Schatzsuche 2.0 8 % APRIL 2013. Big Data der Datengoldrausch im 21. Jahrhundert. monitor.at



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Transkript:

COVERSTORY Big Data Big Data der Datengoldrausch im 21. Jahrhundert Schatzsuche 2.0 Bild: istockphoto Olena_T Heute werden alle zehn Minuten genauso viele Daten produziert, wie von Anbeginn der Menschheitsgeschichte bis zum Jahr 2003. Jede Sekunde werden 3,7 Millionen E-Mails verschickt und bei Facebook fallen pro Monat rund zehn Milliarden Fotos an. Dass man im digitalen Universum von Big Data reden muss, liegt auf der Hand. Mit neuen technischen Lösungen sollen diese unglaublichen Datenmengen zunehmend fürs Geschäft genutzt werden auch für kleinere Unternehmen. Gefragt sind innovative Ideen und neue Geschäftsmodelle. von Alfred Bankhamer 8 % APRIL 2013

Big Data Coverstory Egal wohin man schaut, selbst in Tageszeitungen ja sogar in Österreich ist Big Data ein großes Thema. Big meint dabei oft nicht nur gigantische Datenmengen, sondern auch die riesigen Chancen, die Analysen eben dieser bieten. Die Frage ist nur, wie Unternehmen davon profitieren können und ob jetzt schon der richtige Zeitpunkt für den Einstieg gekommen ist? Zuerst einmal zur Basis, den Daten. Da zeigt sich gleich, dass das mit Ausblicken in die Zukunft so eine Sache ist. Das gilt besonders für die Prognosen, die sich mit dem Datenwachstum beschäftigen. Während normal gerne übertrieben wird, um vielleicht auch das Geschäft zu beleben, ist es hier genau umgekehrt. Die Datenmengen sind in den letzen Jahren deutlich stärker gewachsen als einst der Blick in der Glaskugel suggeriert hat. So hat sich der Datenberg laut der Digital Universe Studie von IDC in den letzten zwei Jahren gar auf 2,8 Zettabyte verdoppelt. Bis 2020 sollen es gar 40 Zettabyte sein. Wer gerade mit Zettabyte nichts anfangen kann, ist in guter Gesellschaft. Die Zahl mit 21 Nullen liegt jenseits des menschlichen Vorstellungsvermögens und dürfte in etwa die Menge aller Sandkörner auf den Stränden von 57 Erden sein. Etwas klarer lässt sich der rapide Datenzuwachs darstellen. Von den ersten Aufzeichnungen der Menschheit bis ins Jahr 2003 wurden 5 Exabytes an Daten, das sind 5 Milliarden Gigabyte-Festplatten, erfasst. 2011 wurde dieser Datenberg schon alle zwei Tage produziert. 2013 fallen die 5 Exabytes in nur mehr 10 Minuten an. Schuld an der Datenexplosion sind vor allem der Drang zur Mobilität, Social Media und die besonders stark steigende Datenflut aus der Welt der Maschinen und Sensoren. Daten sind das neue Öl der Gesellschaft, zitiert Martin Hammerschmid, Country Manager EMC Österreich, den berühmten Satz, den Clive Humby, ein britischer Unternehmer im Bereich der Datenkommerzialisierung, schon 2006 verlautbart hat und es damit sogar in den Endbericht des World Economic Forum 2011 brachte. Man muss das neue Rohöl nur noch raffinieren, so Hammerschmid, während Cloud- Computing die IT revolutioniert, wird Big Data das Business revolutionieren. In den Datenbergen schlummern nämlich noch unzählige unentdeckte Schätze, die gehoben werden wollen. Denn bislang wird laut dem IDC-Report erst ein halbes Prozent der weltweiten Datenbestände analysiert. Und das digitale Universum expandiert ungehemmt weiter. Big Data Out of the box Doch wie können Unternehmen mit begrenzten Ressourcen ein Projekt angehen, das eine komplett neue Datenorganisation und oft auch neue Geschäftsmodelle verlangt? Big Data galt bislang nur als Spielfeld für Banken, Versicherungen und große Konzerne. Seit kurzem gibt es aber zahlreiche Lösungen, die auch kleineren und mittelständischen Unternehmen die Welt in Big Data mit geringem Risiko und geringen Kosten ermöglichen. Dazu bieten sich vor allem Cloud-Lösungen an, die zugleich den Vorteil haben, dass die Ergebnisse übers Internet und somit überall bereitstehen. Beispielsweise kann heute schon mit Out-of-the-Box- Lösungen das Internet gezielt (etwa die Facebook-Community) nach relevanten Äußerungen zum eigenen Unternehmen, den Produkten oder neuen Trends durchforstet werden. Big Data für den Mittelstand Zunehmend bieten nun fast alle IT- Größen Big Data auch als On-Site- Lösung für den Mittelstand an. So ist etwa SAPs HANA-Datenbank samt Analysefunktionen seit kurzem für das KMU-Produkt Business One erhältlich. Microsoft rüstet sein beliebtes Excel mit Big Data Frontend auf und auch IBM hat kürzlich eine Palette an für KMUs erschwinglichen Produkten wie seine POWER7 + Mikroprozessor-Technologie, neue PowerLinux-Systeme sowie PureData System for Analytics powered by Netezza präsentiert - samt Wolkenanschluss. Zugleich bieten BI-Player, angefangen von Qliktech bis hin zu SAS, und Spezialisten wie EMC, Fujitsu, Hitachi Data Systems, HP oder Teradata zunehmend leistbare Plattformen, passende Datenbanken, Analysewerkzeuge, Server und Virtualisierungslösungen für den Mittelstand an. Geradezu zur Pflicht ist die Integration von Hadoop (einem freien Framework von Apache mit Google MapReduce Algorithmus) geworden, das durch die Zerteilung, parallele Bearbeitung und wieder Zusammenführung von Daten sehr schnelle Datenanalysen erlaubt. Für uns ist Big Data sehr wichtig und das Thema wird für KMU immer wichtiger, erklärt Georg Droschl, Product Marketing Manager bei Microsoft, bislang waren die Tools zu komplex, um sie ohne großen Lernaufwand nutzen zu können, diese Lücke will Microsoft nun schließen. Konkret wird Big Data nun in Excel, SharePoint und im SQL-Server angeboten. Mit dem neuen Powerview in Excel 2013 sollen die User per Knopfdruck einfach Auswertungen erhalten und verändern können. Die meisten Hersteller vertreten einen hybriden Ansatz, indem alle Bereiche auch über die Cloud ausgeführt werden können. Erkennen von Betrugsmustern Einige kleinere Unternehmen richten ihr Geschäftsmodell schon speziell auf die Verarbeitung großer Datenmengen aus. SAP konnte etwa das österreichische Unternehmen paysafecard als einen seiner ersten KMU-Referenzen für die HANA-Datenbank gewinnen, die mittels In- Memory-Technologie sehr schnell riesige Datenmengen auswerten Big Data wird für KMU immer wichtiger Dr. Georg Droschl Product Marketing Manager Server Business Group Microsoft Österreich Ich glaube, wir können heute noch nicht einmal von den zukünftigen Möglichkeiten träumen, die wir mit all diesen Daten im Hintergrund machen können! Daniel Fallman General Manager MindBreeze APRIL 2013 % 9

DATEN SIND DAS NEUE ÖL Seit Beginn der Aufzeichnungen bis zum Jahr 2003 5 Exabyte an Daten 2011 wurde die gleiche Datenmenge geschaffen. Bis 2013 soll dies innerhalb von zehn Minuten geschehen. kann. Der Marktführer im Bereich der Online Prepaid Zahlungssysteme in Europa setzt HANA seit dem Vorjahr ein, um nicht nur mit der riesigen Menge an Transaktionen quasi in Echtzeit zurechtzukommen, sondern auch um Betrugsmuster zu erkennen. Big Data ist mittlerweile ein wichtiges Instrument zur Fraud-Detection geworden. Dieses Geschäftsmodell ist sicher ein Sonderfall. Und die Frage ist, welche Investments für das eigene Unternehmen wirklich Sinn machen. Welcher Weg für KMU nun der Beste ist - Cloud, Hybridlösung oder eine eigene Infrastruktur - ist sehr individuell. Zuvor sollte klar das Ziel des Big-Data-Projektes definiert werden, um erst einmal eine Kosten-/Nutzenanalyse machen zu können. Ohne gut durchdachten Plan, der von allen - besonders auch vom Management - getragen wird, geht bekanntlich gar nichts. Dazu muss aber einmal klar sein, was Big Data für ein Unternehmen bedeutet. Was ist Big Data wirklich? Was ist Big Data nun wirklich? Der nächste Hype nach der Cloud? Bis hin zur neuen Zukunft der IT, der Gesellschaft und des Geschäftemachens geht das Verständnis. Auch IT-Konzerne, die stark im Speicherbereich fokussiert sind, sehen darin weit mehr als nur die riesigen, kostspieligen Speicherbedürfnisse und die entsprechende Rechenpower dahinter. Und Big Data ist sicher weit mehr als die Erweiterung der herkömmlichen Business Intelligence Modelle. Es geht hier ebenfalls um völlig neue Wege der Datenauswertung. Früher ging es um Daten aus Daten banken, Data Warehouses oder Datamarts, die alle strukturiert waren und in gewissen Zyklen abgefragt und ausgewertet wurden, was oft auch einen Tag oder mehr dauern konnte, so Johnannes Baumgartner, Geschäftsführer von Fujitsu Österreich, heute ist nicht nur das Datenvolumen um ein Vielfaches größer, sondern es kommen unstrukturierte Daten wie Texte, Bilder, Videos und weitere Informationen von mobilen Geräten, Sensoren, unterschiedlichen Netzwerken oder dem Internet hinzu. Und dieser Wulst an Daten sollte übrigens nicht nur für Unternehmen, sondern auch für die Gesellschaft sinnvoll genutzt werden. So sind durchaus einige Veränderungen im Gesundheits- und Sozialbereich zu erwarten. Zugleich handelt es sich hier um statistische Auswertungen, die keine fixen Informationen, sondern Wahrscheinlichkeiten liefern. Die Diskussion um Big Data dreht sich also weniger darum, wie die unglaublichen Datenmengen (insbesondere die unstrukturierten Daten wie etwa Stichworte oder Wertungen aus Blogs, Facebook, Twitter und Co.) erfasst werden können, sondern wie sie entsprechend analysiert, aufbereitet und nutzbringend ins eigene Geschäftsmodell integriert werden können. Und hier gibt es viele Aspekte. Themen wie Social Media einfach links liegen zu lassen, ist heute sicher keine gute Option mehr, meint Droschl von Microsoft, die Meinungsbildung erfolgt hier sehr schnell. 135 Millionen Blogs Ob als neue Chance, Frühwarnsystem oder zur Effizienzsteigerung: Das Phänomen Big Data sollte auf alle Fälle einmal genauer betrachtet werden. Wer etwa bislang bei Web 2.0 vor allem an Facebook und Twitter gedacht hat, sollte etwa auch wissen, dass es mittlerweile rund 133 Millionen, teils sehr fachspezifische Blogs im Web gibt. Dafür fallen bei Facebook pro Monat rund zehn Milliarden Fotos an - in Summe sind es schon weit über 250 Milliarden. Können Fotos und Videos auch wichtige Informationen beinhalten? Und trotz der stark aufkommenden Chat-Tools ist die gute alte E-Mail noch lange nicht am Abstellgleis. Jede Sekunde werden 3,7 Millionen E-Mails verschickt. Aber auch die Warenwelt zeigt Erstaunliches: Auf ebay sind gut 300 Millionen Artikel gelistet und jeden Tag fallen 50 Terabyte an neuen Daten an. Hieraus lassen sich Unmengen an Trends herauslesen. Das nutzen die großen Internethändler freilich längst. Twitter versus Börse In welchen Bereichen derzeit die meisten Daten erzeugt werden, zeigt folgende Darstellung sehr deutlich. Während in 24 Stunden auf der New York Stock Exchange rund ein Terabyte Daten anfallen, sind es bei Twitter,trotz der kurzen Tweets 8 Terabyte, und bei einem eher fiktiven 24 Stunden Flug einer Boeing 787 knapp 2.000 Terabyte. Unterschiedlichste Studien zu dem erstaunlichen Datenirrsinn gibt es viele. Und es zeigt sich, dass die herkömmlichen, strukturierten Daten, die noch brav in herkömmlichen relationalen Datenbanken verarbeitet werden können, vergleichsweise immer weniger werden. Wir sehen bei den Daten einen Multiplikationseffekt, erklärt Andreas Schlecht, Sales Director bei Hitachi Data Systems Austria. So fallen gut 10 mal mehr human driven data wie E-Mails und Fotos und 100mal mehr Maschinendaten an als geschäftsorientierte 10 % APRIL 2013

Big Data Coverstory Daten. 2014 werden 77 Prozent aller Daten unstrukturiert sein. Umso wichtiger ist es laut Schlecht, dass der Inhalt der Daten völlig unabhängig von den Medien wird. Dass in all diesen Informationen etwas Wertvolles fürs Geschäft oder die Gesellschaft sein kann, belegen schon Banken, Versicherungen oder Forschungsinstitutionen, die damit arbeiten um etwa die Kreditwürdigkeit zu klären, Risiken abzuwägen, Gene zu entschlüsseln, Quantenphänomene zu klären oder Millionen von medizinischen Bildern und Vitalwerten auf auffällige Muster zu untersuchen. Erkennung von Frühgeburten IBM präsentierte kürzlich ein Projekt aus China, in dem die Fehlbefunde bei der Auswertung der täglich tausenden Röngtenbilder und 10.000en MRIs dank automatischer Mustererkennung deutlich reduziert werden. In Kanada dient Big Data von Big Blue wiederum dazu, bei Frühgeburten durch die laufende Auswertung der Vitalfunktionen Erkrankungen und Infektionen rasch zu erkennen. Optimale Standortbestimmungen für Windparks, Vorhersagen zur Oscar-Verleihung und vieles mehr werden mittlerweile mit Big Data gemacht. Es geht aber auch kleiner. Eine Bäckerei versorgt sich etwa mit Wetterdatenbanken und Daten von lokalen Festkalendern, um ihr Sortiment auf Grill- oder Regenwetter anzupassen. Dadurch konnte der Absatz deutlich gesteigert und der Warenrücklauf reduziert werden. Auch Sensoren in der Umwelt und jene der Maschinen in den Fabriken liefern wertvolle Informationen. Läuft etwa ein fertiges Teil vom Band, weiß das Liefer-/Bestellsystem Bescheid. Auch wenn eine Maschine streikt wird sofort gemeldet, dass Lieferverzögerungen zu erwarten sind. Kaufkraftanalysen Auch geographische und soziale Daten sind sehr wertvoll, erklärt Wolfgang Nimführ, bei IBM Österreich für Big Data verantwortlich. Kaufkraftanalysen, Ereignisse, die in Regionen die Arbeitslosigkeit erhöhen und vieles mehr hilft, um das Sortiment perfekt abzustimmen. Bei den meisten Initiativen steht der Kunde im Mittelpunkt, um ihn besser servicieren und binden zu können, so Nimführ. Und Big Data hat auch die Landwirtschaft erfasst. In Japan läuft etwa von Fujitsu ein Agrarprojekt, in dem alle verfügbaren Daten von Wetterstationen, Satellitenbildern, Pflanzendaten und vieles mehr dazu verwendet werden, um herauszufinden, wie der Boden aktuell ideal behandelt werden sollte. Evolution statt Revolution Bei den meisten Big Data Projekten geht es nicht darum, die alten Systeme einfach abzulösen, sondern sie weiterzuentwickeln. Also Evolution anstatt Revolution. Letzteres sollte lieber im Bereich Innovation stattfinden. Denn für den raschen Erfolg von Big Data Projekten sind neue Ideen und auch Geschäftsmodelle entscheidend. Big Data bietet sehr große Chancen, wobei der rapide Datenwachstum eine der großen Herausforderungen ist, meint Andreas Schlecht von Hitachi Data Systems. Und das schreckt viele ab. Während in Ländern wie den USA die Unternehmen zuerst nach den großen Chancen fragen, steht in Europa und auch Österreich eher das Thema Risiko an erster Stelle. Viele Unternehmen scheuen noch die Kosten, berichten IT- Anbieter von ihren Kundengesprächen. Dabei ist der Wert der Daten zumeist schon weit höher als die Kosten, um diese zu managen. Das Bewusstsein dafür muss hierzulande aber erst geschaffen werden. Höhere Produktivität Nichts desto trotz gibt es auch in Österreich schon einige Unternehmen, die an Big Data Projekten arbeiten - und das nicht nur bei den Großen. In einem Artikel des McKinsey Quarterly (März 2013) über Big Data und die Big Data Analytics Management Revolution wird auf Studien verwiesen, die zeigen, dass Unternehmen, die Big Data Methoden tief in ihre Operationen integrieren, schon jetzt fünf bis sechs Prozent höhere Produktivität und Profit gegenüber der Konkurrenz vorweisen können. Durch die beinahe Echtzeitfähigkeit lassen sich blitzschnell Trends erkennen und darauf reagieren. So kann beispielsweise der Online-Verkauf rasch mit speziellen, gerade gefragten Angeboten punkten oder Servicemitarbeiter bei auffällig häufigen Beschwerden über ein Produkt rasch mit Maßnahmen, Tipps oder Rückrufaktionen reagieren. Es lassen sich Trends früh erkennen und drohende Imageschäden verhindern. Als Einzelhändler macht es also durchaus Sinn, Plattformen wie Facebook, Twitter und diverse Blogs genau zu beobachten, was mittels automatischer Auswertungs- APRIL 2013 % 11

COVERSTORY Big Data KMU fällt es teils sogar leichter, Big Data Konzepte umzusetzen, da sie jung und oft weniger komplexe Systeme im Hintergrund haben Hermann Erlach Leitung Presales SAP Österreich Daten sind das neue Öl der Gesellschaft Martin Hammerschmid, Country Manager EMC Österreich tools längst kein großer Aufwand mehr ist. Für die erste Phase des Big Data Einstiegs gilt: Je konkreter ein Projekt ist, desto schneller stellt sich der Erfolg ein. Weit reichende Veränderungen der ganzen Unternehmenskultur bedürfen dann freilich deutlich mehr Zeit. Nichtsdestotrotz sollte auch dafür schon der große Plan erstellt werden. Zweckorientierte Nutzung Bei Big Data geht es um die zweckorientierte Nutzung der bislang ungenutzten, unglaublich großen Datenberge, großteils in Form unstrukturierter Daten, die sehr viel über Kunden, Konsumenten und weitere Bereiche des Ecosystems verraten können. Das klappt aber freilich nicht einfach nur durch das Kombinieren von zufälligen Zusammenhängen. Die hohe Kunst ist auch hier, dass die menschliche Intelligenz zuerst die richtigen Fragen stellt, bevor die Maschinen fleißig ihre Aufgaben erfüllen. Damit diese Informationen dann auch von allen genutzt werden können, bedarf es wiederum einer entsprechenden visuellen Aufbereitung, die selbst für einfache Mitarbeiter, etwa bei der Kundenbetreuung, nicht zu komplex ist. Ein Punkt, der oft bei IT-Projekten vergessen wird. Menschliche Intelligenz erforderlich Freilich sind nicht alle Informationen in diesem Datenmeer wirklich verwertbar. Es befinden sich weit mehr kaum nutzbare Daten wie einfache Transaktionen oder zig-fache Kopien darunter. Aber es könnten - so die Schätzung von IDC - rund 23 Prozent des digitalen Universums wertvolle Informationen beinhalten. Derzeit werden aber erst drei Prozent dieser Daten verschlagwortet und noch viel weniger davon analysiert. Es besteht also noch ein großer Big Data Gap. Um diesen zu schließen, bedarf es vor allem menschlicher Intelligenz, um die Chancen erst einmal zu erkennen. Der Blickpunkt richtet sich deshalb immer weniger auf Produkte, sondern auf spezifische Lösungen für Unternehmen und gesellschaftliche Bereiche. Für Big Data gibt es nicht ein Konzept, sondern zahlreiche, speziell auf gewisse Anforderungen entwickelte Lösungen. Es geht also nicht darum, eine Big Data- oder Cloud-Lösung zu kaufen, sondern darum, zuerst das aktuelle Geschäftsmodell genau zu analysieren. Damit lässt sich feststellen wo Probleme und Potenziale vorhanden sind, um die Geschäftsziele zu erreichen oder gar neue Geschäftsfelder zu eröffnen. Deshalb bieten auch fast alle Hersteller entsprechende Beratungsleistungen an. Bei den meisten Big Data Projekten geht es nicht darum, die alten Systeme einfach abzulösen, sondern sie weiterzuentwickeln. Über eines sind sich alle einig: Heuer soll der Big Data Boom so richtig losgehen. Keine Strategie Eine Umfrage des deutschen Forschungs- und Beratungsinstituts BARC (Business Application Research Center) in der DACH-Region von Mitte bis Ende 2012 unter 274 Unternehmen zeigt, dass zwar erst 14 Prozent der Unternehmen eine dezidierte Big-Data-Strategie haben, aber Big Data schon über alle Unternehmensbereiche wie Controlling (24 Prozent), Marketing (19 Prozent), Vertrieb (18 Prozent), IT (18 Prozent) und Produktion (17 Prozent) genutzt wird. Und es wird auch schon beachtlich investiert. Zu den größten Treibern zählen bessere oder neue Daten-Analysemöglichkeiten (75 Prozent), größere Datenvolumen (72 Prozent), polystrukturierte Datenquellen (66 Prozent) sowie eine höhere Datenaktualität (43 Prozent). Das Hauptproblem beim Einsatz sei derzeit fehlendes technisches und fachliches Wissen (46 Prozent), wie auch fachliches Know-how (44 Prozent) sowie fehlende überzeugende Einstiegsszenarien (36 Prozent). Die meisten Unternehmen sehen in Big Data in naher Zukunft ein sehr wichtiges Thema. Auch für KMU immer wichtiger Experten meinen jedenfalls, dass vor allem der Kosten- und Wettbewerbsdruck bald dazu führen wird, dass Big Data auch für KMU immer wichtiger wird. Firstmover haben wie bei vielen bisherigen Technologie-Revolutionen große Chancen und Vorteile, aber - auch das zeigt die Geschichte - nur, wenn sie zugleich ihren neuen Weg gut geplant haben. Beispiele aus dem Einzelhandel und vielen anderen Bereichen belegen dies. Unternehmen, die Trends über Plattformen wie Facebook und Co. rasch erkennen, haben jetzt schon einen klaren Geschäftsvorteil gegenüber Händlern, die nur auf ihr Bauchgefühl setzen. KMU fällt es teils sogar leichter, Big Data Konzepte umzusetzen, da sie jung und oft weniger komplexe Systeme im Hintergrund haben, meint Hermann Erlach, Leitung Presales SAP Österreich. Erlach betont auch, dass ein großes Industrie- und Branchen-Know-how, wichtig sei, um die Potenziale von Big Data auszuloten. Langsam entwickeln sich erste Best-Practice-Beispiele. Da viele dieser Informationen aus der Big Data Welt jetzt und sofort zur Verfügung stehen sollen, kommt virtuellen Umgebungen und besonders der Cloud eine wichtige Rolle zu. Die ganz große Herausforderung ist, dass die Daten- 12 % APRIL 2013

Big Data Coverstory mengen weiterhin ungebremst anwachsen. Da reichen normale skalierbare Systeme nicht aus. Es sind virtuelle Umgebungen und paralleles Processing gefragt, so Baumgartner von Fujitsu. Und die Wolke bietet freilich gerade kleineren Unternehmen, die sich keine kostspieligen Speicherlösungen leisten wollen oder können, den optimalen Einstieg in die Welt von Big Data. Mittlerweile haben viele Unternehmen auch verstanden, dass die Daten in den Cloud-Datenzentren sicherer als im eigenen Unternehmen sind, sagt Erlach von SAP. Der Glaubenskrieg On-Premise oder Cloud ist vorbei. Beide koexistieren und sind in einer hybriden Welt verschmolzen. Im Alltag angekommen Dass Big Data Lösungen teils schon im Alltag angekommen sind, belegt etwa die selbstverständliche Nutzung von Verkehrsleitsystemen im Auto. Die nächste Generation wird bidirektional sein, so Baumgartner. Viele Bordcomputer haben heute schon ein GSM- Modul eingebaut, um etwa Daten für ein anstehendes Service an die Werkstätte zu senden. Im Verkehrsfluss könnte beispielsweise ein stark bremsendes Auto die nachkommenden vor einer möglichen Gefahr auf der Straße warnen. Autos, Mobilfunktelefone und vieles mehr liefern wichtige Informationen. Die Stadt Wien stellt beispielsweise viele ihrer Daten in der Open Government Initiative bereit, damit Unternehmen Apps entwickeln können, die das Leben leichter machen. Neue Berufsgruppen Neue Möglichkeiten bieten sich unzählige, weshalb viele Experten auch von komplett neuen Wirtschaftszweigen sprechen, die Big Data nun ermöglicht. Es wird etwa von neuen Berufszweigen wie Information Broker, Data Scientist oder gar Data Artist gesprochen, die helfen sollen, das Gold in den Datenbergen zu finden. Die Harvard Business Review titelte im Oktober 2012 gar Data Scientist: The Sexiest Job of the 21st Century. Wir haben in diesem Bereich noch viel zu wenige gut ausgebildete Leute, meint dazu Martin Hammerschmid von EMC. Gerade hier könnten sich Unternehmen in einem Land wie Österreich große Geschäftsvorteile holen, wenn es diese neue Berufsgruppe, die sowohl Business, Statistik und Technik beherrscht, gäbe. Freilich müssten sie in bestehenden Unternehmensstrukturen auch die richtigen Fragen stellen dürfen, um neue Geschäftsmodelle erst einmal ins Rollen zu bringen. Denn wirklich erfolgreich waren bislang nur Unternehmen mit einem neuen Geschäftsmodell. Produktinnovationen allein brachten deutlich weniger. Big Data ermöglicht es besonders, die Kundenbedürfnisse rascher zu erfassen: Der Trend geht weg vom reinen Baugefühl zum faktenbasierten Unternehmen, meint Hammerschmid. Gerade im Mittelstand herrscht oft noch das Verständnis vor, dass man eh alles weiß. In der neuen Welt von Big Data könnte das bald nicht mehr reichen, da Trends selbst von den feinfühligsten Menschen nicht so schnell erfasst werden können wie die Auswertung von Abermillionen Daten aus Kundentransaktionen. Bei all den Chancen im Business sollte nicht vergessen werden, dass Big Data - wie alle Technologien - vor allem einen Beitrag zur Gesellschaft leisten sollte, der durchaus auch neue Geschäftsfelder erschließen darf. Visionen von Herstellern, wie Smarter Planet oder Human centric intelligent society, beschäftigen sich damit. Dabei sind freilich auch Fragen wie Big Challenges, Big Brother, Datenschutz, Security und andere kritische Themen rund um die zunehmend gläserne Gesellschaft zu beachten. In der Medizin, Telekommunikation und vielen anderen Bereichen tragen die Analysen aus großen Datenbergen schon jetzt dazu bei, einen echten Mehrwert für die Gesellschaft zu bringen. Und Big Data bietet noch reichlich Potenzial. Schließlich steht diese neue Disziplin ja auch erst am Anfang - ähnlich wie einst das Internet. o > Mindbreeze Wissensmanagement aus Österreich Die Mindbreeze Software GmbH mit Sitz in Linz/Österreich ist ein führender europäischer Anbieter von Softwareprodukten für das schnelle und intuitive Finden von relevanten Fakten in Unternehmensdaten und im Internet. Die Lösungen ermöglichen eine konsolidierte Sicht auf das Unternehmenswissen für eine rasche Entscheidungsfindung in allen Geschäftsbelangen. Mit seinen Softwarelösungen gelang es dem Unternehmen, auch international auf sich aufmerksam zu machen. Beispielsweise erhielt das Produkt Mindbreeze InSite die Auszeichnung Trend- Setting-Product 2012 vom renommierten US-Magazin KMWorld. Das Unternehmen wurde damit 2012 bereits zum fünften Mal in Folge in die Liste der 100 Companies that Matter in Knowledge Management aufgenommen. Mindbreeze InSite kommt auch auf unserem Newsportal zum Einsatz, um Besuchern über die integrierte Suchbox blitzschnell strukturierte und übersichtlich geordnete Suchergebnisse anzeigen zu können. Die Mindbreeze Software GmbH ist ein Tochterunternehmen der Fabasoft AG. www.mindbreeze.com APRIL 2013 % 13