Die Eisenbahn im Kinderbuch Wir beginnen eine neue Reihe der Geschichte des Monats mit einem niederländischen Eisenbahn-Kinderbuch und stellen fortlaufend unterschiedliche Versuche vor, der jungen Generation im illustrierten Buch die große Welt der Eisenbahn näher zu bringen. Kees en Dick op het Station - Kees und Dick auf dem Bahnhof Ein niederländisches Eisenbahn-Kinderbuch Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs (1939) erschien beim Verlag De Bijenkorf in Amsterdam - Den Haag - Rotterdam das erste Kinderbuch von Gerard van Seumeren und Piet Kievit aus der Kees en Dick-Serie (Abb. 32 S.). Die geplante Serie ist wohl nicht fortgesetzt worden, es sind keine weiteren Büchlein bekannt. Blitzende Schornsteinkrempe, goldglänzender Dom, schwarze Rauchkammer, Kessel, Führerhaus und Tender in Grün das Titelbild zeigt eine schwere 2 C- Vierzylinder-Lokomotive der Nederlandsche Spoorwegen. Die ehemaligen Konkurrenten der SS (Maatschappij tot Exploitatie van Staatsspoorwegen) und der HSM (Hollandsche IJzeren Spoorweg-Maatschappij) wurden am 01.01.1938 @P. Dr. D. Hörnemann, Eisenbahnmuseum Alter Bahnhof Lette, www.bahnhof-lette.de, Seite 1 von 5
zu den Nederlandsche Spoorwegen vereinigt, nachdem sie bereits seit 01.01.1917 kooperieren mußten. Ab 06.03.1964 wurde der Name geändert in Nederlandse Spoorwegen. Es handelt sich wohl um eine Lok der Baureihe 3900 (Spitzname 'De Beul ), sie wurde 1929 bei Henschel & Sohn in Kassel gebaut. Der Kessel hatte eine Überhitzerheizfläche von 220 m 2 und einen Kesseldruck von 14 bar. Die vier Zylinder hatten einen Durchmesser von 420 mm und einen Kolbenhub von 660 mm. Der Treibraddurchmesser betrug 1850 mm, die Höchstgeschwindigkeit 110 km/h und das Gesamtgewicht 147 t. Der Bahnhofschef in smarter blauer Uniform mit Goldknöpfen und Ranginsignien, sowie roter Dienstmütze mit goldenen Streifen, erklärt zwei Jungen und ihrem Vater die große Wunderwelt der Eisenbahn. Die Zwillingsbrüder Kees und Dick wollen auf große Fahrt gehen. Ihr Vater hat ihnen je eine Acht-Tage-Abonnementskarte zum Geburtstag geschenkt. Sie schreiben einen Brief an den Bahnchef, um sicher zu gehen, daß sie ihre Fahrkarten auch bekommen. Das nimmt ihr Vater zum Anlaß, ihnen alles Mögliche über die Eisenbahn erklären zu wollen, und stellt dabei fest, wie wenig sie alle über sie wissen. Er ruft den Eisenbahnchef selbst an, um einen Besuch zu vereinbaren. Vor dem Stationsbesuch können die Jungen kaum schlafen, Dick träumt, ein Stellwerker hätte eine Weiche zu früh umgestellt und damit den @P. Dr. D. Hörnemann, Eisenbahnmuseum Alter Bahnhof Lette, www.bahnhof-lette.de, Seite 2 von 5
Zusammenstoß zweier Züge verursacht. Doch das war Gott sei Dank nur ein Traum. Im Bahnhof angekommen stellt der stolze Vater Verhagen seine beiden Sprößlingen dem Bahnhofschef in seinem Büro vor: Dick, der am liebsten sofort selbst Stationschef würde, und Kees, der besonders schnell im Schreiben von Strafarbeiten sei für seine vielen Vergehen in der Schule. Meneer Smit zeigt ihnen die Welt der großen Eisenbahn, in der auch ein eigener Sprachgebrauch herrscht, den sich die Jungen bestimmt schnell aneignen können. Der Stationschef erklärt: In den Niederlanden haben wir etwa 300 große und kleine Bahnhöfe, dazu eine Anzahl Haltepunkte. Dann haben wir die Reiseauskunft, den Fahrkartenverkauf, die Güterabfertigung, den Zug-, Rangier-, Lokomotiv- und Innendienst. Er zeigt den Jungen die Fahrkartenausgabe mit all den unterschiedlichen Billets für die 1. (gelb), 2. (grün) und 3. (braun) Klasse. In der Bahnhofshalle sehen sie eilige Reisende, die nach dem Fahrkartenkauf rasch zum Bahnsteig laufen, um ihren Zug nicht zu versäumen. Andere Reisende haben mehr Zeit und Muße für ihre Lektüre, das Bahnhofsrestaurant oder den Kiosk für Reisebedarf. @P. Dr. D. Hörnemann, Eisenbahnmuseum Alter Bahnhof Lette, www.bahnhof-lette.de, Seite 3 von 5
Nachdem sie Tee und Brote zu sich genommen haben betreten die Jungen den Bahnsteig. Im Hintergrund ist der Stellwerksturm zu erkennen. Ein Dampfzug fährt ein, auf den bereits Reisende mit Koffern und Hunden warten. Fast wäre Dick von einem Gepäckkarren überfahren worden, in letzter Minute springt er auf ihn auf und läßt sich über die Bahnsteige chauffieren. Bei der Erklärung von Bahnsteigstafeln, Unfallverhütungsvorschriften, Notbremsen und vielen anderen Einzelheiten auf dem Bahnsteig ist Kees unbemerkt in einen Reisezugwagen eingestiegen. Schon fährt der Zug ab und läßt sich von keinem Jungengeschrei mehr aufhalten. Verflixt, das ist Kees! ruft der Stationschef, recht verärgert. @P. Dr. D. Hörnemann, Eisenbahnmuseum Alter Bahnhof Lette, www.bahnhof-lette.de, Seite 4 von 5
Dann aber sagt er versöhnlicher: Jungs bleiben eben Jungs. Wir wollen uns den Tag davon nicht verderben lassen. Zwei Stunden später kommt Kees wieder im Bahnhof an, von dem er unfreiwillig abgereist war. Schließlich holt Vater Verhagen die beiden Bengel wieder ab. Sie bedanken sich artig beim Bahnhofschef Meneer Smit und kündigen einen erneuten Besuch an, wann immer es ihm recht wäre. Zu Hause haben die Jungen viel zu erzählen, vor allem von der spannenden, unverhofften Reise im Zug, schlafen aber schließlich doch todmüde ein. Das alte Kinderbuch gibt einen kleinen Einblick in die Welt der Eisenbahn in den Niederlanden zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Es sollte wohl das Interesse der Jungen an der Eisenbahn und am Beruf des Eisenbahners fördern. Es ist eher ein pädagogisches, als ein die Phantasie beflügelndes Buch geworden von der Art der dramatischen Eisenbahnabenteuer, in denen Jungen einen Zug in letzter Minute aufhalten und schwerste Unglücke verhindern. Vielleicht war es nur als harmlose Propaganda für die noch relativ frisch errichteten Nederlandsche Spoorwegen und als Blick in deren Realität gedacht. @P. Dr. Daniel Hörnemann, 2011 @P. Dr. D. Hörnemann, Eisenbahnmuseum Alter Bahnhof Lette, www.bahnhof-lette.de, Seite 5 von 5