Positionspapier der Freien Wohlfahrtspflege Bayern zum Thema Bürgerschaftliches Engagement

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Transkript:

Positionspapier der Freien Wohlfahrtspflege Bayern zum Thema Bürgerschaftliches Engagement Art. 121 Staat und Gemeinden fördern den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwohl. Das Ehrenamt, das Freiwillige Engagement und Bürgerschaftliches und zivilgesellschaftliches Engagement wachsen in vielen Bereichen gesellschaftlichen und sozialen Lebens. 1 Zunehmend an Bedeutung gewinnen verschiedene Formen der Selbsthilfe und Engagementformen wie Corporate Volunteering, Bürgerinitiativen, u. a. Seit 2013 spiegelt sich dies durch den Auftrag an den Staat Ehrenamt zu fördern, auch in der Bayerischen Verfassung wieder. Der Freistaat Bayern Freiwillig Engagierte übernehmen unentgeltlich und selbstbewusst Verantwortung für sich und für andere. Sie haben dafür unterschiedliche Motive humanitärer, politischer und religiöser Art. Das Engagement schafft Gemeinschaft, knüpft soziale Netze von Unterstützung und Solidarität, stiftet Vertrauen, gibt Menschen Sicherheit, Halt und Geborgenheit. Der gesellschaftliche Zusammenhalt wird in hohem Maße von dem oft wenig sichtbaren und unspektakulären Freiwilligen Engagement bestimmt, das Menschen täglich erbringen. Das Freiwillige Engagement für andere bildet sozusagen den Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Für eine gelebte Demokratie und ein menschliches Miteinander sind Ehrenamt, Freiwilliges, Bürgerschaftliches Engagement und Selbsthilfe eine unverzichtbare Voraussetzung. Als Ausdruck unmittelbarer demokratischer Gesinnung kommt im Freiwilligen Engagement der Wunsch der Bürgerinnen und Bürger zur Geltung, die Gestaltung der gesellschaftlichen Lebensumgebung nicht allein dem Staat zu überlassen, sondern durch die Förderung der Zivilgesellschaft mehr Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit zu erreichen. Freiwilliges Engagement reißt verkrustete Strukturen in Staat und Gesellschaft auf und entfaltet innovatorische Kompetenz. Das Engagement zeichnet sich aus durch hohe Motivation, Innovation, Kreativität und Anteilnahme. Bürgerschaftliches Engagement stärkt den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Die Bürgerinnen und Bürger erneuern mit ihrem freiwilligen Engagement Tag für Tag die sozialen Bindekräfte. Sie schaffen eine Atmosphäre der Solidarität, der Zugehörigkeit und des gegenseitigen Vertrauens. Sie erhalten und mehren, was wir heute soziales Kapital nennen: die 1 Die hier angesprochenen Engagementformen unterscheiden sich teilweise erheblich, zum Beispiel nach Selbstverständnis, Motivation, Zielgruppen, Erwartungen, Einbindung in Organisationen und Anforderungsprofilen. Dies spiegelt sich in der Begrifflichkeit wider. Fast die Hälfte der Engagierten wählte nach Angaben des Freiwilligensurvey von 2004 damals für sich den Begriff Freiwilliges Engagement. Dem schließt sich die vorliegende Positionierung der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege Bayern an.

Freie Wohlfahrtspflege Bayern Seite 2 Verbundenheit und das Verständnis zwischen den Mitgliedern einer Gesellschaft, die Verlässlichkeit gemeinsam geteilter Regeln, Normen und Werte und nicht zuletzt das Vertrauen in die Institutionen des Staates. (Dr. Bürsch 1942-2012, ehem. Vorsitzender der Enquetekommission zum Bürgerschaftlichen Engagement) Die Stärkung des Bürgerschaftlichen Engagements ist deshalb von zentraler Bedeutung für die Weiterentwicklung der Bürgergesellschaft. Die Leistungen freiwillig und ehrenamtlich tätiger Personen und Institutionen sind auch unverzichtbarer Bestandteil der europäischen Gesellschaft und müssen als besonderes Gestaltungselement eines sozialen Europas gewürdigt werden. Freiwilliges Engagement umfasst immer stärker auch die aktive Mitgestaltung sozialer Dienste und die Schaffung neuer Strukturen Sozialer Arbeit. Das entspricht dem Streben der Bürgerinnen und Bürger nach Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen und ihrem Wunsch Experten und Expertinnen ihrer selbst auch in Notsituationen zu bleiben. Freiwilliges Engagement ist unentgeltliches Engagement. Engagierte können lediglich eine geringfügige Aufwandsentschädigung im Rahmen der gesetzlichen Regelungen sowie geringe geldwerte Vorteile im Rahmen von Rabattsystemen, wie z.b. der Bayerischen Ehrenamtskarte und ähnlicher Vergünstigungen erhalten. Es ist angesichts dieser herausragenden Bedeutung von Freiwilligem Engagement die Pflicht des Staates, der Wirtschaft und aller gesellschaftlichen Gruppen, die Bereitschaft sich für die Gesellschaft zu engagieren, zu unterstützen und zu fördern. Die Freie Wohlfahrtspflege sieht es als einen Schwerpunkt ihrer Aufgaben, Freiwilliges Engagement im sozialen Bereich zu wecken, fachlich zu begleiten und sozialpolitisch zu unterstützen. Angesichts ihrer fachlichen Kompetenz und ihrer flächendeckenden Präsenz in allen bayerischen Kommunen ist die Freie Wohlfahrtspflege im sozialen Bereich ein zentraler Akteur für die Ermöglichung, Koordination und Begleitung Freiwilligen Engagements in Bayern. Verbreitung Freiwilligen Engagements im Sozialbereich in Bayern Freiwilliges Engagement im sozialen Bereich in Bayern wird nahezu ausschließlich von der Freien Wohlfahrtspflege motiviert und organisiert. Laut Freiwilligensurvey von 2004 sind in Bayern rund 3,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Staat und Gesellschaft, in Parteien und Kommunen, in Kirchen und der Feuerwehr, in Schulen und im Umweltschutz, in Eltern-, Behinderten-, Senioren- und Ausländerbeiräten freiwillig und unentgeltlich tätig. Etwa 400.000 von ihnen engagieren sich in der Freien Wohlfahrtspflege und ihrem Umfeld in den sozialen Einrichtungen, Diensten und Projekten der Freien Wohlfahrtspflege sowie auch in Pfarrgemeinden. Dabei engagieren sie sich sowohl im unmittelbaren Kontakt zu Menschen in Not als auch in Leitungsgremien (zum Beispiel Vereinsvorständen) und sorgen so für gesellschaftliche Innovationen. Die Freie Wohlfahrtspflege führt im Rahmen ihrer Jugendorganisationen und den Angeboten der Freiwilligendienste, mittlerweile altersgeöffnet beim Bundesfreiwilligendienst mit der Zielgruppe der Ü27, dennoch in diesem Segment überwiegend junge Menschen an Freiwilliges Engagement heran. Sie ermöglicht Jugendlichen ein Lernen und Erfahren außerhalb der

Freie Wohlfahrtspflege Bayern Seite 3 Schule, sowie die aktive Beteiligung am gesellschaftlichen Leben und die Übernahme von Verantwortung für das eigene Handeln und die Gesellschaft. Die pädagogische Begleitung der jungen Menschen hat die Vermittlung von Werten, das Miteinander mit anderen Freiwilligen, Fortbildungsangebote und den Prozess der Nachhaltigkeit von Freiwilligem Engagement zum Ziel. Leistungen der Freien Wohlfahrtspflege für Freiwilliges Engagement in Bayern Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege sind aus ehrenamtlichem Engagement von Bürgerinnen und Bürgern entstanden. Auch heute ist freiwilliges Engagement vitale Quelle ihres Selbstverständnisses. Haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende tragen dabei gemeinsam Verantwortung und tragen zu gesellschaftlicher Innovation bei. Die Freie Wohlfahrtspflege organisiert über ihre Bezirks-, Diözesan-, Kreis-und Ortsverbände und Einrichtungen flächendeckend Freiwilliges Engagement im sozialen Bereich gezielt und bedarfsgerecht. Durch ihre Einbindung in die sozialen Strukturen vor Ort quer durch alle Lebensthemen, hat sie direkten Kontakt zu Menschen, die sich freiwillig engagieren oder dies tun wollen. Die Freie Wohlfahrtspflege motiviert Menschen und Institutionen, zum Beispiel Unternehmen und Behörden zu Freiwilligem Engagement. Sie begleitet sie durch Beratung, Vermittlung, Fort- und Weiterbildung, durch Coaching und Supervision. Dies tun die Verbände weitgehend auf eigene Kosten und überwiegend ohne finanzielle Unterstützung des Staates. Die Freie Wohlfahrtspflege qualifiziert ihre Einrichtungen und Dienste für die Zusammenarbeit mit Freiwillig Engagierten. Dazu gehören zum Beispiel Fortbildungen zum Freiwilligen- Management. Die Freie Wohlfahrtspflege ist auch Träger von oder übernimmt Spitzenverbandsfunktion für Infrastruktureinrichtungen für Bürgerschaftliches Engagement, wie Mehrgenerationenhäuser, Freiwilligen-Agenturen, -Zentren, Selbsthilfekontaktstellen, Mütter- und Familienzentren und Seniorenbüros. Positionen der Freien Wohlfahrtspflege zum Freiwilligen Engagement Die Freie Wohlfahrtspflege achtet den besonderen, eigenen Wert des freiwilligen Engagements. Sie achtet die Selbständigkeit und ermöglicht dadurch eigenverantwortliches Engagement. Die Freie Wohlfahrtspflege bietet Unterstützungsstrukturen für Freiwillige an, wie Begleitung und Moderation. In der Freien Wohlfahrtspflege gebundenes Bürgerschaftliches Engagement lebt von einer hohen persönlichen Motivation und Identifikation. Es wird gespeist von der Lebenserfahrung, von beruflicher Professionalität und auch aus der Perspektive der Engagierten, wie zum Beispiel in der Selbstbestimmt Leben Bewegung. Um der aktuellen Lebenssituation der Engagierten gerecht zu werden, fördert die Freie Wohlfahrtspflege neben längerfristigen Engagement-Bereichen auch projektbezogene Engagementformen. Die Freie Wohlfahrtspflege respektiert die Interessen und Wünsche der freiwillig Engagierten hinsichtlich der Art und des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit.

Freie Wohlfahrtspflege Bayern Seite 4 Soziale Einrichtungen und Freiwilliges Engagement Die Freie Wohlfahrtspflege weiß, dass Freiwilliges Engagement die Qualität sozialer Einrichtungen und Dienste ergänzen und verbessern kann. Sie achtet auf eine klare, konstruktive Zusammenarbeit zwischen hauptberuflich Mitarbeitenden und freiwillig Engagierten immer zum Wohl der Klientinnen und Klienten. Einsatzfelder für Freiwillige müssen passgenau vorbereitet sein, gleichzeitig aber Raum für eigene Wünsche zur Ausgestaltung bieten. Es gibt soziale und caritative Dienste, die ohne Freiwillig Engagierte kaum realisiert werden könnten (zum Beispiel Besuchsdienste, Freizeitclubs für Seniorinnen und Senioren, die Selbsthilfebewegung, wie auch Wasserwacht, Bergwacht und Rettungsdienst). Der Einbezug Freiwilligen Engagements in sozialen Einrichtungen wie Kindergärten, Pflegeheimen, Krankenhäusern, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Einrichtungen der Jugendhilfe und Beratungsdiensten ist eine wertvolle Ergänzung zur Arbeit der professionell Tätigen. Zu dieser auch konzeptionellen Öffnung gehört der Einbezug der Freiwillig Engagierten in Planungs- und Teamgespräche und die grundsätzliche Bereitschaft, Verantwortung zu übertragen. Die parallele sozialpolitische Debatte über Pflege und Betreuungsschlüssel in den genannten Einrichtungen darf dabei nicht vermischt werden. Anders herum: Der Einsatz von Freiwilligen darf keinesfalls für Einsparungszwecke instrumentalisiert werden. Die Freie Wohlfahrtspflege hat die Freiwillig Engagierten, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten versichert (Unfall-, Haftpflichtversicherung). Die Freie Wohlfahrtspflege bietet Freiwillig Engagierten Fortbildungen an. Diese sind, immer entsprechend den Anforderungen in den Arbeitsfeldern, verpflichtend für das Engagement, zum Beispiel beim Rettungsdienst, der Telefonseelsorge oder der Begleitung psychisch kranker Menschen. Die Freie Wohlfahrtspflege sichert durch geeignete Instrumente wie z.b. den Einsatz von Freiwilligenkoordinatoren und -koordinatorinnen die Qualität des Freiwilligen Engagements und die Zusammenarbeit von hauptberuflicher Arbeit und Freiwilligem Engagement. Die Freie Wohlfahrtspflege ist mit festem Sitz in der Hochschulkooperation Ehrenamt vertreten und ist aktiv in der Vorbereitung und Durchführung des Ehrenamtskongresses Bayern. Anerkennungskultur für Freiwilliges Engagement Die Freie Wohlfahrtspflege fördert eine interne und öffentliche vielfältige Anerkennungskultur für das Freiwillige Engagement. Dazu können interne und öffentliche Ehrungen und Veranstaltungen ebenso wie die Überlassung von Freikarten für Theater, Konzerte, Museen oder Sportereignisse gehören. Als zentrales Instrument der Anerkennungskultur in Bayern hat sich unter der Federführung der Freien Wohlfahrtspflege der Ehrenamtsnachweis Bayern etabliert. Parallel dazu unterstützt die Freie Wohlfahrtspflege Bayern die Instrumente des Sozialministeriums, wie die Ehrenamtskarte, flächendeckend.

Freie Wohlfahrtspflege Bayern Seite 5 Parallel dazu unterstützt die Freie Wohlfahrtspflege Bayern die Instrumente des Sozialministeriums, die Ehrenamtskarte wie die Ausschreibung des Innovationspreises Ehrenamt flächendeckend. Verbandsübergreifende Zusammenarbeit Die Freie Wohlfahrtspflege diskutiert und erarbeitet im Teilbereich Zivilgesellschaft und Ehrenamt im Rahmen der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege Bayern gemeinsame Positionen, Strategien und Initiativen. Die Freie Wohlfahrtspflege arbeitet träger- und verbandsübergreifend zusammen. Die einzelnen Wohlfahrtsverbände legen allerdings auch Wert darauf, dass Freiwilliges Engagement, das in ihrem jeweiligen Verband erbracht wird oder mit ihrem Namen verbunden ist, mit dem jeweiligen Leitbild übereinstimmt. Die Freie Wohlfahrtspflege bietet Wirtschaft, Behörden und anderen Institutionen an, gemeinsam Projekte zur Weiterentwicklung des bürgerschaftlichen Engagements zu entwickeln und zu gestalten, wie den Ehrenamtsnachweis Bayern. Sozialpolitische Forderungen der Freien Wohlfahrtspflege Die Freie Wohlfahrtspflege sieht Freiwilliges Engagement nicht als Ersatz für staatliche soziale Leistungen und professionelles Handeln im Sozialbereich. Es kann und darf professionelle Sozialarbeit und Pflege nicht ersetzen, sondern sie sinnvoll ergänzen und verbessern. Mit Berufung auf Freiwilliges Engagement darf sich der Staat nicht aus seinen sozialen Kernaufgaben zurückziehen und sie privatisieren. Wo professionelle Beratung, Pflege und Betreuung angesagt sind, müssen sie auch von professionellen Kräften erbracht werden. Die Freie Wohlfahrtspflege wendet sich gegen die konzeptionelle und sozialpolitische Vermischung von Freiwilligem Engagement und Erwerbsarbeit. Hier tritt die Freie Wohlfahrtspflege als Controller und in fachlicher Vernetzungsfunktion auf, so wurde sie Träger der Agentur für niedrigschwellige Betreuungsangebote und betont stets die notwendige Entbürokratisierung in dieser Form des Bürgerschaftlichen Engagements im Umfeld von Pflege. Die aktuelle Entwicklung in der Sozialgesetzgebung verzweckt zunehmend die Engagementbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger. Die Freie Wohlfahrtspflege in Bayern fordert von der Bayerischen Staatsregierung die Sicherstellung einer verlässlichen Finanzstruktur des Freiwilligen Engagements im Sozialbereich, dazu gehört auch eine langfristige finanzielle Förderung der Infrastruktur für Bürgerschaftliches Engagement in der Freien Wohlfahrtspflege. Durch spezielle Förderprogramme sollte der Freistaat das Engagement, zum Beispiel von Jugendlichen, von älteren Menschen und Menschen mit Beeinträchtigungen fördern. Die freie Wohlfahrtspflege fordert die Unterstützung und Begleitung durch das Bayerische Sozialministerium gegenüber der kreativen Weiterentwicklung bestehender Aktionen und

Freie Wohlfahrtspflege Bayern Seite 6 neuen Initiativen im Sinne einer Anerkennungskultur für Freiwilliges Engagement. Hier ist die Freie Wohlfahrtspflege selbst in verantwortlicher Rolle aktiv. Die Freie Wohlfahrtspflege ruft die Arbeitgeber auf, bei der Gestaltung der Arbeitszeit und der Personalentwicklung das Freiwillige Engagement ihrer Beschäftigten zu berücksichtigen und zu fördern, im Sinne einer verbesserten Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf. Fakt ist, dass dadurch alle profitieren: Arbeitgeber, Bürgerinnen und Bürger und damit die gesamte Gesellschaft. Die Freie Wohlfahrtspflege spricht sich dafür aus, die Zeiten nachgewiesener Freiwilliger Tätigkeit als Berufsjahre zu werten; die erworbenen Qualifikationen sollten als berufsfördernd anerkannt werden. Außerdem sollten diese Zeiten in angemessener Weise auf die Höhe der Rente angerechnet werden. Für Bürgerinnen und Bürger und ihr Engagement ist die Freie Wohlfahrtspflege eine verlässliche Partnerin. Das gilt auch für die Zukunft. Auf ihr Bürgerschaftliches Engagement wird geachtet, es ist nicht selbstverständlich.