Bei der Bestimmung der Belegung spielt natürlich auch eine wesentlich Rolle, in welchem Biotop-Typ die jeweilige Nisthilfe angebracht ist, da Vögel nur in den für sie typischen Biotopen brüten. Dies hängt mit dem in diesem Gebiet vorhandenen Nahrungsangebot zusammen; und das unterscheidet sich oft von Vogel zu Vogel sehr stark. Dies erleichtert zumindest die Vorauswahl der in Frage kommenden Brutvögel. Die Nisthilfen für unsere Spezialisten Schleiereule, Turmfalke und Mauersegler sind vergleichsweise sehr einfach gehalten. Diese Vögel belegen zur Brut alle einen spartanisch ausgestatteten Brutraum möglichst unter Dach. Alle drei Vogelarten begnügen sich mit dem blanken Boden d.h. sie bauen kein Nest durch das Sammeln von Nistmaterial, sondern legen ihre Eier ohne weiteren Aufwand in die Nisthilfe. Aus dem Grunde müssen die Nisthilfen auch während der Brutperiode kontrolliert werden, da sich sonst ein Belegungserfolg kaum nachweisen lässt. Mauersegler Foto: NABU Schleiereule (mit Maus als Beute Foto: Erhard Vetter

Der Turmfalke (Vogel des Jahres 2007) Typisches Gelege eines Turmfalken Mauersegler, die fälschlicherweise oft zu den Schwalben gezählt werden, aber zur Familie der Segler gehören, kommen nur für die kurze Brutperiode von 3 Monaten (Mai Juli) in unsere Gefilde. Anfang August machen sie sich wieder auf den Flug in ihre Überwinterungsgebiete im südlichen Afrika. Mauersegler verbringen praktisch ihr Leben im Flug und haben nur während der Brut und beim Füttern festen Boden unter ihren sehr kurzen Beinen. Weil sie eine große Spannweite haben, aber nur sehr kurze Stummelbeine, sind sie nicht in der Lage wieder vom Boden aus zu starten, falls sie unglücklicherweise mal zu Boden gegangen sind. Sie benötigen einen Fallraum von 5 8 Metern, um wieder starten zu können. Aus dem Grunde benötigen sie auch sehr hohe Gebäude mit Einschlupfmöglichkeiten zur Brut. Kirchtürme sind dafür bestens geeignet. Der Turmfalke (Vogel des Jahres 2007) ist gerade in der offenen Feld- und Wiesenlandschaft rund um Wehrheim noch ziemlich verbreitet; seit Jahren beobachten wir die erfolgreiche Turmfalken-Brut im Turm der evangelischen Kirche; leider war das Jahr 2006 eine Ausnahme. Turmfalken belegen zur Brut aber auch gern verlassene Krähen- und Elsternester und von denen gibt es rund um Wehrheim reichlich. Die Schleiereule - ebenso wie der Turmfalke - ein sehr erfolgreicher Mäusejäger, benötigt zur Brut ein festes Dach über dem Kopf ; das findet sie in abnehmendem Maß in Scheunen, Kirchtürmen oder auch alten Burgen. Alle drei o.a. Vogelarten sind extreme Minimalisten in Bezug auf den Nestbau d.h. sie betreiben keinerlei Aufwand sondern legen ihre Eier einfach auf dem Boden der Nisthilfe ab. Deshalb ist es im Nachhinein fast unmöglich, zu bestimmen, ob eine Nisthilfe in der letzten Brutsaison belegt war oder nicht. Um das festzustellen, muss während der Brutperiode kontrolliert werden.

Ergebnisse der Nisthilfen-Kontrolle 2007 (Brutsaison 2006): Die Kontrolle der Nisthilfen für Mauersegler, Schleiereule und Turmfalken in der evangelischen Kirche und 6 weiterer Mauersegler-Kästen in der katholischen Kirche hat für das Jahr 2006 sehr unterschiedliche Ergebnisse gezeigt. Für die Mauersegler in Wehrheim war das Jahr 2006 ziemlich erfolgreich - zumindest im Turm der evangelischen Kirche. Mitte Juli 2006 konnten wir 17 gut entwickelte Nestlinge zählen; die Nisthilfen im Turm der katholischen Kirche waren wiederum - wie schon in den Jahren davor - nicht angenommen. Die Einfluglöcher für Nisthilfen der Mauersegler werden Ende Januar eines jeden Jahres von uns temporär verschlossen, um zu vermeiden, dass Stare diese zur Brut belegen. Stare, die inzwischen wegen des Klimawandels - wenn überhaupt - nur noch teilweise in etwas südlicher gelegene Überwinterungsgebiete ziehen, beginnen daher sehr frühzeitig im Jahr mit der Brut. Obwohl die Einfluglöcher zu den Nisthilfen für Mauersegler in der ev. Kirche eigentlich nur sehr schwer für Stare erreichbar sind, weil sie von unten angeflogen werden müssen, haben es in den letzten Jahren immer wieder einige Staren-Brutpaare geschafft, mit dem Nestbau in diesen Kästen zu beginnen. Da der Star aber immer noch genügend andere Nistmöglichkeiten findet, während der Bestand der Mauersegler wegen eingeschränkter Nistgelegenheiten in Deutschland inzwischen eher rückläufig ist, verschließen wir seit 2003 die Einfluglöcher Ende Januar und öffnen sie wieder kurz vor dem 1. Mai, wenn die Mauersegler aus ihren Überwinterungsquartieren in Süd- Afrika zurückkommen. Die Stare haben dann inzwischen andere Bruthöhlen gefunden. Sehr negativ verlief in 2006 der Bruterfolg bei den Turmfalken und Schleiereulen. Während in den letzten Jahren ein beständiger Bruterfolg bei beiden Vogelarten verzeichnet werden konnte, war 2006 ein Totalausfall für beide. Die Turmfalken, die in den Jahren zuvor in der Regel eine Brut mit 4-5 Nestlingen im Turm der evangelischen Kirche großgezogen haben, waren in 2006 - aus für uns nicht erklärbaren Gründen - ohne Bruterfolg. Die Kontrolle des Brutkastens in der evangelischen Kirche Mitte Mai ergab ein Gelege mit 4 Turmfalkeneiern; bei der Nachkontrolle im Juni war nur noch ein kaltes = totes Ei vorhanden. Offensichtlich war die Brut erfolglos abgebrochen worden und 3 Eier dann von Nesträubern (Elstern, Krähen) gestohlen worden. Erklärbar ist dies für uns nicht Ebenfalls ohne Belegung war in 2006 der Kasten für die Schleier-Eule. Dieser war in den letzten Jahren immer mit sehr gutem Erfolg belegt gewesen. Eventuell lag das aber auch am harten und langandauernden Winter 2005 / 2006, der die Eulen gezwungen haben könnte, abzuwandern. Eine Belegung der 10 Fledermaus-Kästen, die im Bizzenbach-Tal und am Löwenhain hängen, ist ebenfalls nur sehr schwer feststellbar, da diese Tiere auch kaum Spuren, die auf eine Belegung hinweisen, hinterlassen. Einige dieser Kästen werden aber immer wieder von Feldsperlingen belegt, obwohl die Einfluglöcher für diese Vögel nur äußerst schwer erreichbar sind. Ansonsten zeigt unsere Langzeit-Statistik, dass 2006 für die bei uns überwinternden Höhlenbrüter wie Kleiber und Meisen kein gutes Brutjahr war; evtl. hatte dies seinen Grund in der widrigen Wetterlage im Frühjahr 2006 (kalt und regnerisch). Hier steht die Belegung 2006 bei diesen Vogelarten in krassem Gegensatz zu den vorherigen Jahren. Der Feldsperling scheint sich jedoch von widrigen Wetterverhältnissen nicht stören zu lassen. Die Statistik zeigt bei diesen auch in 2006 einen gleichbleibend guten Erfolg. Im Gegensatz zu den anderen, hiesigen Höhlenbrütern stellen wir auch immer wieder fest, dass der Brutverlauf beim Feldsperling offensichtlich völlig normal ist; während die Untersuchung der Nester von Kleibern, Meisen oder auch vom Trauerschnäpper häufig taube = abgestorbene Eier und auch tote Nestlinge zeigt, ist dies beim Feldsperling nicht feststellbar. Von den schlechten Wetterverhältnissen im Frühjahr 2006 haben offensichtlich Langstrecken-Zieher wie der Trauer-Schnäpper profitiert; dieser hatte wahrscheinlich auf Grund der Tatsache, dass viele Nisthilfen nach seiner Rückkehr aus seinen Überwinterungsgebieten in Afrika Mitte Mai noch unbelegt waren, ein sehr gutes Jahr.

Biotop / Brüter Charakterisistik: Die in den unterschiedlichen Biotopen in der Gemarkung Wehrheim aufgehängten Nisthilfen geben ein deutliches Spiegelbild der Höhlenbrüter, die den jeweiligen Lebensraum bevorzugen, wider: Die Nisthilfen in den Bereichen Schlinck, Wolfsborn, Galgenberg sowie Löwenhain und Bohnenstück (Mischwald) sind bevorzugt von Meisen, Kleibern und Trauerschnäppern belegt. Außerdem nisten hier einige Feldsperlinge (an den Waldrändern). Gleiches gilt für die Nisthilfen im Hessenpark. Die Biotope Stockborn (Feldgehölz), Köllenheg (Trockenrasen) und Bizzenbach-Tal (Bachaue) sind das bevorzugte Territorium des Feldsperlings zusammen mit einigen Meisen. Genauso beherrschen sie das Terrain auf der Streuobstwiese sowie auf dem Friedhof. Zusammenfassung: Insgesamt scheinen wir mit den über unterschiedliche Lebensräume verteilten Nisthilfen offensichtlich den Bedarf der Höhlenbrüter, die diese Biotope bevorzugen, zu treffen, denn die Gesamt-Belegung der letzten 10 Jahre liegt über 65% (2006 war hoffentlich ein kleiner Ausreißer). Diesen Schnitt erzielen nicht einmal Top-Hotels in Deutschland, und dabei sind unsere Gäste besonders kritisch in der Auswahl ihres Brutplatzes. Nur wenn der Lebensraum (Biotop = Futterangebot) und der Brutplatz (Nisthilfe) ihnen gefällt, beziehen sie das Hotel, um ihre Brut aufzuziehen. Aus diesem Grund kontrollieren wir auch jedes Jahr die Nisthilfen sehr genau, um herauszufinden, ob sie vom Biotop, vom Umfeld und vom Material her stimmen und angenommen werden. Dabei kommen wertvolle Erkenntnisse zu Tage. Der Kleiber bevorzugt offensichtlich großräumigere Nisthilfen aus Holzbeton, während der Trauer-Schnäpper Holzkästen zu bevorzugen scheint. Dies zeigen zumindest unsere Statistiken. Deshalb sind in den Waldgebieten auch ca. 40% Nisthilfen aus Holz. Leider haben Holzkästen gegenüber den Nisthilfen aus Holzbeton den Nachteil, dass sie sehr der Verwitterung ausgesetzt sind und bestenfalls 10 Jahre durchhalten; danach müssen sie ersetzt werden, während die Holzbeton-Kästen praktisch nicht verwittern. Den Feldsperlingen scheint das Material der Nisthilfe vollkommen egal zu sein, sie nehmen alles an, was nach Nisthöhle aussieht und groß genug ist zum Nestbau; Hauptsache ist, die Nisthilfe hängt in richtigen Biotop. Selbst Fledermauskästen haben wir schon durch Feldsperlinge besetzt gefunden, obwohl der Einflug sehr eng und für einen mittelmäßigen Flieger wie den Feldsperling nur sehr schlecht erreichbar ist. Insgesamt bedeutet die jährliche Kontrolle der Nisthilfen in unseren Biotopen einen Arbeitsaufwand von ca. 30 Stunden, den wir aber gerne leisten, weil wir durch den Gesang der heimischen Vogelwelt im Frühling dafür entschädigt werden; außerdem leisten wir damit einen kleinen Beitrag zum natürlichen Gleichgewicht in der Natur. Gleichzeitig ist die jährliche Kontrolle der Nisthilfen aber auch eine sehr gut geeignete Übung, um die Jugendlichen der NABU-Ortgruppe an die heimische Vogelwelt heranzuführen und damit Interesse und Verständnis für die Zusammenhänge in der Natur zu wecken. Dies Angebot wird von unserem Nachwuchs auch sehr gern angenommen, denn es ist natürlich spannend, die einzelnen Bruthilfen in den Waldgebieten zu suchen und zu finden und dann auch noch zu bestimmen, welcher Brutvogel im letzten Jahr den Kasten benutzt hat. Franz-Josef Salzmann mit einigen unserer Jugendlichen bei der Erklärung vor der Nistkasten-Demo-Wand im Hessenpark