Internationales IT-Projektmanagement und sein kultureller Kontext

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Transkript:

FOM Hochschule für Oekonomie & Management Essen Internationales IT-Projektmanagement und sein kultureller Kontext Hausarbeit im Fach Software Engineering, IT-Projekt- und Qualitätsmanagement Master of Arts: IT-Management Sommersemester 2012 Prüfer: Professor Dr. Gregor Sandhaus Autor: Helga Breuninger Matr.Nr. 294897 2. Studiensemester

INHALTSVERZEICHNIS i Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ii iii 1 Einleitung 1 2 IT-Projekte und Internationale Teams 2 2.1 Besonderheiten von IT-Projekten................... 2 2.2 Internationale Teams.......................... 4 3 Problemfelder 5 3.1 (Arbeits-) Kultur............................ 5 3.2 Sprache und Kommunikation...................... 8 4 Ideen und Ansätze 10 4.1 Teambildung.............................. 10 4.2 Eektive Kommunikation........................ 11 4.3 Interkulturelles Training........................ 12 4.4 Auslandsaufenthalte.......................... 13 5 Fazit 15 Literatur 16

INHALTSVERZEICHNIS ii Abkürzungsverzeichnis GDSS Group Decision Support System IDV Individualism Individualismus oder Kollektivismus IPMA International Project Management Association LTO Long Term Orientation Lang- oder kurzfristige Ausrichtung MAS Masculinity vs. Femininity Männlichkeit oder Weiblichkeit PDI Power Distance Index Machtdistanz PMI Project Management Institute UAI Uncertainty Avoidance Index Unsicherheitsvermeidung

ABBILDUNGSVERZEICHNIS iii Abbildungsverzeichnis 1 Deutschland und Indien im Vergleich (Quelle: Entnommen von www.hofstede.com [Hof12])...................... 6 2 Potenzielle Kulturvielfalt in Projektteams (Quelle: Entnommen aus [Sac09] S.9)............................... 8 3 Kommunikation bei räumlicher/ zeitlicher Trennung (Quelle: Entnommen aus [McK09] S.189)...................... 11

1 EINLEITUNG 1 1 Einleitung Projekte sind die Arbeitsform der Gegenwart. Gerade in der IT-Branche wird auf die Flexibilität und Agilität der Projektarbeit gesetzt. Gleichzeitig ist unsere Welt heute globalisiert und vernetzt. Internationale Projekte können leichter und zu geringeren Kosten als noch vor 20 Jahren durchgeführt werden. Ziel dieser Arbeit ist es, die Schnittstelle zwischen IT-Projektmanagement und interkultureller Kommunikation herauszuarbeiten und für Projektleiter internationaler IT-Projekte Anregungen und Denkansätze für den Umgang mit internationalen Teams zu geben. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht das Projektteam, das im internationalen Umfeld zu höchstmöglicher Leistung gebracht werden soll. Das magische Dreieck aus Budget, Zeit und Zielen wird bei internationalen Projekten noch um den Aspekt der Kultur erweitert. Kultur wird im traditionellen Projektmanagement nicht grundsätzlich übergangen, spielt aber bei den meisten Projekten eine weniger groÿe Rolle. Je mehr Personen aus verschiedenen Kulturkreisen gemeinsam an einem Projekt arbeiten, umso gröÿer und wichtiger wird ihr Einuss auf das Verhalten der anderen Projektmitglieder und somit auf den Projekterfolg. Diese Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Zunächst werden die Besonderheiten von IT- Projektmanagement gegenüber dem allgemeinen Projektmanagement aufgezeigt. In diesem Teil wird auch die Rolle international verteilt arbeitender Teams näher betrachtet, da sie gerade in IT-Projekten aufgrund der Globalisierung und Virtualisierung der Arbeit zum Einsatz kommen können. Im nächsten Schritt werden spezielle Problemfelder erläutert, die bei der Arbeit in international verteilten Teams auftreten können. Es werden folgende Schwerpunkt näher betrachtet: zum einen die Ergebnisse der Studien zur (Arbeits-) Kultur von G. Hofstede, der basierend auf einer Fragebogen-Aktion eines multinationalen Konzerns bereits in den 1960er Jahren fünf Kulturdimensionen identizierte und seither mit einer kontinuierlich erweiterten Datenbasis seine Forschungen fortführt. Zum anderen die sprachlichen Hürden, die von jedem internationalen Team genommen werden müssen, sowie die Kommunikation zwischen den Projektmitarbeitern allgemein. In diesem Teil werden zur Verdeutlichung zwei selbst erlebte Fallbeispiele erläutert, die mit einem deutsch-japanischen und einem deutsch-englischschwedischen Team gemacht wurden. Abschlieÿend werden Ideen und Ansätze aufgezeigt, die die Arbeit in internationalen IT-Projekten unterstützen können. Hierbei wird die Rolle des IT-Projektleiters bei der Teambildung, der Nutzen einer eektiven Kommunikation, die Bedeutung und Ziele von interkulturellen Trainings, sowie die Chancen und Risiken von Auslandsaufenthalten der Projektmitarbeiter betrachtet.

2 IT-PROJEKTE UND INTERNATIONALE TEAMS 2 2 IT-Projekte und Internationale Teams Projekte sind in vielen Branchen und Arbeitsbereichen des 21.Jh. nicht mehr wegzudenken. Insbesondere das Project Management Institute (PMI) und die International Project Management Association (IPMA) haben die Begrie und Prozesse des Projektmanagements in den letzten 40 Jahren geprägt ([Ver08] S.2). Nach der Denition des PMI sind Projekte dadurch gekennzeichnet, dass sie 1. ein einmaliges Produkt, eine Dienstleistung oder ein Ergebnis erarbeiten und 2. zeitlich begrenzt ausgeführt werden. Ein Projekt wird auÿerdem charakterisiert durch den Arbeitsumfang, den Zeitrahmen, die zur Verfügung stehenden nanziellen Mittel und die Erwartungen des Auftraggebers. Darnall [Dar10] weist darauf hin, dass aufgrund der Rahmenbedingungen besondere Anforderungen an das Management von Projekten gestellt werden: Ziel ist es, durch Standardisierung die Komplexität einer Aufgabe in überschaubare Teile zu zerlegen. Ähnlich der objektorientierten Programmierung geht auch die Theorie der projektorientierten Arbeit davon aus, dass bestimmte Prozesse und Werkzeuge standardisiert und auf ein bestimmtes Projekt zugeschnitten wiederverwendet werden können. 2.1 Besonderheiten von IT-Projekten Während die meisten Eigenschaften von normalen Projekten auch auf IT- Projekte zutreen, zeichnet sich ab, dass sich diese in drei wesentlichen Eigenschaften unterscheiden können: Unsicherheit: Im Allgemeinen sind die Vorgaben für den Projekterfolg genau bekannt und notwendige Schritte zur Zielerreichung relativ leicht erfassbar. IT-Projekte sind jedoch oft von groÿer Unsicherheit geprägt. Der Auftraggeber hat eine Idee oder ein konkretes Problem, aber es fehlt ihm das notwendige Fachwissen, um diese Erwartungen geeignet auszudrücken. Da es sich insbesondere bei der Softwareentwicklung um ein mehr oder weniger abstraktes Produkt handelt, ist das Ergebnis oft auch schwer vorstellbar und die Meinungen über das zu erwartende Ergebnis können zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber stark dierieren ([Eck10] S.108f). Im IT- Projektmanagement wird diesem Problem nach Möglichkeit mit agilen Entwicklungsmethoden entgegengetreten, bei denen der Kunde regelmäÿig in den Entwicklungsprozess eingebunden wird und unterschiedliche Erwartungen möglichst frühzeitig erkannt und behoben werden können.

2 IT-PROJEKTE UND INTERNATIONALE TEAMS 3 Projektphasen: Während Projekte normalerweise in die vier Phasen 1. Denieren 2. Planen 3. Ausführen 4. Ergebnis übergeben und Projekt beenden eingeteilt werden können ([Ver08] S.26), kommt bei IT-Projekten die zusätzliche Phase des Testens hinzu. Ihr kommt insofern eine wichtige Rolle zu, als dass ohne erfolgreich verlaufene Tests unter Einbindung des Kunden kein IT-Produkt übergeben werden sollte ([Tie10a] S.13f). Hoher Grad internationaler Verteilung: Bereits in den frühen 1990er Jahren begannen Unternehmen, einen Teil der IT-Entwicklung und -Wartung sowie Serviceleistungen aus strategischen Gründen ins Ausland zu verlagern. Besonders beliebt dabei waren Entwicklungsländer mit ausreichender Anzahl gut ausgebildeter Spezialisten, wie z.b. Indien und China aber auch Irland und Mexiko. Personalkostenersparnis und andere Anreize der Gastländer waren (und sind) dabei ausschlaggebend ([McK09] S.218; [Str11] S.4). Im Bereich der Softwareentwicklung sind auch heute noch einige Länder für ihr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bekannt und werden daher für extern durchgeführte IT-Projekte gerne hinzugezogen. Infolge dieser weiteren Verlagerung von IT-Aufgaben ins Ausland, der fortschreitenden technologischen Entwicklung der Auftragnehmer und der technischen Möglichkeiten zum gemeinsamen virtuellen Arbeiten sind heute Projektteams im IT-Bereich vielfach geograsch weit verteilt. Aufgrund dieser und einiger anderer Merkmale hat sich das IT-Projektmanagement als Sonderform des Projektmanagements entwickelt. Es ist gekennzeichnet durch eine kontinuierliche Kommunikation mit dem Auftraggeber des IT-Projektes und durch kleine Meilensteine, die dem Kunden im Entwicklungsprozess vorgelegt werden, um den Projekterfolg sicher zu stellen. So bindet zum Beispiel das agile Projektmanagement den Kunden möglichst konstant in den Entwicklungsprozess mit ein ([Eck10] S.75f). Nach Mangold ([Man09] S.24) ist ein (IT-)Projekt ein kontinuierlicher Dialog zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber, der zur Erreichung der gewünschten Ergebnisse führt. Mangold geht sogar so weit zu postulieren, dass: nur wenn ein solcher Dialog zustande kommt,.. ein Projekt auch wirklich erfolgreich durchgeführt werden [kann]. ([Man09] S.24). Die Quelle für IT- Projekte kann verschiedenen Ursprungs sein. So werden Wartungsanforderungen oder Änderungswünsche bestehender Software genannt ([Han09] S.343), rechtliche Vorgaben oder strategische Ziele der Unternehmensführung in Bezug auf Software, Hardware oder Infrastruktur ([Tie10a] S.2f).

2 IT-PROJEKTE UND INTERNATIONALE TEAMS 4 2.2 Internationale Teams Projektteams sind das ausführende Organ in einem Projekt. Damit kommt ihnen eine tragende Rolle im Projektverlauf zu. Wie wichtig Teams sind zeigt auch, dass das PMI dem Personalmanagement ein eigenes Wissensgebiet widmet. Es gibt verschiedene Ansätze in Bezug auf die Zusammensetzung von Projektteams. Je nach Gröÿe und Komplexität des Projektes macht es unter Umständen Sinn, mehrere Projektgruppen nach Bedarf einem sogenannten Kern-Projektteam hinzuzufügen ([Tie10b] S.606). Auch bei der Auswahl gibt es verschiedene Ansätze. So kann entweder der Projektleiter selbst entscheiden, wer an seinem Projekt mitarbeitet, oder es wird von einem Personalverantwortlichen der Mitarbeiter mit der besten Eignung einer Position zugeteilt. Da Projekte per Denition ein einmaliges Unterfangen sind, kommt es vor, dass die Mitglieder eines Teams in der gegebenen Zusammensetzung noch nie miteinander gearbeitet haben. Projektgruppen werden nach Verzuh ([Ver08] S.254) daher mit zwei Schwierigkeiten konfrontiert: 1. Projektteams sollen komplexe Probleme lösen, können dies aber nur gemeinsam. 2. Projektteams bestehen zeitlich begrenzt, daher müssen sie zunächst lernen zusammenzuarbeiten. Erst wenn ein Team gelernt hat, mit Spaÿ gemeinsam die gesteckten Ziele zu erreichen, kann die Produktivität des Teams gröÿer sein als die Summe der Produktivität der einzelnen Teammitglieder. Ein schwaches oder sich unkooperativ verhaltendes Team ist meist nicht nur unproduktiv oder langsam, sondern kann ein ganzes Projekt zum Scheitern bringen ([Ver08] S.253f). Aufgrund des hohen Grades an internationaler Verteilung von IT-Projekten arbeiten IT-Projektteams häug in sogenannten verteilten oder auch virtuellen Teams, wobei mindestens ein Teammitglied räumlich von den anderen getrennt agiert. Viele IT-Projektteams sind dabei über zwei oder mehr Länder verteilt. Werden ganze Projekte oder Teile von IT-Projekten ins Ausland verlagert, wachsen die Anforderungen an das Projektmanagement. Nach Blaha ist die einzige reale Möglichkeit die der Projektleiter zur Mitarbeiterführung hat, die häuge Präsenz an allen Standorten ([Bla09] S.310). Die Kommunikation von Plänen, Aufgaben und Statusberichten rückt in den Hintergrund. Wird eine erhöhte Reisetätigkeit des projektverantwortlichen Managers im Projektverlauf unerwartet notwendig, kann dies deutlich erhöhte Kosten bedeuten. Infolge des magischen Dreiecks aus Kosten, Zeit und Zielen gehen solche nicht kalkulierten Ausgaben zu Lasten des Projektumfangs oder führen im schlimmsten Fall zum Abbruch des Projektes.

3 PROBLEMFELDER 5 3 Problemfelder Tiemeyer ([Tie10a] S.5f) identiziert eine lange Liste an Problemen, die im IT- Projektmanagement auftreten können. Diese Probleme sind gröÿten Teils fachlicher oder methodischer Natur. In internationalen IT-Projekten kommen zu den technisch heterogenen Anforderungen die kulturelle Vielfalt und (Sub-) kulturspezische Arbeitsweisen hinzu. Während Unterschiede in fachlichem Wissen oder Arbeitsweisen oftmals der Grund dafür sind, IT-Projekte international zu verteilen, wird die kulturelle Komponente weniger berücksichtigt. Die Mitarbeiter in Projektteams sind meist Fachspezialisten und werden insbesondere in herausfordernden Situationen auf bewährte Verhaltens- und Arbeitsmuster zurückgreifen. Damit hier keine unnötigen Konikte entstehen, liegt es in der Verantwortung des Projektleiters, derartige Situationen zu erkennen und ihnen entgegen zu wirken. Dazu sollten das Bewusstsein kultureller Unterschiede und der Einsatz passender Kommunikationswege im Fokus stehen. Ein Unternehmen, das Vorteile aus der internationalen Verteilung eines IT-Projektes ziehen möchte, aber nicht genügend auf die damit verbundenen Risiken 1 vorbereitet ist, wird unter Umständen sein Projekt weit weniger erfolgreich verlaufen sehen als erhot ([McK09] S.222; [Str11] S.5). 3.1 (Arbeits-) Kultur Kultur ist ein weitgefasster Begri. Hofstede ([Hof10] S.6) deniert Kultur wie folgt: [Culture].. is the collective programming of the mind that distinguishes the members of one group or category of people from others. Unter Kultur versteht Hofstede also zunächst einmal die Werte und Gebräuche einer Gruppierung. Diese Denition kann in vielen Bereichen für die Betrachtung von kulturellen Unterschieden herangezogen und auch für Subkulturen, wie zum Beispiel Projektteams, genutzt werden. Daher soll sie im Folgenden zur Erläuterung von kulturellen Unterschieden verwendet werden. Lernen sich Projektmitglieder erst zum Start eines Projektes kennen, gibt es nur vier Merkmale, die innerhalb der ersten Minuten richtig eingeordnet werden können: die Hautfarbe, das Geschlecht, das Alter und die Sprache (vgl. [Sac09] S.10f). Was man einem Menschen nicht ansieht ist der Kulturkreis aus dem er oder sie stammt. Hofstede identizierte fünf Kulturdimensionen in Bezug auf nationale Wertesysteme: 1 Mehraufwand an Kommunikation, versteckte Kosten, Kontrollverlust, etc. ([McK09] S.223f.)

3 PROBLEMFELDER 6 Power Distance Index Machtdistanz (PDI) Masculinity vs. Femininity Männlichkeit oder Weiblichkeit (MAS) Individualism Individualismus oder Kollektivismus (IDV) Uncertainty Avoidance Index Unsicherheitsvermeidung (UAI) Long Term Orientation Lang- oder kurzfristige Ausrichtung (LTO) (zitiert nach [Hub09] S.121). Vergleiche aufgrund dieser Dimensionen sind völlig wertfrei, weil sie ausschlieÿlich Unterschiede zwischen Kulturen aufzeigen. Der Vorteil davon ist, dass Vorurteile nicht bestätigt werden, sondern ein Bewusstsein für mögliche Spannungsfelder entsteht. Die Homepage von Hofstede ([Hof12]) bietet die Möglichkeit, verschiedene Länder in Bezug auf ihre Ausprägung in den fünf Dimensionen zu vergleichen. Für jede Dimension wurden Werte von 0 (trit nicht zu) bis 100 (trit voll zu) vergeben. Abbildung 1 zeigt einen Vergleich zwischen Deutschland und Indien. Es zeigt sich, Abbildung 1: Deutschland und Indien im Vergleich (Quelle: Entnommen von www.hofstede.com [Hof12]) dass sich Inder im Allgemeinen sehr viel stärker an Hierarchien orientieren und deutlich stärker an langfristigen Zielen interessiert sind. Dagegen sind Deutsche mehr an Individualität interessiert und scheuen eine unsichere Zukunft. Arbeiten nun Vertreter dieser unterschiedlichen Kulturen gemeinsam an einem Projekt,

3 PROBLEMFELDER 7 kann es zu Konikten in der Zusammenarbeit und der Verfehlung von Zielen führen. Zum Beispiel könnten die Deutschen auf detaillierten Arbeitsplänen und Risikobetrachtungen bestehen, während die Inder diese für Zeitverschwendung halten, nach dem Motto: Solange ein Problem nicht besteht, brauche ich mich auch nicht darum kümmern. Derartige Gegenüberstellungen können eine erste Orientierung geben oder bei aufkeimendem Zweifel an der Arbeit eines anderen zu Rate gezogen werden. Sie können jedoch keine ernsthafte Auseinandersetzung mit einer anderen Kultur ersetzen. Je höher dazu der Kontextbezug einer Kultur ist, umso schwerer wird es, gültige Aussagen abzuleiten. Auf Firmenebene, die sich an den konkreten Erwartungen und Praxen von Mitarbeitern in ihrem Unternehmen orientiert, ermittelt Hofstede die folgenden sechs Dimensionen ([Hof10] S.353.): Process oriented versus results oriented Prozess- oder Ergebnisorientierung Employee oriented versus job oriented Mitarbeiter- oder Arbeitsorientierung Parochial versus professional Gemeinschafts- oder Expertenorientierung Open system versus closed system oene oder geschlossene Systeme Loose versus tight control lockere oder strenge Kontrolle Normative versus pragmatic normativ oder pragmatisch. Auch wenn sich Parallelen zu den Dimensionen nationaler Kulturen erkennen lassen, spielen die Branche, die Unternehmensstruktur und die Zusammensetzung der Mitarbeiter eine ausgeprägte Rolle ([Hof10] S.358). Welchen unterschiedlichen Kulturen ein Projektmitarbeiter angehören kann, verdeutlicht Abbildung 2 nach Sackmann ([Sac09] S.9). Ein Mitarbeiter wird immer von der Kultur seiner Firma und den weiteren Kulturzonen beeinusst sein. Der Einuss der Firmenkultur variiert jedoch mit der Organisationseinheit, mit den Projekten und der Funktion in denen ein Mitarbeiter arbeitet, den Hierarchien der Firma sowie der Länge der Firmenzugehörigkeit. Subkulturen bilden sich in der Arbeitswelt zusätzlich aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit und Arbeitsgebiet. Wird an einem internationalen Projekt gearbeitet, bilden sich in oder am Rand der hauptsächlich am Projekt beteiligten Firma Subkulturen, in denen die Mitarbeiter ihren Platz und ihre Arbeitsweise gemeinsam nden müssen. Je komplexer und weitgreifender ein Projekt ist, umso wünschenswerter kann es sein, Vertreter verschiedener Fachbereiche und Kulturen daran zu beteiligen. Wird das Projekt jedoch nicht gemäÿ seiner kulturellen Komplexität gesteuert, läuft es Gefahr, an dieser Vielfalt zu zerbrechen oder nur suboptimale Ergebnisse zu erzielen ([Sac09] S.9).

3 PROBLEMFELDER 8 Abbildung 2: Potenzielle Kulturvielfalt in Projektteams (Quelle: Entnommen aus [Sac09] S.9) 3.2 Sprache und Kommunikation Auch wenn unterschiedliche Sprachen in internationalen Teams als mögliches Hindernis auf den ersten Blick erkannt werden, scheinen sie als Problem oft unterschätzt zu werden. In internationalen Teams wird meistens das Englische stillschweigend als gemeinsame Sprache vorausgesetzt. Gröÿtes Hindernis kann hier das Stillschweigen sein. Spricht zum Beispiel ein Mitglied kein Englisch oder beherrscht die Sprache nur sehr grundlegend, und wird dieser Umstand nicht von Anfang an deutlich gemacht, kann es zu unschönen Überraschungen kommen. Hierzu zwei Beispiele aus der Praxis: In einem Fall stellte sich erst nach mehreren Monaten heraus, dass der hauptverantwortliche Programmierer einer Software kaum Englisch sprach. Erst als die Situation eskalierte und der Auftraggeber des Projektes umgehend eine telefonische Stellungnahme des Programmierers verlangte, stellte sich heraus, dass Kommunikation ohne Dritte nahezu unmöglich war. Plötzlich wurde klar, warum ein langjähriger Programmierer selbst bei einfachen technischen Fragen und Diskussionen mehrmals (schriftlich) nachfragen musste und dennoch am Ende nicht die Anforderungen erfüllte: die E-Mails des übrigen Entwicklerteams wurden nicht richtig verstanden. In einem anderen Fall besprachen deutsche Auftraggeber eine Software- Spezikation mit dem Entwicklerteam einer japanischen Softwarerma. Am

3 PROBLEMFELDER 9 Flipchart kreuzte der deutsche Mitarbeiter abschlieÿend die zwei Funktionen an, welche schnellstmöglich umgesetzt werden sollten. Die Japaner fragten wiederholt nach, welches nun die wichtigsten Funktionen seien und machten sich einige Notizen. Drei Wochen später wurde die erste Demo-Version der Software geliefert. Es waren bereits alle Funktionen umgesetzt, nur die zwei wichtigen Hauptfunktionen fehlten gänzlich. Der Ärger der Auftraggeber war groÿ und der Leiter des japanischen Entwicklerteams wurde zur Krisensitzung gebeten. Auch nach eindringlichen Fragen konnte aus deutscher Sicht nicht geklärt werden, warum die Anforderungen an die Software zuerst derart verfehlt wurden. Hätten die deutschen Auftraggeber gewusst, dass Ankreuzen für Japaner so viel bedeutet wie das nicht! und wären die Japaner in ihrer Kommunikationsweise weniger defensiv, hätte das Missverständnis vermieden oder rechtzeitig aufgedeckt werden können. Sprache kann also nicht nur verbal, sondern auch schriftlich oder non-verbal auftauchen. Jede einzelne Form der Sprache birgt ihre eigenen Schwierigkeiten, die von Managern und Mitarbeitern in internationalen Projekten erkannt und bewältigt werden müssen. Neben der wörtlichen Sprache und dem kulturellen Hintergrund stellt somit auch die tägliche Kommunikation eine Hürde zum Projekterfolg dar. Obwohl oder gerade weil Informationen in der IT-Projektarbeit jederzeit zur Verfügung stehen, ist es besonders wichtig, diese den Projektmitarbeitern in geeigneter Form zur Verfügung zu stellen. Bei internationalen Teams kommt hinzu, dass die Mitglieder nicht nur räumlich voneinander getrennt arbeiten, sondern auch in unterschiedlichen Zeitzonen. Die räumliche und zeitliche Trennung erfordert dann besondere Kommunikationsformen ([McK09] S.189f).

4 IDEEN UND ANSÄTZE 10 4 Ideen und Ansätze Die Ideen und Ansätze, die ein internationales Team zum Projekterfolg führen können, sind vermutlich genauso zahlreich und unterschiedlich, wie die Teams selbst. Dennoch gibt es einige Aspekte, die besondere Beachtung im internationalen IT- Projektmanagement verdienen. 4.1 Teambildung Laut Verzuh liegt es in der Verantwortung des Projektmanagers, für die optimale Leistung seines Projektteams zu sorgen ([Ver08] S.253). Bei Projekten gibt es häug eine sogenannte Kick-o-Veranstaltung, bei der die am Projekt Beteiligten gemeinsam Ziele, Prozesse und Arbeitsteilung besprechen. Hat eine Projektgruppe in der aktuellen Zusammensetzung noch nicht miteinander gearbeitet, greifen die verschiedenen Stufen der Teamentwicklung nach Tuckmann ([Sac09] S.11; [Hub09] S.123; [Ver08] S.262f; [Tie10b] S.611): 1. Forming sich kennen lernen 2. Storming (kontroverse) Diskussionen über Ziele, Standpunkte, Persönlichkeiten, Gewohnheiten,... 3. Norming festlegen von Verhaltensregeln und Normen, potentielle Entwicklung des Wir-Gefühls. 4. Performing gemeinsam arbeiten als Team. 5. Adjourning Abschluss, Abschied und Auösung. Erst wenn die neu zusammengestellte Gruppe die ersten drei Phasen durchlaufen hat, kann sie ezient als Team zusammenarbeiten. Besonders für ein verteilt arbeitendes Team bleibt wenig Zeit zur Teambildung. Es ist daher wichtig, dass der Projektleiter aktiv den Entwicklungsprozess steuert. Gerade am Anfang sollte er das Team anleiten eine gemeinsame Basis zu nden, bei der Erstellung von Regeln und Normen mitwirken und seinen Platz als Führungsperson gegenüber dem Projektteam durchsetzen ([Ver08] S.270). Nach Blaha muss diese Führung vor Ort bei den Mitarbeitern stattnden, damit sie sichtbar, fühlbar, direkt und umsetzbar ist ([Bla09] S.310). Schat es der Projektleiter zu Anfang, aus den Mitarbeitern ein echtes Team zu machen, in dem Qualität Kult ist und oene Kommunikation zwischen allen gelebt wird, hat er es im Folgenden leichter, die gesetzten Ziele zu erreichen ([Tie10b] S.619). Damit das in der ersten Phase aufgebaute Vertrauen auch in einem verteilt arbeitenden Team auf Dauer erhalten

4 IDEEN UND ANSÄTZE 11 bleibt, sind regelmäÿige Teamsitzungen oder Telefon- und Videokonferenzen notwendig ([Sch04] S.158). Während der gesamten Zeitspanne des Projektes sind ein optimales Beziehungsmanagement zwischen allen Beteiligten des Projektes sowie ein angemessener Informationsaustausch unerlässlich ([Tie10b] S.614). Hierzu zählen nicht nur die eigentlichen Projektmitarbeiter, sondern genauso die Auftraggeber, Fachabteilungen und andere vom Projekt direkt oder indirekt betroenen Parteien ([Tie10b] S.619). 4.2 Eektive Kommunikation Es ist Aufgabe des Projektleiters, dafür zu sorgen, dass alle Projektmitarbeiter möglichst zu jeder Zeit auf dem gleichen Informationsstand sind. Bei IT-Projekten kommt einer kontinuierlichen Kommunikation insofern eine besondere Rolle zu, als dass sich Projektanforderungen, das grundlegende Knowhow oder die technischen Möglichkeiten im Projektverlauf ändern können ([Bau10] S.563f). Daher sollte der Projektleiter klare Regeln zur Verwendung von Kommunikationstechniken gemeinsam mit den Mitarbeitern festlegen. Dadurch wird sichergestellt, dass den unterschiedlichen Kommunikationsbedürfnissen von Mitarbeitern verschiedener Kulturregionen angemessen Rechnung getragen wird. Durch diese Regulierung der Informationsüsse können die ausgetauschten Informationen kanalisiert und eine Informationskultur im Team etabliert werden ([Bau10] S.574). Eine Übersicht zu möglichen Kommunikationsmitteln je nach Teamsituation gibt die Abbildung 3 nach McKeen ([McK09] S.189). Abbildung 3: Kommunikation bei räumlicher/ zeitlicher Trennung (Quelle: Entnommen aus [McK09] S.189)

4 IDEEN UND ANSÄTZE 12 Es sollte in der täglichen Projektarbeit auf eine angemessene Mischung aus synchroner und asynchroner Kommunikation geachtet werden, die sich an der Wichtigkeit der Informationen orientiert. Je wichtiger Informationen sind, umso eher sollte man eine synchrone Kommunikationsform wählen ([Tie10b] S.636). Zusätzlich zu den etablierten Kommunikationswegen, wie zum Beispiel E-Mail, Dateiserver, Telefon oder Projektmanagement-Software 2, kann es interessant sein, ein kulturneutrales Glossar anzulegen und für alle zugänglich zu halten ([Bla09] S.305). In diesem Glossar werden Begrie und Prozesse gemeinsam verbindlich festgelegt. Es ist sinnvoll, eine solche Sammlung grundlegender Normen für ein internationales Team in mehreren Sprachen zu führen, um den Teammitgliedern diese wichtigen Informationen in ihrer Muttersprache zur Verfügung zu stellen. 4.3 Interkulturelles Training Interkulturelle Kompetenz lässt sich bis zu einem gewissen Grad lernen. Das Erlernen erfolgt in drei Stufen: 1. Bewusstsein 2. Wissen 3. Praktische Anwendung ([Hof10] S.419). Hofstede erläutert, dass in einem interkulturellen Training zunächst ein Bewusstsein für kulturelle Besonderheiten und Unterschiede geweckt werden soll. Je nachdem, ob die Arbeit mit Mitarbeitern eines konkreten Kulturkreises angestrebt wird oder nicht, kann sich diese Phase nur mit den eigenen kulturellen Besonderheiten oder aber auch mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zweier Kulturen befassen. Ziel ist es, den Teilnehmern eine Sicht von auÿen auf ihre eigene Kultur zu vermitteln und ihnen beizubringen, Stereotype einzuschätzen. Im nächsten Schritt wird das notwendige grundlegende Wissen über die andere Kultur vermittelt, die Werte und Rituale, ihre Symbole 3, ihre Helden 4, ihre Religion und Weltanschauung. Auch wenn die Werte nicht geteilt werden, erhält man immerhin einen Einblick in die Hintergründe der anderen Kultur. In der letzten Stufe werden die beiden vorhergehenden Stufen, Bewusstsein und Wissen, vereint und eingeübt. Die Rituale der anderen Kultur werden gelebt, die 2 Projektmanagement-Software oder Group Decision Support System (GDSS) ist eine Multi- User Software zur Unterstützung von Teams. 3 Worte, Bilder, Gesten oder Gegenstände mit bestimmter Bedeutung in einer Kultur 4 Persönlichkeiten mit Charaktereigenschaften, die als vorbildlich und erstrebenswert gelten

4 IDEEN UND ANSÄTZE 13 Symbole verwendet und die Vor- und Nachteile am eigenen Leib erfahren und verstanden. Auf dieser Stufe spielt auch das Erlernen der Sprache eine groÿe Rolle. Dieser Schritt braucht viel Zeit und lässt sich in einem interkulturellen Training kaum erreichen. Insbesondere das Erlernen der fremden Sprache bis zu einem arbeitsfähigen Level ist nur in intensiven Kursen über mehrere Monate hinweg möglich ([Hof10] S.419). Eine häuge Übung in interkulturellen Schulungen sind sogenannte ernste Spiele. Dabei geht es darum, sich in die andere Kultur hinein zu versetzten und möglichst viele denkbare Missverständnisse und Fehlverhalten zu erkennen und auszuprobieren. Wolfram ([Wol09] S.229) beschreibt, wie diese ernsten Spiele zwar in der Übungssituation aufschlussreich sein können, aber nicht unbedingt auf den tatsächlichen Projektalltag Einuss haben müssen. In einem interkulturellen Training sind die Teilnehmer darauf vorbereitet, dass etwas nicht so funktioniert wie sie es gewohnt sind. Sie erwarten das Fettnäpfchen und schämen sich nicht, es in einer praktischen Übung zielgenau zu treen. Ganz anders sieht es aus, wenn in einem Projekt tatsächlich gearbeitet wird. Wenn Leistungsdruck, Abgabetermine und vorgezogene Besprechungen den Alltag bestimmen und der Wahrnehmungsfokus nicht mehr auf die Kultur der anderen gerichtet ist, sondern auf das Arbeitsziel. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle Beteiligten insbesondere in stressigen Situationen in ihre alten Rollen inklusive der damit verbundenen Erwartungen, Meinungen, Ansichten und Handlungsmerkmale verfallen, ist groÿ ([Sac09] S.9). Dann ist es plötzlich nicht mehr so leicht, mit einem Kopfnicken anzuerkennen, dass der andere nun mal anders denkt und handelt, sondern es wird zur zusätzlichen Störquelle bei der Arbeit und kann im schlimmsten Fall zur Eskalation zwischen den Teammitgliedern führen. Genauso wird leicht vergessen, dass nicht nur derjenige, der ins Ausland geht oder der als Externer in einem Projekt arbeitet mit einer anderen (Arbeits-)Kultur konfrontiert wird, sondern dass das gleichermaÿen auf die einheimischen Mitarbeiter zutrit. Wird diesen kein interkulturelles Training angeboten, sind sie häug mit der gegebenen Situation überfordert und können den Neuen nicht unterstützen und die Arbeit für alle Seiten nicht gewinnbringend voranbringen ([Hof10] S.421). Werden also interkulturelle Schulungen nur zu Anfang eines Projektes oder nur für einen Teil der am Projekt beteiligten Personen durchgeführt, bleibt der positive Eekt eines solchen Trainings nicht unbedingt dauerhaft erhalten. 4.4 Auslandsaufenthalte Schon bei der Einstellung neuer Mitarbeiter achten Personalverantwortliche internationaler Firmen darauf, ob Ausbildungs- oder Arbeitszeiten im Ausland verbracht wurden. Handelt es sich um eine Firma mit Hauptsitz im Ausland, sind oft

4 IDEEN UND ANSÄTZE 14 neben dem Englischen als Arbeitssprache auch Kenntnisse der Firmensprache im Stammland erwünscht. Auslandsaufenthalte fördern zudem nicht nur die Sprachkenntnisse, sondern gehen meist mit dem Erlernen und Erleben der anderen Kultur einher. Für ein Projekt ins Ausland geschickt zu werden, bedeutet für Mitarbeiter jedoch oft überdurchschnittliche Anstrengung. Neben dem Arbeiten in neuen und unbekannten Strukturen, mit zum Teil fremden Kollegen, kommt erschwerend hinzu, dass auch der Alltag neu und ungewohnt ist. Der Stress, der durch die Fremdheit im Ausland erlebt wird, muss vom Mitarbeiter (und gegebenenfalls von seinen Angehörigen) verarbeitet und bewältigt werden. In diesem Zusammenhang hat eine kanadische Studie drei Faktoren für erfolgreichen Wissenstransfer und Projektarbeit über Ländergrenzen hinweg herausgefunden ([Hof10] S.418f.): 1. Interkulturelle Interaktion und Training in Bezug auf Beteiligung an örtlicher Kultur und Leben, sowie dem Transfer von Qualikation. 2. Beruiche Eektivität in Bezug auf die tägliche Arbeit, die Aufgaben und Verantwortlichkeiten. 3. Persönliche und familiäre Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten und eine grundlegende Zufriedenheit mit dem Leben im Ausland. Während in der Studie die Eigenschaften 2 und 3 von im Ausland lebenden Mitarbeitern im Allgemeinen erfüllt wurden, war die für den tatsächlichen Wissenstransfer wichtige erste Eigenschaft unterrepräsentiert. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit ausländischen Teammitgliedern kann also nur erfolgen, wenn sowohl fachliche als auch kulturelle Aspekte in die Betrachtung mit einbezogen werden ([Hof10] S.419).

5 FAZIT 15 5 Fazit Dass der fachlichen Kompetenz zur Erfüllung der Projektanforderungen eine zentrale Rolle zukommt, dürfte hinreichend bekannt sein. Daher werden gerade im IT-Bereich internationale Projektmitarbeiter aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz und Erfahrung in ein Projekt berufen. Genauso ist von den Projektleitern anzunehmen, dass sie die Grundlagen des Projektmanagements beherrschen und anwenden können. Es hat sich jedoch gezeigt, dass mehr nötig ist als die Beherrschung der Grundlagen, da viele fachfremde Stolpersteine auf dem Weg zum Projekterfolg internationaler IT-Projekte liegen können. Aber genauso wenig, wie der Projektleiter im Detail das erforderliche Fachwissen zur Umsetzung der Projektziele haben muss, kann von ihm oder dem Projektteam erwartet werden, dass alle Sprachen, kulturspezischen Werte und Normen aller Teammitglieder von allen beherrscht werden. Umso wichtiger ist es, dass sich zumindest der Projektleiter der möglichen Unterschiede und Fallstricke bewusst ist. Ein vorbereitendes interkulturelles Training vor einer Entsendung ins Ausland sowie der Stammbesetzung kann genauso sinnvoll sein wie ein wiederholt stattndendes Treen und Diskutieren aller während des Projektes. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Spannungsfeld aus fachlich höchsten Anforderungen und breitgefächerten sozialen sowie kulturellen Besonderheiten eine Herausforderung für jeden Leiter eines internationalen IT-Projektes darstellen dürfte. Es ist daher wichtig, dass in der Projektarbeit eine oene und neugierige Kommunikation der Teammitglieder gepegt wird, ein Regelwerk erarbeitet wird, das die vertretenen Bedürfnisse berücksichtigt und eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem magischen Viereck aus Zielen, Zeit, Budget und Kultur erlangt wird.

LITERATUR 16 Literatur [Bau10] Bauer, Nikolai; Jens Hauptmann: Informations- und Wissensmanagement im IT-Projekt. In: Ernst Tiemeyer (Hrsg.), Handbuch IT- Projektmanagement, S.561-587. Carl Hanser Verlag, München 2010 [Bla09] Blaha, Jaroslav: Globale IT-Groÿprojekte - Kultur als kritischer Erfolgsfaktor. In: Karl-Heinz Dorn, Martin Engstler, C.J. Fitzsimons, Gerrit Kerber, Klaus Wagenhals und Reinhard Wagner (Hrsg.), Projekte als Kulturerlebnis: Beiträge zur Konferenz interpm; S.301-311. dpunkt-verlag, Heidelberg 2009 [Dar10] Darnall, Russell and John M. Preston: Project Management from Simple to Complex. Flat World Knowledge 2010, URL: http://catalog.atworldknowledge.com/catalog/editions/25, Abruf am: 19.März 2012 [Eck10] Eckkrammer, Tobias, Florian Eckkrammer und Helmut Gollner: Agiles IT-Projektmanagement im Überblick. In: Ernst Tiemeyer (Hrsg.), Handbuch IT-Projektmanagement; S.73-112. Carl Hanser Verlag, München 2010 [Han09] Hansen, Hans Robert und Gustaf Neumann: Wirtschaftsinformatik 1., Grundlagen und Anwendungen. 10.Au. Bea, F.X. und Marcel Schweitzer (Hrsg.); Lucius und Lucius, Stuttgart 2009 [Hof10] Hofstede, Geert H., Gert J. Hofstede and Michael Minkov: Cultures and Organizations: Software of the mind: Intercultural cooperation and its importance for survival. MacGraw Hill, 3rd edition, 2010 [Hof12] Hofstede, Geert H.: homepage, URL: www.geert-hofstede.com, Abruf am: 19.März 2012 [Hub09] Huber, Eberhard und Cleo Becker: Entstehung von Projekt- und Teamkultur. In: Karl-Heinz Dorn, Martin Engstler, C.J. Fitzsimons, Gerrit Kerber, Klaus Wagenhals und Reinhard Wagner (Hrsg.), Projekte als Kulturerlebnis: Beiträge zur Konferenz interpm; S.119-128. dpunkt-verlag, Heidelberg 2009 [Man09] Mangold, Pascal: IT-Projektmanagement Kompakt. 3. Au. 2009, Korr. Nachdruck 2011; Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2011 [McK09] McKeen, James D. und Heather Smith: IT Strategy in Action. Prentice Hall PTR, New Jersey 2009

LITERATUR 17 [Sac09] Sackmann, Sonja A.: Kulturdynamik in der Projektarbeit. In: Karl-Heinz Dorn, Martin Engstler, C.J. Fitzsimons, Gerrit Kerber, Klaus Wagenhals und Reinhard Wagner (Hrsg.), Projekte als Kulturerlebnis: Beiträge zur Konferenz interpm; S.1-16. dpunkt-verlag, Heidelberg 2009 [Sch04] Schoper, Yvonne-Gabriele: Führung in Projekten. In: Hans-Erland Homann, Yvonne-Gabriele Schoper und Conor John Fitzsimons (Hrsg.), Internationales Projektmanagement. Interkulturelle Zusammenarbeit in der Praxis; S.129-165. dtv, München 2004 [Str11] Strasser, Artur, Lars Baumann und Andreas Daum: IT-Oshoring von Deutschland nach Indien. Ergebnisse einer Studie des Competence Center for Project Management (CCPM) der Fachhochschule Hannover unterstützt von der GPM e.v. und Hannover IT e.v., 2011 URL: http://www.gpm-ipma.de/leadmin/user_upload/know- How/studien/Ergebnisse_IT-Oshoring_Summary.pdf, Abruf am: 19.März 2012 [Tie10a] Tiemeyer, Ernst: IT-Projekte erfolgreich managen - Handlungsbereiche und Prozesse. In: Ernst Tiemeyer (Hrsg.), Handbuch IT- Projektmanagement; S.1-37. Carl Hanser Verlag, München 2010 [Tie10b] Tiemeyer, Ernst: IT-Projektteams - Team-Entwicklung und Führung. In: Ernst Tiemeyer (Hrsg.), Handbuch IT-Projektmanagement; S.605-633. Carl Hanser Verlag, München 2010 [Ver08] Verzuh, Eric: The Fast Forward MBA in Project Management. Wiley J., New York, NY 2008 [Wol09] Wolfram, Gernot: Kann man Kulturverständnis trainieren? In: Karl-Heinz Dorn, Martin Engstler, C.J. Fitzsimons, Gerrit Kerber, Klaus Wagenhals und Reinhard Wagner (Hrsg.), Projekte als Kulturerlebnis: Beiträge zur Konferenz interpm; S.227-235. dpunkt-verlag, Heidelberg 2009