PRO KMU Unternehmensberatung. Zahlungsunfähigkeit

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Zahlungsmittel umfassen Barmittel und Sichteinlagen (Kassenbestand, Bankkonto).

Transkript:

Zahlungsunfähigkeit

Vorbemerkungen Die (drohende) Zahlungsunfähigkeit ist allgemeiner Eröffnungsgrund für das Insolvenzverfahren ( 17 Abs. 1 InsO bzw. 18 Abs.1 InsO). Bei ihrem Vorliegen kann bzw. muss also die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt werden. Besteht eine Insolvenzantragspflicht nach 15a InsO, muss die Eröffnung des Insolvenzverfahrens von den Verantwortlichen ohne schuldhaftes Zögern (innerhalb von drei Wochen) erfolgen. Diese Dreiwochenfrist beginnt bei Vorliegen des Insolvenzgrundes. Sie darf jedoch nur dann ausgenutzt werden, wenn Maßnahmen zur Beseitigung der Insolvenzgründe eingeleitet sind oder werden, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit innerhalb der drei Wochen zum Erfolg führen. Wann liegt Zahlungsunfähigkeit vor? Ein Schuldner ist nach 17 Abs. 2 InsO zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Es ist also allein auf die im Zeitpunkt der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit fälligen Zahlungspflichten abzustellen. Die zukünftig fällig werdenden Verpflichtungen können nur bei der Frage der drohenden Zahlungsunfähigkeit Berücksichtigung finden. Zu Beachten ist, dass die Zahlungsunfähigkeit von der Zahlungsstockung abgegrenzt werden muss: Kann der Schuldner seine fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht am Stichtag, allerdings innerhalb eines angemessenen Zeitraums (drei Wochen) begleichen liegt lediglich Zahlungsstockung vor. 2

1. Stufe 2. Stufe PRO KMU Unternehmensberatung Bei der Frage ob eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt ist des Weiteren die Höhe der Liquiditätslücke ausschlaggebend: Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10% seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10% erreichen wird. Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10% oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist. Ermittlung der Liquiditätslücke zum Stichtag BGH Urteil v. 24.05.2005 Liquiditätslücke größer oder gleich 10% Liquiditätslücke Kleiner als 10% Liquide Mittel 80./. Fällige Verbindlichkeiten 100 = Unterdeckung/Liquiditätslücke -20 Liquide Mittel 95./. Fällige Verbindlichkeiten 100 = Unterdeckung/Liquiditätslücke -5 grundsätzlich Zahlungsunfähigkeit Leitsatz 3, 1.HS grundsätzlich Zahlungsfähigkeit Leitsatz 2, 1.HS Kann die Liquiditätslücke innerhalb von 3 Wochen geschlossen werden? Ist absehbar, dass die Liquiditätslücke demnächst 10% oder mehr erreichen wird? JA NEIN JA NEIN Zahlungsstockung Zahlungsunfähigkeit Zahlungsunfähigkeit Zahlungsfähigkeit Leitsatz 1 Leitsatz 3, 1.HS Leitsatz 1 Leitsatz 3, 1.HS Ausnahme: Liquiditätslücke wird demnächst (fast) vollständig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beseitigt und Zuwarten der Gläubiger zumutbar Leitsatz 3, 2.HS 3

Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel auch anzunehmen, wenn eine Zahlungseinstellung vorliegt, der Schuldner also aufgehört hat seine fälligen Verbindlichkeiten wegen Mangels an Zahlungsmitteln zu erfüllen, und dies für die beteiligten Verkehrskreise hinreichend erkennbar geworden ist. Drohende Zahlungsunfähigkeit Neben der Zahlungsunfähigkeit ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ( 18 InsO). Diese droht, wenn nach der Finanzplanung absehbar ist, dass die Zahlungsmittel zur Erfüllung der fällig werdenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr ausreichen und dies durch finanzpolitische Disposition oder Kapitalbeschaffungsmaßnahmen nicht mehr ausgeglichen werden kann. Dem Schuldner ist es durch eine drohende Zahlungsunfähigkeit möglich, frühzeitig Maßnahmen zur Sanierung des Unternehmens im Rahmen eines Insolvenzverfahrens einzuleiten und insbesondere die drohende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit Die Beurteilung ob Zahlungsunfähigkeit vorliegt, erfolgt auf der Grundlage eines Finanzstatus und eines darauf aufbauenden Finanzplans: Zunächst sind in einem stichtagsbezogenen Finanzstatus die an diesem Tag unmittelbar verfügbaren liquiden Mittel (Bargeld, sofort abrufbare Bankguthaben, offene Kreditlinien, Wechsel oder Schecks) den fälligen Verbindlichkeiten gegenüberzustellen. 4

Ergibt sich, dass die fälligen Verbindlichkeiten in vollem Umfang gedeckt sind, ist die Zahlungsfähigkeit gegeben und die Erstellung eines Finanzplans ist in diesem Fall nicht erforderlich. Ergibt sich jedoch eine Unterdeckung, so ist in einem Finanzplan die weitere Entwicklung der Zahlungsfähigkeit zu prognostizieren. Wenn auf Basis des Finanzplans dann davon auszugehen ist, dass die Liquiditätslücke innerhalb überschaubarer Zeit ausgeglichen wird, liegt lediglich eine Zahlungsstockung vor. Dieser Zeitraum kann bis zu drei Monate und u.u. auch bis längstens sechs Monate betragen. Eine Erstreckung auf einen Zeitraum von mehr als drei Wochen, kann allerdings nur in Betracht kommen, wenn ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke in dieser Zeit vollständig beseitigt werden wird. 5

Finanzplan auf der Basis von gestaffelten Planungeinheiten und mehrmonatigem Planungshorizont I. Einzahlungen 1. Einzahlungen aus laufendem Geschäftsbetrieb 1.1. Barverkäufe 1.2. Leistungen auf Ziel 2. Einzahlungen aus Desinvestitionen 2.1. Anlagenverkäufe 2.2. Auflösung von Finanzinvestitionen 3. Einzahlungen aus Finanzerträgen 3.1. Zinserträge 3.2. Beteiligungserträge Summe Einzahlungen Stichtag Wochen Monate 1. 2. 3. 1. 2. 3. II. Auszahlungen 1. Auszahlungen für den laufenden Geschäftsbetrieb 1.1. Gehälter / Löhne 1.2. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 1.3. Steuern / Abgaben 1.4. 1.5. 2. Auszahlungen für Investitionen 2.1. Sachinvestitionen Ankäufe Vorauszahlungen Restzahlungen 2.2.Finanzinvestitionen 3. Auszahlungen im Rahmen des Finanzverkehrs 3.1. Kredittilgung 3.2. Akzepteinlösung 3.3. Eigenkapitalminderung (z.b. Privatentnahmen) 3.4. Zinsen Summe Auszahlungen II III. Ermittlung der Über- bzw. Unterdeckung durch I./.II. + Zahlungsmittelbestand im Prüfungszeitpunkt = Über-/Unterdeckung IV. Ausgleichs- und Anpassungsmaßnahmen 1. Bei Unterdeckung (Einzahlungen) 1.1. Kreditaufnahme 1.2. Eigenkapitalerhöhung 1.3. Rückführung gewährter Darlehen 1.4. zusötzliche Desinvestition 2. Bei Überdeckung (Auszahlungen) 2.1. Kreditrückführung 2.2. Anlage in liquiden Mittel Summe Auszahlungen III V. Zahlungsmittelbestand am Periodenende unter Berücksichtigung der Ausgleichs- und Anpassungsmaßnahmen (I-II-III) VI. Liquidität in Prozent 6

7 PRO KMU Unternehmensberatung