TEIL II: Das Eurosystem als Träger der Geldpolitik 6. Das geldpolitische des Eurosystems und sein Einsatz
6. Das geldpolitische des Eurosystems und sein Einsatz 6.1 Der Geldmarkt als zentraler Ansatzpunkt der Geldpolitik 6.2 Die geldpolitischen Instrumente - Ständige Fazilitäten - Offenmarktgeschäfte - Standardtender - Feinsteuerungsoperationen - Strukturelle Operationen - Mindestreserve 6.3 Die Steuerung des kurzfristigen Geldmarktsatzes durch das Eurosystem SS 2008 2
6.1 Der Geldmarkt als zentraler Ansatzpunkt der Geldpolitik Neben Banknoten und Münzen dienen in einer Volkswirtschaft auch Sichtguthaben bei den Kreditinstituten (KRI) als Zahlungsmittel (Buch- oder Giralgeld). Diese Sichtguthaben entstehen zum einen durch Einzahlung von Bargeld auf Girokonten (passive Giralgeldschöpfung). Diese Form der Buchgeldschöpfung ist geldmengenneutral, da die Kassenbestände der KRI zu den Geldaggregaten zählen. SS 2008 3
Insbesondere entsteht Giralgeld aber zum anderen im Rahmen der Kreditgewährung der KRI (aktive Giralgeldschöpfung), wobei im Gefolge der weiteren Verwendung der Sichtguthaben diese auch in andere M3 zuzurechnenden Anlageformen umgewandelt werden. Im Zuge der durch Kreditgewährung bewirkten Expansion der Einlagenbestände steigen die Bargeldhaltungswünsche der Nichtbanken. Die KRI müssen sich bei der Zentralbank Bargeld besorgen. Im Regelfall geschieht dies durch Kreditaufnahme bei der Zentralbank. SS 2008 4
Damit hat die Zentralbank aber einen Ansatzpunkt, mit dem sie die Kredit- und Einlagenexpansion der KRI begrenzen kann. Durch Veränderung ihrer Kreditkonditionen (der Notenbankzinsen) beeinflusst die Zentralbank die Rentabilitätsrechnung der KRI. Hieraus resultieren gleichgerichtete Änderungen der Sollzinsen und meist mit einiger Zeitverzögerung auch der Habenzinsen der Banken jedenfalls am kürzeren Laufzeitende. Hierdurch wiederum wird das Kreditnachfrageverhalten der Nichtbanken und damit die Kreditgewährung des Bankensektors beeinflusst. SS 2008 5
Die Wirkungsmacht einer Zentralbank auf das Ausgabeverhalten der Nichtbanken basiert somit letztlich auf dem Banknotenmonopol. In den meisten Volkswirtschaften auch im Euroraum - wird dieser Hebel durch eine Mindestreservepflicht verstärkt. Die Mindestreserven werden i.d.r. so festgelegt, dass die KRI einen bestimmten Prozentsatz ihrer Verbindlichkeiten bei der Zentralbank hinterlegen müssen (hierzu später mehr). SS 2008 6
Zentralbankgeld (Bargeld und Sichteinlagen bei der Zentralbank => Geldbasis) wird somit geschaffen (vernichtet), wenn die Zentralbank Geld und Währung: Kredite an KRI ausweitet (zurückführt), aber auch wenn sie Auslandsforderungen erwirbt (verkauft); Kredite an öffentliche Haushalte ausweitet (zurückführt); (staatliche) Wertpapiere erwirbt (verkauft). Aus der vereinfachten Zentralbankbilanz ist die Entstehung (Aktiv-Seite) und die Verwendung von Zentralbankgeld (Passiv-Seite) ersichtlich. SS 2008 7
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Außer im Fall fixer Wechselkurse (=>Interventionsverpflichtungen) wäre die Zentralbank prinzipiell in der Lage, den Umfang des zur Verfügung gestellten Zentralbankgeldes, die Basis für die Geld- und Kreditschöpfung des Bankensektors, direkt zu steuern. Tatsächlich nutzen heute praktisch alle Zentralbanken einen indirekten Weg zur Steuerung der monetären Expansion. Dies hängt zusammen mit der Funktionsweise der Finanzmärkte, insbesondere des sog. Geldmarktes. SS 2008 9
An jedem Geschäftstag entsteht bei den einzelnen KRI per Saldo eine Bedarf oder ein Überschuss an Zentralbankgeld. Dieser resultiert aus Baraus- bzw. Bareinzahlungsüberschüssen, dominant aber aus der Abwicklung des unbaren Zahlungsverkehrs für die Bankkunden. Entstandene Negativsalden im Geschäftsverkehr mit anderen Banken muss das einzelne KRI durch Übertragung von Guthaben bei der Zentralbank ausgleichen. SS 2008 10
Negativen Salden im Geschäftsverkehr stehen aber positive Salden anderer KRI gegenüber, d.h. die einzelne Bank ist Nachfrager oder Anbieter von Zentralbankgeld. Der Ausgleich von Zentralbankgeldüberschüssen und defiziten erfolgt über den Geldmarkt. Unter dem Geldmarkt versteht man den Handel von Zentralbankgeld auf dem Kreditwege oder durch den An- und Verkauf von Geldmarkpapieren (letztere bleiben im Folgenden unberücksichtigt). Zu unterscheiden ist hierbei zwischen dem Regulierungsgeldmarkt und dem Interbankengeldmarkt. SS 2008 11
Am Interbankengeldmarkt verteilen die KRI untereinander die vorhandenen Zentralbankgeldguthaben entsprechend dem Bedarf. Im Rahmen eines Geldmarktkredits stellt ein KRI einem anderen für eine bestimmte Zeit Sichteinlagen bei der Zentralbank zur Verfügung. Je nach der Laufzeit unterscheidet man Tagesgeld (Laufzeit ein Tag => overnight money), tägliches Geld (von beiden Vertragsparteien täglich kündbar), Terminiertes Tagesgeld (2 bis 29 Tage), Monats-, Dreimonats- Halbjahres- und Jahresgeld, Geld über den Monats- oder Jahresultimo. SS 2008 12
Entsprechend dem Angebot von und der Nachfrage nach Zentralbankgeld bildet sich täglich ein Tagesgeldsatz, Monatsgeldsatz etc. Referenzzinssätze am Euro-Geldmarkt: EONIA (Euro Overnight Index Average) und EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate => Zinssätze für Ein- bis Zwölfmonatsgeld). Am Interbankengeldmarkt wird kein neues Zentralbankgeld geschaffen (horizontaler Liquiditätsausgleich). Am Regulierungsgeldmarkt kontrahiert das Eurosystem mit den KRI mittels seiner geldpolitischen Instrument. SS 2008 13
Nur durch solche Transaktionen kann es per Saldo zu einer Veränderung des Zentralbankgeldbestandes kommen (vertikaler Liquiditätsausgleich) und damit einem insgesamt erhöhten Zentralbankgeldbedarf Rechnung getragen werden. Aus der Sicht der einzelnen Bank erfüllen nun der Interbankengeldmarkt und der Regulierungsgeldmarkt die gleiche Funktion: Beide ermöglichen ihr den Liquiditätsausgleich. Daher fühlt sich ein KRI auch nicht in seinen Kreditvergabemöglichkeiten beschränkt, wenn es über keine frei verfügbaren Zentralbankgeldbestände verfügt. SS 2008 14
Folge: Die Zentralbank muss einen hierdurch entstandenen zusätzlichen Zentralbankgeldbedarf decken. Andernfalls würden sich einzelne KRI als zahlungsunfähig erweisen oder sie könnten ihre Mindestreservepflicht nicht erfüllen. Die Zentralbank ändert aber die Konditionen für den Notenbankkredit die Notenbankzinsen -, wenn die monetäre Expansion ihren geldpolitischen Konditionen widerspricht. Nun bestehen zwischen Interbankengeldmarkt und Regulierungsgeldmarkt enge Arbitragebeziehungen. SS 2008 15
Die Zentralbank kann daher die Geldmarktzinsen insgesamt - jedenfalls am kürzeren Laufzeitende - mit einem hohen Grad an Genauigkeit steuern. Wie andere Zentralbanken steuert das Eurosystem somit den Geldmarkt über den Zins. Der kurzfristige Geldmarktzins ist des Operationsziel. Die alternative Steuerungsverfahren, die Geldbasissteuerung also die Steuerung der Menge des zur Verfügung gestellten Zentralbankgeldes, wäre zwar grundsätzlich möglich, aber mit starken funktionslosen Zinsschwankungen am Geldmarkt verbunden. SS 2008 16
6. Das geldpolitische des Eurosystems und sein Einsatz 6.1 Der Geldmarkt als zentraler Ansatzpunkt der Geldpolitik 6.2 Die geldpolitischen Instrumente - Ständige Fazilitäten - Offenmarktgeschäfte - Standardtender - Feinsteuerungsoperationen - Strukturelle Operationen - Mindestreserve 6.3 Die Steuerung des kurzfristigen Geldmarktsatzes durch das Eurosystem SS 2008 17
Quelle: EZB SS 2008 18
Durch Einsatz der gelpolitischen Instrumente wird dem Bankensystem Zentralbankgeld entweder zugeführt oder entzogen. Ziel des Instrumenteneinsatzes ist es, die Angebots- und Nachfrageverhältnisse am Geldmarkt so zu beeinflussen, dass der Tagesgeldsatz möglichst nahe bei dem angestrebten Niveau verbleibt. Bei fast allen expansiv/kontraktiv eingesetzten Instrumenten folgt nach einem bestimmten Zeitraum automatisch wieder ein Entzug / eine Zuführung von Zentralbankgeld. Dies erleichtert die Anpassung an geänderte Marktverhältnisse. SS 2008 19
Ständige Fazilitäten Spitzenrefinanzierungsfazilität und Einlagefazilität. Die Einlagefazilität bietet Banken die Möglichkeit, überschüssiges Zentralbankgeld bis zum nächsten Geschäftstag (über Nacht) bei der Zentralbank anzulegen (Liquiditätsbindung). Verzinsung: 1 Prozentpunkt unter dem Satz für das Hauptrefinanzierungsinstrument. Dieser Zinssatz bildet die Untergrenze für den Tagesgeldsatz am Geldmarkt. SS 2008 20
Die Spitzenrefinanzierungsfazilität bietet den Banken die Möglichkeit, bei Bedarf über Nacht einen Zentralbankkredit in Anspruch zu nehmen (Liquiditätszuführung). Verzinsung: 1 Prozentpunkt über dem Satz für das Hauprefinanzierungsinstrument. Dieser Zinssatz bildet die Obergrenze für den Tagesgeldsatz. Beide Instrumente können die Banken auf eigene Initiative hin in Anspruch nehmen. SS 2008 21
Inanspruchnahme grundsätzlich unbegrenzt möglich, die Spitzenrefinanzierungsfazilität allerdings nur in dem Umfang, wie im Eurosystem noch nicht anderweitig gebundene Sicherheiten hinterlegt sind. Die Zinssätze für die beiden Fazilitäten bilden einen Zinskorridor, in dem sich der Tagesgeldsatz bewegen kann. SS 2008 22
Quelle: EZB, Monatsbericht Juni 2007 SS 2008 23
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Offenmarktgeschäfte Offenmarktgeschäfte stehen im Mittelpunkt der geldpolitischen Steuerungsoperationen der EZB. Vier Gruppen - (1) Hauptrefinanzierungsinstrument (Haupttender) - (2) Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (Basistender) - (3) Feinsteuerungsoperationen - (4) Strukturelle Operationen (1) und (2) dienen nur der Zentralbankgeldbereitstellung, (3) und (4) auch der Zentralbankgeldabschöpfung. SS 2008 25
Großteil des Zentralbankgeldes wird über das Hauptrefinanzierungsinstrument zur Verfügung gestellt. Angebot wöchentlich mit einer Laufzeit von einer Woche Standardtenderverfahren (=> Abb.). Sicherung durch Verpfändung von Wertpapieren oder Kreditforderungen (in Deutschland) oder durch Repogeschäfte. Verfahren Mengentender (Festsatztender) Zinstender (Tender mit variablem Zinssatz) SS 2008 26
Quelle: EZB SS 2008 27
Quelle: EZB SS 2008 28
Gehen beim Mengentender, der zu einem festen Zinssatz angeboten wird, die Gebote über das angestrebte Volumen hinaus, so werden die einzelnen Gebote anteilig gemäß dem Verhältnis des vorgesehenen Zuteilungsbetrages zum gesamten Bietungsvolumen zugeteilt (Repartierung). Beim Zinstender wird ein Mindestbietungssatz vorgegeben. Die Zinssätze des Hauptrefinanzierungsinstruments haben Signalcharakter, d.h. sie geben den Marktteilnehmern Hinweise über den vom Eurosystem angestrebten Geldmarktsatz. Volle Zuteilung bei den Geboten, die oberhalb des marginalen Zinssatzes liegen. SS 2008 29
Der marginale Zinssatz ist derjenige Zinssatz, bei dem das vorgesehene Gesamtzuteilungsvolumen erreicht wird. Gebote zum marginalen Zinssatz werden ggf. repartiert. Den Bietern wird entweder ihr individueller Bietungssatz in Rechnung gestellt (amerikanisches Zuteilungsverfahren) oder alle Bieter haben den marginalen Zinssatz zu entrichten (holländisches Zuteilungsverfahren). Mit dem Hauptrefinanzierungsinstrument kann die EZB bei einem angekündigten Zinstrend auch die Zinssätze am Geldmarkt bis etwa drei Monate beeinflussen. SS 2008 30
Zinsge bote Marginaler Zinssatz Beabsichtigtes Zuteilungsvolumen Gebote ( ) SS 2008 31
Quelle: EZB, Monatsbericht Juni 2007 SS 2008 32
Zur Steuerung des Zinssatzes für Dreimonatsgeld tragen aber auch die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte bei. Hierbei wird im monatlichen Rhythmus Zentralbankgeld für drei Monate bereitgestellt, und zwar ebenfalls im Standardtenderverfahren. Mit den Feinsteuerungsinstrumenten kann die EZB kurzfristigen Schwankungen am Geldmarkt begegnen. Sie können liquiditätszuführend und absorbierend eingesetzt werden. SS 2008 33
Sie haben keine standardisierte Laufzeiten und werden auch nicht regelmäßig eingesetzt. Zur Liquiditätszuführung kommen vor allem Schnelltender zum Einsatz (begrenzter Bieterkreis, Zeitspanne zwischen Tenderankündigung und Bekanntmachung der Zuteilung rd. 1 ½ Stunden). Devisen-Swaps werden liquiditätszuführend (Kauf von Fremdwährung per Kasse und Verkauf per Termin) und absorbierend (Verkauf per Kasse und Rückkauf per Termin) eingesetzt. SS 2008 34
Liquiditätsabsorbierend wirkt ferner die Hereinnahme von Termineinlagen durch das Eurosystem. Neben den befristeten Feinsteuerungsinstrumenten zählen zu dieser Kategorie auch Outright-Geschäfte. Hierbei handelt es sich um endgültige Käufe oder Verkäufe von Wertpapieren. Strukturelle Operationen sollen die längerfristige Liquiditätssituation des Bankensystems beeinflussen. SS 2008 35
Sie werden liquiditätszuführend und absorbierend eingesetzt. Neben befristeten Transaktionen kommen hier endgültige Käufe und Verkäufe von Wertpapieren zum Einsatz, die EZB hat aber auch die Möglichkeit, zur Absorption von Liquidität eigene Schuldverschreibungen zu emittieren. SS 2008 36
6. Geldpol. Instrumente Abbildung II.3.6: Offenmarktgeschäfte und Ausweis des Eurosystems 2. 3 2007 165 289 140 0,484 Monatsbericht März 2007
Mindestreserve Mindestreserve (MR) ist ein Instrument, das zur Steuerung des Geldmarktes nicht zwingend benötigt wird. Gleichwohl ist Instrument von Vorteil, da hierdurch die Stabilisierung des Geldmarkzinsen erleichtert wird; das Bankensystem stärker an die Notenbank gebunden ist (=> insbesondere von Bedeutung bei zunehmender Verdrängung des Bargeldes durch elektronisches Geld). MR-pflichtig sind alle in den Mitgliedstaaten des Eurosystems niedergelassenen KRI. SS 2008 38
Die mindestreservepflichtigen Verbindlichkeiten (die Mindestreservebasis) sind Verbindlichkeiten der KRI gemäß => Übersicht. Der Reservesatz für alle Verbindlichkeitenkategorien mit einer Laufzeit bis zwei Jahre beträgt einheitlich 2 %. Das Mindestreserve-Soll ergibt sich durch Anwendung des Reservesatzes auf die Mindestreservebasis (Monatsendstände). Die Mindestreserven sind auf Girokonten im Eurosystem zu halten und sie werden verzinst. SS 2008 39
Quelle: EZB SS 2008 40
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Die MR-Erfüllungsperiode von einem Monat liegt zeitlich nach der Feststellung des MR-Solls. Zu Beginn der Erfüllungsperiode ist somit sowohl dem Eurosystem als auch den einzelnen Banken die Höhe des MR- Solls bekannt. Die Mindestreserve ist nur im Durchschnitt zu erfüllen, d.h. wenn das Mindestreserve-Ist an einzelnen Tagen kleiner ist als das MR-Soll, so kann dies durch Überschüsse an anderen Tagen kompensiert werden. Damit können die Mindestreserven als Working balances benutzt werden; sie dienen als Liquiditätspuffer und glätten dadurch die Entwicklung des Tagesgeldsatzes. (=> s. Abb.) SS 2008 42
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6. Das geldpolitische des Eurosystems und sein Einsatz 6.1 Der Geldmarkt als zentraler Ansatzpunkt der Geldpolitik 6.2 Die geldpolitischen Instrumente - Ständige Fazilitäten - Offenmarktgeschäfte - Standardtender - Feinsteuerungsoperationen - Strukturelle Operationen - Mindestreserve 6.3 Die Steuerung des kurzfristigen Geldmarktsatzes durch das Eurosystem SS 2008 44
Die Nachfrage der Volkswirtschaft nach Zentralbankgeld ist gleich der Summe aus Bargeldumlauf und dem Mindestreserve- Soll. Die Nachfrage von Banken aufgrund negativer Salden im Geschäftsverkehr mit anderen Banken gleicht sich über den Geldmarkt mit den entsprechend positiven Salden anderer Banken aus. Die Zentralbankgeldnachfrage ist kurzfristig starr, also wenig zinselastisch, und kann daher in der nachstehenden Abbildung als Senkrechte (N) eingezeichnet werden. SS 2008 45
Im Laufe der Zeit verschiebt sich die Kurve aber nach rechts entsprechend dem Anstieg des Bargeldumlaufs und dem mit der Expansion des Einlagenvolumens steigenden Mindestreserve- Soll. Allerdings kann sie sich phasenweise auch nach links verschieben, z. B. aufgrund des nach den Weihnachtsfeiertagen regelmäßig stark rückläufigen Bargeldumlaufs. In Höhe des Zinssatzes für die Einlagefazilität i E weist die Kurve einen Knick auf und verläuft ab dort horizontal (=> unendlich elastische Nachfrage des Eurosystems nach Zentralbankgeld). SS 2008 46
Die Angebotskurve des Eurosystems an Zentralbankgeld (A) verläuft in Stufen. Bei dem ohne Bedingungen zur Verfügung gestellten Zentralbankgeld im Umfang OB handelt es sich um den Gegenwert der früher angekauften Devisen und der endgültig angekauften Wertpapiere. Der Betrag BC steht für das im Rahmen der noch laufenden langfristigen Refinanzierungsgeschäfte und dem letzten zum Zinssatz i H abgeschlossenen Hauptrefinanzierungsgeschäft zur Verfügung gestellten Zentralbankgeldvolumen. SS 2008 47
N i S i T i H i E A N O B C SS 2008 48
Wenn nun etwa die Nachfrage nach Zentralbankgeld etwas höher ist als das insgesamt zur Verfügung gestellte Zentralbankgeld, dann impliziert dies nicht zwingend ein Abweichen des Tagesgeldsatzes i T vom Zinssatz des (letzten) Hauptrefinanzierungsgeschäfts i H, da die Banken insbesondere wenn sie sich am Beginn der MR-Erfüllungsperiode befinden die MR als Liquiditätspuffer benutzen werden. Diese Möglichkeit reduziert sich im weiteren Verlauf der Erfüllungsperiode, mit der Folge, dass das Eurosystem gegen Ende der Erfüllungsperiode mit Feinsteuerungsoperationen eingreifen muss, um den Tagesgeldsatz in der Nähe des Operationsziels zu halten. SS 2008 49
Beim Auslaufen des Hauptrefinanzierungsgeschäfts prognostiziert die EZB den nunmehr bestehenden Zentralbankgeldbedarf und sieht ein entsprechendes Zuteilungsvolumen vor. Eine Rechtsverschiebung der Nachfragkurve ist zu erwarten, wenn mit einer Zunahme des Banknotenumlaufs gerechnet wird, die Einlagen der öffentliche Haushalte beim Eurosystem steigen (z.b. wegen eine Steuertermins) und mit einer Abnahme der Währungsreserven des Eurosystems zu rechnen ist. Siehe zur dieser Veränderung sog. autonomen Faktoren die beigefügte Übersicht (dort handelt es sich um eine ex-post Rechnung, aber eine Prognose wird entsprechend angestellt). SS 2008 50
Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Mai 2007 SS 2008 51
Auf diese Weise kann das Eurosystem den Tagesgeldsatz relativ nahe am Mindestbietungssatz für das Hauptrefinanzierungsinstrument halten. In der Tat weicht EONIA-Satz im Zeitablauf nur wenig hiervon ab. (=> s. Abb.) In Phasen steigender oder fallender Notenbankzinsen kündigt das Eurosystem die nächsten Zinsschritte rechtzeitig an, so dass sich die Banken hierauf einstellen können. Auch in solchen Phasen bleibt der Tagesgeldsatz meist eng beim Hauptrefinanzierungssatz. (=> s. Abb.) SS 2008 52
Quelle: EZB, Monatsbericht Juni 2007 SS 2008 53
Quelle: EZB, Monatsbericht Juni 2007 SS 2008 54