Kapitel 4. Projektbeschreibung GER

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Transkript:

Kapitel 4 Projektbeschreibung

Inhaltsverzeichnis Seite 4 Projektbeschreibung 101 4.1 Einführung 101 4.1.1 Umfang der Projektaktivitäten 101 4.1.2 Projektüberblick 103 4.1.3 Zeitplan Planung und Ausführung 105 4.2 Pipelineroute 109 4.2.1 Entwicklung der Pipelineroute 109 4.2.2 Details zur Pipelineroute 110 4.2.3 Pipelineroute in Russland 115 4.2.4 Pipelineroute in Finnland 116 4.2.5 Pipelineroute in Schweden 117 4.2.6 Pipelineroute in Dänemark 118 4.2.7 Pipelineroute in Deutschland 119 4.3 Detailliertes Design 120 4.3.1 Technischer Entwurf 120 4.3.2 Materialdesign und Korrosionsschutz der Pipeline 122 4.4 Logistik 134 4.4.1 Logistikkonzept 134 4.4.2 Transport der Pipelinerohre und Beschichtungsmaterialien zu den Betonummantelungsanlagen 135 4.4.3 Betonummantelungsanlagen und Zwischenlager 137 4.4.4 Offshore-Rohrlieferung 140 4.4.5 Transport von Steinschüttungsmaterial 143 4.5 Bau 144 4.5.1 Trassenoptimierung durch ingenieurtechnische Trassenvermessungen und - untersuchungen 145 4.5.2 Korrekturmaßnahmen am Meeresboden 152 4.5.3 Kreuzung von Infrastruktur (Kabel und Pipelines) 177 4.5.4 Verlegeprozesse, Schiffe und Ausrüstung 183 4.5.5 Tie-ins (Verbindungen) 194 4.5.6 Anlandungsstellen 199 4.6 Vorbetrieb 221 4.6.1 Fluten, Reinigen und Messen 222 4.6.2 Systemdrucktests und Unterwasser-Verbindungen 224 4.6.3 Entwässern Ablassen von Drucktestwasser 225 4.6.4 Trocknung 226 4.7 Inbetriebnahme 226 4.8 Betriebskonzept 227 4.8.1 Haupteinrichtungen des Pipelinesystems 228 4.8.2 Segmentierter Auslegungsdruck der Pipeline 228 4.8.3 Pipelinesteuerungssystem 230 4.8.4 Normaler Pipelinebetrieb 234 4.8.5 Transport 235 4.8.6 Wartungsarbeiten 235 4.8.7 Ingenieurarbeiten 237 4.8.8 Mitarbeiterbesetzung 238 4.9 Außerbetriebnahme 239 4.10 Referenzliste 240

101 4 Projektbeschreibung 4.1 Einführung Dieses Kapitel hat zum Ziel, eine hinreichend detaillierte Beschreibung des Nord Stream- Projekts zu geben, damit der Umfang und das Ausmaß des Projekts verständlich und die Ursachen aller potenzieller Beeinträchtigungen, auch grenzüberschreitende Auswirkungen, aufgezeigt werden. 4.1.1 Umfang der Projektaktivitäten Abbildung 4.1 zeigt die Projektaktivitäten, auf die sich der Espoo UVP-Bericht bezieht. Dabei wird unterschieden zwischen Nord Stream-Projektaktivitäten, die (1) vom UVP-Bericht abgedeckt sind, die (2) zwar mit der UVP verbunden sind, jedoch nicht innerhalb dieses UVP- Berichts bewertet werden, und die (3) nicht Bestandteil des Untersuchungsrahmens dieses UVP-Berichts sind. Im Allgemeinen umfasst der Espoo UVP-Bericht alle Projektaktivitäten, die im Offshore-Bereich der Ursprungsländer stattfinden, sowie die Aktivitäten, die mit den Landanschlüssen der Pipelines verbunden sind. Die Fußnoten zu Abbildung 4.1 erläutern, warum bestimmte projektbezogene Aktivitäten zum augenblicklichen Zeitpunkt nicht bewertet werden. Es ist jedoch zu beachten, dass einige dieser Aktivitäten in der Beschreibung des vorgeschlagenen Nord Stream-Projekts in diesem Kapitel der Vollständigkeit halber erwähnt werden, auch wenn danach in diesem Bericht nicht weiter auf sie eingegangen wird.

Abbildung 4.1 Im Espoo UVP-Bericht bewertete Projektaktivitäten 102

103 4.1.2 Projektüberblick Die Nord Stream-Pipeline beginnt in der Bucht von Portovaya in der Nähe von Wyborg an der russischen Ostseeküste und verläuft durch den finnischen Meerbusen und die Ostsee nach Lubmin bei Greifswald an der nördlichen Ostseeküste Deutschlands. Die Route der Nord Stream-Pipeline ist in Abbildung 4.2 und in der Atlaskarte PR dargestellt. Abbildung 4.2 Die Route der Nord Stream-Pipeline durch die Ostsee. Die dunkelgrüne Linie zeigt die Pipelineroute. Die roten Linien markieren die Wirtschaftszonen der Ostseeanrainerstaaten, die grünen Linien markieren die Grenzen der Hoheitsgewässer. Die gepunktete rote Linie zeigt die Mittellinie zwischen Dänemark und Polen Die Nord Stream-Pipeline besteht aus zwei 48 Zoll Pipelines. Die Pipelines bestehen aus Stahlrohren und werden nach ihrer jeweiligen Ausrichtung unterschieden in Nordwest- bzw. Südost -Pipeline. Jede Pipeline hat eine Offshore-Länge von ca. 1.222 km. Über Anlandungseinrichtungen in Russland und in Deutschland werden die beiden offshore Pipelines an die russischen und europäischen Gasnetze angeschlossen. Die netzanbindenden landverlegten Pipelineabschnitte sind in Russland ca. 1,5 km und in Deutschland ca. 0,5 km lang. Die Landabschnitte werden auch als Dry Sections bezeichnet.

104 Die Kompressorstation an der russischen Anlandungsstelle bei Wyborg, mit der die Leitungen verbunden werden, verfügt über Mess- und Druckregelungsanlagen. In Greifswald in Deutschland werden die Pipelines an die Erdgasempfangsstation angeschlossen, diese ist ebenso mit einer Messstation und Druckregelungsanlage ausgestattet. In Tabelle 4.1 sind die wichtigsten Merkmale und Betriebsbedingungen der Pipelines aufgeführt. Entsprechend dem Druckabfall entlang der Rohrleitungen sind die Leitungen in jeweils drei Drucksegmente unterteilt. Eine weitere Erläuterung befindet sich in Abschnitt Segmentierter Auslegungsdruck der Pipeline. Mit dem Kilometerpunkt (KP) wird der Standort an der Pipeline bezeichnet, der an der russischen Anlandungsstelle bei KP 0 beginnt. Tabelle 4.1 Betriebsbedingungen Eigenschaft Kapazität Gas Wert (Bereich) 55 Mrd. Kubikmeter p. a. (27,5 Mrd. m³ pro Jahr pro Pipeline) Trockenes Süßgas KP 0 KP 300: 220 bar g Auslegungsdruck (1) KP 300 KP 675 (früher KP 800): 200 bar g KP 675 (früher KP 800) KP 1222: 170 bar g Offshore-Auslegungstemperatur Offshore-Betriebstemperatur -10 bis 60 C -10 bis 40 C Jede Pipeline wird aus zusammengeschweißten Stahlrohren gefertigt, die durch eine Korrosionsschutzbeschichtung und eine Betonummantelung geschützt sind. Der Innendurchmesser ist über die gesamte Länge der Pipelines gleich, um Wartungsarbeiten zu erleichtern. Die Rohrwanddicke der Pipelines variiert entsprechend des Druckabfalls entlang den Pipelines. Das bedeutet, dass es drei verschiedene Offshore-Pipelinewanddicken (34,6; 30,9 und (1) In früheren Pipelinestudien war eine temporäre Wartungsplattform vorgesehen, für die in der Planung Druckabschnitte festgelegt wurden. Später wurde die Plattform im Nord Stream-Pipelineprojekt verworfen und die Auslegungsdruckabschnitte neu festgelegt. Das bedeutet, dass die Abschnittsänderung bei KP 800 auf KP 675 verlegt wurde.

105 26,8 mm) gibt. In Küstengebieten (~ 0,5 km) und Trockenabschnitten beträgt die Wanddicke in Russland 41,0 mm bzw. in Deutschland 30.9 mm. Der Außendurchmesser der Pipelines ist unterschiedlich, aufgrund der unterschiedlichen Stahlrohrwanddicken, diese richten sich nach dem maximal zulässigen Auslegungsdruck (maximum allowable operating pressure - MAOP). Die unterschiedlichen Wanddicken der Betonummantelung sind unterschiedlich über die Länge der Pipelines, diese richtet sich nach den Anforderungen der Stabilität am Boden. Der maximale Außendurchmesser der Pipelines wird ca. 1,4 m betragen. Die Pipelineabmessungen sind in Tabelle 4.2 dargestellt. Tabelle 4.2 Pipelineabmessungen Eigenschaft Innendurchmesser des Stahlrohrs Wanddicke des Stahlrohrs Wert (Bereich) 1.153 mm Abschnitt 220 bar g: 34,6 mm Abschnitt 200 bar g: 30,9 mm Abschnitt 170 bar g: 26,8 mm Dicke der Betonummantelung Gesamtlänge (pro Leitung) 60 bis 110 mm ~ 1.222 km Die Nord Stream-Pipeline wurde für eine Betriebsdauer von 50 Jahren ausgelegt. 4.1.3 Zeitplan Planung und Ausführung In den folgenden Abschnitten werden die Hauptaktivitäten während der verschiedenen Phasen der Lebensdauer der Pipeline beschrieben. Es handelt sich dabei um folgende Phasen Machbarkeitsstudie Konzeptionelle Ausarbeitung Technische Untersuchungen und Munitionssuche Pipelineplanung im Detail

106 Umweltstudien, Risikobewertungen und Genehmigung Einrichtung der Infrastruktur und Logistik Pipelinebau einschließlich: - Vermessung (spezifische Seebodenvermessung vor der Pipelineverlegung) - Korrekturmaßnahmen am Meeresboden (zur Sicherstellung eines stabilen Rohrleitungsfundaments auf dem Meeresboden) - Baumaßnahmen an den Anlandungsstellen in Deutschland und Russland - Kreuzung bestehender Seekabel und Pipelines - Offshore-Pipelineverlegung Vorbetrieb (Füllen, Reinigen, Vermessen und Drucktest mit Meerwasser sowie Entwässern und Trocknen des Pipelinesystems) Inbetriebnahme (Befüllen der Pipelines mit Gas) Betrieb, einschließlich Inspektion und Wartung der Pipelines sowie Umweltmonitoring Außerbetriebnahme der Pipelines Zu Beginn des Projekts 1998 wurde eine Machbarkeitsstudie (1) durchgeführt, bei der internationale Ingenieurfirmen, russische Forschungsinstitute und das russisch-finnische Unternehmen North Transgas Oy Untersuchungen und maritime Forschungsarbeiten in der Ostsee durchführten. Durch die Studie des Offshore-Abschnittes wurde die technische Durchführbarkeit des Pipelineprojekts bestätigt. Auf der Basis dieser Studie wurde ein Konzeptentwurf für die Pipeline ausgearbeitet. Die Planungs- oder Bauphase wurde im Jahre 2006 begonnen, zur gleichen Zeit wurden Umweltstudien und internationale Konsultationen zur UVP durchgeführt. Ferner wurde die Ausarbeitung eines Logistikkonzepts für die Infrastruktur begonnen, das zur Auswahl der für das Projekt geeigneten Häfen führte. Das internationale Konsultationsverfahren zur UVP wurde am 14. November 2006 begonnen, als ein Projektinformationsdokument der geplanten Pipeline durch die Ostsee bei den (1) Ramboll, April 1999. North European Gas Pipeline Feasibility Study, Ramboll Oil & Gas for North Transgas OY.

107 zuständigen Umweltbehörden Dänemarks, Deutschlands, Finnlands, Russlands und Schwedens entsprechend der Espoo Konvention eingereicht wurde. Wenn alle Genehmigungen innerhalb des erwarteten Zeitrahmens gewährt werden, wird die Pipelineverlegung im April 2010 begonnen. Gegenwärtig wird davon ausgegangen, dass die Vorbereitungsuntersuchungen für beide Pipelines in etwa drei Jahren abgeschlossen sein werden. Ein Zeitplan für das Nord Stream-Projekt ist in Abbildung Abbildung 4.3 dargestellt. Abbildung 4.3 Zeitplan für das Nord Stream-Projekt. Die Reihenfolge der Baumaßnahmen ist vorläufig und kann jederzeit geändert werden Die Verlegungsarbeiten beginnen mit den beiden Anlandungsbereichen. Beide Pipelines werden zur Minimierung der Auswirkungen auf die Umwelt sofort nacheinander gebaut. Auch Korrekturmaßnahmen auf dem Meeresboden bei Vorverlegeaktivitäten werden am Beginn der Bauphase für beide Pipelines ausgeführt. Der Bau der Offshore-Abschnitte der beiden Pipelines erfolgt getrennt zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit der Verlegeschiffe. Die Nordwestpipeline wird Ende September 2011 und die Südostpipeline wird Mitte November 2012 betriebsbereit sein.

108 Im Hinblick auf diesen allgemeinen Zeitrahmen werden folgende Einzelzeitpläne für den Bau der verschiedenen Bauabschnitte festgelegt: Die Bauarbeiten an den beiden Anlandungsstellen in Russland und Deutschland werden voraussichtlich ca. 4½ bzw. 9 Monate dauern Die Verlegung der Nordwestpipeline wird ca. 11 Monate und die Verlegung der Südostpipeline ca. 14 Monate in Anspruch nehmen. Die Verlegung der Nordwestleitung ist deshalb kürzer, weil sie teilweise von zwei Tiefwasser-Verlegeschiffen gleichzeitig durchgeführt werden kann. Für die Verlegung der Südostpipeline ist hingegen nur der Einsatz eines Tiefwasser-Verlegeschiffes geplant. Ein Verlegeschiff für Flachwasser wird an der deutschen Anlandungsstelle verwendet Korrekturmaßnahmen am Meeresboden entlang der Trasse, einschließlich der Arbeiten vor und nach der Rohrverlegung (wie Aushubarbeiten vor und nach der Rohrverlegung), sollen jeweils im Verlauf der gesamten Bauphase ausgeführt werden. Die Arbeiten vor Verlegung werden für jede Pipeline ungefähr fünf Monate dauern. Dazu gehören auch die Fundamente der Anschlussstellen bei KP 300 und KP 675. Die Arbeiten nach Verlegung werden vor und nach dem Vorbetrieb stattfinden und für die Nordwestpipeline 14 Monate und für die Südostpipeline 21 Monate in Anspruch nehmen Der Vorbetrieb vor Inbetriebnahme beider Pipelines wird voraussichtlich jeweils fünf Monate in Anspruch nehmen. Inbegriffen sind hier ungefähr zwei Wochen für jede Verbindung und ein Monat für die Ausleitung des Druckprobenwassers und der Trocknung für jede Pipeline Die Inbetriebnahme der Pipeline einschließlich der Befüllung mit Gas wird ungefähr einen Monat für jede Pipeline in Anspruch nehmen Der Zeitplan für die Bauphase in Abbildung. 4.3 ist ein allgemeiner Zeitplan, der eines der möglichen Szenarien für die Verlegungsaktivitäten zeigt. Unverändert bleiben der Baubeginn für April 2010 und das Ende der Baumaßnahmen für November 2012. Jedoch bei den dazwischen liegenden Phasen kann es im Rahmen der genauen Planung und der entsprechenden Baumaßnahmen zur weiteren Optimierungen kommen. Der Zeitplan berücksichtigt zeitliche Einschränkungen im Baufenster für die verschiedenen Abschnitte entlang der Pipelinetrasse. Weitere Einzelheiten sind unten in Tabelle 4.3 zu finden.

109 Tabelle 4.3 Einschränkungen entlang der Nord Stream-Pipeline (im Falle des Zeitplans für die Bauphase) Zone Von KP Bis KP Einschränkungen Periode Anlandu ngsstelle Russlan d 0 7,5 Einschränkungen durch Laichzeit Wetterbedingte Einschränkungen Mitte April Mitte Juni Dezember - April Zone 1 7.5 300 Wetterbedingte Einschränkungen Dezember - April Zone 2 300 675 Keine Einschränkungen entlang der Pipelineroute Zone 3* 675 1196 Einschränkungen bei Bauarbeiten im Offshore-Abschnitt des Natura- 2000-Gebiets Januar - Mitte Mai Anlandu ngsstelle Deutschl and 1196 1222 Einschränkungen bei Bauarbeiten im Offshore-Abschnitt des Natura- 2000-Gebiets Januar - Mitte Mai *Das Swedish Board of Fisheries hat beantragt, dass während der Dorschlaichzeiten (1. Mai bis 31. Oktober) nördlich von Bornholm (ca. KP 950-1020,5) keine Bauarbeiten stattfinden sollen. Diesem Antrag wird, soweit durchführbar, entsprochen. 4.2 Pipelineroute Dieses Kapitel beschreibt den über das vergangene Jahrzehnt stattgefundenen Entwicklungsprozess der Pipelineroute und stellt die Einzelheiten der vorgeschlagenen Route vor. 4.2.1 Entwicklung der Pipelineroute Der optimale Streckenverlauf der Pipeline wurde kontinuierlich in einem Optimierungsprozess entwickelt. Die ursprüngliche Route wurde aufgrund der Ergebnisse der geophysikalischen Erkundungsvermessungen im Jahre 2005, der detaillierten geophysikalischen und geotechnischen Untersuchungen sowie Entnahmen von Umweltproben im Jahre 2006 und basiert auf der von North Transgas durchgeführten Untersuchung und Machbarkeitsstudie von

110 1998-1999. Eine zusätzliche, im Jahre 2007 durchgeführte Erkundungsvermessung diente dazu, potenzielle alternative Routen auszuwerten und den im Jahre 2005 untersuchten Korridor an einigen Stellen zu erweitern. Diese umfassenden Untersuchungen waren die Grundlage für die aktuell vorgeschlagene Pipelineroute. Die Auswahl der Routenführung wurde in den Jahren 2007 und 2008 nach Konsultationen mit den Behörden der fünf Ursprungsländer fortgesetzt. Die Auswahl des Streckenverlaufs wurde weiter durch zusätzliche detaillierte geophysikalische Untersuchungen, ein geotechnisches Probenentnahmeprogramm, Entnahme und Untersuchung von Umweltproben vor Ort untermauert. Detaillierte Entwurfsprogramme und die oben genannten Untersuchungsprogramme führten zu einer Reihe potenzieller Optimierungen des Streckenverlaufs und zu einer weiteren Reduzierung der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden. Die Minimierung der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden war ein Hauptkriterium während der Entwicklung der Routenführung, da sie aus ökonomischen, technischen und umweltrelevanten Gründen anzustreben ist: denn es soll so wenig Material wie möglich auf dem Meeresboden abgelegt oder umgeschichtet werden. Damit werden die Auswirkungen auf die Umwelt reduziert und weniger ökonomische und technische Ressourcen benötigt, um die Verlegung durchzuführen. Daraus hat sich letztendlich die Auswahl der unten dargestellten Route ergeben. Diese Route kann zwar aus Optimierungsgründen noch auf der Grundlage genauerer Planungsstudien und Untersuchungen verändert werden. Sie umfasst aber im Wesentlichen die vorgeschlagene endgültige Routenführung für die Pipeline. Eine Beschreibung aller zuvor untersuchten alternativen Routenführungen ist in Kapitel 6 über Alternativrouten zu finden. 4.2.2 Details zur Pipelineroute Die Nord Stream-Route durchquert die ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) von Russland, Finnland, Schweden, Dänemark und Deutschland. In Russland, Dänemark und Deutschland verläuft die Pipeline auch durch die Hoheitsgewässer dieser Länder. Einzelheiten zur Route finden Sie in Tabelle 4.4 und Tabelle 4.5 sowie Atlaskarte PR-1.

111 Tabelle 4.4 Längen der Nordwestpipeline in den Ursprungsländern. Die Längenangaben sind nur annähernde Werte, die jederzeit optimiert werden können Klassifikation Nordwestleitung Abschnittslänge [km] Länge im Land [km] Kumulativer KP [km] Trocken-/ Offshore- Abschnitt [km] Trockenabschnitt 1,5 1,5 1,5 Russland TG 121,8 AWZ 1,4 123,2 123,2 Finnland AWZ 375,3 375,3 498,5 Schweden AWZ 506,4 506,4 1004,9 AWZ 49,4 Dänemark 137,1 1142,0 TG 87,7 1223,1 Deutschland AWZ 31,2 TG 49,9 81,1 1223,1 Trockenabschnitt 0,5 0,5 0,5

112 Tabelle 4.5 Längen der Südostpipeline in den Ursprungsländern. Die Längenangaben sind nur annähernde Werte, die jederzeit später optimiert werden können Südostleitung Klassifikation Abschnittslänge [km] Länge im Land [km] Kumulativer KP [km] Trocken-/ Offshore- Abschnitt [km] Trockenabschnitt 1,5 1,5 1,5 Russland TG 122,5 AWZ 1,2 123,7 123,7 Finnland AWZ 374,3 374,3 498,0 Schweden AWZ 506,1 506,1 1004,1 AWZ 49,5 Dänemark 137,1 1141,2 TG 87,6 1222,2 Deutschland AWZ 31,2 TG 49,8 81,0 1222,2 Trockenabschnitt 0,5 0,5 0,5 Die Tiefenprofile der Pipelines durch die Ostsee von Russland nach Deutschland sind in Abbildung 4.4 und Abbildung 4.5 dargestellt. Die größte Tiefe erreichen die Pipelines bei KP 508. Hier erreicht die Nordwestpipeline eine Tiefe von -213 m und die Südostpipeline liegt -210 m tief.

113 Abbildung 4.4 Tiefenprofil für die Nordwestpipeline. Es handelt sich hier nur um annähernde Tiefenangaben, die später noch optimiert werden können Abbildung 4.5 Tiefenprofil für die Südostpipeline. Es handelt sich hier nur um annähernde Tiefenangaben, die später noch optimiert werden können

114 Die Pipelines werden nahezu parallel auf dem Meeresboden der Ostsee in einem Abstand von ca. 100 m verlegt. Dieser Abstand kann jedoch im Rahmen der Optimierung aufgrund der Unebenheiten am Meeresboden auf der gesamten Länge der Pipelines variieren. Der Abstand zwischen den beiden Pipelines ist in Abbildung 4.6 dargestellt. Der kleinste Abstand von 6 m befindet sich im deutschen Anlandungsbereich. Der größte Abstand von 2.950 m liegt bei KP 134 in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Finnlands. Abbildung 4.6 Abstand zwischen den beiden Pipelines. Es handelt sich hier nur um annähernde Abstandswerte, die später noch optimiert werden können.

115 4.2.3 Pipelineroute in Russland Die Nord Stream-Route in russischen Gewässern ist in Abbildung 4.7 dargestellt. Die Länge der Nord Stream-Pipeline beträgt ca. 123 km auf russischem Gebiet. Von der Anlandungsstelle in Portovaya Bay führt die Nord Stream-Route in südwestliche Richtung aus der Bucht und verläuft nördlich von Gogland in der Nähe der Grenzen der russischen/finnischen AWZ/TG. Abbbildung 4.7 Die Nord Stream-Route in russischen Gewässern. Die dunkelgrüne Linie zeigt die Pipelineroute. Die rote Linie zeigt die Ausschließlichen Wirtschaftszonen und die grünen Linien die Grenzen der Hoheitsgewässer

116 4.2.4 Pipelineroute in Finnland Abbildung 4.8 zeigt die Nord Stream-Route in der finnischen AWZ. Die Länge der Route innerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Finnlands beträgt ca. 375 km. Sie verläuft außerhalb der finnischen Hoheitsgewässer entlang der Grenze zur finnischen und zur estnischen AWZ. Südöstlich von Kalbådagrund verläuft die Route nach Süden um die als Kalbådagrund bekannte geologische Struktur herum und nahe der Grenze der finnischen AWZ. Auf diese Weise wird die Nähe zu flachen Gewässern vermieden. Abbildung 4.8 Die Nord Stream-Route in Finnischen Gewässern. Die dunkelgrüne Linie zeigt die Pipelineroute. Die roten Linien zeigen die Ausschließlichen Wirtschaftszonen und die grünen Linien die Grenzen der Hoheitsgewässer

117 4.2.5 Pipelineroute in Schweden Die Nord Stream-Route durch schwedische Gewässer ist in Abbildung 4.9 dargestellt. Die Länge der Route beträgt ca. 506 km. Die Nord Stream-Route tritt im Nordosten von Gotland in die schwedische AWZ ein. Die Route verläuft östlich von Gotland knapp außerhalb der Landesgrenze, jedoch deutlich des Hauptschifffahrtsweges im Osten von Gotland. Im Süden von Gotland durchquert die Route den Flachwasserbereich von Hoburgs Bank. Im Süden von Hoburgs Bank wendet sich die Route nach Westen und durchquert Norra Midsöbanken und den Hauptschifffahrtsweg, bevor sie in dänische Gewässer eintritt. Abb. 4.9 Die Nord Stream-Route in schwedischen Gewässern. Die dunkelgrüne Linie zeigt die Pipelineroute. Die rote Linien zeigen die Ausschließlichen Wirtschaftszonen und die grünen Linien die Grenzen der Hoheitsgewässer

118 4.2.6 Pipelineroute in Dänemark Die Nord Stream-Route durch dänische Gewässer ist in Abbildung 4.10 dargestellt. Die Route verläuft östlich und südlich von Bornholm. Die Gesamtlänge beträgt ca. 137 km, wovon sich 88 km in dänischen Hoheitsgewässern befinden. Die Nord Stream-Route tritt nördlich eines Verklappungsgebiets für chemische Kampfstoffe im Osten von Bornholm in dänische Gewässer ein. Sie folgt einer südwestlichen Richtung, um die Risikogebiete in der Nähe der Verklappungsstelle zu vermeiden, kommt in den Territorialgewässern an und verläuft an Christiansø vorbei nach Südsüdwesten. An Bornholms Südspitze, Dueodde, dreht sich die Route nach Südwesten und verläuft südlich von Bornholm, verlässt die Territorialgewässer und verläuft parallel zur Rønne Banke weiter nach Deutschland. Die Route verlässt Dänemark südöstlich von Adlergrund. Abb. 4.10 Die Nord Stream-Route in dänischen Gewässern. Die dunkelgrüne Linie zeigt die Pipelineroute. Die roten Linie zeigen die Ausschließlichen Wirtschaftszonen und die grünen Linien die Grenzen der Hoheitsgewässer

119 4.2.7 Pipelineroute in Deutschland Die Nord Stream-Route durch deutsche Gewässer ist in Abbildung 4.11 dargestellt. Die Gesamtlänge beträgt ca. 81 km, davon verlaufen 50 km in deutschen Hoheitsgewässern. Die Route tritt südöstlich vom Adlergrund in die deutsche AWZ ein und verläuft nördlich von der Oder-Bank weiter. Im Nordwesten der Oder-Bank tritt die Route in deutsche TG ein und führt in südöstlicher Richtung weiter in die flachen Gewässer des Greifswalder Bodden, wo sich die Anlandungsstelle befindet. Abbildung 4.11 Die Nord Stream-Route in deutschen Gewässern. Die dunkelgrüne Linie zeigt die Pipelineroute. Die rote Linien zeigen die Ausschließlichen Wirtschaftszonen und die grünen Linien die Grenzen der Hoheitsgewässer

120 4.3 Detailliertes Design Dieses Kapitel beschreibt die entsprechenden Eigenschaften des technischen und des Materialdesigns des Nord Stream-Pipelineprojekts sowie dessen Zertifizierung durch eine anerkannte Stelle. 4.3.1 Technischer Entwurf Entwurfsvorschriften Das Nord Stream-Projekt hält sich an alle anwendbaren Gesetze und Ordnungen jedes einzelnen Ursprungslandes (siehe Abschnitt 4.2.2). Im Allgemeinen enthalten die Gesetze und Bestimmungen der einzelnen Länder kaum spezielle technische Anforderungen für Offshore- Pipelines, sondern verweisen auf international anerkannte Standards und Normen. Standards und Normen Die Planung und Durchführung des Nord Stream-Projekts erfolgt auf der Basis des von Det Norske Veritas (DNV), Norwegen, herausgegebenen Vorschrift DNV OS-F101, Submarine Pipeline Systems. Es kommt die Version von 2000 mit den Ergänzungen und Korrekturen von 2003 zur Anwendung. DNV OS-F101 enthält Kriterien und Anleitungen zu Design, Materialien, Fertigung, Herstellung, Installation, Vorbereitung der Inbetriebnahme, Inbetriebnahme sowie zu Betrieb und Wartung der Pipeline. Die führende Vorschrift DNV OS-F101 wird von anderen internationalen Codes sowie den folgenden empfohlenen DNV-Verfahren unterstützt: RP F102 Pipeline Field Joint Coating and Field Repair of Linepipe Coating RP F103 Cathodic Protection of Submarine Pipelines by Galvanic Anodes RP F105 Free Spanning of Pipelines RP F106 Factory Applied External Pipeline Coatings for Corrosion Control RP F107 Assessment of Pipeline Protection Based on Risk Principles RP F110 Global Buckling of Submarine Pipelines RP F111 Interference Between Trawl Gear and Pipelines RP E305 On-bottom Stability Design of Submarine Pipelines Die DNV-Vorschriften und deren Richtlinien-Struktur sind wegen der detaillierten Behandlung einer Vielzahl von Themen weit verbreitet. So ist die Verwendung der DNV-Vorschriften für

121 Offshore-Unternehmen schon seit Jahrzehnten ein Standardverfahren. Der DNV-Code für Unterwasserpipelines, DNV OS-F101, bildet derzeit die Grundlage für sämtliche Meerespipelines der dänischen und norwegischen Nordseeöl- und Gasförderungsprojekte und kommt auch weltweit sehr häufig zur Anwendung. Studien für andere Projekte in Teilen der Ostsee wurden ebenfalls auf der Basis der DNV OS-F101 durchgeführt. Der DNV-Code für Unterwasserpipelines von 2000, DNV OS-F101 (mit seiner Erweiterung von 2003), ist eine Weiterentwicklung der Pipelinecodes DNV 1976, DNV 1981 und DNV 1996. Die Anforderungen für Pipelinestränge in DNV OS-F101 basieren auf ISO-Standard 3183-3 Petroleum and natural gas industries Steel for pipelines. Auftragnehmer für technischen Entwurf Das italienische Unternehmen SES (Saipem Energy Services, früher Snamprogetti S.p.A. der Eni Group) wurde mit dem Detaildesign des Nord Stream-Projekts beauftragt. Die Eni Group ist eines der größten Unternehmen in der Öl- und Gasindustrie und war für das technische Design der beiden Gaspipelines Langeled und Blue Stream zwischen Norwegen und England bzw. zwischen Russland und der Türkei verantwortlich. Schadensminderung durch das Design Das konzeptionelle Design des Nord Stream-Pipelineprojekts war ein adaptiver Prozess. In die Routenführung und das Projektdesign wurden schadensmindernde Maßnahmen integriert. Dabei wurde auf Erfahrungen im Pipelinebereich, Konsultationen, Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) und quantitativen Risikoanalysen zurückgegriffen. Die alternativen Routenführungen und Konzeptentwürfe, die vor dem in diesem Kapitel beschriebenen Basiskonzept in Betracht gezogen wurden, werden in Kapitel 6 (Alternativen) beschrieben. Unabhängige Verifizierung und Zertifizierung Die Nord Stream AG hat unabhängige Sachverständige beauftragt, alle Aspekte des Projektdesigns und dessen Umsetzung genau zu verfolgen, zu überprüfen und daran mitzuwirken. Während der Planungsphase des Nord Stream-Projekts wurden die Unternehmen DNV und SGS/TÜV mit der Überprüfung der Qualität der Ingenieurarbeiten als unabhängige Dritte beauftragt. Die Monitoring- und Verifizierungsaktivitäten im Zusammenhang mit Herstellung, Fertigung, Installation und Vorbereitung der Inbetriebnahme wurden an Dritte vergeben und zusammen mit Vertretern der Nord Stream AG soweit erforderlich durchgeführt. Anschließend wird sich DNV an allen Monitoring- und Inspektionsprozessen beteiligen und dann die abschließende Zertifizierung über die Einhaltung aller Vorgaben für das gesamte Pipelinesystem vornehmen.

122 SGS/TÜV wird sich mit allen Monitoring- und Inspektionsprozessen für den deutschen Pipelineabschnitt befassen. Das Monitoring aller Aktivitäten erfolgt durch Dritte, die eine unabhängige Erklärung abgeben bzw. ein Zertifikat über die Einhaltung aller Vorgaben ausstellen, aus dem hervorgeht, dass Design, Herstellung, Installation, Vorbereitung der Inbetriebnahme und Übergabe des Projekts in Übereinstimmung mit den internationalen Codes und Standards erfolgt ist. 4.3.2 Materialdesign und Korrosionsschutz der Pipeline Die Nord Stream-Pipelines werden aus einzelnen Stahlrohren gefertigt, die in einem fortlaufenden Verlegeprozess zusammengeschweißt werden. Die Pipelinestränge erhalten eine Innenbeschichtung auf Epoxidharzbasis. Diese dient zur Reduzierung der hydraulischen Reibung und trägt somit zur Verbesserung der Strömungsbedingungen bei. Eine dreischichtige, außen auf die Pipelinestränge aufgetragene Polyethylenbeschichtung dient als Korrosionsschutz. Ein noch besserer Korrosionsschutz wird durch das Einsetzen von Opferanoden aus Aluminium und Zink erzielt. Opferanoden stellen ein unabhängiges, geeignetes Schutzsystem zusätzlich zu der Antikorrosionsbeschichtung dar. Die eisenerzhaltige Betonummantelung wird über die externe Antikorrosionsbeschichtung der Pipelinestränge aufgetragen. Während die Betonummantelung in erster Linie der Stabilisierung auf dem Meeresgrund dient, bietet sie jedoch auch zusätzlichen Schutz vor Fremdobjekten wie beispielsweise Fischfangausrüstung. Der aktuelle Stand (Oktober 2008) der Spezifikationen für die oben genannten Materialien und die voraussichtlich für den Bau der Nord Stream-Pipelines benötigten Mengen sind im Folgenden erläutert. Diese Spezifikationen können im weiteren Verlauf des Detaildesigns noch optimiert werden. Pipelinerohre Die aus Stahlrohren zusammengebauten Pipelines werden aus Teilstücken von jeweils 12,2 m miteinander verschweißt. Die Rohre bestehen aus durch Unterpulverschweißung längs mit Einzelnaht verschweißten Karbonstahlrohren (SAWL 485 I FD) (1) gem. DNV OS-F101 (siehe Abschnitt 4.3.1 Standards und Normen) mit einem Nenndurchmesser von 1.219 mm (48") und einem konstanten Innendurchmesser von 1.153 mm. Die Wandstärke der Stahlrohre variiert (1) Bezeichnung der Pipelinematerialspezifikation: SAWL = Herstellungsprozess (Unterpulverschweißung längs mit Einzelnaht); 485 = spezifizierte Mindeststreckgrenze (SMYS), in MPa; I = Niveau zerstörungsfreier Prüfung (I = level I); FD = ergänzende Anforderungen (F = Bruchfestigkeitseigenschaften, D = erweiterte Bemaßungsanforderungen)

123 gemäß dem maximal zulässigen Betriebsdruck in vier Stärken zwischen 26,8 und 41,0 mm. In Tabelle 4.6 und Tabelle 4.7 sind die Wandstärken zusammengestellt. Tabelle 4.6 Verteilung der Wandstärken der Nordwestpipeline Es handelt sich hier nur um Näherungswerte, die später noch optimiert werden können Von KP [km] Bis KP [km] Länge [km] Rohrwandstärke [mm] 0,0 0,5 0,5 41,0 0,5 300,0 299,5 34,6 300,0 675,0 375,0 30,9 675,0 1222,6 547,6 26,8 1222,6 1223,1 0,5 30,9 Tabelle 4.7 Verteilung der Wandstärken der Südostpipeline. Es handelt sich hier nur um Näherungswerte, die später noch optimiert werden können Von KP [km] Bis KP [km] Länge [km] Rohrwandstärke [mm] 0,0 0,5 0,5 41,0 0,5 300,0 299,5 34,6 300,0 675,0 375,0 30,9 675,0 1221,7 546,7 26,8 1221,7 1222,2 0,5 30,9 Knickstopper (Buckle Arrestors) Die Pipelines werden in gefährdeten Bereichen in bestimmten Abständen mit einem Verformungsschutz ausgestattet Sie sollen das Knicken bzw. Verformen der Pipeline verhindern. Die Verformungsschutzrohre werden in gefährdeten Stellen, z. B. größere Meerestiefe, in die Rohrleitungen eingeschweißt. Das Risiko eines Rohrbeulens besteht nur während der Bauphase. Die Verformungsschutzrohre werden aus derselben Stahllegierung und in der gleichen Länge hergestellt wie die Pipelinerohre. Diese Rohre weisen jedoch eine größere Wanddicke auf, die zum Rohrende hin abnimmt, um den Anschluss an das nächste Pipelinerohr zu gewährleisten (siehe Abbildung 4.12).

124 Abbildung 4.12 Prinzip des Verformungsschutzes. Ein Verformungsschutzrohr weist eine größere Wandstärke als der anliegende Rohrleitungsabschnitt auf Die Pipeline wird auf einer Länge von insgesamt 305 km mit Knickstoppern ausgestattet. Dies betrifft die Teilstrecken KP 420 bis KP 520, KP 550 bis KP 610, KP 675 bis KP 800 und KP 1000 bis KP 1020. Der Abstand zwischen den einzelnen Knickstoppern beträgt 927 m (entsprechend 76 Rohre). Verschweißen der Pipelinerohre Zum Schweißen der Pipelinestränge kommen Hilfs- und Betriebsstoffe zum Einsatz, die in der Zusammensetzung dem Pipelinematerial ähnlich und mit diesem kompatibel sind. Die Schweißnähte müssen die Mindeststahlgüte der Pipelinestränge aufweisen. Andere Materialien werden während des Schweißvorgangs nicht verwendet. Innere Anti-Reibungsbeschichtung Die Pipelines werden mit einer inneren Anti-Reibungsbeschichtung (siehe Abbildung 4.13) zur Erhöhung der Durchflussleistung versehen. Als Beschichtung wird ein rotbrauner Hochglanzlack auf Expoxidbasis verwendet. Abbildung 4.13 Interne Anti-Reibungsbeschichtung auf Epoxidbasis

125 Die Epoxidbeschichtung setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen: Epoxidbasis (Epoxidharz, Farbpigmente, Füller, Zusatzstoffe und organische Lösungsmittel) Härter (aliphatisches/zykloaliphatisches Amin oder Polyamid) Die Beschichtung hat eine Mindeststärke von ca. 90 bis 150 µm und bedeckt die gesamte Länge eines Piperohres, mit Ausnahme einer Aussparung auf der Innenseite von ca. 50 mm an den Rohrenden für die Wärmeübertragung beim Schweißen. Diese Aussparung bleibt nach dem Schweißen unbeschichtet. Die Innenbeschichtung wird bei der Herstellung der Pipelinestränge aufgetragen. Äußere Antikorrosionsbeschichtung Eine Außenbeschichtung der Rohrleitungen dient als Korrosionsschutz. Der äußere Korrosionsschutz besteht aus einer dreilagigen PE- (Polyethylen)-Ummantelung (3LPE), siehe Abbildung 4.14.

126 Abbbildung 4.14 PE Ummantelung (3-Schicht System). Die Innenbeschichtung besteht aus einer Epoxidharzschicht (Fusion Bonded Epoxy, FBE) (dunkelgrün), einer Haftschicht in der Mitte (hellgrün) und einer äußeren Polyethylenschicht (schwarz) Die äußere Antikorrosionsummantelung besteht aus: Innere Schicht: Epoxidharz (Fusion Bonded Epoxy, FBE) Mittlere Schicht: Haftschicht Äußere Schicht: Polyethylenbasis hoher Dichte (HDPE) mit Zusatzstoffen Die Beschichtung hat eine Mindestgesamtstärke von 4,2 mm und bedeckt die gesamte Länge des Pipelinestrangs, mit Ausnahme einer Aussparung von ca. 200 250 mm an den Rohrenden zur Erleichterung des Schweißvorgangs und der Inspektion. Die Auβenbeschichtung wird in einem gesonderten Arbeitsgang / Werk auf das Rohr aufgetragen. Betonummantelung Die Pipelinestränge werden außen auch mit einer Betonummantelung versehen. Diese Betonummantelung wird über die PE Ummantelung (3-Schicht) aufgetragen (siehe Abbildung 4.15). Durch das Gewicht der Betonummantelung werden die Rohre während der Bauphase und später im Dauerbetrieb gegen Auftrieb gesichert und auf dem Meeresboden stabilisiert. Beide Rohrenden werden von der Ummantelung ausgespart, da diese zur Schweißnahtherstellung erforderlich sind. Nach dem Verschweißen sind die Rohrverbindungen gegen Korrosion geschützt (siehe Abschnitt 4.3.2, Schweißnahtumhüllung).

127 Abb. 4.15 Betonummantelung über der dreilagigen Antikorrosionsbeschichtung Der Beton setzt sich aus einer Mischung aus Zement, Wasser und Zuschlagstoffen (inerte Feststoffe wie Schotter, Sand und Kies) zusammen. Die Betonummantelung wird durch Einlage von geschweißten Betonstahlmatten mit einem minimalen Bewehrungsstabdurchmesser von 6 mm bewehrt. Zusätzlich erhält die Ummantelung zur Erhöhung der Festigkeit als Zuschlag Eisenerzaggregat. In Abbildung 4.16 wird das Beschichtungsverfahren dargestellt. Abbildung 4.16 Betonummantelungsverfahren

128 Zur Betonherstellung wird salzwasserbeständiger Portland-Zement verwendet. Der Portland- Zement muss ASTM C 150 Typ II entsprechen. Die Zementmischung darf keine Zusätze enthalten, mit Ausnahme von Microsilica (Silicafume) (1) das bis zu 10% des Zementgewichts ausmachen darf. Der maximale Chloridgehalt der Mischung wird unter 0,4 % betragen. Beimischungen und Schutzfolien zur Nachbearbeitung werden nicht verwendet. Die Betondeckung hat eine Stärke von 60-110 mm and eine maximale Festigkeit von 3.040 kg/m 3. Der Eisenerzanteil beträgt 70 % des Betondeckungsgewichts. Die verbleibenden 30 % sind Beton (Zement und Aggregat). Die Betonummantelung wird in speziellen Rohrummantelungsanlagen durch ein Aufspritzverfahren aufgebracht. Weitere Einzelheiten hierzu enthält Kapitel 4.4. Eine vordefinierte Anzahl an Pipelinesträngen wird beim Auftrag der Betonummantelung mit Opferanoden ausgestattet werden (siehe Abschnitt 4.3.2, kathodischen Korrosionsschutz). Schweißnahtumhüllung Die betonummantelten Pipelinerohre werden dann zum Verlegeschiff transportiert und dort verschweißt. Vor der Verlegung der Rohre wird zwischen den Betonummantelungen an beiden Seiten der geschweißten Verbindungsstelle außenseitig an den Rohrverbindungen eine Schweißnahtumhüllung angebracht, um noch verbleibende Fugen zwischen den Betonummantelungsenden zu füllen und um die Schweißnaht vor Korrosion zu schützen. Diese Schweißnahtumhüllung erstreckt sich über eine Länge von ca. 0,8 m (2), was ca. 7% der Gesamtlänge der Pipeline entspricht. Abbildung 4.17 zeigt eine geschweißte Verbindungsstelle vor der Umhüllung. (1) Silicafume (oder Microsilica) ist ein Abfallprodukt, das bei der Gewinnung von Silicium bzw. von Ferrosiliciumlegierungen durch Reduktion von hochreinem Quarz in elektrischen Hochöfen entsteht. Silicafume entsteht auch als Abfallprodukt bei der Herstellung anderer Siliciumlegierungen wie z. B. Ferrochrom, Ferromangan, Ferromagnesium und Calcium-Silicium. (2) In Bereichen mit Verlegeköpfen und Verformungsschutzrohren ist die Länge der geschweißten Verbindungsstellen variabel.

129 Abbildung 4.17 Typische geschweißte Verbindungsstelle vor der Umhüllung. Auf den Pipelinerohren sind die dreilagige PE-Antikorrosionsbeschichtung und die Betonummantelung sichtbar Das Schweißnahtumhüllungssystem umfasst eine Schrumpfmuffe aus Hartpolyethylen. Vor Anwendung der Schrumpfmuffe wird die geschweißte Verbindungsstelle erhitzt. Die Schrumpfmuffe besteht aus vernetzbarem Polyethylen, ist äußerst elastisch und lässt sich daher eng auf die Stahlrohrverbindungsstelle aufschrumpfen. Das Material nimmt aufgrund der Vernetzung nach der Abkühlung wieder seine ursprüngliche Länge an und umschließt die geschweißte Verbindungsstelle daher ohne Leerräume. Da die Schrumpfmuffe nicht dick genug ist, um den gesamten ringförmigen Hohlraum zwischen den Betonummantelungen auf beiden Seiten der Verbindungsstelle auszufüllen, wird um die Schweißnaht herum entweder ein Kohlenstoffstahlblech oder ein PE-Former angebracht, die die Betonummantelung überlappen. Die Befestigung erfolgt mittels Stahlbändern (Kohlenstoffstahlblech) bzw. PE-Verschweißung (PE-Former). Über eine Öffnung im oberen Teil der Schalung wird der Hohlraum zwischen Schrumpfmuffe und Stahlblechformer mit Zweikomponentenpolyurethan ausgeschäumt. Der Schaum steigt nach oben, füllt die

130 Hohlräume um die geschweißte Verbindungsstelle und härtet dann aus. Der Schaum ist widerstandsfähig genug, um auch Erschütterungen durch Schleppnetze standzuhalten. Abbildung 4.18 zeigt die Anbringung des Füllformers in der Schweißnahtumhüllungsstation auf dem Verlegeschiff sowie eine Schweißnaht nach der Umhüllung. Abbildung 4.18 Anbringung des Füllformers in der Umhüllungsstation (links) und typische Schweißnaht nach der Umhüllung. Der Füllformer und die Betonummantelung sind nahezu bündig und gleich ausgerichtet Die Schrumpfmuffe ist ca. 2 mm dick mit einer Dichte von ca. 900 kg/m 3. Die Dichte des Polyurethanschaums beträgt nach der Aushärtung ca. 160 kg/m 3. Die Schweißnahtumhüllung schließt bündig mit der Betonummantelung ab. Kathodischer Korrosionsschutz Opferanoden aus einem galvanisierten Material bieten einen Sekundärschutz, um die Integrität der Rohrleitungen über die vorgesehene Betriebsdauer zu gewährleisten. Dieser Sekundärschutz stellt ein eigenständiges System dar, durch das die Rohrleitungen auch im Fall einer Beschädigung der äußeren Antikorrosionsbeschichtung geschützt werden. Beim Design des kathodischen Korrosionsschutzsystems werden verschiedene, projektspezifische Parameter berücksichtigt, wie z. B. die Bauarbeiten für die Pipeline, die Lebensdauer der Pipeline sowie eine möglicherweise erhöhte Beschichtungskorrodierung aufgrund von besonderen Umgebungsmerkmalen der Ostsee, um sicherzustellen, dass der erforderliche Schutzstrom für die gesamte Planungsdauer der Pipeline zur Verfügung steht. Die Leistungsfähigkeit und Haltbarkeit der verschiedenen Legierungen für Opferanoden wurde durch die DNV (Section for Failure Investigation and Corrosion Management) in geeigneten Tests, unter den Umweltbedingungen der Ostsee durchgeführt und bewertet worden.

131 Die Tests zeigten, dass sich der Salzgehalt des Meerwassers in entscheidendem Maße auf das elektrochemische Verhalten von Aluminiumlegierungen auswirkt. Es wurde insbesondere beobachtet, dass niedrige Salzkonzentrationen im Meerwasser die elektrochemische Leistung der getesteten Proben drastisch verringerten. Während der Tests wurde keine wesentliche Auswirkung auf die elektrochemische Leistung durch Schwefelwasserstoff (H 2 S), d. h. sauerstofffreien Bedingungen, festgestellt. In einigen Teilen der Ostsee, die die Pipeline durchqueren wird, ist H 2 S sowohl im Sediment als auch im Meerwasser enthalten (siehe Kapitel 8 Raumanalyse). Angesichts der Testergebnisse wurde für die Teile der Pipeline, die durch Gebiete mit geringem Salzgehalt führen, eine Zinklegierung ausgewählt. Das betrifft bestimmte Gebiete der russischen, finnischen und schwedischen Ausschließlichen Wirtschaftszonen. Für alle anderen Abschnitte wird Indium-Aluminium verwendet. Das kathodische Korrosionsschutzsystem besteht aus: Zink- und Aluminium-Halbschalenanoden (zwei Halbschalen pro Anode) Anodenanschlußkabel (zwei Kabel pro Halbschale) Die Anodenanschlußkabel werden mittels Schweißen (Thermitschweißen / Cadweldpatrone) mit dem Stahlrohr verbunden. Abbildung 4.19 zeigt eine typische, auf einer Pipeline befestigte Anode.

132 Abbildung 4.19 Die Opferanode wird in einem von der Betonummantelung freigelassenen Bereich direkt aufs Rohr montiert Die Abmessungen der Anoden sind von verschiedenen Parametern wie Abmessung der Pipeline, Dicke der Betonummantelung, Lebensdauer der Pipeline, Art der Ummantelung, Umweltmerkmale und dem Anodenmaterial abhängig. Es ist geplant die Aluminiumanoden mit sieben unterschiedlichen Abmessungen und die Zinkanoden mit vier unterschiedlichen Abmessungen einzusetzen. Die Dicke der Aluminiumanoden liegt zwischen 50-100 mm, die Länge zwischen 400 520 mm und das Gewicht zwischen 199,9-459,9 kg. Die Zinkanoden haben eine Dicke zwischen 50-100 mm, eine Länge zwischen 408 494 mm und ein Gewicht zwischen 529,2-1.177,7 kg. Neben Aluminium und Zink werden die Anoden auch geringe Mengen anderer Metalle und Spuren nichtmetallischer Fremdstoffe enthalten. Beide Anodentypen enthalten Kadmium (<0.01%). Die Zinkanoden enthalten auch Blei (<0.01%).

133 In Tabelle 4.8 ist die Anzahl der in den einzelnen Ursprungsländern zu installierenden Anoden und die dafür erforderlichen Mengen an Aluminium- und Zinklegierung aufgeführt. Jedes 5-12 Pipelinerohr ist mit Opferanoden ausgerüstet. Tabelle 4.8 In den fünf Ursprungsländern zu installierende Anodenanzahl. Es handelt sich um Näherungswerte, die später noch optimiert werden können Typ Einheit Russland Finnland Schweden Dänemark Deutsch land Aluminium [keine] 58 2.980 8.326 2.457 1.773 Zink [keine] 2.206 3.111 891 0 0 Gesamtmaterialverbrauch Der für die Pipelineabschnitte in jedem der fünf Ursprungsländer erwartete Materialverbrauch ist nachstehend in Tabelle 4.9 zusammengefasst. Tabelle 4.9 Zusammenfassung des Materialverbrauchs in den Ursprungsländern. Es handelt sich um Näherungswerte, die später noch optimiert werden können Material Russland Finnland Schweden Dänemark Deutschland Gesamt Gesamtlänge von 2 Pipelines (km) 246,9 749,7 1.012,4 274,1 162,1 2.445,2 Stahl (t) (inkl. Buckle Arr.) 250.530 715.275 833.810 213.800 127.000 2.140.415 Innere Epoxidharzbeschichtung (t) 247 749 1.014 274 163 2.447 Äußere 3LPE- Beschichtung (t) 5,162 15,615 21,006 5,672 3,366 50.822 Betonummantelung (t) 193.755 714.064 1.042.494 289.531 211.162 2.451.006 Anoden Aluminium (t) Zink (t) Schweißnahtumhüllung Lage 1: HSS (t) Lage 2: HSS (t) 14 1.673 101,2 698,4 1.011 2.845 307 2.522 3.436 1.126 415 3.716 936 0 112 1.044 825 0 67 673 6.222 5.644 1.003 8.653

134 4.4 Logistik Ausgedehnte Pipelinebauarbeiten im Offshore-Bereich erfordern starke Unterstützung durch landseitige Versorgungsstationen, wie z. B. Rohrummantelungsanlagen und Zwischenlager der Pipelinerohre. Die Versorgungsstationen dienen nicht nur zur Rohrummantelung und Lagerung der Pipelinerohre, sondern auch zur allgemeinen Lagerung von Verbrauchsmaterialien für die Versorgung der Offshore-Flotte und zur verwaltungstechnischen Unterstützung durch die Nord Stream AG und ihre Lieferanten. Möglicherweise ist sowohl für die Installations- als auch die Betriebsphase außerdem die Unterstützung durch Hubschrauber erforderlich. In diesem Kapitel sind die Einzelheiten des Logistikkonzepts des Nord Stream-Projekts beschrieben. 4.4.1 Logistikkonzept Dieses Konzept wurde speziell für das Projekt entwickelt und umfasst: Transport der Rohre mit Korrosionsschutzbeschichtung und der Materialien für die Betonummantelung zu den Betonummantelungsanlagen Transport der betonummantelten Rohre ins Zwischenlager der Pipelinerohre Transport der betonummantelten Rohre aus dem Zwischenlager der Pipelinerohre und von den Betonummantelungsanlagen auf die Verlegeschiffe Transport des Steinschüttungsmaterials vom Steinbruch zum Verwendungsort Das Logistikkonzept wurde so ausgelegt, dass der landseitige und der Offshore-Transport reduziert wurden. Der Einsatz bestehender Einrichtungen wurde favorisiert, um Neubauten, wenn immer möglich, zu vermeiden. Bei der Entwicklung des Logistikkonzepts wurde daher besonderes Augenmerk auf die Minimierung der Auswirkungen auf die Umwelt und die Reduzierung der Kosten gelegt. In den folgenden Kapiteln wird der gegenwärtige Status (November 2008) der geplanten Logistikeinrichtung beschrieben. Dabei ist zu beachten, dass die Lieferanten der zweiten Pipeline (Südostpipeline) noch nicht ausgewählt wurden. Aus diesem Grund muss die Logistik jederzeit an etwaige Veränderungen angepasst werden können. Das Konzept basiert ferner auf der erwarteten Bereitschaft und Verfügbarkeit der Örtlichkeiten. Die Vorbereitung der Einrichtungen erfolgt in Übereinstimmung mit den Gesetzen und Anforderungen des jeweiligen Landes und unterliegt unabhängigen nationalen Genehmigungsverfahren. Informationen über diese landseitigen Einrichtungen werden jedoch auch hier zur Verfügung gestellt, um einen besseren Überblick über die Projektlogistik zu gewähren.

135 4.4.2 Transport der Pipelinerohre und Beschichtungsmaterialien zu den Betonummantelungsanlagen Die Pipelinestränge für die Nordwest-Pipeline werden in Rohrfabriken in Russland und Deutschland hergestellt. Dort werden sie auch mit einer Innenbeschichtung zur Reduzierung der Reibungsverluste beschichtet. In einer Beschichtungsanlage wird die Außenseite der Rohre mit einer dreilagigen PE- Beschichtung gegen Korrosion beschichtet. Anschlieβend werden die Rohre zu den Betonummantelungsanlagen in Kotka (Finnland) und Sassnitz-Mukran (in Deutschland) transportiert, wo die Betonummantelung aufgebracht werden soll. Die Standorte der Betonummantelungsanlagen sind in Abb. Abbildung 4.24 gezeigt. Die Rohre für die Nordwest-Pipeline werden von Europipe, Deutschland (75 %) und OMK, Russland (25 %) gefertigt, die den Zuschlag als Ergebnis einer internationalen Ausschreibung erhielten. Die Fertigungsaufträge für die Südost-Pipeline wurden noch nicht vergeben. Aufgrund des großen Durchmessers der Rohre und der entsprechenden Wanddicke sind nur wenige Rohrfertigungswerke weltweit in der Lage, diese herzustellen. Der Transport der Rohre zu den Betonummantelungsanlagen erfolgt größtenteils direkt ab Herstellerwerk per Bahn. Die Auslieferung der Nordwest-Pipeline per Bahn nach Kotka begann im Juni 2008 und wird bis Oktober 2009 fortgesetzt. Die Auslieferungen für die Südost-Pipeline finden von Januar 2010 bis März 2011 statt. Im Zeitraum von Mai 2008 bis Dezember 2011 werden nach den bisherigen Schätzungen für beide Pipelines die Lieferungen kontinuierlich in Sassnitz-Mukran (Deutschland) eintreffen. Ein kleiner Teil der in Deutschland gefertigten Rohre (entspricht 34 Schiffsladungen, oder 10 % der Pipelinelänge) wird per Schiff von Bremen oder Mukran nach Kotka transportiert. Die Verladungen in Kotka erfolgen von Oktober 2008 bis März 2009 für die Nordwest-Pipeline, die Planung für die Südost-Pipeline steht noch aus. Die Materialien für die Betonummantelung, wie z. B. Zement und Zuschlagstoffe, werden ebenso vorwiegend aus der Umgebung an die Betonummantelungsanlagen per Bahn geliefert. Eisenerz wird per Schiff transportiert (siehe Beispiel in Abbildung 4.20). Zement und Zuschlagstoffe werden im Zeitraum von November 2008 bis Juni 2011 kontinuierlich an die die Rohrummantelungsanlage in Kotka, sowie von Januar 2009 bis März 2012 in Sassnitz-Mukran ausgeliefert.

136 Abbildung 4.20 Typisches Transportschiff für Eisenerz (MS Splittnes) Eisenerz wird mit großen Cargoschiffen von Narvik in Norwegen nach Kotka transportiert. Lieferungen nach Sassnitz-Mukran erfolgen direkt durch mittelgroße Cargoschiffe. Alternativ kann Eisenerz auch mit großen Cargoschiffen nach Rostock geliefert und dort in kleinere Schiffe umgeladen werden. Im Hafen von Rostock kann Eisenerz, falls erforderlich, gelagert werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Gesamtschiffsladung nach Kotka 10 Schiffe und nach Sassnitz-Mukran 35 Schiffe (insgesamt für beide Pipelines) umfassen wird. Alle Pipelinestränge werden in Zwischenlagern in der Nähe der Rohrummantelungsanlagen gelagert und dann in die Anlagen transportiert, wo die stahlverstärkte Betonummantelung angebracht wird. Abbildung 4.21 zeigt das erste Rohrlager am Standort Kotka.

137 Abbildung 4.21 Beispiel des ersten Rohrlagers in Kotka Nach der Beschichtung werden die Pipelinestränge erneut in der Nähe der Betonummantelungsanlagen zwischengelagert. Von hier aus werden sie dann direkt zum Verlegeschiff oder in die Zwischenlager für Pipelinerohre in Finnland und Schweden transportiert, die sich näher beim mittleren Abschnitt der Pipelineroute befinden, um so den Beförderungsweg zu den Verlegeschiffen möglichst gering zu halten. 4.4.3 Betonummantelungsanlagen und Zwischenlager Für die Standortwahl der Betonummantelungsanlagen und Zwischenlager der Pipelinerohre (siehe Abbildung 4.24) wurden zahlreiche Faktoren umfassend analysiert, um die land- und seeseitigen Transportanforderungen und damit auch die Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren. Die Nord Stream AG und ihre Vertragspartner wählten aus einer Kurzliste von 68 Häfen innerhalb des gesamten Ostseeraums fünf Standorte aus. Die Eignung dieser Häfen wurde anhand verschiedener Faktoren, wie Entfernung zu Herstellerwerken, Bahnverbindungen und andere Infrastrukturaspekte, Wassertiefe vor Ort, anderweitige industrielle Nutzung des Standorts sowie Entfernung zur Pipelineroute, geprüft, um die Transportwege möglichst kurz zu halten. Der Umbau der Hafenbereiche wird von Unternehmen vor Ort ausgeführt werden. Der Zuschlag für den Bau der Betonummantelungsanlagen sowie der zugrundeliegenden Infrastruktur ging an EUPEC, ein französisches Unternehmen mit über 40 Jahren Erfahrung in der Ummantelung von Rohren. Zum Leistungsumfang der EUPEC gehört die Leitung der beiden Betonummantelungsanlagen in Kotka und Sassnitz-Mukran, die Umladung in Zwischenlager sowie die Handhabung und Lagerung der Rohre im gesamten Ostseegebiet. Die geplanten Logistikprozesse können von EUPEC, falls erforderlich, optimiert werden, wie z. B. in folgenden Fällen: Harte Winter (Eis)

138 Ausfall des Equipments Versorgungsengpässe Die Betonummantelungsanlagen werden ebenfalls als Zwischenlager für die Rohre vor und nach der Ummantelung verwendet. Der Lageplan der Betonummantelungsanlage mit Zwischenlager in Sassnitz-Mukran ist in Abbildung 4.22 dargestellt. Abbildung 4.22 Geplante Betonummantelungsanlage und Zwischenlager in Sassnitz- Mukran in Deutschland Die Betonummantelungsanlagen und anliegenden Zwischenlager in Kotka und in Sassnitz- Mukran werden eine 35 Hektar bzw. 50 Hektar große Fläche in Anspruch nehmen. In den Rohrummantelungsanlagen werden ca. 100.000 Rohre pro Pipeline ummantelt werden. Die prognostizierte Gesamtproduktionskapazität für Kotka liegt bei 35.000 Rohren für die Nordwest- Pipeline, und für Sassnitz-Mukran bei ca. 65.000 Rohren. Die Produktionskapazität liegt anfangs bei circa 1.000 Rohren pro Woche. Die Ausschreibung für die noch ausstehenden Pipelinestränge der Südost-Pipeline wird erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Wie bereits erwähnt, werden die fertig ummantelten Pipelinestränge für den Bau des mittleren Abschnitts der Pipelines aus logistischen Gründen von Küstenschiffen in Zwischenlager gebracht. Als Zwischenlager geplante Standorte: Bereich Hanko, Finnland Slite (Gotland), Schweden Karlskrona, Schweden

139 Abbildung 4.24 zeigt die Standorte der Zwischenlager. Eine Übersicht der Rohrtransporte zwischen den Rohrummantelungsanlagen und den Zwischenlagern ist in Tabelle 4.10 dargestellt. Tabelle 4.10 Erwartete Be- und Entladezeiten für die Betonummantelungsanlagen (Kotka und Sassnitz-Mukran) und Zwischenlager (Hanko, Slite und Karlskrona) Ort Nordwestpipeline Südostpipeline Verladezeit Entladezeit Verladezeit Entladezeit Start Ende Start Ende Start Ende Start Ende Kotka 1. Sept. 15. Nov. 1. Mai 17. Juli 2010 2010 2011 2011 15. Nov. 20. Dez. 2010 2010 Hanko 1. Okt. 15. Jan. 4. Nov. 20. Jan. 1. Juli 31. Okt. 17. Juli 10. Nov. 2010 2011 2010 2011 2011 2011 2011 2011 Slite 1. Juli 31. Okt. 20. Aug. 4. Nov. 1. Okt. 1. Apr. 11. Nov. 1. Apr. 2010 2010 2010 2010 2011 2012 2011 2012 1. Jan. 29. März 20. Jan. 29. März 2011 2011 2011 2011 Karlskrona 1. Mai 15. Aug. 1. Juni 20. Aug. 1. März 31. Mai 1. Apr. 1. Juni 2010 2010 2010 2010 2012 2012 2012 2012 Mukran 1. Apr. 1. Juni 1. Juni 29. Juli 2010 2010 2012 2012 Die ummantelten Rohre werden mit mobilen Hafenkränen von den Schiffen in das Lager verbracht. Der Umschlag der Rohre in den Lagern erfolgt mithilfe von Kranen, Frontladern, Containerstaplern und Lastwagen. Zur Verladung der Rohre aus den Lagern auf die Rohrtransportschiffe werden Hafenkräne verwendet. Die unterschiedlichen Geräte zum Verladen der Rohre sind in Abbildung 4.23 abgebildet.

140 Abbildung 4.23 Rohre im Lager Ein-/Ausladen von einem Transportschiff für Pipelinerohre (oben) und Umschlag an Land (unten) 4.4.4 Offshore-Rohrlieferung Abbildung 4.24 zeigt die Standorte der Betonummantelungsanlagen und Lager. Die Entfernung der Betonummantelungsanlagen und Lagern zu den Verlegeschiffen beträgt jederzeit weniger als 100 Seemeilen (sm). Dies hat sich als die optimale Lösung herausgestellt, da es sich hier um die Entfernung handelt, die ein Rohrtransportschiff pro Tag zwischen Lager und Verlegeschiff und wieder zurück bewältigen kann. Das heißt, dass nur drei Rohrtransportschiffe benötigt werden, um die Rohre in einer angemessenen Zeit zu den Verlegeschiffen zu bringen, wenn der maximale Transportweg nicht mehr als 100 Seemeilen ist.

141 Abbildung 4.24 Standort und Arbeitsbereich (ca. 100 Seemeilen) für die beiden Betonummantelungsanlagen mit Hauptlager (Kotka und Mukran- Sassnitz) und den drei Zwischenlager (Hanko-Gebiet, Slite und Karlskrona) Die Logistik der Rohrlieferung wird nach dem in Abbildung 4.25 dargestellten Schema und auf der Grundlage der Arbeitsbereiche der verschiedenen Lager durchgeführt. Abbildung 4.25 gilt nur für die Nordwest-Pipeline, die beiden Anlandungsstellen sowie ein Reservekontingent. Der Umfang der noch ausstehenden Arbeiten (z. B. der Offshoreteil der Südost-Pipeline) ist hier nicht aufgeführt.

142 Abbildung 4.25 Logistik der Rohrlieferung. Die Spezifikation bezieht sich auf den prozentualen Anteil an den Zahlen für die Gesamtlänge der Offshore- Pipeline (ca. 1.222 km). Im Diagramm sind nur der Pipelinestrang für die Nordwest-Pipeline, die beiden Anlandungsstellen sowie ein Reservekontingent berücksichtigt. Die Pipelinestränge für die restliche Südost-Pipeline sind nicht enthalten Für den Bau der Nordwest-Pipeline werden 22.700 Rohre von Kotka nach Hanko und 52.700 Rohre von Sassnitz-Mukran nach Karlskrona und Slite gebracht. Das Verladevolumen von den Rohrummantelungsanlagen entspricht ca. drei Küstenschiffsladungen pro Tag während der Pipelineverlegezeiten. Das durchschnittliche Ladevolumen eines Rohrtransportschiffs beträgt ca. 250 Rohre pro Umladevorgang. Von Kotka und Sassnitz-Mukran werden ca. 24.600 Rohre (jeweils 12.300) direkt auf die Verlegeschiffe geladen. In Abhängigkeit vom Verlegeschiff kommen Rohrtransportschiffe unterschiedlicher Größen zum Einsatz. Für Saipem Castoro Sei in Abbildung 4.26 werden Rohrtransportschiffe mit einer Kapazität von ca. 80 Rohren verwendet. Für das Verlegeschiff Solitaire, dessen Einsatz im Finnischen Meerbusen geplant ist, werden größere Transportschiffe mit einer Kapazität von ca. 250 Rohren verwendet. Weitere Informationen über die Verlegeschiffe sind in Abschnitt 4.5.4 zur Rohrverlegung zu finden.

143 Abbildung 4.26 Ein Rohrtransportschiff nähert sich dem Verlegeschiff Castoro 4.4.5 Transport von Steinschüttungsmaterial Das Material für Steinschüttungen vor der Rohrverlegung (siehe Abschnitt 4.5.2 über Korrekturmaßnahmen am Meeresboden) wird in einem Steinbruch bei Kotka abgebaut. Es wurde einem Steinbruch in dieser Gegend der Vorzug gegeben, weil das für die Nord Stream-Pipeline benötigte Gesteinsmaterial für Korrekturmaßnahmen am Meeresboden im Finnischen Meerbusen verwendet werden soll. Das gebrochene Gestein wird vom Steinbruch zum nahegelegenen Hafen gebracht, wo es bis zur Verladung gelagert wird. Das Gesteinsmaterial wird von Steinstürzern durch die Fallrohr- Vorrichtung sehr genau auf dem Meeresboden verbracht. Für die Arbeiten vor der Rohrverlegung für beide Pipelines werden die Tideway Rollingstone und die Baskalis Seahorse (Abbildung 4.27) oder Sandpiper verwendet. Vertragspartner für die Steintransportlogistik vor Rohrverlegung wird ein Joint Venture der Unternehmen Tideway JV und Boskalis Offshore sein. Diese Unternehmen sammelten

144 Erfahrungen bei anderen größeren Offshore-Bauarbeiten, einschließlich Projekten in Russland und der Øresund-Verbindung zwischen Kopenhagen und Malmö. Die Aufträge für die Arbeiten nach Rohrverlegung wurden noch nicht vergeben. Abbildung. 4.27 Boskalis Seahorse, dynamisch positionierter Steinstürzer mit Fallrohr 4.5 Bau Dieses Kapitel beschreibt alle Aktivitäten, die im Rahmen des Nord Stream-Pipelinebaus stattfinden werden. Dazu gehören: Vermessung (spezifische Datenerhebung im Bereich des Pipelinekorridors) Korrekturmaßnahmen am Meeresboden (zur Sicherstellung eines stabilen Pipelinefundaments auf dem Meeresboden) Baumaßnahmen an den Anlandungsstellen in Deutschland und Russland Kreuzung bestehender Seekabel und Schifffahrtsstraßen einschließlich Vorbereitung der Verlegung Offshore-Verlegung der Pipelines Verbindung (Kupplung) der verschiedenen Offshore-Abschnitte im Rahmen des Vorbetriebes

145 Hauptauftragnehmer für den Bau der Nord Stream-Pipelines ist Saipem UK Ltd., Eni Group. Im Leistungsumfang von Saipem sind außerdem die Festlandabschnitte, die Verbindungen und die Verwaltung aller Unterlieferanten enthalten. 4.5.1 Trassenoptimierung durch ingenieurtechnische Trassenvermessungen und - untersuchungen In der Vergangenheit wurden verschiedene Trassenvermessungen und -untersuchungen für die Nord Stream-Pipeline durchgeführt, um genaue Kenntnisse über Meeresbodenbeschaffenheit, Topografie, Meerestiefenvermessung und im Meer vorgefundene Objekte wie Schiffswracks, Felsen, Rüstungsaltlasten usw. zu erhalten. Diese Kenntnisse sind für die Optimierung des Trassenverlaufs, das Detaildesign und eine Auswahl der Baumethoden erforderlich. Die folgenden Kapitel enthalten einen kurzen Überblick über die Untersuchungen, die bereits durchgeführt wurden und die noch vor, während und nach dem Pipelinebau durchgeführt werden sollen. Die Untersuchungen wurden im Wesentlichen im Bereich der folgenden drei Korridore durchgeführt: Ankerkorridor (+/- 1 km auf jeder Seite des angegebenen Routenverlaufs). Innerhalb dieses Korridors können während der Pipelineverlegung Anker von Verlegeschiffen abgeworfen werden Installationskorridor (+/- 7,5 m auf jeder Seite des angegebenen Routenverlaufs). Dieser Korridor beruht auf den angegebenen Toleranzen für die normale Pipelineverlegung, die im Vertrag mit dem entsprechenden Subunternehmer festgelegt wurden (siehe ebenfalls Abschnitt 5.5.1 zur Risikobewertung) Sicherheitskorridor (+/- 25 m auf jeder Seite des angegebenen Routenverlaufs). Dieser Korridor basiert auf den Auswirkungen von beispielsweise bei Minenräumungen auf dem Meeresboden stattfindenden Unterwasserexplosionen auf die Pipeline. Die Korridorbreite wurde auf der Grundlage genauer technischer Analysen der in der Ostsee aufgefundenen Munitionstypen sowie der Entfernung, in der eine Explosion die Pipeline beschädigen kann, berechnet. Diese Analysen wurden von dem für das Design verantwortlichen Subunternehmer durchgeführt und von der für die Genehmigung zuständigen Behörde überprüft (siehe ebenfalls Abschnitt 5.5.1 zur Risikobewertung) Für das Detaildesign durchgeführte Untersuchungen Die folgenden Untersuchungen wurden zur Trassenoptimierung und für das Detaildesign durchgeführt.

146 Erkundungsstudie Im Jahr 2005 wurde von PeterGaz eine Trassenerkundung durchgeführt, um aufgrund geologischer und anthropogener Aspekte eine Optimierung der vorläufigen Pipelineroute zu erreichen. Dabei wurde ein 2 km breiter Korridor in seiner gesamten geophysikalischen Ausdehnung untersucht. Ihre Zielsetzungen waren: Erstellung einer Topografie des Meeresbodens, der geologischen Modellierung des Untergrunds und Identifizierung aktiver geomorphologischer Prozesse in der Umgebung Identifizierung und Kartierung von potenziellen geologischen Strukturen, umweltbedingten Einschränkungen, anthropogenen Hinterlassenschaften (Kulturerbe, Rüstungsaltlasten, Schutt) und Infrastruktur Dritter, die sich potenziell auf die Pipelineplanung und deren langfristige Integrität auswirken können Geophysikalische, geotechnische und ingenieurtechnische Untersuchung Im Zeitraum von 2004 bis 2008 wurden ingenieurtechnische, geophysikalische und geotechnische Untersuchungen durchgeführt, um die Daten die zur Optimierung des Pipelinetrasse und der Pipelineplanung (einschließlich der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden zur Sicherstellung der langfristigen Integrität der Pipeline) erforderlich sind, bereitzustellen. Diese Untersuchungen laufen noch (Dezember 2008). Ziele sind/waren: Ermittlung einer genauen Meeresbodentopografie und geologische Modellierung des Untergrunds der ausgewählten Trasse Ermittlung genauer und ausführlicher Informationen zu anthropogenen Hinterlassenschaften und zur Infrastruktur Dritter Detaillierte Auswertung der Bodenarten einschließlich deren Variabilität, Definition der Bodenbeschaffenheit in Bezug auf geotechnische Parameter für das Detaildesign einschließlich Bewertung der Interaktion zwischen Pipeline und Meeresboden (Pipelinestabilität, Einbettung und Pipelinekonfiguration auf dem Meeresboden), Errichtung von Gesteinsbermen als Teil der Vor- und Nacharbeiten, Einschätzung der Baggerbarkeit und chemischen Eigenschaften des Bodens Die geophysikalischen Untersuchungen und geotechnischen Studien wurden in mehreren Schritten nach Trassenanpassung und -optimierungen durchgeführt. Korridore mit einer Breite von 250 m wurden mit geophysikalischen Messgeräten untersucht und geotechnische Proben entlang der Mittellinie der Pipeline entnommen. Kampfmittelerkundung Munition aus dem 1. und 2. Weltkrieg sowie aus anderen Konflikten in der Ostseeregion wurde in der Ostsee entsorgt. Um sicherzustellen, dass der Pipelinekorridor frei von Kampfmitteln ist,

147 wurde eine intensive Untersuchung nach Kampfmitteln im geplanten Pipelinekorridor durchgeführt. Kampfmittel stellen eine Gefahr für die Arbeiter, die Pipeline und die Umwelt beim Bau und beim Betrieb der Pipeline dar. Ziele der Untersuchung waren: Aufsuchen, Identifikation und Kartierung von Kampfmitteln die den Bau und langfristig die Integrität der Pipeline beeinträchtigen Visuelle Prüfung und Klassifikation der Kampfmittel Einbeziehung von Objekten, die bei früheren Untersuchungen bereits identifiziert wurden, sowie Abgleich mit öffentlich zugänglichen Daten Andere Untersuchungen Zusätzlich zu den genannten Untersuchungen wurden zwischen 2005 und 2008 auch Kulturdenkmäler untersucht und zahlreiche umweltrelevante Felduntersuchungen durchgeführt. Dazu gehörten z. B. auch die Entnahme und Untersuchung von Wasserproben, Meeresbodenproben, Plankton (Phyto- und Zooplankton), Makrozoobenthos (Meeresbodenfauna), Fischen und die Untersuchung von Meeressäugern und Vögeln. Abbildung 4.28 zeigt eine Übersicht über die Tragweite der verschiedenen technischen Untersuchungen und Munitionssuchaktionen. Abb. 4.28 Allgemeine Detailgenauigkeit der technischen Untersuchungen und Munitionssuche in den Jahren 2007 und 2008

148 Vor dem Pipelinebau durchzuführende Untersuchungen Folgende Untersuchungen werden vor Beginn der Bauarbeiten und während des Genehmigungsverfahrens durchgeführt. Untersuchung im Ankerkorridor Diese Untersuchung identifiziert und katalogisiert Hindernisse im Ankerkorridor der Verlegeschiffe. Die Untersuchung wird in einem 1 km breiten Korridor auf beiden Seiten des Trassenverlaufs durchgeführt. In flacheren Gewässern (weniger als 100 m Wassertiefe) wird der untersuchte Korridor auf 800 m verringert. Die Durchführung der Untersuchung des Ankerkorridors begann am 15. November 2008 und wird bis September 2009 dauern. Zielsetzungen der Untersuchung des Ankerkorridors sind: Kartierung potenzieller Gefahren für Ankerung und Umwelt, die als Basis für Ankerrisikobewertung dienen soll Identifikation von Gefahren wie potenzieller Kampfmittel-Altlasten, anthropogen bedingter Müll, geologische Strukturen, Hindernisse und bestehende Infrastruktur Identifikation und Kartierung von Bereichen mit kulturhistorischer Bedeutung, die geschützt werden müssen Die Untersuchung des Ankerkorridors umfasst die vier folgenden Phasen: Phase 1: Geophysikalische Untersuchung Bathymetrische Untersuchung in einem 2x2 m-raster Seitenscan-Sonar-Untersuchung, Frequenz 600 khz, 75 m-bereich, 50 m-linienabstand in Hochrisikoabschnitten der Trasse (von der finnisch-russischen Grenze bis ca. KP 395) Seitenscan-Sonar-Untersuchung, Frequenz 300 khz / 600 khz, 125 m-bereich, 100 m- Linienabstand in Trassenabschnitten mit geringeren Risiken. Sofern potenzielle Munition lokalisiert wird, werden weitere Einfülllinien in 50 m-abständen ausgeführt Magnetisches Verfahren mithilfe eines gezogenen Ein-Sensor-Cäsium-Magnetometers Bewertung von Zielen und Entwicklung des ersten Ankerkonzepts

149 Phase 2: Visuelle Inspektion Mithilfe von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen (Remotely Operated Vehicles - ROVs) ausgeführte visuelle Inspektion von Kulturerbe und vermuteter anthropogener Objekte (Munition, Fässer, allgemeiner Abfall) Bewertung der Ergebnisse und Ausbau des Ankerkonzepts Phase 3: Gradiometer-Untersuchung mit Hilfe von ROVs An einzelnen kritischen Stellen wird eine Magnetometeruntersuchung mit Hilfe eines Gradiometer-Arrays an einem ROV ausgeführt Phase 4: Bewertung der Untersuchungsergebnisse durch Experten Prüfung der Videoinspektionen durch Marine-Rüstungsexperten, um die Untersuchungsergebnisse mit Munitionsverklappungen in der Ostsee zu korrelieren Wo Munition, Kulturerbe oder potenziell gefährlicher Abfall identifiziert werden, werden Ankerausschlusszonen eingerichtet. Das mit der Verlegung beauftragte Unternehmen entwickelt dann Ankermuster und -verfahren, um sicherzustellen, dass die betreffenden Gebiete nicht durch Anker oder gezogene Ankerseile beeinflusst werden. In kritischen Abschnitten werden die Ankermuster an die zuständigen Behörden übermittelt. Dies ist weiter beschrieben im Abschnitt 4.5.4 unter Ankerkorridore und Ankereinsatz. Es findet eine Risikobewertung der Ankerverfahren bezüglich Sicherheits- und Umweltgefährdungen statt. Anhand der Ergebnisse der Risikobewertung werden verschiedene Minderungsmaßnahmen entwickelt. Diese können den Einsatz von Schwimmern an den Ankerseilen, Live-Anker, d. h. Schlepper anstelle des Ankersetzens auf dem Meeresboden, oder Munitionsbeseitigung umfassen. Munitionsräumung Die bereits im Baukorridor durchgeführte Munitionssuche hat ergeben, dass in russischen, finnischen und schwedischen Gewässern noch Munitionsaltlasten identifiziert werden müssen. Ferner wird während der Untersuchung des Ankerkorridors die Identifikation weiterer Munitionsaltlasten erwartet. Alle Munitionsfunde in dem 50 m breiten Sicherheitskorridor werden geräumt, wohingegen alle Munitionsfunde innerhalb des Ankerkorridors geräumt werden, wenn dies nach der Expertenbewertung durch das mit der Verlegung beauftragten Unternehmen erforderlich ist, wie oben beim Umfang der Untersuchung des Ankerkorridors beschrieben.

150 Im vergangenen Jahrzehnt haben die zuständigen Marineeinheiten der Ostseestaaten Methoden zur sicheren und effektiven Beseitigung von Minen und sonstigen explosiven Munitionsaltlasten auf dem Ostseeboden entwickelt. Diese Verfahren wurden auch von der Marine anderer Länder weltweit dazu verwendet, Kampfmittel-Altlasten aus früheren Kriegsschauplätzen zu beseitigen. Das Grundprinzip dieses Verfahrens besteht in der Platzierung einer kleinen Ladung neben dem als scharf identifizierten oder verdächtigten Rüstungsobjekt auf dem Meeresboden mithilfe eines speziell dafür entwickelten ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugs (ROV). Diese Ladungen werden sodann von einem Versorgungsschiff aus, das sich in sicherer Entfernung zum Ziel befindet, zur Detonation gebracht. Jeder Minen- oder Munitionstyp wird erfasst und bei der Inspektion vor der Sprengung identifiziert. Die Menge des Sprengstoffs in der gefundenen Munition wird anhand historischer Angaben bestimmt. Die Ladung, die für die Sprengung der Munition vor Ort notwendig ist, wird nach anerkannten Standardverfahren berechnet. Dabei wird darauf geachtet, dass die Auswirkungen auf die Umgebung so gering wie möglich ist. Mit diesen Beseitigungsmaßnahmen wird bezweckt, die Kampfmittel-Altlasten, die eine Gefahr beim Bau der Pipeline darstellen oder auch später noch schädliche Auswirkungen auf den Meeresboden und die Umwelt haben können, endgültig zu beseitigen. Es ist vorgesehen, dass die Munitionsbeseitigung in zwei Phasen durchgeführt wird: zuerst im Sicherheitskorridor, gefolgt von ausgewählten Munitionsfunden im Ankerkorridor. Ein Räumungsplan wird in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Behörden des jeweiligen Landes erarbeitet. Der Räumungsplan wird: Gefahren und Bedingungen identifizieren, die außergewöhnliche Minderungsmaßnahmen erfordern Verfahren zur Munitionsbeseitigung mit individuellen Prozessen für jede Munitionsart anbieten Geeignete Minderung unter besonderer Beachtung der Umgebung einräumen Bereitstellung von Personal zur Beobachtung von Meeressäugern und für die Abstimmung mit dem Fischfang festlegen Kommunikationswege mit den zuständigen Behörden und interessierten Parteien anbieten Für erforderliche Untersuchungen und Monitoring sorgen, um nachzuweisen, dass die Räumungseinsätze erfolgreich waren Vermessung im Rahmen des Pipelinebaus

151 Die folgenden Vermessungsarbeiten werden direkt in Verbindung mit dem Bau der Pipeline durchgeführt. Vermessung vor der Pipelineverlegung Vor Beginn der Verlegung wird eine Vermessung durchgeführt. Aufgabe dieser Untersuchung ist es, die vorherige Routenuntersuchung zu bestätigen und sicherzustellen, das keine neuen Hindernisse auf dem Meeresboden gefunden werden. Eine derartige Vermessung umfasst: Eine Mithilfe von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen (ROVs) ausgeführte bathymetrische Untersuchung zur Bestimmung der am Seebodenverhältnisse, bevor Maßnahmen zur Verbesserung des Meeresbodens durchgeführt werden. Diese Untersuchungen werden entlang der Pipelineroute zwischen den theoretischen Auflagepunkten an beiden Enden der prognostizierten Gesteinsberme durchgeführt ROVs-gestützte bathymetrische Untersuchung der theoretischen Auflagepunkte, an denen die Pipeline Kontakt zum natürlichen Meeresboden hat unter dem Gesichtspunkt der potentiellen Einflüsse auf benachbarte Seitenstreifen ROV-gestützte bathymeterische Untersuchungen, um die Setzung der Berme festzustellen und abzuschätzen, inwieweit eine zusätzliche Steinschüttung vor der Rohrinstallation erforderlich ist, um einen ausreichend tragfähigen Grund zu erhalten ROV-gestützte visuelle Inspektion vor der Verlegung der Pipeline Untersuchung während der Bauausführung Zur Durchführung von Untersuchungen, die während der Bauphase der Pipeline nötig sein können, wird die vollständige Untersuchungskapazität bereitgestellt. Diese umfasst: Die gesamte geophysikalische Bandbreite: Fächerecholote, Seitensicht-Sonare, Subbottom-Profiler und Magnetometer ROVs zur Ausführung visueller Inspektionen Verlegebestandsaufnahme Zur Dokumentation der Rohrverlegung wird nach Verlegung der Pipelines durch das Verlegeschiff auf dem Meeresboden eine Bestandsaufnahme durchgeführt. Bei dieser Bestandsaufnahme werden Verlegeposition und Zustand der Pipelines erfasst. Der Bericht umfasst: Bathymetrie und Seitensicht-Sonar-Messungen Visuelle Inspektion mithilfe ROVs

152 Baubestandsaufnahme Als abschließende Dokumentation der Pipelineinstallation wird eine Baubestandsaufnahme durchgeführt. Diese Bestandaufnahme erfolgt nach Korrekturmaßnahmen am Meeresboden, der Rückverfüllung des Rohrgrabens, der Steinschüttung usw., d. h. nach endültiger Fertigstellung der Pipelines. Aus der Baubestandsaufnahme muss hervorgehen, dass die Pipelines korrekt installiert wurden. Es soll festgestellt werden, dass die erforderliche Überdeckungshöhe erreicht wurde, die Nachverfüllung und die Steinschüttung nach Spezifikation ausgeführt und die Integrität der Pipelines nicht verletzt wurden. Die Untersuchung umfasst normalerweise eine optische Inspektion der Pipeline, die mithilfe ferngesteuerter Unterwasserfahrzeuge (ROVs) durchgeführt wird. Ein Untersuchungsschiff sowie ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug (ROV) sind in Abbildung 4.29 dargestellt. Abbildung 4.29 Die Saipem Grampian Surveyor (links), ein typisches Vermessungsschiff, und ein startbereites, ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug ROV (rechts). Die Fotos wurden von Saipem S.p.A zur Verfügung gestellt 4.5.2 Korrekturmaßnahmen am Meeresboden Die Korrekturmaßnahmen am Meeresboden umfassen die "Erdarbeiten am Seeboden", die dem Schutz der Pipelines dienen und die Auswirkungen auf Umwelt und Menschen minimieren. Es kommen verschiedene Methoden zur Anwendung, um einen geeigneten Untergrund für die Pipeline zu schaffen. Die Pipeline soll auf einem ebenen Meeresboden verlegt werden. Innerhalb zulässiger Toleranzen können Bodenwellen des Meeresbodens (freie Spannweiten) überspannt werden, jedoch abhängig von der Größe der Spannweite und des freien Durchlasses.

153 Die Korrekturmaßnahmen am Meeresboden werden vor und nach Verlegung der Pipelines durchgeführt. In der Planungsphase werden die Anforderungen zum Schutz der Rohrleitungen berücksichtigt. Dieses Kapitel beschreibt zuerst die allgemeinen Gründe und Anforderungen sowie die möglichen Vorgehensweisen für Korrekturmaßnahmen am Meeresboden. Im Anschluss daran werden die Gebiete und Methoden der Maßnahmen am Meeresboden beschrieben, die in den fünf Ursprungsländern angewendet werden sollen. Anforderungen und Alternativen für die Korrekturmaßnahmen am Meeresboden Nach Verlegung der Pipelines schützt Betonummantelung diese gegen das Aufschwimmen und übernimmt einen Großteil des mechanischen Pipelineschutzes. Entlang der Route ergeben sich jedoch unterschiedliche Anforderungen für zusätzliche Schutzmaßnahmen, um folgende Bedingungen zu vermeiden: Spannungen durch Entstehung freiliegender Spannweiten, die durch Unebenheiten auf dem Meeresboden hervorgerufen werden Übermäßige Bewegungen durch hydrodynamische Beanspruchung Intensive Bewegung (laterale und hebende Verformung) aufgrund von Druckbeanspruchung der Pipeline Auswirkungen des Schiffsverkehrs Beeinträchtigung durch Fischfanggeräte, z. B. Schleppnetze In Gebieten, wo eine oder gleich mehrere dieser Bedingungen anzutreffen sind, wird ein zusätzlicher Schutz üblicherweise durch Vergrabung der Pipelines im Meeresboden oder durch Steinschüttung erreicht. Die Betonummantelung stellt die hydrodynamische Stabilität sicher. Die dafür erforderliche Dicke der Ummantelung liegt, je nach Ort und Lage, zwischen 60 mm und maximal 110 mm. Die zulässigen Spannweiten und Höhe der Durchlässe sind abhängig von den strukturellen Parametern der Pipelines, den Bodenverhältnissen, Wellen und Strömungen ab. Die Gebiete mit unzulässigen Spannweiten entlang der Pipelinetrasse gemäß DNV RP F105 über freie Spannweiten von Pipelines (siehe Abschnitt 4.3, Standards und Normen) wurden anhand der bathymetrischen und geophysikalischen Untersuchungen identifiziert. In einigen Gebieten entlang der Pipelinetrasse ist der Meeresboden sehr rau. Aufschlüsse aus hartem Geschiebe oder kristallinische Felsuntergründe mit Sedimentablagerungen zwischen den Aufschlüssen können sich bei der Installation der Rohrleitungen insofern als Schwierigkeit darstellen, als die Rohre möglicherweise auf den einzelnen Kronen der härteren Aufschlüsse aufliegen und dazwischen absacken könnten. Dies könnte auf diesen Abschnitten zu einer übermäßigen

154 Belastung der Pipeline führen, sofern der Meeresgrund vor der Pipelineverlegung nicht entsprechend vorbereitet wurde. Untersuchungen der Art und Größe der in der Ostsee eingesetzten Fischfanggeräte zeigen, dass den Rohrleitungen durch Kollision mit Fischfanggeräten mit großer Wahrscheinlichkeit kein ernsthafter Schaden zugefügt werden kann. Die Pipeline ist so ausgelegt, dass sie Stoßbelastungen von Schleppnetzen mit einer Stärke von bis zu 3.000 kg widerstehen kann (siehe DNV RP F111 über die Interferenz zwischen Fischfanggeräten und Pipelines Abschnitt 4.3). Zur Sicherstellung der Integrität der Pipelines sind folgende Maßnahmen technisch machbar: Umtrassierung der Pipelines Entfernung harter Aufschlüsse, der sog. Kronen durch Bagger Aufschüttung von Füllmaterial, Steinschüttung Verlegung im (durch Nassbaggerung hergestellten) Rohrgraben mit anschließender Rückverfüllung Platzierung vorgefertigter Stützkonstruktionen Generell werden die Herrichtungsmaßnahmen am Meeresboden für die gesamte Pipeline in drei Phasen ausgeführt: Phase 1 vor Verlegung (erfolgt vor der Rohrverlegung) Phase 2 nach Verlegung (erfolgt aber vor den Drucktests) Phase 3 nach Verlegung (erfolgt nach den Drucktests, um einen Ermüdungsbruch durch Biegebelastungen während des Betriebs zu vermeiden) Korrekturmaßnahmen am Meeresboden werden in Abhängigkeit von der Phase, in der sie stattfinden, definiert: Arbeiten vor der Pipelineverlegung: Vorbereitungsmaßnahmen, die im Vorhinein Belastungen durch freiliegende Spannweiten verhindern sollen. D.h. die Biegebelastung durch freiliegende Spannweiten wird aufgrund von Unebenheiten des Meeresbodens auf ein akzeptables Maß reduziert Arbeiten nach der Pipelineverlegung: diese Arbeiten haben denselben Zweck wie die Arbeiten vor Verlegung, sie werden jedoch zwischen der Rohrverlegung und den

155 Drucktests durchgeführt um die Pipeline vor den Drucktests zu fixieren. Dies erfolgt überwiegend durch Einpflügen oder durch Steinschüttungen Arbeiten nach der Pipelineverlegung: diese Maßnahmen werden nach der Verlegung der Pipeline zur Reduzierung von Biegebelastungen aus freiliegenden Spannweiten ausgeführt um die Pipeline zu fixieren. Dies erfolgt überwiegend durch Steinschüttungen Arbeiten nach der Pipelineverlegung: Diese Maßnahmen sind im russischen Abschnitt erforderlich, um die Dehnung der Pipeline (lateral und vertikal) zu verhindern Die Steinschüttungen sind normalerweise wie in der Nordsee ausgelegt, so dass in diesem Bereich Fischfang ohne Beeinträchtigung betrieben werden kann. Daher können die Schleppnetze über die Steinbermen hinweg eingesetzt werden. Es ist jedoch zu beachten, dass die Pipeline in Bereichen mit unregelmäßigem Meeresbodenprofil keinen durchgängigen Kontakt mit dem Meeresboden haben wird. In diesen Bereichen können über der Pipeline aufgrund der freiliegenden Spannweiten, die die typische kritische Höhe von 0,5 m zwischen Seeboden und Pipelineunterkante übersteigen, voraussichtlich keine Schleppnetze eingesetzt werden. Daher sind in diesen Abschnitten aus Sicherheitsgründen permanente Einschränkungen für den Fischfang über und neben der Pipeline erforderlich. Unzulässige freiliegende Spannweiten können auch während des Betriebs der Pipelines entstehen. In diesem Fall kann es erforderlich werden, den Fischfang vorübergehend einzuschränken, bis diese Spannweiten beseitigt wurden. Die Inspektion und die notwendige Wartung dieser Steinbermen erfolgen während der Betriebsphase in bestimmten Intervallen (siehe auch Abschnitt Externe Inspektionen). Auch während des Installationsbetriebs müssen die Fischfangaktivitäten wegen der anwesenden Verlegeschiffe und Steinstürzer vorübergehend eingeschränkt werden. Verlegung im Rohrgraben Bei der Verlegung im Rohrgraben wird unterschieden in pre-trenching (der Rohrgraben wird vor dem Verlegen der Pipeline ausgehoben) und post-trenching (die Pipeline wird in einem nach der Verlegung von einem Pflug ausgehobenen Graben abgesenkt). Dies ist die bevorzugte Methode bei der Nord Stream-Pipeline post-trenching durch Pflügen. Pre-trenching Pre-trenching (Unterwasseraushub) ist in den küstennahen Gebieten in Deutschland und Russland aufgrund der geringen Wassertiefe und der geforderten Mindestüberdeckung erforderlich. In Deutschland müssen die Pipelines zum Schutz vor ankernden oder auf Grund laufender Schiffen mit einer Überdeckung verlegt werden, um die Stabilität auf dem Meeresboden zu gewährleisten und um behördlichen Auflagen zu entsprechen.

156 Das Nassbaggern in flachen Gewässern wird mit mechanischen Baggern durchgeführt. Bei den eingesetzten Baggertypen handelt es sich um Stelzenpontonbagger, Laderaumsaugbagger, Eimerkettenbagger, sowie Schwimmgreiferbagger. Stelzenpontonbagger sind am besten für Grabenaushubarbeiten in Küstennähe geeignet. Das erneute Ausbaggern und Rückverfüllen wird am besten mit Laderaumsaugbaggern oder Klappschuten durchgeführt. Die endgültige Auswahl der Ausrüstung hängt jedoch von der Bodenbeschaffenheit und von den Auswirkungen der Arbeiten auf die Umwelt ab. Abbildung 4.30 zeigt ein Beispiel für einen hydraulischen Stelzenpontonbagger und einen kleinen Laderaumsaugbagger. Abbildung 4.30 Hydraulischer Stelzenpontonbagger (links) und Laderaumsaugbagger (rechts) Einpflügen nach der Verlegung Einpflügen nach der Verlegung ist aus umweltbedingten und wirtschaftlichen Gründen die am meisten verbreitete Grabungsmethode. Bei der Nachgrabung muss der Grund nur direkt unter der Pipeline ausgehoben werden, während bei einer Verlegung im vorbereiteten Rohrgraben der Aushub wesentlich größer ist, da die Installationstoleranzen zu berücksichtigen sind. Bei einer Vorgrabung besteht auch das Risiko einer natürlichen Rückverfüllung vor der Pipelineinstallation. Die Nachgrabung erfolgt durch Pflügen. Das ausgehobene Material wird auf dem Meeresboden belassen, und der Graben wird nicht rückverfüllt. Allerdings erfolgt aufgrund der Strömung teilweise eine natürliche Rückverfüllung.

157 Abbildung 4.31 Pipelinepflug PL2 auf einem Unterstützungsschiff (links) und beim Einsatz auf dem Meeresboden (rechts) Das Einpflügen wird mit einem Pipelinepflug (wie in Abbildung 4.31 dargestellt) durchgeführt, der von einem Mutterschiff über der Pipeline auf dem Meeresboden installiert wird. Die Rohrleitung wird von hydraulischen Greifarmen in den Pflug gehoben und durch Rollen, die vorne und hinten am Pflug befestigt sind, gestützt. Die Rollen sind mit Kraftmessdosen zum Monitoring der auf die Pipeline während der Grabenlegung wirkenden Last ausgestattet. Der Pflug wird durch Schlepptaue gesichert. Der Graben wird ausgehoben, indem der Pflug von ein bis drei Schleppern durch den Meeresboden gezogen wird. Für die Grabenlegung mit einem Pipelinepflug wird ein Mutterschiff mit A-Rahmen benötigt, um den Pflug zu Wasser zu lassen und wieder zurückzuholen. Auf dem Mutterschiff befinden sich auch sämtliche Steuerungssysteme für den Pflug. Ein Beispiel für diesen Schiffstyp ist die Saipem Far Sovereign (siehe Abbildung 4.50 in Abschnitt 4.5.4). Die Nachgrabung kann nur 1,5 m tief und nur in Wassertiefen von mindestens 15 bis 20 m durchgeführt werden. Grabenrückverfüllung Eine natürliche Rückverfüllung des Grabens, d. h. durch Sedimentbewegungen aufgrund von Wellen und Strömungen, ist zur Bedeckung einiger Pipelineabschnitte zulässig. Geplante Rückfüllungen sind jedoch in Bereichen erforderlich, in denen ein aktiver Schutz von Betriebsbeginn an benötigt wird. An den Anlandungsstellen in Russland und Deutschland werden die Pipelines vollständig in den Meeresboden eingegraben, um sicherzustellen, dass ihre Stabilität nicht durch die Sedimentverlagerung im Küstenbereich gefährdet wird. Bei einem bebaggerten Rohrgraben wird das ausgehobene Material entfernt, zwischengelagert und als Rückverfüllungsmaterial verwendet.

158 Steinschüttung Bei der Steinschüttung werden Unebenheiten des Meeresbodens mit grobem Kies und kleinen Steinen ausgeglichen. Dadurch wird die Pipeline gestützt und langfristig ihre Integrität sichergestellt. Die Steinschüttung kann an bestimmten Standorten auch durch die Installation von Betonmatratzen ergänzt werden, siehe Beispiele in Abbildung 4.43 in Abschnitt 4.5.5. Abbildung 4.32 zeigt ein Spezialschiff für die Steinschüttung, von dem Steine durch ein Fallrohr auf den Meeresboden abgeladen werden. Abb. 4.32 Schiff mit biegsamem Fallrohr (links) und Nahaufnahme eines Fallrohrs, durch das Gestein um die Pipeline verteilt wird (rechts) Kies und Steine werden vom Schiff über das Fallrohr genau an die Stellen verbracht, an denen die Steinschüttung erforderlich ist. Das Gesteinsmaterial wird mit Hilfe von Förderbändern auf dem Schiff in das Fallrohr geladen. Das Steinmaterial fällt durch das Fallrohr. Die Geometrie der einzelnen Unterbauten aus Kies oder Schotter wird von den planenden Ingenieuren sorgfältig ausgelegt, sodass möglichst wenig Kies benutzt wird. Die Form der Kiesfüllung hängt von der Beschaffenheit des Meeresbodens (Art und Tragfähigkeit des Sediments), der lokalen Bathymetrie und den Strömungen usw. ab. Über Düsen am unteren Ende Fallrohrs kann jeder Unterbau aus Kies sehr genau geformt werden. Der Vorgang der Steinschüttung wird durch Vermessungsausrüstung, die am Fallrohr angebracht ist, überwacht und die endgültige Geometrie durch Vermessung überprüft. Kiesarbeiten werden hauptsächlich wie folgt benötigt: Unterbauten aus Kies zur Korrektur freiliegender Spannweiten (vor und nach der Rohrverlegung)

159 Kiesabdeckung (nach der Verlegung) zur zusätzlichen Stabilisierung der Pipeline nach der Verlegung (in bestimmten Abschnitten) Kiessockel an KP 300 und KP 675, wo größere Rohrabschnitte zusammengeschweißt werden (Verbindung) Unterbauten aus Kies bei Kabelkreuzungen Grundsätzlich kann eine Steinschüttung um die Pipeline über dem Meeresboden auch als eine Art lokaler Schutz vor frei-fallenden oder gezogenen Ankern und in gewisser Hinsicht vor auf Grund laufenden Schiffen betrachtet werden Der größte Teil der Steinschüttungsarbeiten wird ausgeführt, um die Biegespannungen verursacht durch Bildung freiliegender Spannweiten zu reduzieren sowie die lokale dynamische Stabilität sicherzustellen. Die Steine müssen während der gesamten Lebensdauer der Pipeline chemisch und mechanisch stabil bleiben. Dazu werden unverwitterter Basalt, Gabbro oder Granit verwendet. Das aus Steinbrüchen an Land stammende Gesteinsmaterial sollte eine Größe von 20-100 mm mit einer mittleren Größe von 50 mm haben. Voraussetzung ist jedoch, dass das verwendete Material keinerlei Verunreinigungen wie z. B. Schwermetalle aufweist, die im Brackwasser der Ostsee gelöst werden können. Für eine Steinschüttung vor Verlegung kann Rapakivi-Granit (auch als Baltic Braun bezeichnet) verwendet werden, das in einem Steinbruch in der Gegend bei Kotka abgebaut wird (siehe auch Abschnitt 4.4.5). Wenn jedoch die Schiffe mit Fallrohren zur Ostsee bewegt werden, können Sie eine vollständige Ladung von norwegischem Felsgestein liefern. Derzeit steht der Gewinnungsstelle für die Arbeiten nach der Rohrverlegung noch nicht fest. Spezielle Stützstrukturen In Gegenden mit abfallendem Meeresboden oder weichem Lehm mit geringer Tragfähigkeit kann die geotechnische Stabilität problematisch werden. In diesen Bereichen wird durch zusätzliche Steinschüttungen eine Gegenverfüllung um die Steinbermen herum vorgenommen (siehe Abbildung 4.33).

160 Abbildung 4.33 Gegenverfüllung (rot und blau) bietet zusätzliche Stabilität unter Steinbermen (orange) Unter bestimmten schwierigen Bedingungen, z. B. bei geringer Tragfähigkeit des natürlichen Meeresgrundes muss die Gegenverfüllung ziemlich weiträumig sein. An bestimmten Orten kann keine Stabilität durch Steinschüttung erreicht werden, da die Steinlast die Tragfähigkeit des Untergrundes übersteigen würde. Unter diesen Bedingungen sind alternative Lösungsansätze erforderlich. Dies ist an bestimmten Stellen im Finnischen Meerbusen (russische AWZ) der Fall. Wie bereits erwähnt, ist der Meeresboden im Finnischen Meerbusen sehr rau. Die Pipeline muss deshalb dort auf größeren Strecken unterstützt werden, um große freiliegende Spannweiten zu vermeiden. Dies gilt auch für einen Boden aus weichem Lehm mit geringer Tragfähigkeit. Außerdem ist dort das Gewicht der Pipelines am größten und damit die auf die Fundamente wirkende Last, insbesondere im Vorbetrieb, die höchste des gesamten Streckenverlaufs. Daher sind, trotz aller Bemühungen, die Pipeline umzuleiten, besondere Stützstrukturen als Alternative zu Steinbermen an drei Stellen der Nordwestpipeline und an fünf Stellen der Südostpipeline in der russischen AWZ erforderlich. Im Folgenden werden einige Baumethoden für Stützstrukturen beschrieben: Feste Schlammmatten Ausgeschäumte PE-Rohre mit hoher Dichte (HDPE) Gasbetonziegel Stahlrahmen auf festen Schlammmatten

161 Leichte, steife, mit Kies bedeckte Schlammmatten werden als flache Pipelinestützen verwendet. In Abbildung 4.34 sind zwei Lösungen dargestellt. In der Abbildung ist die vor der Verlegung installierte Berme links zu sehen. Auf einer steifen Schlammmatte werden eine Reihe von leichten ausgeschäumten PE-Rohren mit hoher Dichte (HDPE) befestigt. Die gesamte Struktur wird mit einer Kiesschicht bedeckt, auf der das Rohr verlegt wird. Die Berme in der rechten Abbildung besteht auch aus ausgeschäumten HDPE-Rohren auf einer steifen Schlammmatte, die insgesamt mit einer Kiesschicht bedeckt sind. Die Stützstruktur aus Kies um die Pipeline wird nach der Verlegung installiert. Abbildung 4.34 Stützstrukturen vor der Verlegung (links) und nach der Verlegung (rechts) aus festen Schlammmatten, ausgeschäumten HDPE-Rohren und Kies Wenn eine höhere Unterstützung benötigt wird, kann eine leichte Struktur aus HDPE-Rohren (Abbildung 4.35, links und rechts) gebaut werden, um sicherzustellen, dass die Tragfähigkeit des Meeresbodens weitestgehend für die Lastaufnahme der Pipeline genutzt wird und nicht für das Gewicht der Stützstruktur selbst.

162 Abbildung 4.35 Stützstrukturen aus HDPE-Rohren (links) und Gasbetonziegeln (rechts) Der Kern der Stützstruktur kann, wie in Abbildung 4.36 (links) dargestellt, mit einer Kiesschicht abgedeckt werden. Abbildung 4.36 Kiesbedeckte Stützstruktur (links) und Stützstruktur aus einem festen Schlammmattenfundament mit einer Stahlstruktur und darauf liegenden HDPE-Rohren (rechts) Alternativ kann auch eine leichte, tiefe Stützstruktur aus einem Stahlrahmen auf einer festen Schlammmatte gebaut werden (Abbildung 4.36, rechts). Die erforderliche Flexibilität der Stützstruktur wird durch Abdeckung des Stahlrahmens mit einer Druckplatte in Form einer leichten Matte z.b. aus HDPE-Rohren erzielt. Während der detaillierten Ausarbeitung wird die Notwendigkeit von Stützstrukturen weiter bewertet. Korrekturmaßnahmen am Meeresboden im Überblick Der zu erwartende Umfang der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden (Stand Oktober 2008) ist in den nachstehenden Tabellen und Abbildungen zusammengefasst. Dabei ist jedoch zu

163 beachten, dass sich das jeweilige Volumen während des endgültigen Detaildesigns leicht verändern kann. Russland In russischen Gewässern sind beide Pipelines (Nordwest und Südost) in Längsrichtung durch hohe Temperaturunterschiede und die hohen Eingangsdrücke belastet. Daher besteht ein erhöhtes Risiko eines Biege-Beul-Verhaltens während des Betriebs (sowohl mit seitlicher Verformung, was zu einer seitlichen Abwinklung der Pipeline führt, als auch einer Verformung nach oben, was zum Auftrieb der Pipeline und zur Ablösung vom Meeresboden führen könnte). Durch ein solches Biege-Beul-Verhalten während des Betriebs kann es zum Abknicken der Pipeline oder zur Entstehung kritischer freiliegender Spannweiten mit großem Abstand zum Meeresboden kommen (vertikaler Abstand zwischen Rohrunterseite und Meeresboden). Um den durch ein Biege-Beul-Verhalten während des Betriebs entstandene Schäden zu mindern, werden große Abschnitte und bestimmte Stellen mit Kies bedeckt, damit das potenzielle Risiko einer kritischen Verschiebung oder Abhebung und die damit verbundene Belastung eingeschränkt werden können. Auf den anderen Pipelineabschnitten wird kein Biege-Beul- Verhalten während des Betriebs der Pipeline erwartet. Aufgrund der durch Biege-Beul-Verhalten während des Betriebs verursachten Phänomene ist der Kiesbedarf für den russischen Abschnitt höher als für die Abschnitte in anderen Ländern. Abbildung 4.37 enthält einen Überblick über die Stellen und Arten der in den russischen Gewässern auszuführenden Korrekturmaßnahmen. Tabelle 4.11 zeigt die erforderliche Kiesmenge für Steinschüttungen und Stützstrukturen in russischen Gewässern. Tabelle 4.12 zeigt das Ausmaß der Verteilung der Steinschüttungen und Stützstrukturen in russischen Gewässern. In Tabelle 4.18 sind die Grabenaushubvolumina dargestellt.

164 Abbildung 4.37 Überblick über die Stellen und Arten der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden in russischen Gewässern. Die hellgrünen Punkte zeigen die Arbeiten vor Verlegung (Phase 1); die dunkelgrünen Punkte zeigen die Maßnahmen zum fixieren der Pipelinearbeiten nach Verlegung (Phase 2); die blauen Punkte zeigen die Maßnahmen zum fixieren nach Verlegung gegen Materialermüdung (Phase 3) und die roten Punkte zeigen die speziellen Stützstrukturen. Die orangefarbene Linie bei der Anlandungsstelle zeigt den Grabenaushub vor der Verlegung und die gelbe Linie zeigt die Arbeiten nach Verlegung zur Korrektur nach einem Biege-Beul-Verhalten der Pipeline während des Betriebs (Phase 3). Es handelt sich hier nur um annähernde Positionsangaben, die später noch optimiert werden können

165 Tabelle 4.11 Zusammenfassung der Kiesvolumina für Steinschüttung und Stützstrukturen in russischen Gewässern. Es handelt sich um annähernde Mengenangaben, die später noch optimiert werden können Kiesvolumen (m 3 ) Stützstrukturen Südostpipeline Nordwest pipeline Vorverlegearbeiten (Phase 1) 31.450 32.956 5 3 Fixierungsarbeiten nach Verlegung (Phase 2) 45.580 37.796 Fixierungsarbeiten nach Verlegung (Phase 3) 12.578 15.010 Fixierungsarbeiten nach Verlegung zur Verhinderung des Biege-Beul- Verhaltens während des Betriebs (Phase 3) 556.801 572.573 Gesamt 646.409 658.335 5 3 Tabelle 4.12 Zusammenfassung der Größenverteilung für Steinschüttung und Stützstrukturen in russischen Gewässern. Es handelt sich um annähernde Mengenangaben, die später noch optimiert werden können Anzahl und Größe der Steinschüttungsstellen Südost Pipeline Nordwest Pipeline Vorverlegearbeiten (Phase 1) <500 m 3 6 7 500 5000 m 3 15 16 > 5000 m 3 2 0 Gesamt 23 23 Nachverlegearbeiten (Phase 2) <500 m 3 40 42 500 5000 m 3 23 23 > 5000 m 3 1 0

166 Anzahl und Größe der Steinschüttungsstellen Südost Pipeline Nordwest Pipeline Gesamt 68 65 Nachverlegearbeiten (Phase 3) <500 m 3 500 5000 m 3 > 5000 m 3 26 7 0 27 8 0 Gesamt 33 35 Gesamtzahl Steinschüttungsstellen der 124 123 Finnland Ein Überblick über die Stellen und Arten der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden, die in der finnischen AWZ ausgeführt werden müssen, ist in Abbildung 4.38 dargestellt. Tabelle 4.13 zeigt eine Zusammenfassung der erforderlichen Kiesvolumina für Steinschüttungen und Stützstrukturen in der finnischen AWZ. Die Größenverteilung der Steinschüttungen und Stützstrukturen in der finnischen AWZ ist in Tabelle 4.14 dargestellt. In der finnischen AWZ wird nicht mit der Notwendigkeit von Stützstrukturen gerechnet. Das für die Stabilität auf dem Meeresboden erforderliche Kiesvolumen macht nur einen kleinen Prozentsatz des gesamten Kiesvolumens aus. Darum enthält Tabelle 4.13 keine Angaben für Kiesvolumina zur Stabilisierung des Meeresbodens. Tabelle 4.18 zeigt die Grabenaushubvolumina in der finnischen AWZ.

167 Abbildung 4.38 Überblick über Arten und Stellen der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden in der finnischen AWZ. Die hellgrünen Punkte zeigen die Arbeiten vor der Verlegung (Phase 1); die blauen Punkte zeigen die Fixierungsarbeiten nach der Verlegung (Phase 2) und die violetten Punkte zeigen die Fixierungsarbeiten nach der Verlegung gegen Materialermüdung (Phase 3). Die orangefarbenen Punkte zeigen Stabilisierungsarbeiten am Meeresboden nach der Verlegung (Phase 3) und der pinkfarbene Punkt zeigt den Anschlusssockel (Phase 1). Es handelt sich hier nur um annähernde Positionsangaben, die später noch optimiert werden können

168 Tabelle 4.13 Zusammenfassung der Kiesvolumina für Steinschüttung und Stützstrukturen in der finnischen AWZ. Es handelt sich um annähernde Mengenangaben, die später noch optimiert werden können Kiesvolumen (m 3 ) Stützstrukturen Südostpi peline Nordwest pipeline Vorverlegearbeiten (Phase 1) 5.782 31.955 Nachverlegearbeiten für die Baustatik (Phase 2) 50.567 80.151 Nachverlegearbeiten gegen Alterungserscheinungen (Phase 3) 26.225 29.927 Stabilisierungsarbeiten am Meeresboden 972 1.144 nach Verlegung (Phase 3) Verbindungssockel (Phase 1) 37.000 37.000 Gesamt 120.546 180.176 0 0 Tabelle 4.14 Zusammenfassung der Größenverteilung der Steinschüttungen und Stützstrukturen in der finnischen AWZ. Es handelt sich um annähernde Mengenangaben, die später noch optimiert werden können Anzahl und Größe der Steinschüttungsstellen Südost Pipeline Nordwest Pipeline Vorverlegearbeiten (Phase 1) <500 m 3 500 5000 m 3 > 5000 m 3 5 2 0 2 6 3 Gesamt 7 11 Nachverlegearbeiten (Phase 2) <500 m 3 500 5000 m 3 > 5000 m 3 16 22 0 17 36 1 Gesamt 38 54

169 Anzahl und Größe der Steinschüttungsstellen Nachverlegearbeiten (Phase 3) <500 m 3 500 5000 m 3 > 5000 m 3 Südost Pipeline 24 14 0 Nordwest Pipeline 19 16 0 Gesamt 38 35 Gesamtzahl Steinschüttungsstellen der 83 100 Schweden Ein Überblick über die Stellen und Arten der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden, die in der schwedischen AWZ ausgeführt werden müssen, ist in Abbildung 4.39 dargestellt. Tabelle 4.15 zeigt eine Zusammenfassung der erforderlichen Kiesvolumina für Steinschüttungen und Stützstrukturen in der schwedischen AWZ. Tabelle 4.16 zeigt die Größenverteilung der Steinschüttungen und Stützstrukturen in der schwedischen AWZ. In Tabelle 4.18 sind die Aushubvolumina dargestellt. In der schwedischen AWZ wird nicht mit der Notwendigkeit von Stützstrukturen gerechnet.

170 Abbildung 4.39 Überblick über Arten und Stellen der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden in der schwedischen AWZ. Die hellgrünen Punkte zeigen die Arbeiten vor der Verlegung (Phase 1); die blauen Punkte zeigen die Fixierungsarbeiten nach der Verlegung (Phase 2) und die violetten Punkte zeigen die Fixierungsarbeiten nach der Verlegung gegen Materialermüdung (Phase 3). Die orangefarbenen Punkte zeigen Stabilisierungsarbeiten am Meeresboden nach der Verlegung (Phase 3); der pinkfarbene Punkt zeigt den Anschlusssockel (Phase 1) und die violetten Linien zeigen das Einpflügen nach der Verlegung. Es handelt sich hier nur um annähernde Positionsangaben, die später noch optimiert werden können

171 Tabelle 4.15 Zusammenfassung der Kiesvolumina für Steinschüttung und Stützstrukturen in der schwedischen AWZ. Es handelt sich um annähernde Mengenangaben, die später noch optimiert werden können Kiesvolumen (m 3 ) Stützstrukturen Südostpi peline Nordwest pipeline 317 377 Vorverlegearbeiten (Phase 1) Nachverlegearbeiten für die Baustatik (Phase 2) 28.192 17.473 Nachverlegearbeiten gegen 6.145 3.144 Alterungserscheinungen (Phase 3) Stabilisierungsarbeiten am Meeresboden 1.794 1.794 nach Verlegung (Phase 3) Verbindungssockel (Phase 1) 0 0 Gesamt 34.654 20.993 0 0 Tabelle 4.16 Zusammenfassung der Größenverteilung der Steinschüttungen und Stützstrukturen in der schwedischen AWZ. Es handelt sich um annähernde Mengenangaben, die später noch optimiert werden können Anzahl und Größe der Steinschüttungsstellen Südost Pipeline Nordwest Pipeline Vorverlegearbeiten (Phase 1) <500 m 3 500 5000 m 3 > 5000 m 3 1 0 0 1 0 0 Gesamt 1 1 Nachverlegearbeiten (Phase 2) <500 m 3 500 5000 m 3 > 5000 m 3 12 19 0 14 12 Gesamt 31 26

172 Anzahl und Größe der Steinschüttungsstellen Südost Pipeline Nordwest Pipeline Nachverlegearbeiten (Phase 3) <500 m 3 500 5000 m 3 > 5000 m 3 11 5 0 14 2 0 Gesamt 16 16 Gesamtzahl Steinschüttungsstellen der 48 43 Dänemark Ein Überblick über die Stellen und Arten der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden, die in dänischen Gewässern ausgeführt werden müssen, ist in Abbildung 4.40 dargestellt. In der dänischen AWZ werden keine Steinschüttungen ausgeführt oder Stützstrukturen gebaut. In Tabelle 4.17 sind die Grabenaushubvolumina dargestellt.

173 Abbildung 4.40 Überblick über Stellen und Arten der Eingriffe auf dem Meeresboden in dänischen Gewässern. Die violette Linie zeigt das Einpflügen nach der Verlegung. Es handelt sich hier nur um annähernde Positionsangaben, die später noch optimiert werden können Deutschland Ein Überblick über die Stellen und Arten der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden, die in deutschen Gewässern ausgeführt werden müssen, ist in Abbildung 4.41 dargestellt. In großen Teilen des deutschen Sektors sind Baggerarbeiten nötig. In Tabelle 4.18 sind die Grabenaushubvolumina dargestellt. Steinschüttungen und der Bau von Stützstrukturen sind in der deutschen AWZ voraussichtlich nicht erforderlich.

174 Abbildung 4.41 Überblick über Stellen und Arten der Korrekturmaßnahmen am Meeresboden in deutschen Gewässern. Die violette Linie kennzeichnet die Baggerarbeiten vor der Verlegung. Es handelt sich hier nur um annähernde Positionsangaben, die später noch optimiert werden können Tabelle 4.17 und Tabelle 4.18 zeigen eine Zusammenfassung der größten Steinschüttungsvolumina (> 5,000 m 3 ) und der größten Grabenaushubvolumina entlang der gesamten Pipelinetrasse.

175 Tabelle 4.17 Zusammenfassung der Steinschüttungen > 5,000 m 3 entlang der gesamten Pipelinetrasse. Es handelt sich um annähernde Mengenangaben, die später noch optimiert werden können Land KP Länge (m) Russland Südostleitung Vorverlegearbeiten Breite (m) Höhe (m) Unterstützung (m 3 ) Gegenfüllung (m 3 ) Volumen (m 3 ) 110,0 5 12 4,44 1.244 5.361 6.605 110,2 5 12 4,21 1.118 4.968 6.086 Südostleitung Nachverlegearbeiten Finnland Nordwestleitung Vorverlegearbeiten 81,5 15 3 4,76 1.412 4.091 5.503 162,9 5 12 3,7 865 5.145 6.010 258,1 5 12 5,6 2.039 5.363 7.402 258,2 5 12 5,5 2.124 5.146 7.270 Südostleitung Vorverlegearbeiten Keine Nordwestleitung Nachverlegearbeiten Südostleitung Nachverlegearbeiten Schweden Dänemark Deutschland 219,9 8 3 5,76 1.630 5.862 7.492 Keine Keine Keine Keine

176 Tabelle 4.18 Zusammenfassung der Grabenaushub- und Baggervolumina (m 3 ) entlang der gesamten Pipelinetrasse. Es handelt sich um annähernde Mengenangaben, die später noch optimiert werden können Land Von KP Bis KP Anzahl km Volumen m 3 Russland Nassbaggern vor Verlegung 0 1,4 1 170.000 Finnland - - - - Schweden Grabenaushub nach Verlegung - Südostpipeline Grabenaushub nach Verlegung - Nordwestpipeline Dänemark Grabenaushub nach Verlegung - Südostpipeline 526,4 529,2 2,8 30.030 529,3 530,1 0,8 8.846 531,3 534,4 3,2 34.606 539,3 540,1 0,8 8.736 544,9 550,1 5,2 56.981 558,3 562,1 3,9 42.250 804,4 826,1 21,7 134.217 831,6 834,7 3,2 19.502 836,0 843,9 7,9 48.846 881,2 888,7 7,5 46.122 914,5 926,7 12,2 75.343 526,4 529,1 2,6 28.720 531,6 534,1 2,5 27.300 539,4 540,2 0,8 8.409 546,0 550,1 4,0 44.117 558,5 562,2 3,8 40.950 804,2 826,1 21,9 135.827 831,6 834,6 3,1 19.006 835,9 843,8 7,9 49.155 881,5 888,6 7,1 43.955 913,5 927,1 13,6 84.319 1.043 1.058 15 93.482 Grabenaushub nach Verlegung - 1.043 1.053 10 62.528 Nordwestpipeline Deutschland Nassbaggern vor Verlegung 1.196 1.222 26 1.800.000

177 4.5.3 Kreuzung von Infrastruktur (Kabel und Pipelines) Die Nord Stream-Pipeline wird über eine Reihe von aktiven Telekommunikations- und Stromkabeln hinweg auf dem Meeresboden verlegt. Die aktuell in Betrieb befindlichen Kabel können der Atlaskarte IN-1, und ein Überblick über die Kabeleigentümer der Atlaskarte IN-2 entnommen werden. Die Liste basiert auf Informationen, die verschiedenen öffentlichen Karten entnommen wurden oder nach Rücksprache mit den Kabeleigentümern in Erfahrung gebracht wurden. Alle Kabel und Kabelpositionen wurden im Rahmen der Untersuchungen durch Auswertung der Magnetometervermessung und ROV-Inspektionen festgelegt. Alle auf den Seekarten verzeichneten Kabel wurden identifiziert. Außer den bekannten, aktiven Kabeln wurden auf Basis derselben Quellen eine Reihe stillgelegter und geplanter/zukünftiger Kabel identifiziert. Bei den Untersuchungen wurden auch Objekte identifiziert, die Kabel sein könnten. Diese nicht genutzten bzw. unbekannten Objekte wurden nicht in die nachstehenden Listen aufgenommen. In einigen Fällen wurde die Nord Stream AG von Dritten über Pläne zu weiteren Kabeln/Pipelines informiert. Diese zukünftigen/geplanten Installationen sind ebenfalls nicht in den nachfolgenden Listen enthalten. Entlang der Nord Stream-Route wurden keine bestehenden Pipelines ermittelt. Zwischen Finnland und Estland sowie zwischen Polen und Dänemark werden jedoch weitere Pipelineverbindungen in Betracht gezogen. Sobald weitere Pipelineverbindungen genehmigt werden, wird die Nord Stream AG die technische Projektausarbeitung im Einvernehmen mit dem Auftragnehmer für die ingenieurtechnische Ausführung, Saipem Energy Services (früher: Snamprogetti S.p.A.) sowie mit der unabhängigen Zertifizierungsstelle DNV berücksichtigen. Kreuzungen mit anderen Pipelines können auf verschiedene Arten durchgeführt werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Kreuzungen nach einem allgemein gültigen Design auf Basis eines Trennungs- und Schutzkonzepts angelegt werden. Reale Faktoren wie Pipelinedurchmesser, Beschaffenheit des Meeresbodens, Überlegungen zu Planung und Infrastruktur usw. sind Mindestvoraussetzungen für die Planung. Die Planung einer Kreuzung könnte auf einer Steinschüttung oder der Errichtung einer Schutzstütze an der Stelle der Kreuzung basieren. Zu kreuzende Kabel Tabelle 4.19 bis Tabelle 4.22 geben einen Überblick über die Kabel, die von den Nord Stream- Pipelines gekreuzt werden. Die Liste basiert auf Informationen aus veröffentlichtem Kartenmaterial und Konsultationen mit den Kabeleigentümern.

178 Tabelle 4.19 Aktive, von der Nord Stream-Pipeline in der russischen AWZ gekreuzte Kabel Name Route Typ Eigentümer Kreuzungspunkt auf Atlaskarte IN-1 BCS B5 Kotka (FIN) Ruchiy (RUS) Telekom TeliaSonera 1 Tabelle 4.20 Aktive, von der Nord Stream-Pipeline in der finnischen AWZ gekreuzte Kabel Name Route Typ Eigentümer Kreuzungspunkt auf Atlaskarte IN-1 UCCBF St. Petersburg (RUS) - Kaliningrad (RUS) FEC 2 Lautasaari (FIN) - Randvere (EST) EE-SF2 Kaivopoisto (FIN) - Leppneeme (EST) Pangea Seg 3 Helsinki (FIN) Tallinn (EST) EE-SF3 Lautasaari (FIN)- Meremoisa (LAT) Telekom Russisches 1a Militär Telekom Elisa 2 Telekom TeliaSonera 3 Telekom Linx 4 Telekom TeliaSonera 5 Estlink FIN-EST Strom Energia 6 FEC 1 Porkkala (FIN) - Kakumäe (EST) UCCBF St. Petersburg (RUS) - Kaliningrad (RUS) Pangea Seg 3 St. Petersburg (RUS) Kaliningrad (RUS) EE-S1 Tahkuna (EST) - Stavsnäs (SWE) Telekom Elisa 7 Telekom Russisches 7a Militär Telekom 8 Telekom TeliaSonera 9

179 Tabelle 4.21 Aktive, von der Nord Stream-Pipeline in der schwedischen AWZ gekreuzte Kabel Name Route Typ Eigentümer Kreuzungspunkt auf Atlaskarte IN-1 LV-S1 S.Jarflotta (SWE) - Busnieki (LAT) Telekom Lattelecom 10 Baltkom Hultung/Gotland (SWE) - Ventspils (LAT) Telekom BC Fiber 11 BCS EW Sandviken (SWE) Sventoji (LIT) Telekom TeliaSonera 12 SWEPOL HVDC SWE - POL Strom SvenskaKraftnät 13 SWEPOL MCRC SWE - POL Strom SvenskaKraftnät 13

180 Tabelle 4.22 Aktive, von der Nord Stream-Pipeline in der dänischen AWZ gekreuzte Kabel Name Route Typ Eigentümer Kreuzungspunkt auf Atlaskarte IN-1 DK - RU1 Karslunde (DEN) - Kingisepp (RUS) Telekom TDC 15 DK - PL2 Bornholm (DEN) - POL Telekom TDC 16 Baltica Seg 1 Bornholm (DEN) - POL Telekom Polish Telecom 17 Von der Nord Stream-Pipeline werden in der deutschen AWZ keine Kabel gekreuzt. Kreuzungsvereinbarungen Auf Basis der vollständigen Kabelliste wurden alle Eigentümer aktiver Kabel mit dem Ziel kontaktiert, gegenseitige Vereinbarungen zu Haftung und Vorgehensweise bezüglich der Kreuzungsmethoden zu treffen. Gemäß diesen Vereinbarungen muss die Nord Stream AG den Eigentümern der Kabel Kreuzungsentwürfe und Installationsverfahren vor der Installation vorlegen und deren Zustimmung einholen. Bezüglich stillgelegter Kabel wird die Nord Stream AG die branchenüblichen Vorgehensweisen wie Durchtrennen oder Entfernen der Kabel - soweit erforderlich befolgen. Es wird darauf geachtet, dass die Kabelenden gesichert werden, um zu verhindern, dass sie sich in Fischfanggeräten verfangen. Nach dem Entfernen oder Durchtrennen von stillgelegten Kabeln werden die Eigentümer der Kabel, sofern diese bekannt sind, oder die zuständigen Seebehörden informiert. Der Entwurf der von der Nord Stream AG verwendeten Kreuzungsvereinbarung basiert auf den vom International Cable Protection Committee (ICPC) erarbeiteten Branchenstandards, die weltweit für Telekommunikationskabel zur Anwendung kommen. Technische Lösungen Die Kabelkreuzungen werden auf Basis der Vereinbarungen zwischen der Nord Stream AG und einzelnen Kabeleigentümern ausgelegt. Die Kreuzungen werden so gebaut, dass Rohrleitungen und Kabel in einem sicheren Abstand voneinander geführt werden. Kreuzungsmethoden verhindern auch, dass die Kabel durch die Rohrleitungen übermäßiger Druckbelastung ausgesetzt sind. An den meisten Kreuzungspunkten sind die Kabel im Meeresboden verdeckt oder vergraben, während die Pipelines erhöht sind und durch Betonmatten oder Gesteinsbermen gestützt werden. In allen

181 Fällen muss jedoch das Korrosionspotenzial berücksichtigt und anschließend die erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden. Wie bereits erwähnt, werden stillgelegte Kabel in den meisten Fällen durchtrennt und der abgetrennte Kabelabschnitt entfernt. Das Durchtrennen und Herausholen von Abschnitten stillgelegter Kabel kann mithilfe eines Mehrschalengreifers erfolgen, der auf einem kleineren Schiff, wie z. B. einem Vermessungsschiff, oder einem größeren speziellen Kabelschiff, siehe Abbildung 4.42 installiert ist. Abbildung 4.42 Beispiel eines Spezialschiffs für Kabelinstallation und -handhabung Kreuzung ohne zusätzliche Maßnahmen Wenn ein Kabel mit einer ausreichend dicken Erdschicht bedeckt und so stabil verankert ist, dass die erforderliche Trennung zwischen Kabel und Pipelines für die Lebensdauer der Pipelines garantiert ist, dann kann das Kabel ohne zusätzliche Maßnahmen gekreuzt werden. Bei der Berechnung des Abstands zwischen Kabel und Pipelines muss ein Einsinken der Rohrleitungen unter den ungünstigsten anzunehmenden Lastbedingungen berücksichtigt werden. Außerdem sind die Bodenbedingungen vor Ort auf Basis der durchgeführten Untersuchungen zu beachten.

182 Anhebung der Pipeline Eine Kreuzung kann durch Anhebung der Pipelines und Unterstützung mit Betonmatten (1) (siehe Abbildung 4.43) oder durch eine Steinschüttung direkt auf oder zu beiden Seiten des Kabels ausgeführt werden. Die Abmessungen solcher Gesteinsbermen richten sich nach der tatsächlichen Position des Kabels, das gekreuzt werden soll, nehmen aber im Allgemeinen die Breite des Installationskorridors ein. Die Höhe der Unterstützung wird so gewählt, dass der vereinbarte Mindestabstand zwischen dem Kabel und den Rohrleitungen gewährleistet ist. Bei der Festlegung der Unterstützungshöhe müssen auch die aktuelle Setzung der Kabeleinbettung sowie Schwingungen, die aufgrund freiliegender Spannweiten der Pipeline auftreten, mit einbezogen werden. Eventuell müssen die Pipelines zur Minderung von Spannung und Schwingungen auf beiden Seiten des Kabels gestützt werden. Nach der Verlegung der Rohre können die Pipelines an bestimmten Punkten durch Steinschüttungen über eine gewisse Strecke auf beiden Seiten des Kabels fixiert werden, um eine Verschiebung durch Schleppnetzfischerei, Verformung oder Belastung durch Wellengang und Strömungen zu verhindern. Letztendlich werden Entscheidungen zu diesen Anforderungen in der Planungs- und Bausphase gefällt. Abbildung 4.43 Betonmatten (1) Der Beton für die Betonmatten ist der gleiche, der auch für die Betonummantelung der Pipeline verwendet wird. Die chemische Zusammensetzung der Betonmatten entspricht daher den Umweltauflagen.

183 4.5.4 Verlegeprozesse, Schiffe und Ausrüstung Pipelineverlegung Die Rohrverlegung erfolgt nach dem herkömmlichen S-Lay-Verlegeprozess. Diese Methode heißt so, weil das Rohrprofil über das Heck des Verlegeschiffs in Form eines langgezogenen 'S' auf den Meeresboden gleitet. Dabei werden die einzelnen Pipelinerohre auf das Verlegeschiff geladen, dort zu einem fortlaufenden Leitungsstrang zusammengebaut und dann auf den Meeresboden abgelassen. Eine Übersicht über einen typischen Verlegeprozess ist in Abbildung 4.46 dargestellt und zeigt auch das S-Lay-Prinzip. Die Pipeline wird während der Installation verschiedenen Belastungen ausgesetzt, die vom Verlegeschiff aus überwacht werden müssen. Dabei geht es vor allem um hydrostatischen Druck, Zugbelastungen und Biegebelastungen. Diese Belastungen werden zudem durch die Einwirkungen der Wellen- und Strömungsaktivität auf das Schiff und die Pipeline beeinflusst. Eine Installationsanalyse wird durchgeführt, um die Bedingungen bei der Verlegung der Pipeline zu simulieren und um sicherzustellen, dass die Pipeline den Belastungen standhält. Ein typisches S-Lay-Verfahren besteht aus drei Hauptbestandteilen: Dem Stinger (Pipeline-Ablauframpe), der die Ablauframpe verlängert, um den freien Durchhang der Rohrleitung zu reduzieren (Abbildung 4.44 links). Der Oberbogen (Overbend) beginnt meist hinter der Spannrolle (Tensioner) und beschreibt den vertikalen Biegeradius, unter dem die Pipeline ins Wasser gelassen wird Dem Tensioner, der die Belastungen in Ober- und Unterbogen reduziert (Abbildung 4.44 rechts). Der Unterbogen (Sag bend) ist der Biegeradius, unter dem die Pipeline auf dem Meeresboden abgelegt wird. Bei sehr flachem Wasser und ruhigen Wetterbedingungen kann der Tensioner auch durch eine Klemme ersetzt werden Dem Positionierungssystem, das die Position des Verlegeschiffes kontrolliert. Die Position des Schiffes muss unter Einhaltung der notwendigen Zugkräfte exakt gehalten werden, um den minimalen Biegeradius im Unterbogen nicht zu unterschreiten. Außerdem sorgt das System dafür, dass die Pipeline entlang des genehmigten Korridors verlegt wird

184 Abbildung 4.44 Rohr auf einem Stinger (links), Tensioner hält die Pipeline an ihrem Platz (rechts) Das Verfahren an Bord des Verlegeschiffes umfasst die folgenden Schritte, die sich in einem fortlaufenden Zyklus wiederholen: Rohrschweißen Zerstörungsfreie Prüfung der Schweißnähte Vorbereitung der Field-joints (vor Ort gefertigte oder hergestellte Verbindung (Schweißnähte) zweier Rohrstücke) Verlegung auf dem Meeresboden Das Verschweißen der neuen Einzelrohre an Bord des Verlegeschiffes zu einer fortlaufenden Pipeline wird als halb- oder vollautomatischer Prozess durchgeführt. In Abbildung 4.45 ist ein Beispiel einer vor Ort gefertigten Schweißnaht zu sehen. Die Field-joints werden mit zerstörungsfreien Prüfverfahren kontrolliert. Bisher erfolgte die Prüfung der Feldnähte durch eine Röntgenuntersuchung. Dieses Verfahren wurde in den letzten Jahren von der automatischen Ultraschallprüfung (Abbildung 4.45) abgelöst und ist im Nord Stream-Pipeline Projekt die bessere und sichere Methode der zerstörungsfreien Untersuchung. Sie wird zum Aufsuchen, Vermessen und Aufzeichnen von Defekten verwendet. Die Abnahmekriterien für die Field-joints werden vor dem Baubeginn festgelegt und unterliegen der Genehmigung durch den Sachverständigen.

185 Abbildung 4.45 Schweißen (links) und automatische Ultraschallprüfung (rechts) einer Field-joint (Schweißnaht) Nach dem Schweißen und der zerstörungsfreien Prüfung werden die Field-joints gegen Korrosion geschützt. Alle kritischen Prozesse auf dem Verlegeschiff werden zunächst vom Qualitätssicherungsteam des Auftragnehmers und anschließend vom Sachverständigen und der Nord Stream AG geprüft. Auf Verlegeschiffen für Tiefwasser können auch gleichzeitig zwei Schweißnähte (double joint) gefertigt werden. Nach dem Verschweißen der Rohre wird das Verlegeschiff um jeweils eine oder zwei Rohrlängen (12,2 oder 24,4 m) nach vorn bewegt. Anschließend wird ein neues Rohr bzw. Doppelrohr der Pipeline wie oben beschrieben hinzugefügt. Mit der Vorwärtsbewegung des Verlegeschiffes wird der fortlaufende Rohrleitungsstrang am Schiffsheck in das Wasser abgelassen. Die Pipeline wird von einem Stinger unterstützt, der sich 40 bis 100 m hinter und unter dem Schiff erstreckt. Der Stinger steuert und unterstützt die Rohrkonfiguration. Die Pipeline, die vom Stinger zur Auflagestelle am Meeresboden reicht, wird ständig unter Zugbelastung gehalten, um ein Beulen der Pipeline zu verhindern. Die durchschnittliche Verlegeleistung beträgt, abhängig von den Wetterbedingungen, ca. 2 bis 3 km pro Tag. Abbildung 4.46 bietet einen Überblick über einen typischen Rohrverlegungsprozess.

186 Abbildung 4.46 Typischer Rohrverlegungsprozess Die beiden Pipelines werden in Abschnitten gefertigt, die dann miteinander verbunden werden. Das Ablegen und das Aufnehmen ist ein Verfahren, die das Ablegen des Rohrstranges entlang der Route und das spätere Aufnehmen zur Fortsetzung der Verlegung beschreibt. Ein Ablegen entlang der Route kann bei schlechtem Wetter nötig sein, wenn durch Wind und Wellen zu große Bewegungen entstehen, die das Kontrollieren der Zugkraft und der Biegeradien im Rohr erschweren. Das Ablegen kann auch als geplanter Vorgang im Bauablauf erfolgen, z. B. beim Wechsel des Verlegeschiffs. Zum Ablegen und Aufnehmen der Pipeline wird ein Pipeline-Ablege- und -Aufnahmekopf an die Pipeline geschweißt, damit kein Wasser in die Pipeline eindringen kann. Die Pipeline wird dann mittels Winde auf dem Verlegeschiff auf den Meeresboden abgelassen und verbleibt dort. In Abbildung 4.47 ist ein solcher Ablege- und Wiederaufnahmekopf dargestellt. Die Wiederaufnahme stellt im Prinzip eine Umkehrung des Ablegevorgangs dar. Das abgelegte Rohr wird wieder vom Verlegeschiff aufgenommen und mit einem Seil, das am Zugkopf zum Ablegen und Aufnehmen der Pipeline angebracht wird, über die Schiffswinde wieder nach oben zogen. Bei Abschluss eines kompletten Pipelineabschnitts (z. B. von KP 300 bis KP 675) verbleibt er auf dem Meeresboden; dieses Vorgehen ähnelt dem Ablegen. Statt eines einfachen Zugkopfs

187 zum Ablegen und Aufnehmen wird jetzt ein Pipeline-Ablegekopf verwendet. In Abbildung 4.48 ist ein typischer Pipeline-Ablegekopf dargestellt. Typische Pipeline-Ablegeköpfe sind komplett mit Entwässerungsmolchen für die Vorbereitung der Inbetriebnahme ausgestattet (siehe Abschnitt 4.6). Abbildung 4.47 Typischer Pipeline-Ablege- und -Aufnahmekopf

188 Abbildung 4.48 Typischer 1.219 mm-ablegekopf (48 Zoll) Zonen der Rohrverlegung und Installation Die Pipeline wird in drei Offshore-Zonen und zwei Zonen in Küstennähe unterteilt insgesamt also fünf Installationszonen pro Pipeline. Die drei Offshore-Zonen sind in Tabelle 4.23 definiert und entsprechen den unterschiedlichen, in Abschnitt 4.1 beschriebenen Druckbereichen. Tabelle 4.23 Pipeline-Installationszonen Zone Beschreibung Beginn bei KP Ende bei KP Anlandung Russland Anlandungsstelle Russland, russisches Flachwassergebiet und Küstennähe 0 7,5 1 Finnischer Meerbusen 7,5 300 2 Zentraler Trassenteil 300 675 3 Südwestlicher Teil der Route 675 1.196 Anlandung Deutschland Anlandungsstelle Deutschland, deutsches Flachwassergebiet und Küstennähe 1.196 1.222 Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurde noch keine abschließende Entscheidung über den Ablauf der Rohrverlegung gefällt, da sie vom Baubeginn abhängig sein wird. Der Baubeginn hängt von der Erteilung der Baugenehmigungen sowie von den Vertragsabschlüssen mit dem Auftragnehmer und den Subunternehmern ab. Mit dem Bau der beiden Anlandungsstellen soll als Erstes begonnen werden, d. h. vor der Offshore-Verlegung der Rohrleitungen.

189 Pipelineverlegeschiffe Die Offshore-Verlegung der Pipeline wird mit Hilfe mehrerer Verlege- und Arbeitsschiffe durchgeführt. Zur Verlegung der beiden Pipelines werden ein oder zwei für Tiefwasser geeignete Pipelineverlegeschiffe (Halbtaucher das sind mittels Anker positionierte Schiffe oder dynamisch positionierte (DP) Pipelineverlegeschiffe) verwendet. Ein Beispiel für ein verankertes Verlegeschiff für Tiefwasser ist die Saipem Castoro Sei (Abbildung 4.49, links). Die Position des Verlegeschiffes wird durch mit Drahtseilen verbundenen Anker mithilfe von Winden positioniert und auf Position gehalten, so genannte Ankerschlepper versetzen die Anker. Abbildung 4.49 Castoro Sei Verlegeschiff für Tiefwasser (links) und Castoro Deci Verlegeschiff für Flachwasser (rechts). Fotos zur Verfügung gestellt von Saipem S.p.A

190 Abbildung 4.50 Allseas Solitaire dynamisch positioniertes Verlegeschiff für Tiefwasser (links) und typische Mehrzweckschiffe, die als Ankerschlepper und Versorgungsschiffe eingesetzt werden können Auch ein dynamisch positioniertes Verlegeschiff für Tiefwasser, wie z. B. die Allseas Solitaire DP (Abbildung 4.50, links) wird eingesetzt. Ein dynamisch positioniertes Schiff wird von Antrieben in Position gehalten, die ständig die durch Pipeline, Wellengang, Strömung und Wind auf das Schiff wirkenden Kräfte ausgleichen. Der tatsächliche Umfang für die Rohrverlegung wird von der Verfügbarkeit der Schiffe zum Zeitpunkt der erforderlichen Baugenehmigungen abhängen. Aktuell (Oktober 2008) sieht es so aus, dass die Solitaire die nordwestliche Pipeline von KP 7,5 bis to KP 300 (im Finnischen Meerbusen) verlegen wird und die Castoro Sei von KP 1.196 bis KP 300. Für die Verlegung in südöstlicher Richtung ist noch keine Schiffsverteilung geplant. In den deutschen Küstenbereichen werden für Flachwasser geeignete Verlegeschiffe eingesetzt. Die Rohrverlegung im flachen Wasser wird in der S-Lay-Form ähnlich dem Verfahren für Tiefwasser ausgeführt. Die Verlegung in flachem Wasser kann durch die Saipem Castoro Deci (Abbildung 4.49, rechts) ausgeführt werden, die ein mittels Anker positioniertes Flachbodenschiff ist. Die Ankerschlepper und Vermessungsschiffe dienen zur Unterstützung des Rohrverlegungsschiffs. Für jedes mittels Anker positionierte Verlegeschiff sind zwei bis sechs Ankerschlepper erforderlich. Normalerweise sind die Ankerschlepper mit einer Gesamtlänge von circa 100 m recht groß. Die Anker werden 1.000 2.000 m vom Verlegeschiff entfernt positioniert. Für jedes Verlegeschiff ist ein Versorgungsschiff erforderlich. Dynamisch positionierte Mehrzweckschiffe übernehmen die Ankereinsätze, siehe Abbildung 4.50 (rechts).

191 Produktionsabfälle Während der Verlegung können Abfälle entstehen, die sich von normalem Abfall (z.b. Nahrungsmittelabfall, Kehrabfälle) an Bord von Schiffen unterscheiden. Typische Abfallarten auf Verlegeschiffen sind: Drehspäne vom Anfasen der Schweißnahtfasen an den Rohrenden Reste von Schweißzusätzen Reste / abgeschnittene Teile von den Schrumpfmuffen Reste von den Polyurethaneinfüllungen aus Schweißnahtumhüllungen Beton Maschinenöle (etc.) Direkt vor dem Schweißen werden die unbehandelten Leitungsrohrenden angedreht, um die Fase für die Schweißnaht herzustellen. Hier fallen Metallspäne an. Während des Schweißvorgangs werden Schweißzusätze zugegeben, damit die Oxidation beim Herstellen der Schweißnahtlagen vermieden wird. In Abbildung 4.51 sind Beispiele von Metallspänen, die während des Anfasens anfallen und es werden typische Abfallbehälter gezeigt. Der Abfall wird in Containern mit festgeschnallten Deckeln gesichert. Erfahrungswerte des mit der Pipelineverlegung beauftragten Unternehmens aus der früheren Verlegung einer Pipeline ähnlicher Größe lassen erwarten, dass ca. 115 t Metallspäne und 25 t Altöl und Schlamm pro Verlegemonat erzeugt werden. Die Rohrverlegung der Nord Stream- Pipeline wird in nordwestlicher Richtung 11 Monate dauern, und in südöstlicher Richtung 14 Monate. Es werden insgesamt voraussichtlich also 2.875 t Metallabfälle und 625 t Altöl im Verlauf der Pipelineverlegung erzeugt werden. Für das Nord Stream Projekt werden die Schrumpfmuffen in einer definierten Länge geliefert, das bedeutet abgesehen von der Schutzfolie, die vor der Installation von der Haftschicht entfernt wird, fällt von der Schrumpfmuffe selbst kaum Abfall an. Die Polyurethanfüllung läuft kaum aus.

192 Abbildung 4.51 Metallabfälle vom Anfasen (links) und typische Container (rechts) Der gesamte durch Verlegeschiffe produzierte Abfall wird entsprechend den MARPOL 73/78- und HELCOM-Vorgaben behandelt und entsorgt. Entsprechend diesen Vorgaben hat die Ostsee einen besonderen Gebietsstatus, welcher das Verklappen von Abfällen in die See verbietet. Alle Abfälle der Verlegeschiffe werden getrennt und an Land geschickt. Dort werden sie von einem lizenzierten Abfallentsorgungsunternehmer entsorgt. Dabei müssen internationale Normen und Verfahren ebenso berücksichtigt werden wie die vor Ort gültigen Gesetze. Organischer und biologisch abbaubarer Abfall kann am Entstehungsort verbrannt werden, bevor die Asche zur kontrollierten Entsorgung an Land gesendet wird. Zu welchen Anlagen der Abfall geliefert wird, hängt von der geografischen Position ab, an der das Pipelineverlegeschiff eingesetzt wird. Die Subunternehmer werden immer, wann dies möglich ist, die Häfen nutzen, die bereits die Logistik des Nord Stream-Projekts unterstützen. Ankerkorridore und Ankereinsatz Die beiden Pipelines werden separat auf dem Meeresboden verlegt und installiert. Im Allgemeinen werden die beiden Pipelines in einem Abstand von ca. 100 m verlegt. Dieser Abstand kann jedoch aufgrund der Umgehung von Unebenheiten am Meeresboden abweichen. Das verankerte Verlegeschiff für Tiefwasser wird durch 12 Anker kontrolliert, von denen jeder 25 t wiegt. Aufgrund der Reichweite der Anker beträgt die Breite für die Pipelineverankerung auf dem Meeresboden ca. 2.000 m pro Pipeline. In Abbildung 4.52 ist der typische Ankerradius dargestellt.

193 Abbildung 4.52 Typische Ankerverteilung Aufgrund der Ergebnisse der in Abschnitt Vor dem Pipelinebau durchzuführende Untersuchungen beschriebenen Ankerkorridoruntersuchung werden im Rahmen des Nord Stream-Projekts folgende Aktivitäten stattfinden: Entwicklung einer Datenbank mit den Positionen der Munitionsfunde und Kulturerbestätten entlang des gesamten Ankerkorridors Einrichtung von verbotenen Bereichen um die Munitionsfundstellen und die Kulturerbestätten sowie Entwicklung von Ankermustern für kritische Abschnitte Um bestimmte Merkmale zu vermeiden, könnten Ankerdrahtseile durch den Einsatz von Yokohama-Bojen bei der Einrichtung von Ankermustern vom Meeresboden ferngehalten werden Festlegung der Ankerkettenspannung Einrichtung von Bereichen entlang der Route, in denen kein Ankerabwurf gestattet ist, und Entwicklung eines "dynamischen" Ankerverfahrens anstelle einer normalen Verankerung

194 In den einzelnen Abschnitten, in denen die durch die finnische AWZ verlaufende Route näher als 0,5 km an die Grenze zwischen der finnischen/estnischen AWZ gelangt, wird die Betreuung der Verlegeschiffstation durch Schlepper ergänzt, um das Setzen von Ankern auf dem Meeresboden innerhalb der estnischen AWZ zu vermeiden. Vorbeugende Maßnahmen und Kommunikation während der Pipelineinstallation Im Umkreis von ca. 2.500 3.000 m um die Position des am weitesten entfernten Ankers wird eine Ausschlusszone um das Rohrverlegungsschiff gezogen. Nicht autorisierter Schiffsverkehr einschließlich Fischfangschiffe dürfen innerhalb der Ausschlusszone nicht operieren/arbeiten. Nord Stream AG wird während der gesamten Dauer der Bauarbeiten über die zuständigen nationalen Küstenwachen die Schifffahrt über die Bauarbeiten informieren. Die zuständigen Seefahrtsbehörden werden ständig über den Baufortschritt informiert. Die Küstenwache informiert den Schiffsverkehr über aktuelle Aktivitäten und Beschränkungen, z. B. Sperrzonen, über verschiedene Medien, u. a. via Navtext. Ein Marinekapitän ist während der Installation an Bord der Pipelineverlegeschiffe, um den gesamten Schiffsverkehr Dritter zu überwachen. Bei Bedarf übernehmen auch Bereitschaftsschiffe entsprechende Wachen. Der Ankerschlepper kann diese Aktivität ausführen. Erfahrenes Personal steht für die Wachdienste jederzeit zur Verfügung. Das Bereitschaftsschiff warnt die Schiffe in der Nähe und informiert über Details der Sperrzonenkoordinaten. Nähern sich Schiffe unerwartet dem nächsten Eingangsradius, werden sie genauestens überwacht und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Der Subunternehmer muss besondere Aufmerksamkeit auf Gebiete richten, in denen Schifffahrtswege und andere stark befahrene Bereiche gekreuzt werden. Das Pipelineverlegeschiff muss die Schifffahrtswege ohne Behinderung durch andere Schiffe kreuzen und, falls nötig, Anker setzen können. In besonders kritischen Gebieten wird die Rohrverlegung sowie das Ablegen auf dem Meeresboden über ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge (ROVs) genauestens überwacht. Diese Vorgehensweise wird z.b. in Gebieten mit Kulturerbe angewandt. 4.5.5 Tie-ins (Verbindungen) Wie bereits in vorherigen Abschnitten erwähnt, werden die Offshore-Rohrleitungen in fünf Offshore-Zonen unterteilt. Die Verbindung dieser größeren Pipelineabschnitte Tie-in wird an zwei Offshore-Standorten mit großer Wassertiefe und an einem Standort in Küstennähe ausgeführt.

195 Im tiefen Wasser werden die Verbindungen als Unterwasserverbindungen (Überdruckschweißen unter Wasser) ausgeführt. Die beiden Standorte entsprechen den Druckabschnitten (und der Wanddicke) der Pipeline von 220 bis 200 bar g bzw. von 200 bis 170 bar g. Die Verbindung von zwei Rohrabschnitten über Wasser in Küstennähe erfolgt oberhalb der Wasseroberfläche während der Bauphase. Die Pipeline-Abschnitte überlappen sich an den Einbindungsstellen. Sie werden dann passend abgeschnitten und für das Überdruckschweißen unter Wasser ausgerichtet. Bevor ein Verlegeschiff einen Rohrleitungsabschnitt auf dem Meeresboden ablegt, wird der entsprechende Abschnitt mit einem Pipeline-Verlegekopf verschlossen, um die trockene, korrosionsgeschützte Innenseite der Pipeline zu erhalten. Der Pipeline-Ablegekopf (siehe Abbildung 4.48) wird während des Verbindungsverfahrens abgeschnitten, um darauffolgendes Überdruckschweißen unter Wasser (hyperbaric welding) zu ermöglichen. Die Unterwasser-Verbindung erfolgt durch Überdruckschweißen während des Vorbetriebs (siehe Abschnitt 4.6) und findet nach dem Fluten und des Drucktests der Pipelineabschnitte statt. Sämtliche Unterwasser-Verbindungen sind Garantienähte (Golden Welds), d. h., sie werden keinem Drucktests unterzogen. Die Schweißnähte werden jedoch mit zusätzlichen besonderen Prüftechniken und -methoden geprüft. Dieses Verfahren entspricht dem Industriestandard und dem DNV-Code (DNV, Det Norske Veritas). Beispiel für eine typische Verlegekonfiguration der Pipelineabschnitte mit Pipeline-Ablegeköpfen vor dem Verbinden: Das Überdruckschweißen unter Wasser ergibt eine lineare Konfiguration als Ergebnis einer minimalen Anhebung während des Verbindens: Verbindung oberhalb der Wasseroberfläche ergibt eine gekrümmte Konfiguration durch Anhebung während des Verbindens:

196 Überdruckschweißen unter Wasser Bei KP 300 und KP 675 wird Überdruckschweißen unter Wasser durchgeführt, d. h. unter Änderung des Auslegungsdrucks und der Wanddicke der Rohrleitungen. Die Verbindungsherstellung erfolgt unter Wasser durch Überdruckschweißen, d. h., um einen Teil der Pipeline wird eine Trockenschweißkammer angebracht, die beide Seiten der Schweißstelle umgibt. In Abbildung 4.53 ist eine typische Schweißkammer dargestellt. Die Rohrleitungen werden zunächst geschnitten und dann für die Bearbeitung ausgerichtet. Die Kammer wird über der Bearbeitungsstelle angebracht und an beiden Rohrleitungsenden versiegelt. Anschließend wird das Wasser aus der Kammer gepumpt, damit die Taucher/Schweißer mit der Schweißarbeit beginnen können. Nach dem Zusammenschweißen der Rohre wird eine zerstörungsfreie Prüfung der Field-joints durchgeführt. Die unter Wasser verschweißten Field-joints werden nicht beschichtet, da der spezifizierte Antikorrosionsschutz durch die Opferanoden für diesen Pipelineabschnitt als ausreichend erachtet wird. Abbildung 4.53 Beispiel für eine Offshore-Schweißkammer Ein typisches Taucherunterstützungsschiff (dive-support vessel - DSV), das für Einbindungen unter Wasser verwendet werden kann, ist in Abbildung 4.54 dargestellt.

197 Abbildung 4.54 Die Saipem Bar Protector ist ein dynamisch positioniertes Mehrzweckversorgungsschiff. Foto zur Verfügung gestellt von Saipem S.p.A Verbindungen über Wasser Ein Verbinden über Wasser wird bei KP 1.196, d. h. am Übergang zwischen flachem und tiefem Wasser im deutschen Abschnitt (außerhalb des Natura 2000-Gebietes) durchgeführt. Dieses Verbinden über Wasser wird nur für die Nordwest-Pipeline erwartet. In russischen küstennahen Bereichen wird keine Verbindung erwartet, da die Rohrverlegung kontinuierlich von der Anlandungsstelle bis zu KP 300 ausgeführt wird. Wenn die zwei Pipelineabschnitte aus entgegengesetzten Richtungen verlegt werden, werden die Enden der beiden Pipelineabschnitte nebeneinander auf den Meeresboden gelegt und neben dem Verlegeschiff wie in Abbildung 4.55 gezeigt aus dem Wasser gehoben. Die Verlegeköpfe werden anschließend abgeschnitten, die beiden offenen Enden ausgerichtet und dann oberhalb der Wasseroberfläche verschweißt.

198 Abbildung 4.55 Längsseits der Barge angehobene Rohrenden vor dem Verschweißen über dem Wasser Nachdem das Schweißen für die Verbindung, das zerstörungsfreie Prüfverfahren und die Schweißnahtumhüllung abgeschlossen sind, wird der Pipelinestrang in einer horizontalen Biegung, die der vertikalen Kontur der Leitungen während des Anhebens entspricht, abgesenkt (siehe Abbildung 4.56). Für das Verbinden oberhalb der Wasseroberfläche wird als Verlegeschiff die Castoro Deci empfohlen. Abb. 4.56 Schematische Darstellung einer Verbindung über dem Wasser

199 4.5.6 Anlandungsstellen Anlandungsbaumethoden Die Rohrverlegung und die damit verbundenen Aktivitäten an den beiden Anlandungsstellen in Deutschland und in Russland sind jeweils die ersten Arbeiten des gesamten Pipelineprojekts. In den Gebieten um die Anlandungsstellen sind eine Reihe von Bauarbeiten erforderlich, um die Pipeline an Land zu bringen. Die Hauptarbeiten umfassen: Bau eines Kofferdamms (Deutschland) oder von Dämmen (Russland) und Aushubarbeiten in küstennahen Gebieten Vorbereitende Arbeiten an Land Schweißen der Rohrleitungsabschnitte an Bord der vor der Küste ankernden Flachwasser- Rohrverlegungsschiffe; anschließend werden die Pipelines durch den Brandungsbereich gezogen. Schweißen der Pipelineabschnitte an Land Rückverfüllung der Pipeline Baustellenräumung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des Arbeitsbereichs Nach Abschluss der Aushubarbeiten in den Anlandungsgebieten wird ein Drahtseil zwischen den Winden an Land und dem Verlegeschiff befestigt, um die Pipelines durch die Brandungszone zu ziehen. Die Pipelinegräben werden anschließend wieder aufgefüllt. Die traditionelle offene Grabenbauweise in Verbindung mit dem Einziehen der Pipeline wird nachfolgend beschrieben. Diese Kombination wird derzeit als die bevorzugte Methode angesehen und voraussichtlich als Baumethode für die Anlandungsstellen eingesetzt. Nach Errichtung des Kofferdamms (Abschnitt Deutsche Anlandung) und der Dämme (Abschnitt Russische Anlandung) beginnen die Aushubarbeiten innerhalb der Dammbereiche sowie im küstennahen Bereich, um die gewünschte Rohrgrabenstiefe im Bereich der Küstenlinie zu erreichen. Bei den eingesetzten Baggerarten handelt es sich um Stelzenpontonbagger (Abbildung 4.57, links), Laderaumsaugbagger (Abbildung 4.57, rechts), Eimerkettenbagger und Schwimmgreiferbagger. Bei der Rohrgrabentiefe müssen Meeresbodenbewegungen (Kolkbildung, Sandwellen und Eis) sowie die Küstenerosion in Betracht berücksichtigt werden. An Land werden die Aushubsarbeiten mit Standard-Stelzenpontonbaggern ausgeführt. Das Nassbaggern der Offshore-Abschnitte erfolgt mit hydraulischen Stelzenpontonbaggern, die auf einem Ponton installiert sind, oder mithilfe anderer geeigneter Ausrüstung.

200 Abbildung 4.57 Beispiel eines Stelzenpontonbaggers (links) und Vorderansicht eines Laderaumsaugbaggers (rechts) Ein allgemeiner Überblick über die Installationsmethode ist nachstehend in Abbildung 4.58 zu sehen. Abbildung 4.58 Typische Anordnung der Pipelineanlandung Das Rohrverlegungsschiff ist vor dem Pipelinegraben positioniert, während der Rohrleitungsstrang in Richtung Strand gezogen wird.

201 Das Rohrverlegungsschiff wird so nahe wie möglich an der Küste oder am Ende des Kofferdammes, abhängig vom Tiefgang des Schiffes positioniert. An Land muss eine ausreichend leistungsstarke Winde installiert werden, um beide Pipelines an Land zu ziehen. Normalerweise wird hierfür eine Linearwinde mit Aufrollspule verwendet. Die Winde kann durch vergrabene Anker und Spundwände fixiert werden. In Abbildung 4.59 ist ein typisches Zugseil dargestellt. Abbildung 4.59 Typische Spulwinde zum Einzug des Seils Sobald das Zugseil am Kopf des ersten Rohrabschnitts auf dem Verlegeschiff befestigt ist, kann der Leitungsabschnitt an Land gezogen werden. Während die hydraulischen Linearwinden die Pipeline in Richtung Strand ziehen, werden gleichzeitig Rohrleitungsabschnitte an Bord des Verlegeschiffes zusammengeschweißt. Die erforderliche Zugkraft steht in direkter Abhängigkeit von der Zuglänge. Das Einziehen selbst dauert normalerweise nur ein paar Tage. Abhängig von der Sedimentablagerung im Pipelinegraben kann die Pipeline entweder über den Meeresboden gezogen oder schwimmend auf Pontons befördert werden, um die Pipelineummantelung zu schützen. Die ist in Abbildung 4.60 dargestellt.

202 Abbildung 4.60 Auf einer Pipeline befestigte Pontons Sobald die Pipeline den Sockel der Winde erreicht hat, kann die Wiederherstellung des Strandund Küstenbereichs eingeleitet werden. Die Einbindung der Onshore-Pipeline wird anschließend als ganz normales Onshore-Bauprojekt ausgeführt.

203 Die mechanischen Pipelinekomponenten, darunter die Molchschleusen-Absperrventile, die Bypassventile und die Molchschleuse selbst, werden im Zuge der Pipelineinstallation an den entsprechenden Stellen angebracht. Die verschiedenen Komponenten werden im Folgenden beschrieben. Komponenten Die folgenden Pipelinekomponenten werden an den Anlandungsstellen wie unten beschrieben verwendet: Absperrventile Molchschleusen Isolierstücke Ankerflansche Alle Komponenten werden nach allgemeingültigen Prinzipien entworfen, um technische Konsistenz und einfache Installation während der Bauarbeiten zu gewährleisten. Für alle Komponenten gilt: Sie müssen vorgefertigt angeliefert werden, wobei kurze Rohrverbindungsstücke (1)) bereits auf beiden Seiten befestigt sind. Diese Rohrverbindungsstücke müssen mechanisch zu den jeweiligen Leitungsrohren der Pipeline passen, mit denen sie verschweißt werden sollen. Sie müssen nachweislich höhere Drücke als den normalen Betriebsdruck der Pipeline aushalten Sie müssen für die Installation und den Betrieb an den Anlandungsstellen in Russland und Deutschland konzipiert sein Absperrventile Es gibt zwei Typen von Absperrventilen doppelt wirkender Absperrschieber (double expanded gate valve, DEGV) und Kugelhahn (top entry ball valve, TEBV) ), die jeweils spezifische Funktionen haben. Beide Arten werden als Gussteile gefertigt und anschließend zur Erzielung (1) Rohrverbindungsstücke sind kurze Rohrleitungsabschnitte, die seitlich auf einer Komponente angebracht sind, um das Einschweißen der Komponente in die Pipeline zu erleichtern.

204 der gewünschten Betriebstoleranzen nachbearbeitet. Hydraulische und elektrische Ventilantriebe werden zur Betätigung eingesetzt, dies sind separate angebaute Einheiten. DEGV-Ventile wirken als doppelte Absperrung und können daher bei Molcheinsätzen zur vollständigen Isolierung von Pipeline und Molchschleuse. z. B. bei Molchaktivitäten vor Molchschleusen, verwendet werden TEBV-Ventile dienen zur einzelnen Absperrung und können vielseitig eingesetzt werden, wirken jedoch nicht beidseitig zur vollständigen Isolierung. Sie werden eingesetzt als primäre Absperrung in einem Notfall (emergency shut down - ESD) (siehe Abschnitt Notaus). In Abb. 4.61 ist der Einbau eines Absperrschiebers dargestellt. Abbildung 4.61 Einbau eines Absperrschieber (Foto: Petrolvalves) Molchschleusen Molchschleusen sind an beiden Enden der Rohrleitung befindliche Druckbehälter. Sie ermöglichen den Einsatz von intelligenten Molchen zur Pipelineinspektion. Die Molchung ist nur in Fließrichtung möglich. Aus diesem Grunde sind die Molchschleusen so ausgelegt, dass

205 interne Molche und Tools in beiden Richtungen eingeschleust und wieder in Empfang genommen werden können. Beispiele typischer Molchschleusen zeigt Abbildung 4.62. Abbildung 4.62 Typische Molchschleuse Isolierstücke Isolierstücke sind geschmiedete Formteile aus einem Guss mit elektrisch isolierendem Füllmaterial. Die Isolierstücke trennen elektrisch die Pipeline und die Rohrleitungsanlagen der Anlandungsstelle und trennen somit die kathodischen Korrosionsschutzsysteme der Pipeline vom Pipelinesystem an der Anlandungsstelle. In Abbildung 4.63 ist ein typisches Isolierstück mit schematischer Darstellung der Komponenten dargestellt.

206 Abbildung 4.63 Schematische Darstellung einer Isoliermuffe (links) und Bild einer typischen Isoliermuffe (rechts) Ankerflansche An der russischen Anlandungsstelle kommen Ankerflansche zum Einsatz, um Kräfte aus der Axialdehnung beim Betrieb der Pipeline aufzunehmen. Die geschmiedeten Ankerflansche werden in Beton gebettet und bilden so ein Ankerfundament. Das Fundament wird in das Erdreich eingebettet, um Verankerung und Stabilität zu gewährleisten (Abbildung 4.64). Abbildung 4.64 Betonfundamente werden vor Ort gefertigt Ankerflansche werden nicht an der deutschen Anlandungsstelle verwendet. Stattdessen werden die Pipelines mit omega-förmigen Ausdehnungsbögen gebaut.

207 Russische Anlandungsstelle Überblick über die Bauarbeiten auf der russischen Anlandungsstelle siehe unten. Eine detaillierte Beschreibung der Bauarbeiten ist in der UVP für die russische Anlandungsstelle enthalten (Verweis folgt). Bauarbeiten (Ausbaggern, Zwischenlagern und Rückverfüllen des Meeresbodenmaterials) Der Leistungsumfang an der russischen Anlandungsstelle kann in zwei getrennte Bereiche unterteilt werden: Die Arbeiten, die sich auf die Kreuzung der russischen Küstenlinie beziehen, und die Arbeiten an Bord des Verlegeschiffs. Beim Übergang zur Küstenlinie fallen Bauarbeiten an der Anlandungsstelle an; Kreuzen der Küstenlinie und Rohrverlegung von einem designierten Punkt an Land bis zu einer Wassertiefe von 14 m; die Rohrverlegung in Wassertiefen über 14 m werden von einem Rohrverlegungsschiff aus durchgeführt. Die Pipelines werden in Küstennähe Onshore-Abschnitt im Rohrgraben verlegt zum Schutz vor Auswirkungen von Erosion, menschlicher Aktivität und Eis. Eine an Land montierte Winde zieht die Pipelines vom Pipelineverlegeschiff, wie in Abbildung 4.65 gezeigt. Die Pipelines werden entlang in zwei zuvor ausgehobene Gräben gezogen und können durch Auftriebskörper unterstützt werden. Abbildung 4.65 Schematische Darstellung einer Winde am Festland, die die Pipeline vom Pipelineverlegeschiff zur Küste zieht Zu den Bauarbeiten im Anlandungsabschnitt in Küstennähe und zum Kreuzen der Wasserlinie gehören: Vorbereitende Arbeiten Rohrgrabenaushub Aktivitäten in Bezug auf das Pipelineverlegen Rohrgraben Rückverfüllung

208 Abschluss der Bauarbeiten Zu den vorbereitenden Arbeiten an der Anlandungsstelle gehören: Konstruktion von Dämmen Vorbereitung des Bereichs für die Onshore-Winde am Festland Montage der Onshore-Winde, mit der die Pipeline an Land gezogen wird Für jede der beiden Pipelines wird ein Graben ausgehoben. Im Flachwasser in Küstennähe werden zu beiden Seiten des Rohrgrabens Dämme zum Schutz vor Strömung und Wellengang errichtet. Abbildung 4.66 Dammbau an der Küste im Küstenlinienbereich Die Dämme erstrecken sich von einem Punkt an Land in einer Höhe von 0,5 m über dem Meeresspiegel bis zu einer Wassertiefe von ca. 2 m. Sie bestehen aus einer Verfüllung aus Gestein und Kies. Außerdem dienen die Dämme auch als Plattformen für an Land eingesetzte Ausrüstung zum Abtransport des Grabenaushubmaterials aus dem Küstenbereich (siehe Abbildung 4.66).

209 Die beiden Pipelinegräben werden mit einer konstanten Breite von 4 bis 5 m und in einem Abstand von 20 m zueinander ausgehoben. In Abbildung 4.67 ist ein Standardquerschnitt der beiden parallel verlaufenden Rohrleitungsgräben dargestellt. Die Pipelines werden nahe der russischen Küste im Rohrgraben zum Schutz vor Auswirkungen von Erosion, menschlicher Aktivität und Eis verlegt. Abbildung 4.67 Standardquerschnitt offener Rohrgraben im russischen Anlandungsbereich Aushubaktivitäten an Land werden mit normalen Stelzenpontonbaggern durchgeführt (siehe Abbildung 4.68). Das Nassbaggern der Offshore-Abschnitte erfolgt mit hydraulischen Stelzenpontonbaggern, die auf einem Ponton installiert sind. Der Aushub wird seitlich entlang der Rohrgräben deponiert und nach der Rohrleitungsverlegung zur Rückverfüllung der Pipeline verwendet.

210 Abbildung 4.68 Typischer Stelzenpontonbagger ( At Your Service der Firma МРТС) Das Verlegeschiff ankert nahe der Küste. Nach Abschluss der Aushubarbeiten wird ein Drahtseil zwischen den Winden an Land und dem Verlegeschiff befestigt, um die Pipeline an Land zu ziehen. Die Winde an Land wird auf einer Fundamentierung aus bewehrten Betonblöcken befestigt, die auf einer entsprechend vorbereiteten Oberfläche am Ende jedes Pipelinegrabens gelagert werden. Während die an Land befindlichen Winden die Pipeline am Meeresboden entlang zur Küste ziehen, werden gleichzeitig Rohrleitungsabschnitte an Bord des Verlegeschiffes zusammengeschweißt. Um das Einziehen der Rohrleitungen zu erleichtern, können diese auch durch Auftriebskörper gestützt werden. Nach dem Einziehen der Rohrleitungen wird der Pipelinegraben rückverfüllt und die Rohrleitungen werden mit der Onshore-Pipeline verbunden. Nach der Rohrverlegung und Rückverfüllung der Gräben werden die Hilfsdämme entfernt und die Baustellen geräumt und in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt. Pipelineabschnitt bis zur Kompressorstation in der Bucht von Portovaya Der Trockenabschnitt in Russland umfasst zwei Pipelines, die Molchschleusen und -empfänger sowie die Verbindung zu den Gasprom-Anlagen stromaufwärts. Die beiden Rohrleitungen verlaufen parallel von der Küstenlinie zu den Molchschleusen/-empfängern. In den parallelen 48 -Pipelines und den 28 -Abzweigrohrleitungen sind Absperrventile installiert. Der endgültige Entwurf wird in der Planungs- und Bauphase festgelegt.

211 Deutsche Anlandungsstelle Überblick über die Bauarbeiten auf der deutschen Anlandungsstelle wird im Folgenden dargestellt: Baustellenvorbereitung Spundwanddamm Bau von Rohrunterstützungen und -fundamente Pipelineinstallation Wiederherstellungsarbeiten Einbindung bis zur Übernahmestation Greifswald Eine detaillierte Beschreibung der Bauarbeiten ist in der UVP für die deutsche Anlandungsstelle enthalten (Verweis folgt). Baustellenvorbereitung Die deutsche Anlandungsstelle wird in die Übernahmestation Greifswald integriert, die von einem Absperrzaun umgeben wird. Zur Baustellenvorbereitung gehören alle Aufgaben, die nicht zum Bauumfang der Übernahmestation Greifswald gehören. In Abbildung 4.69 ist die Anlandungsstelle zu sehen. Die Baustellenvorbereitung beinhaltet das Entfernen von Schutt und Hindernissen im Baustellenbereich, um so einen sicheren Bau bzw. eine sichere Montage der Pipeline sowie damit verbundener Geräte, Absperrventile, Unterstützungen und Fundamente zu ermöglichen. Das Planieren der Baustelle erfolgt im Rahmen des Baus der Hilfs- und permanenten Betonfundamente und -anlagen.

212 Abbildung 4.69 Anlandungsstelle am Greifswalder Bodden Weitere Aspekte der Baustellenvorbereitung: Bau der für die Anlieferung und das Abladen der erforderlichen Materialien und Geräte benötigten Zugangswege und Bereiche Errichtung von Baustellenabsperrzäunen zu Sicherheitszwecken. Das Einzäunen stellt sicher, dass die Auswirkungen aufgrund der Bauarbeiten auf die Baustelle begrenzt sind Der Bau von Entwässerungsanlagen innerhalb des Baustellenbereichs an Land ist erforderlich, damit die Baubereiche trocken sind für die Ausführung der Bauarbeiten Um das Ausmaß der erforderlichen Nassbaggerarbeiten und somit die Auswirkung auf den Küstenbereich möglichst gering zu halten, wird ein Spundwanddamm ein mit Spundwänden abgetrennter Bereich errichtet. In Abbildung 4.70 ist ein Beispiel eines Spundwanddamms zu sehen. Die tatsächliche Öffnung zur See hat die Breite des Spundwanddamms. Aus Sicherheitsgründen muss jedoch ein breiterer Bereich eingezäunt werden. Der umzäunte Bereich zwischen den Dünen wird ein Gebiet von ~11,000 m² für Baustelle, Büro, Werkstätten und Lager umfassen.

213 Abbildung 4.70 Beispiel eines Spundwanddamms, an dem die Pipeline an Land gezogen wird ( DONG: South Arne Nybro, 24 Offshore-Pipelinebau 1997-1999) Spundwanddamm Der Spundwanddamm wird zwischen der besonders geschützten Graudüne und dem Meer errichtet. Der Damm beginnt an Land rund 150 m vor der Uferlinie und endet rund 550 m von der Uferlinie entfernt in einer Wassertiefe von ungefähr 1,5 m. Für den Bau des Spundwanddamms stehen zwei Optionen zur Verfügung: Option 1: Ein Offshore-Spundwanddamm mit drei Spundwänden, die zwei parallele Kanäle bilden. Seine Gesamtlänge ist 550 m. Ein 9,5 m breiter Kanal wird für die Pipelines ausgehoben. Der andere 9,5 m breite Kanal nimmt das ausgehobene Erdreich auf. Die Gesamtbreite des Spundwanddamms beträgt 19 m (Abbildung 4.71). Der Kanal zum Lagern des Aushubs wird zusätzlich durch Pfähle verstärkt und bildet so eine Kombiwand. Diese Pfähle stützen außerdem einen Stahlrahmen, der als Brücke für die Ramm- und Aushubausrüstung

214 dient. Auf dem Onshore-Abschnitt befindet sich ein 150 m langer Spundwanddamm mit zwei Pfahlwänden. Die Baureihenfolge für Spundwanddamm und Spundwand sieht wie folgt aus: An Land wird nur für den Pipelinegraben beidseitig eine Spundwand errichtet. Der Aushub wird seitlich am Baustreifen gelagert. Mit dem Einrammen der Pfähle und Spundwände für den Lagergraben wird an Land kurz vor der Küste begonnen. Die Einrammarbeiten werden in der Regel von dem vorbereiteten Baustreifen an Land durchgeführt (Abbildung 4.71). Nach Erreichen der Küstenlinie gehen die Installationsaktivitäten von der Oberseite des Spundwanddamms aus weiter. Daher wird die erste Stahlrahmenbrücke auf den bereits eingerammten Pfählen errichtet, und die Rammausrüstung wird in die richtige Position gebracht. Das Einrammen der Pfähle und Spundwände sowie die Montagearbeiten werden in Meeresrichtung vorgenommen. Sobald ein neuer Abschnitt des Spundwanddamms fertig gestellt ist, wird eine neue Brücke errichtet und die Erweiterung in Meeresrichtung kann fortgesetzt werden. Abbildung 4.71 Änderung des Spundwanddammbaus beim Übergang zur Küstenlinie

215 Option 2: Ein Spundwanddamm bestehend aus zwei parallel verlaufenden Wänden, die einen 9,5 m breiten Graben bilden, wird errichtet. Er wird ca. 550 m lang sein. An Land wird für den Pipelinegraben beidseitig eine Spundwand errichtet. Der Aushub wird seitlich des Baustreifens gelagert. Offshore wird der Spundwanddamm von einer parallel verlaufenden vorgefertigten Behelfsbrücke (einer so genannten Bailey-Brücke) aus errichtet (Abbildung 4.72 und Abbildung 4.73). Die Behelfsbrücke ist eine modulare Stahlkonstruktion, die schnell und problemlos installiert werden kann. Von der Behelfsbrücke aus, die auf Stahlträgern ruht, können alle erforderlichen Arbeiten am Spundwanddamm durchgeführt werden. Das Einrammen der Stahlträger für die ersten Brückenmodule beginnt an Land. Dann werden offshore weitere Brückenmodule hinzugefügt, bis die Brücke die erforderliche Länge erreicht hat. Nach Abschluss des Brückenbaus wird die Rammausrüstung auf der Brücke positioniert und von dort aus die Spundwand für den Damm eingerammt. Vor Beginn der Aushubarbeiten muss möglicherweise ein Trübungsschutz (Silt Screen) installiert werden, der vom Spundwanddamm bis zum Hafendamm von Lubmin verläuft. Der Trübungsschutz (Silt Screen) trennt den Bereich zwischen dem Hafendamm von Lubmin und dem Spundwanddamm vom offenen Meer und schützt ihn so gegebenenfalls vor starken Strömungen und Auswaschen. Trübungsschutz und Kofferdamm verhindern auch eine Trübung außerhalb dieses Bereichs.

216 Abbildung 4.72 Offshore-Aushubarbeiten für die dreiwandige Konstruktion des Kofferdamms Wenn der Spundwandbau und gegebenenfalls das Aufschütten des Silt Screens abgeschlossen sind, fahren Bagger auf die Behelfsbrücke und beginnen mit dem Aushub des Spundwanddamms. Der Aushub wird temporär in der Nähe der Behelfsbrücke in einem abgetrennten Bereich abgeladen.

217 Abbildung 4.73 Typische Sicht einer Behelfsbrücke und eines Spundwanddamms Bau von Stützen und Fundamenten Abhängig von der Installationsmethode für die Pipelines sind eine Reihe von Stützen und Fundamenten erforderlich. Hierzu gehören die Stützen für die über Land geführte Pipeline sowie ein temporärer Ankerpunkt für die Winde, mit der die Rohrleitungen an Land gezogen werden,

218 und eine mit Erdreich verfüllte Stützwand zur Abdeckung der Pipelines. Die Stützwand bildet den Übergangsbereich zwischen Pipelineführung an Land und unter Wasser (Abbildung 4.74). Abbildung 4.74 Stützwand im Übergangsbereich zwischen unterirdischem und oberirdischem Abschnitt Die Betonfundamente werden entweder vorgefertigt per Lkw zur Baustelle verbracht oder direkt vor Ort in ihrer Endposition gegossen. Pipeline-Installation Die Pipelines werden nach der oben beschriebenen allgemeinen Methode installiert. Bei Erreichen des flachwinkligen S-Abschnitts der Küstenlinie, wird die Pipeline an Land gezogen. Für die Bauarbeiten in den Trockenabschnitten werden Hilfsunterstützungen für die einzelnen Pipelinestränge zwischen den bereits vorhandenen permanenten Verankerungen errichtet. Dann werden die einzelnen Pipelinestränge per Lkw zur Baustelle transportiert, von einem Kran auf die Stützen gehoben, dort ausgerichtet und dann zusammengeschweißt (Abbildung 4.75). Für jede Schweißnaht werden zerstörungsfreie Prüfverfahren und Schweißnahtumhüllung

219 durchgeführt. Wenn der gesamte Trassenabschnitt fertig gestellt ist, werden die temporären Stützen wieder entfernt. Abbildung 4.75 Installation der Pipeline an Land Die Offshore-Installation der Pipelines im Flachwasser hat eigene technische Voraussetzungen (Verlegeausrüstung) und stellt hohe Sicherheitsanforderungen (z. B. Schutz gegen mechanische Einwirkung oder Auftrieb). Daher werden beide Pipelines zwischen dem Ende des Spundwanddamms (~ KP 1222) und der Einbindungsposition (~ KP 1196) nacheinander in einem vorab ausgehobenen Rohrgraben mit einer Überdachung verlegt (siehe Abbildung 4.76). Dieser Rohrgraben wird bis zur in der Planung festgelegten Tiefe ausgehoben. Stelzenpontonbagger und Laderaumsaugbagger sind die Geräte der Wahl für Nassbaggerarbeiten. Die Auswahl der Geräte hängt von der Bodenbeschaffenheit und dem zu verwendenden Baggertyp ab. In der Regel wird mit dem Rechtecksaushub (Box-Cut) eine Böschungsneigung von ca. H: L = 1: 3 erreicht. In Bereichen mit stabileren Bodenbedingungen wird eine Neigung über H : L = 1 : 3 zulässig und können so das Baggervolumen reduzieren. Der Aushub wird in Bargen geladen und zur Zwischen- oder permanenten Lagerung auf eine Klappstelle transportiert. Unterschiedliche Bodenarten werden separat in die gekennzeichneten

220 Bereiche der Klappstelle verbracht. Material mit einem hohen organischen Gehalt, das nicht im Meer gelagert werden kann, muss zu einer Deponie an Land gebracht werden. Nach dem Ausbaggern wird der Rohrgraben auf Hindernisse und Unebenheiten überprüft. Bei Bedarf werden letzte Unebenheiten mit einer Egge bzw. einem kleinen Stelzenpontonbagger beseitigt. Abbildung 4.76 Standardquerschnitt offener Graben Nach Verlegung der Pipelines im ausgehobenen Graben wird dieser mit Erdreich aus der Klappstelle verfüllt. Aus diesem Grund werden eine Reihe von Laderaumsaugbagger geeignetes Material im Klappstellenbereich wieder ausbaggern, zum Rohrgraben transportieren und ihn damit verfüllen. Alternativ dazu können zum Transport auch Bargen eingesetzt werden, die mit Stelzenpontonbaggern an der Klappstelle beladen werden. Wiederherstellung Nach Installation der entsprechenden Pipelineabschnitte müssen der Spundwanddamm, die Pfähle und Spundwände wieder entfernt werden, um den Boden wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Die Wiederherstellung erfolgt in umgekehrter Reihenfolge zur oben beschriebenen Baubeschreibung. In den Aushubbereichen, in denen temporäre Stützen und Fundamente entfernt wurden, sowie in den Bereichen um Stützen und Molchschleusenfundamente werden zusätzliche Rückverfüllungsarbeiten durchgeführt.

221 Langfristig gesehen muss die Pipelinedeckschicht im Küstenbereich überwacht werden. Im Falle einer lokalen Erosion muss das abgeschwemmte Material rückverfüllt werden. Pipeline-Abschnitt bis zur Übernahmestation Greifswald Im oberirdischen Bereich laufen die Pipelines auf Stahlträgern, die in Betonfundamente eingelassen sind. Beim Ausdehnen oder Zusammenziehen dieser Träger werden die Pipelines nicht übermäßig gedehnt bzw. gestaucht und es entstehen keine inneren Materialspannungen. Die Träger sind für die größtmögliche rechnerische Pipelineverschiebung auszulegen. Etwa 15 m nach dem Ende der S-Kurve gibt es omega-förmige Ausdehnungsbögen, die mögliche Pipelineausdehnungen während der gesamten Pipelinelebensdauer ausgleichen können. Stromabwärts nach der ersten Biegung bis zu den Molchempfängern beträgt der Abstand zwischen den Rohrleitungen rund 10,5 m. Über die Ausdehnungsbögen werden die Rohrleitungen an der Einbindungsposition der Übernahmestation Greifswald ausgerichtet. Außerdem dienen sie als Ausdehnungsbögen, da sich die Rohrleitungen aufgrund von Druckund Temperaturschwankungen ausdehnen und zusammenziehen. Jede Rohrleitung endet an einem voll verschweißten Molchempfänger, der ca. 15 bis 20 m lang ist. Der Molchempfänger wird mithilfe eines doppelt abdichtenden Absperrschiebers abgetrennt. Über Notabsperrventile, die jeweils über 100 Tonnen schwer sind, wird jede Pipeline im Notfall gesperrt. Ein Isolierstück zwischen den beiden Pipelineabsperrventilen gewährleistet die elektrische Trennung zwischen dem anodengeschützten unterseeischen Abschnitt und der oberirdischen Pipeline. Zwischen den beiden Pipelineabsperrventilen wird ein T-Stück (speziell konzipierter Reduzierstutzen, der verhindert, dass Pipelinemolche problemlos die Bypassleitung passieren) installiert, das den Anschluss zur Bypassleitung mit Innendurchmesser von 950 mm (38 ) herstellt, durch die das Erdgas an die Übernahmestation Greifswald geliefert wird. Die Bypassleitung kann durch eine mehr als 50 t schwere Absperrarmatur abgesperrt werden. 4.6 Vorbetrieb Nach der Installation der Pipelines werden Vorbetrieb und Unterwasser-Verbindungen durchgeführt, bevor das Pipelinesystem in Betrieb gehen kann. Die Tätigkeiten des Vorbetriebs sind Fluten, Reinigen und Vermessen der Pipelines, Drucktest des Pipelineabschnittes und Herstellen der Unterwasser-Verbindungen. Nach den Unterwasser-Verbindungen werden die gesamten Pipelines entwässert und getrocknet. Das gefilterte Meerwasser für die Flutung der Rohrleitungen wird an der russischen Anlandungsstelle entnommen. Insgesamt werden 1.270.000 m 3 Meerwasser pro Pipeline

222 verwendet. An der Anlandungsstelle wird ein temporäres Pumpensystem installiert, dass das Wasser in eine Versorgungsleitung aus einer Tiefe von 10 m pumpt. Dieses System wird auch für die Ausspeisung des Wassers beim Entwässern verwendet. Das Wasser darf nicht in einem eingeschlossenen bzw. halb eingeschlossenen Wasserkörper entleert werden, weil hier evtl. keine optimalen Mischungsbedingungen herrschen. Der Greifswalder Bodden ist daher keine bevorzugte Option. Die günstige Stelle ist daher die Bucht von Portovaya. Hier ist auch das natürliche Wasser weniger salzhaltig, was auch während der Vorbehandlung des Wassers von Vorteil ist. Der gesamte Prozess des Vorbetriebes für jede Pipeline dauert etwa fünf Monate. Er umfasst zwei Monate für Flutung, Reinigung und Vermessung der Pipeline, 1,5 Monate für Drucktests und die Herstellung der Unterwasser-Verbindungen sowie 1,5 Monate für das Entwässern und Trocknen der Pipeline. Sollte es aufgrund zukünftiger Bedingungen sinnvoll erscheinen, von diesem Plan abzuweichen, wird die Nord Stream AG unverzüglich die Koordinierungsbehörde benachrichtigen und in enger Zusammenarbeit mit ihr die passenden Schritte einleiten, um dieses Dokument oder künftige Ausführungspläne anzupassen. 4.6.1 Fluten, Reinigen und Messen Die Pipeline wird mit Molchen geflutet, gereinigt und vermessen. Ein Molch ist ein Werkzeug, das zu Inspektion, Reinigung, Produktseparierung oder zu anderen Zwecken eingesetzt wird. Abbildung 4.77 zeigt Beispiele von Molchen. Der Molch wird von der Molchsendeschleuse in die Pipeline geschickt und durch den Wasserdruck (bzw. Gasdruck bei Betrieb der Pipeline) vorwärts getrieben. Die Molche sind in einem Molchzug angeordnet, der mindestens vier Reinigungs- und Vermessungsmolche enthält. Vor Einbringung des ersten Reinigungsmolchs wird eine Wassermenge für die erste Reinigung in die Rohrleitung eingeleitet. Dieses Wasser spült die groben Verunreinigungen aus.

223 Abbildung 4.77 Beispiele von Molchen. Ein Vermessungsmolch, der in den Molchsender gedrückt wird (links) und die Zeichnung eines typischen intelligenten Molchs für interne Inspektion (rechts) Die Verunreinigungen bestehen aus Staub, der sich während der Bauarbeiten in der Pipeline angesammelt hat. Der Großteil des Staubs besteht aus Rost (Eisenoxid) und gelegentlichen Schweißzusatzmitteln. Zusätzlich kann eine geringe Menge Epoxidharzbeschichtung und Betonstaub vom Verlegeschiffs vorhanden sein. Die Menge der Verunreinigungen wird auf lediglich einige Kubikmeter geschätzt. Die Molche transportieren die Verunreinigungen in die Molchempfangsschleuse. Hier werden sie gesammelt und korrekt an Land entsorgt. Die beauftragten Unternehmen werden immer, wann dies möglich ist, die Häfen nutzen, die bereits die Logistik des Nord Stream-Projekts unterstützen. Das Wasser für die Flutung ist gefiltertes Wasser, das mit einem Sauerstoffbindemittel (z. B. Natriumbisulfit, NaHSO 3 ) und mit Natriumhydroxid (NaOH) behandelt wurde. Die erwartete Konzentration von Chemikalien im vorbehandelten Wasser wird zwischen 70 ppm und 230 ppm liegen. Das Sauerstoffbindemittel eliminiert den Sauerstoff im Wasser der Korrosion verursacht. Das Natriumhydroxid erhöht den ph-wert auf über 10 und verhindert dadurch jegliches Wachstum anaerober Bakterien innerhalb der Pipeline. Bei diesen Produkten handelt es sich um natürliche Substanzen, die im Meerwasser bereits vorhanden sind. Diese Behandlung gilt daher als umweltfreundlich. Andere Pipelineprojekte (z. B. Franpipe und Haltenpipe) haben gezeigt, dass diese Vorgehensweise sinnvoll ist. Vor dem Einfüllen in die Pipeline wird das Meerwasser gefiltert. Die Flutung der einzelnen Rohrleitungen wird in der nachstehenden Reihenfolge ausgeführt: Flutung von Abschnitt 1 ab KP 0 bis KP 300 von der russischen Anlandungsstelle Flutung von Abschnitt 2 ab KP 300 bis KP 675 von der russischen Anlandungsstelle durch Abschnitt 1