Sitz: Lerchenweg 16 32584 Löhne Tel.: 05732 63 07 Fax: 05732 68 95 72 e-mail: behinderte.eltern@gmx.de www.behinderte-eltern.com



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Sitz: Lerchenweg 16 32584 Löhne Tel.: 05732 63 07 Fax: 05732 68 95 72 e-mail: behinderte.eltern@gmx.de www.behinderte-eltern.com Stellungnahme des Bundesverbandes behinderter und chronisch kranker Eltern bbe e. V. zum Referentenentwurf des Nationalen Aktionsplanes der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (NAP) Der Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern bbe e. V. begrüßt die Einbeziehung der Verbände von Menschen mit Behinderung in Form einer Anhörung zum Referentenentwurf des Nationalen Aktionsplans trotz des engen Zeitplanes ausdrücklich. Der bbe e. V. ist ein Selbsthilfeverband von Eltern mit Behinderungen und kann auf langjährige Erfahrungen bei der Beratung behinderter Eltern sowie von Mitarbeiter/innen der Behindertenhilfe und der Jugendhilfe verweisen. Auf dieser Grundlage möchten wir Anregungen für dringend notwendige Maßnahme zur Umsetzung des Menschenrechts auf Elternschaft in die Diskussion zum Nationalen Aktionsplan einbringen. Im übrigen schließen wir uns dem Schreiben des Deutschen Behindertenrates vom 18.4.2011 an, in dem bereits viele weitere Anregungen für die Weiterentwicklung des NAP formuliert sind, auf die wir hier im Einzelnen nicht eingehen werden. Das Menschenrecht auf Elternschaft von Menschen mit Behinderung wird im Nationalen Aktionsplan ignoriert. Das Menschenrecht auf Elternschaft - wie es im Artikel 23 Absatz (1) der UN-BRK formuliert wird - wurde im Kapitel 3.4.3 des NAP bei der Auflistung weggelassen. Im ersten Teil des NAP-Referentenentwurfs ist bei der Bestandsaufnahme lediglich vom Recht auf Information zur Familienplanung und der Anerkennung der reproduktiven Rechte die Rede. Im Kapitel 3.4.2 werden unter der Bezeichnung Behinderte Mütter und Väter ausschließlich Eltern behinderter Kinder verstanden. Es fehlt dagegen die Thematisierung der Situation von Eltern, die eine Behinderung haben. Leider mussten wir beim Studium des Maßnahmenkataloges feststellen, dass die Bundesregierung das Thema Elternschaft von Menschen mit Behinderung hier sogar komplett ausklammert. Der Petitionsausschuss des Bundestages hat bereits vor 3 Jahren ausdrücklich den Handlungsbedarf bei der Regelung der Elternassistenz formuliert und die Ministerien (BMAS und BMFSFJ) mit der Klärung beauftragt. Auch der Deutsche Behindertenrat hat in seinem Schreiben vom 18.4.2011 aktuell noch einmal auf das Fehlen einer Regelung zur Elternassistenz im NAP hingewiesen. Aus Sicht des Bundesverbandes behinderter und chronisch kranker Eltern bbe e.v. gibt es folgende Aspekte, die für die Umsetzung der UN-BRK mit entsprechenden Maßnahmen im NAP zu hinterlegen sind: 1. die Erforschung des Unterstützungsbedarfs behinderter Eltern muss unter Mitwirkung von Eltern mit Behinderung gesichert werden 2. das Finanzierungssystem der deutschen Behindertenhilfe steht dem Menschenrecht auf Wahl der familiären Lebensform entgegen 3. die fehlende Klarstellung zum Rechtsanspruch auf Elternassistenz gefährdet die Gesundheit und die Entwicklung aller Familienmitglieder Sitz des bbe e.v.: Lerchenweg 16, 32584 Löhne Tel.: 05732/6307 www.come.to/behinderte-eltern, e-mail: Behinderte.Eltern@gmx.de Konto-Nr.: 203 879 00 BLZ: 492 62 364 bei: Volksbank Schnathorst eg

4. fehlende Angebote der begleiteten Elternschaft verursachen unnötige Trennungen der Kinder von ihren Eltern 5. zur Umsetzung des Artikels 23 der BRK ist die Weiterentwicklung der Angebote für psychisch kranke/psychisch gesundende Eltern und deren Kinder notwendig 6. dringend erforderlich ist die Beratung von Menschen mit Behinderung zum Thema Elternschaft sowie die Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Berufsgruppen, die mit dem Thema konfrontiert werden 7. die Regelungen zur Kraftfahrzeughilfe fördert die Exklusion von ganzen Familien Begründung: 1. Die Forschung zum Unterstützungsbedarf behinderter Eltern muss unter Mitwirkung von Eltern mit Behinderung gesichert werden. Nach Berechnungen aus dem Mikrozensus 2005 und dem statistischen Jahrbuch 2010 leben in Deutschland rund 390.000 behinderte Menschen im Alter zwischen 25 und 55 Jahren mit Kindern unter 14 Jahren in einem Haushalt zusammen 1. Diese Zahl sagt noch nichts darüber aus, wie viele der Eltern mit Behinderungen regelmäßig oder zeitweise Unterstützung bei der Pflege und Versorgung ihrer Kinder benötigen. Unberücksichtigt blieben bei der Berechnung alle Eltern, die zwar aufgrund chronischer Erkrankungen regelmäßig oder schubweise Unterstützung in ihrer Elternschaft benötigen, aber keinen Schwerbehindertenausweis besitzen. Konkrete Studien über die Anzahl von Menschen mit Behinderungen mit Elternassistenzbedarf gibt es bisher nur in Sachsen. Der Forschungsbedarf zur Anzahl und zum Unterstützungsbedarf von Eltern mit Behinderungen sollte im Aktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK ebenso aufgenommen werden wie die Erforschung von Auswirkungen der Behinderung in der Schwangerschaft. Die Forschung muss wie alle Schritte zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention unter Mitwirkung von Menschen mit Behinderung realisiert werden. 2. Das Finanzierungssystem der deutschen Behindertenhilfe steht dem Menschenrecht auf Wahl der familiären Lebensform entgegen. Behinderte Menschen verzichten z. T. auf eine feste Beziehung bzw. auf Heirat, weil der/die nichtbehinderte Partner/in ihr Einkommen und Vermögen für die Assistenz/Pflegeleistung bis zur Armutsgrenze einbringen müsste. Sogar Kindergeld und Unterhalt von getrennt lebenden oder geschiedenen Partner/innen wird für Assistenzleistungen aus der Hilfe zur Pflege angerechnet. Zusätzlich wird der/die Partner/in häufig zur Übernahme von Assistenz- bzw. Pflegeleistung herangezogen. So wird oftmals die dem behinderten Menschen zuvor gewährte Haushaltshilfe bei Heirat automatisch stark gekürzt bzw. sogar ganz gestrichen. Dann müssen berufstätige Partner/innen neben ihrer Erwerbstätigkeit Nachtbereitschaft übernehmen und den gesamten Familienhaushalt allein bewerkstelligen. Ein einkommens- und vermögensunabhängiges Gesetz zur Sozialen Teilhabe ist für die Umsetzung der BRK unabdingbar und muss im Maßnahmenkatalog des NAP festgeschrieben werden. 1 errechnet aus den Daten der Studie Lebenslagen behinderter Frauen in Deutschland Auswertung des Mikrozensus 2005, S. 81 und den aktuelleren Daten zur Anzahl behinderter Männern und Frauen aus dem Jahr 2007 Quelle: Statischen Jahrbuch 2010, S. 23

3. Die fehlende Klarstellung zum Rechtsanspruch auf Elternassistenz gefährdet die Entwicklung von Kindern behinderter Eltern. Auch Kinder und Jugendliche von behinderten Eltern werden zur Assistenz- und Pflegeleistung genötigt, wenn die Familie trotz Vollzeitberufstätigkeit eines oder beider Elternteile nicht an der Armutsgrenze leben will. Aber auch nicht berufstätige Eltern mit Behinderung haben es schwer, die in der UN-BRK verpflichtenden Unterstützungsmaßnahmen zu erhalten, damit sie ihr Menschenrecht auf Elternschaft und freie Wahl der Anzahl eigener oder adoptierter Kinder tatsächlich leben können. Elternassistenz findet in den Sozialgesetzen noch immer keine Erwähnung. Vereinzelt richten sich deutsche Gerichte zwar nach den Maßgaben der UN-BRK und sprechen behinderten Eltern Elternassistenz als Eingliederungshilfe zu. Das bedeutet aber nicht, dass Eltern diese Hilfen zeitnah und ohne Rechtsstreit bewilligt bekommen. Es ist Familien mit Neugeborenen nicht zuzumuten, einen langwierigen Rechtstreit zu führen. Auch finanziell geht das oft über ihre Grenzen, weil in dieser Lebenssituation das Familieneinkommen oftmals geringer ist. Trotz der ergangenen Urteile, dass Elternassistenz der Eingliederungshilfe zu zuordnen ist, gibt es immer wieder Kommunen, die Antragstellern/innen mitteilen, die Kommune würde sich nicht an den ergangenen Urteilen zur Elternassistenz orientieren. Eltern müssen noch viel zu häufig auf Hilfen verzichten, weil der Antrag zwischen Jugendhilfe und Behindertenhilfe hin- und hergeschoben wird. Hier bedarf es im Maßnahmenkatalog des NAP einer zeitlichen Festlegung, bis wann die gesetzliche Verankerung der Elternassistenz erfolgt. 4. Fehlende Angebote der begleiteten Elternschaft verursachen Trennungen der Kinder von ihren Eltern. Auch für Eltern mit Lernschwierigkeiten gibt es noch zu wenige Unterstützungsangebote, die ihr Menschenrecht auf Erziehung der eigenen Kinder gewährleisten. Noch immer gilt eine aufgrund mangelnder Unterstützungssysteme zu erwartende Kindeswohlgefährdung als Grund für Schwangerschaftsabbrüche, Sterilisation und Sorgerechtsentzug. Nach der Geburt eines Kindes sehen viele Jugendämter es immer noch als angemessene Vorkehrung an, Eltern auf die wenigen, meist mehrere hundert Kilometer entfernten stationären Angebote zu verweisen oder auf Mutter-Kind-Einrichtungen für junge Mütter, in denen dann die Väter der Kinder ausgeschlossen sind. Wenn Frauen dieses Angebot nicht annehmen, wird ihnen aufgrund der unterstellten Verantwortungslosigkeit hinsichtlich des Kindeswohles das Sorgerecht entzogen und das Kind in eine Pflegefamilie vermittelt. Gängige Praxis ist es leider immer noch, bei Weigerung der Mutter das Kind freiwillig in Pflege zu geben, den Sorgerechtsentzug durch das Gericht anzudrohen. So werden Kinder ohne reale Gefahr von den Eltern getrennt, weil die nötigen Hilfen in der Kommune nicht bereitgestellt werden. Für Eltern mit Behinderungen, deren Kinder sich zeitweilig aufgrund fehlender Unterstützungsangebote noch in Fremdbetreuung befinden, sind enge Besuchskontakte zum Bindungserhalt zu sichern und Angebote zur Weiterentwicklung der Elternkompetenzen vorzusehen. Da dies bisher nicht der Fall ist, haben diese Eltern kaum eine Chance, das Sorgerecht für ihre Kinder später zurück zu bekommen. Hier zeigen die wenigen ambulanten und stationären Angebote der begleiteten Elternschaft, wie es besser geht. Diese Angebote müssen im Maßnahmenkatalog verankert werden und wohnortnah nutzbar sein. 5. Zur Umsetzung des Artikels 23 der BRK ist die Weiterentwicklung der Angebote für psychisch kranke/psychisch gesundende Eltern und deren Kinder notwendig Rund 10-20 % der Mutter und 4 % der Väter bekommen in den ersten 2 Jahren nach der Geburt eines Kindes eine postpartale Depression, die sich je nach Ausprägung und sozialen Netzwerk der Familie zu einer ernsthaften Gefahr für die Eltern-Kind-Bindung entwickeln

kann. In der Vergangenheit kam es aus diesem Grund viel zu häufig zu Trennungen vom betroffenen Elternteil und den Kindern. Angemessene Vorkehrungen wie Aufklärung oder zeitnahe und wohnortnahe gemeinsame ambulante wie stationäre Behandlung von Eltern und Kindern können eine Trennung meist verhindern. Solche Angebote gibt es allerdings noch zu selten bzw. die Kosten werden erst dann übernommen, wenn eine Kindeswohlgefährdung schon im Raum steht. Für Eltern mit chronisch psychischen Erkrankungen sind in einigen Regionen Deutschlands bereits wohnortnahe Unterstützungsformen wie Patenschaften für Kinder erprobt, die im Krisenfall spontan einen Schutz für die Kinder bieten und die Bindung zu den Eltern langfristig sichern können. Ambulante Unterstützungsformen und kurzzeitige wohnortnahe stationäre Angebote unterstützen die Elternkompetenz und können den Eltern die Angst vor einer Trennung vom Kind nehmen. So können die Eltern eine notwendige Behandlung leichter annehmen. Der weitere Ausbau von wohnortnahen Angeboten muss im Maßnahmenkatalog des NAP festgeschrieben werden. 6. Dringend erforderlich ist die Beratung von Menschen mit Behinderung zum Thema Elternschaft sowie die Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Berufsgruppen, die mit dem Thema konfrontiert werden. Menschen mit Behinderung und chronischen Erkrankungen benötigen nicht nur Aufklärung zum Thema Sexualität und Verhütung, wie der Aktionsplanentwurf bisher vorsieht. Sie benötigen auch Fortbildung zum Thema Elternschaft, damit sie eine selbstbestimmte Entscheidung zur Familienplanung treffen können. Sie müssen sich bei Bedarf gut informiert und zeitnah für eine Form der Unterstützung entscheiden können, die ihre aktive Elternrolle fördert. Dabei ist die Förderung der Beratung durch erfahrene Eltern mit Behinderung im Aktionsplan festzuschreiben, wie es die UN-Konvention im Artikel 24 (3)a mit Peer-Support und Mentoring vorsieht. Es ist darüber hinaus notwendig, das Thema Elternschaft und Behinderung in die Aus- und Fortbildungscurricula von medizinischem Personal aufzunehmen, da gerade Ärzte/innen behinderten Frauen den Kinderwunsch aus Unwissenheit oft noch ausreden. Jurist/innen und Psychologische Gutachter/innen benötigen Fortbildungen insbesondere im Bereich Familien- und Kindschaftsrecht, um das Menschenrecht auf Elternschaft richtig zu beurteilen und zukünftig die Behinderung der Eltern nicht mehr mit einer Gefährdung Kindeswohls gleichsetzen. Mitarbeiter/innen in Jugendämtern und Behindertenhilfe benötigen Fortbildungen, weil immer noch zu selten ressourcenorientierte Hilfen angeboten werden. Besonders Eltern mit Lernschwierigkeiten werden in Hilfeplangesprächen überfordert, da diese Gespräche nicht in Leichter Sprache erfolgen. Die Eltern müssen somit Protokolle unterschreiben, die sie nur zum Teil verstehen. 7. Die bisherige Regelungen zur Kraftfahrzeughilfe fördert die Exklusion von ganzen Familien Da die Kraftfahrzeughilfe an Erwerbstätigkeit oder deren Erlangung gebunden ist (Kapitel 3.8.4), können Eltern mit Behinderung diese Hilfen bisher nicht in Anspruch nehmen, wenn sie ganz oder zeitweise nicht berufstätig sind. Gerade im ländlichen Bereich schließt dies ganze Familien von gesellschaftlicher Teilhabe weitgehend aus. Die Förderung der für Menschen mit Behinderung notwendigen Mobilität muss sich deshalb einzig und allein am Bedarf orientieren und darf an keine Bedingung geknüpft werden.

Zusammenfassung: Der bbe e.v. fordert die Bundesregierung deshalb ausdrücklich auf: das Menschenrecht auf Elternschaft für Menschen mit Behinderungen in den NAP aufzunehmen statt den Begriff behinderte Mütter und Väter für Eltern behinderter Kinder zu verwenden (siehe NAP 3.4.2) dieses Menschenrecht im Maßnahmenkatalog mit konkreten Schritten zur Klärung des Rechtsanspruchs auf Elternassistenz und begleitete Elternschaft für Eltern aller Behinderungsformen festzuschreiben die Forschung zur Anzahl und zum Unterstützungsbedarf von Eltern mit Behinderungen sowie medizinische Forschung zu Behinderung und Schwangerschaft zu unterstützen die Beratung und Unterstützung von Eltern mit Behinderung durch Eltern mit Behinderung mit einer finanziellen Unterstützung zu sichern und Fortbildungen für alle betreffenden Berufsgruppen zum Thema Elternschaft und Behinderung zu sichern (Bewusstseinsbildung) die Mobilität von Eltern mit Behinderung auch zu fördern, wenn die Eltern nicht berufstätig sind die Unterstützung von Eltern mit Behinderung in einem Gesetz zur sozialen Teilhabe zu regeln und diese ohne Einkommens- und Vermögensanrechnung zu gestalten Löhne, den 5.5.2011 Kerstin Blochberger für den Vorstand des Bundesverbandes behinderter und chronisch kranker Eltern bbe e. V. Der Stellungnahme schließen sich an: Stefanie Bargfrede - Sprecherin der BAG begleitete Elternschaft Dr. Marion Michel Leiterin des Kompetenzzentrum Behinderte und chronisch kranke Eltern Sachsen am Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Leipzig Prof. Dr. Gisela Hermes, HAWK Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim, Holzminden, Göttingen. Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit Prof. Dr. jur. Julia Zinsmeister, Fachhochschule Köln, Institut für Soziales Recht, Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften Politische Interessenvertretung behinderter Frauen im Weibernetz e.v. Prof. Dr. Ursula Pixa-Kettner, Universität Bremen und Kadidja Rohmann, Dipl.-Päd., wiss. Mitarbeiterin der Uni Bremen, Forschungsprojekt: Besondere Familien - Welche Unterstützung brauchen Eltern mit Lernschwierigkeiten und ihre Kinder? Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland - ISL e.v. NETZWERK ARTIKEL 3 e.v. Stefan Krusche, Behindertenbeauftragter in Schwetzingen