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Transkript:

Mensch und Gesundheit Wissenswertes über Windenergie Der Ausbau der Windenergienutzung ist eine wichtige Säule der Energiewende in Deutschland. Damit wird ein großer Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung geleistet: Wind ist eine regenerative Energiequelle und steht unbegrenzt zur Verfügung, Nutzungseinschränkungen ergeben sich lediglich durch die jeweilige Großwetterlage. Ein Pluspunkt ist die geringe energetische Amortisationszeit 1 sowie das Ausbleiben klima- und umweltschädlicher Gase beim Betrieb von Windenergieanlagen (WEA). Daher ist es ein erklärtes politi sches Ziel, den Anteil der Windenergie an der Stromversorgung zu fördern. Trotz punktueller Proteste zeigen Umfragen zu erneuerbaren Energien, dass ein Großteil der Bevölkerung diese Entscheidung mitträgt und die Energiewende als notwendig und richtig ansieht. 2 Beim Betrieb von WEA spielt der Schutz der Bevölkerung vor möglichen Einwirkungen von Störfaktoren, sogenannten Immissionen, eine zentrale Rolle. Dieses Themenblatt gibt einen Überblick über die verschiedenen Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Mensch und Gesundheit. Auf den folgenden Seiten werden gesetzliche Bestimmungen erläutert und aktuelle Untersuchungen und Studien zu Auswirkungen von WEA auf den Menschen vorgestellt. Immissionsschutzrecht Vor der Inbetriebnahme von WEA steht das Genehmigungsverfahren gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) 3. Dabei wird auf Basis von Gutachten analysiert, ob die vorgegebenen Grenzwerte für Immissionen eingehalten werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass von den WEA keine schädlichen Umwelteinwirkun gen verursacht werden.

2 Emissionen 4 und Immissionen 5 Geräuschemissionen Hinsichtlich des entstehen den Schalls durch die Rotorendrehung gibt es strikt einzuhaltende Regeln, die Anwohnern entsprechenden Schutz bieten. Sie sind in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) 6 dargelegt. Die TA Lärm konkretisiert die rechtlichen Vorgaben des BImSchG und schlägt eine spezielle Prüfsystematik vor. In der frühen Planungsphase müssen über Schallprognosen die zu erwartenden Schallemissionen der WEA überprüft werden. Die Richtwerte der TA Lärm für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden dürfen nicht überschritten werden. Bestimmungen der TA Lärm in db(a) tag Nacht Industriegebiete 70 70 Gewerbegebiete 65 50 Kerngebiete, Dorfgebiete, Mischgebiete 60 45 Wohngebiete, Kleinsiedlungsgebiete 55 40 Reine Wohngebiete 50 35 Kurgebiete, Krankenhäuser, Pflegeanstalten 45 35 Der Betrieb einer 500 meter entfernten WEA wird ähnlich wahrgenommen wie das Geräusch einer Unterhaltung. Quelle: Eigene Darstellung nach Deutsches Windenergie-Institut DEWI GmbH/UL International GmbH Zudem sehen Regionalpläne (in Niedersachsen die sog. Regionalen Raumordnungsprogramme RROP) und Flächennutzungspläne meist größere Mindestabstände zu Wohnbebauungen vor, als die geforderten immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen vorgeben. So hat die Region Hannover einen Mindestabstand von 800 m festgesetzt, 7 also dem doppelten Abstand, den das Land Niedersachsen aus rechtlicher Sicht für zwingend notwendig erachtet. 8 Die Geräuschimmissionen von WEA sind im Vergleich zu anderen Geräuschquellen im Umfeld, z. B. Verkehrslärm, sehr niedrig, vor allem aufgrund der großen Entfernung zum Ort der Immission. Durch den technischen Fortschritt lässt sich mittlerweile das Geräuschverhalten von modernen Windrädern günstig beeinflussen. Rotorblattprofile und -oberflächen wurden verbessert. Der schalloptimierte Betriebsmodus ermöglicht durch Leistungs- und Drehzahlbegrenzungen der Anlage ebenfalls eine Minderung der Emissionen. 9 Der gemäß TA Lärm während der Nacht in Dorf- und Mischgebieten zulässige Beurteilungspegel von 45 db(a) wird auch von einer hohen, leistungsstarken WEA in der Regel bereits in der Entfernung von 500 m zum Anlagenstandort eingehalten. 10 Bundesweite Befragungen zeigen, dass die Geräusche nach der Veränderung des Landschaftsbildes die zweitstärkste Störungsquelle darstellen stärker als die Störung durch periodischen Schattenwurf, Rotorbewegung oder Hinderniskennzeichnung. 11 Manche direkten Anwohner fühlen sich betroffen, obwohl die durch die TA Lärm vorgegebenen Grenzwerte für Geräuschemissionen eingehalten werden. Berechnungen der Geräuschemissionen im Umfeld eines Windparks: Beim Betrieb mehrerer WEA ist die Gesamtwirkung in der Umgebung des Windparks zu betrachten. Quelle: Deutsches Windenergie-Institut DEWI GmbH/ UL International GmbH Um den geplanten Ausbau der Windenergienutzung möglichst konfliktarm gestalten zu können, sind daher Strategien und Handlungsempfehlungen zur Konfliktvermeidung und -lösung sowie zur Akzeptanzsteigerung nötig, die über das Einhalten der Schallpegelgrenzen hinausgehen. In einem Projekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) unter Leitung von Prof. Dr. Gundula Hübner, Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg, wurde am Beispiel des Windparks Wilstedt im Landkreis Rotenburg (Wümme) untersucht, wie sich Geräuschemissionen von WEA auf Anwohner auswirken. 12 Ziel war es u. a. Handlungsempfehlungen abzuleiten. Wichtige Ergebnisse der Studie sind: Was oder wie stark etwas als belästigend erlebt wird, ist durch sogenannte moderierende Faktoren zu erklären: Wer einer Lärmquelle grundsätzlich aufgeschlossen begegnet, stört sich weniger daran. 13 Deshalb erweist sich der Planungsund Bauprozess als zentral es ist entsprechend dringend zu empfehlen, die Bürger frühzeitig informell einzubeziehen. 14 Auch eine finanzielle Beteiligung von Bürgern an WEA steigert die Akzeptanz.

3 Infraschall Infraschall sind Töne unterhalb einer Frequenz von 20 Hz. Sie sind so tief, dass Menschen sie normalerweise nicht wahrnehmen. Nur wenn der Schallpegel sehr hoch ist, können wir Infraschall hören bzw. spüren. 15 Natürliche Infraschallquellen sind u. a. Meeresbrandung, hoher Seegang, starker böiger Wind, Stürme und Unwetter. Zahlreiche Anlagen und Tätigkeiten des Menschen können neben dem hörbaren Schall auch Infraschall emittieren. Beispiele sind: große Gasturbinen, Verdichterstationen, Verkehrsmittel (Autos, Lkw, Schiffe, Flugzeuge) etc. 16 Wie wird Infraschall wahrgenommen? Infraschall ist spürbar und kann sich über Ohrendruck und Vibrationen bemerkbar machen. Der Übergang zwischen Hören und Fühlen ist dabei fließend. Die untenstehende Abbildung zeigt die Pegel der Hörschwelle 17 und der sogenannten Wahrnehmungsschwelle. 18 Je tiefer die Frequenz ist, desto höher muss der Schalldruckpegel sein, um Infraschall wahrnehmen zu können. 19 Windenergie und Infraschall Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Infraschall nur bei sehr hohen Schalldruckpegeln oberhalb der Hörschwelle Auswirkungen auf den Menschen hat. 20 Die von WEA erzeugten Infraschallpegel (durch Rotorbewegung und entstehende Luftturbulenzen) liegen bei Einhaltung der empfohlenen Mindestabstände zur Wohnbebauung jedoch deutlich unterhalb der Hör- und Wahrnehmungsgrenzen. Daher haben nach heutigem Stand der Wissenschaft WEA keine schädlichen Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen. Das bayrische Landesamt für Umweltschutz (LfU) wertete verschiedene Untersuchungen aus: Messungen in der Umgebung einer 1,5-MW-WEA im Windpark Hohen Pritz (Mecklenburg-Vorpommern) kommen zu dem Ergebnis, dass in 600 m Abstand die Hörschwellenkurve im Infraschallbereich deutlich unterschritten wird. Zwischen dem Betriebszustand WEA an und den Hintergrundgeräuschen bei ausgeschalteter Anlage ist kein nennenswerter Unterschied zu erkennen (Typ Südwind S 77). 21 Aktuelle Messungen des LfU sowie eine Studie aus Australien legen weiterhin dar, dass WEA keinen wesentlichen Einfluss auf die Höhe der Infraschall im missionen haben. Infraschall wird im ländlichen Bereich im Wesentlichen durch den Wind selbst bestimmt, im städtischen Bereich sind technische Anlagen oder Fahrzeuge die Hauptquellen. 22 2015 hat eine Studie des Landesamts für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) die nationalen und internationalen Ergebnisse bestätigt. Alle vorliegenden Messungen zeigen übereinstimmend, dass Infraschall von WEA auch im Nahbereich (120 300 m Entfernung) deutlich unterhalb der menschlichen Hör- bzw. Wahrnehmungsschwelle und damit auch unterhalb einer denkbaren Wirkschwelle liegt. Die Untersuchungen zeigen auch, dass sich beim Einschalten einer in 700 m Abstand befindlichen WEA der gemessene Infraschallpegel nicht mehr nennenswert erhöht. Der Infraschall kommt dann im Wesentlichen vom Wind selbst und nicht vom Betrieb der Anlage. 23 Spektrale Verteilung des Schalls zwischen 8 und 100 Hz Infraschall ist allgegenwärtig. Die Abb. zeigt die spektrale Verteilung des Schalls zwischen 8 und 100 Hz für zwei Situationen im Inneren eines schnell fahrenden Pkw: Oben bei geöffneten hinteren Seitenfenstern (hellgrün), darunter bei geschlossenen Fenstern (Grün). Die Graugrüne Kurve zeigt die Ein WIrkungen durch eine WEA der Leistungsklasse 2 MW. Die Messung erfolgte im AuSSenbereich in 150 Meter Abstand, der Wind wehte mit 6,8 m/s. Die Dunkelgrüne Linie markiert die Wahrnehmbarkeit nach DIN 45 680. Der Infraschall der untersuchten Anlage (Frequenzen unterhalb 20 Hz) liegt am Messort weit unterhalb der Wahr nehmungsschwelle. Quelle: Eigene Darstellung nach Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW)

4 Optische Immissionen Für die Beurteilung der Einwirkung von Lichtblitzen (Discoeffekt) und Schattenwurf durch den Rotor einer WEA hat der Gesetzgeber zwar keine rechtsverbindlichen Vorschriften er lassen, aber diese optischen Störfaktoren werden anhand von Richtwerten durch die Immissionsschutzbehörden verbindlich geregelt (siehe periodischer Schattenwurf). Bei Überschreiten der Richtwerte werden die WEA abgeschaltet. Im Folgenden wird aufgezeigt, welche optischen Effekte im Umfeld von WEA auftreten können. Alle betreffenden optischen Effekte gehen vom betriebsbedingt bewegten Rotor einer WEA aus. Hierbei wird unterschieden zwischen dem vom Anlagenrotor verursachten periodischen Schattenwurf sowie Lichtreflexen des bewegten Rotors ( Discoeffekt ). Periodischer Schattenwurf Beim Schattenwurf von WEA handelt es sich um den von Rotor und Turm erzeugten Schattenwurf, der nur bei direktem Sonnenschein auftritt. Insbesondere der Schattenwurf des Rotors wird von vielen Menschen als unangenehm empfunden, da dieser im Gegensatz zu unbewegten Gegenständen periodische Helligkeitsschwankungen hervorruft. Der Schatten einer stillstehenden WEA ist hingegen nicht anders zu bewerten als der Schatten eines normalen Gebäudes. Das Auftreten des Schattenwurfs hängt von der Lage und Höhe der Anlage, der Lage des Ortes der Immission und vom Wetter ab. 24 Nur eine tiefstehende Sonne verursacht Schattenwurf in größeren Entfernungen (mehrere hundert Meter). Viele Standorte, insbesondere nördlich und südlich von WEA, sind davon gar nicht betroffen. Östlich und westlich gelegene Standorte sind auch nur zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten betroffen. Um eine derartige Belästigung zu verhindern, sind die Hinweise für Schattenwurf des Länderausschusses für Immissionsschutz zu berücksichtigen. Anlagen, von denen erhebliche Beeinträch tigungen ausgehen können, müssen mit einer Abschaltautomatik ausgerüstet werden. Diese Abschaltautomatik muss so programmiert sein, dass eine Schatten wurfdauer auf acht Stunden/Jahr und maximal 30 Minuten/Tag begrenzt wird. 25 Lichtreflexionen Discoeffekt Der Discoeffekt bezeichnet periodische Lichtreflexionen durch die Rotorblätter, er wird häufig mit der Schattenwurf- Erscheinung des Rotors verwechselt. Häufig aufgetreten ist der Discoeffekt bei Anlagen aus den Anfängen der Windenergienutzung, als die Rotorblätter standardmäßig glänzend lackiert wurden. Seit Langem werden die Oberflächen der Anlagen mit matten, nicht reflektierenden Lackierungen versehen. Daher tritt der Discoeffekt nicht mehr auf und spielt bei der Immissionsbewertung durch moderne WEA keine Rolle.

5 Befeuerung Die nächtliche Beleuchtung mit kleinen Lichtpunkten auf den Anlagen ist erst ab 100 m Gesamthöhe vorgeschrieben. Zur Luftfahrtsicherung müssen solche Anlagen als Hindernis gekennzeichnet sein. Diese Kennzeichnung durch Signalfarben und/oder die sogenannte Befeue rung kann als störend empfunden werden. Mit dem Repowering und der damit einhergehenden größeren Höhe der Anlagen kann eine Befeuerung an Orten notwendig werden, wo es vorher keine gab, was Akzeptanzprobleme bei den umliegenden Anwohnern mit sich bringen kann. 26 Erste radargesteuerte Befeuerungen sind bereits zugelassen, die sich nur einschalten, wenn sich ein Flugzeug oder Hubschrauber nähert (bedarfsgerechte Befeuerung). Der Einsatz moderner Befeuerungstechnik minimiert die Sichtbarkeit vom Boden aus. 27 Das System kommt nicht nur für neue Anlagen in Betracht, sondern auch alte Anlagen könnten entsprechend umgerüstet werden. Wichtig ist allerdings, dass weiterhin die zuständige Landesluftfahrtbehörde der neuen Befeuerung zustimmen muss. Heute lässt sich die Belastung der Anwohner durch eine Synchronisierung der Befeuerung eines Windparks und eine Anpassung der Leuchtstärke an die Sichtverhältnisse reduzieren. Fazit Aus der wissenschaftlichen Literatur und den vorliegenden Untersuchungen ergeben sich bei Einhaltung aller gesetzlichen Regelungen keine Belege für gesundheitliche Auswirkungen durch Immissionen von WEA. Zusammenfassend kann Folgendes festgehalten werden: Bezüglich des Hörschalls ist darauf hinzuweisen, dass die gesetzlichen Vorgaben der TA Lärm Störungen minimieren und Schäden ausschließen. Gesundheitliche Wirkungen des Infraschalls sind aufgrund der sehr niedrigen Schalldruckpegel in üblichen Entfernungen ausgeschlossen. Eine Belästigung durch Schattenwurf wird durch die Begrenzung der maximalen Beschattungsdauer minimiert. Lichtreflexe (Discoeffekt) stellen bei WEA kein Problempotenzial (mehr) da. Mit dem Einsatz einer bedarfsgerechten Befeuerung kann auch in diesem Bereich die Belästigung durch WEA abnehmen. Es gilt immer: WEA werden nur genehmigt, wenn nach vorheriger sorgfältiger Prüfung alle Auswirkungen auf den Menschen berücksichtigt wurden. Die eventuell empfundene Belästigung im Bereich des Sehens, Hörens und generell des Empfindens ist subjektiv und in der Regel von der Einstellung des Menschen zur Windenergienutzung abhängig. Sorgen von Bürgern sind daher ernst zu nehmen. Deshalb hat eine frühzeitige Information und Beteiligung von Anwohnern bei Windenergieplanungen eine herausragende Bedeutung. Auf die Energiegewinnung aus erneuerbaren Energiequellen kann nicht verzichtet werden. Vielmehr stellt sich die Frage, welche Energiequellen hierfür genutzt werden sollten. Eine Gesundheitsfolgenabschätzung wäre eine geeignete Methode, um die gesundheitlichen Konsequenzen verschiedener Energiequellen systematisch miteinander zu vergleichen. 28

Stand 2/2017 CO 2 -neutral gedruckt auf 100% Recyclingpapier Gestaltung: www.beckmann-verlag.de Fotos: Mirko Bartels, Pixelio.de/Luise, Photocase/maiaxxl, Windwärts Energie GmbH Quellenangaben 1 Die energetische Amortisationszeit beschreibt die Zeit, die eine Energiegewinnungsanlage betrieben werden muss, bis die für die Herstellung aufgewendete Energie wieder gewonnen worden ist 2 TNS Emnid (2016): Deutsche wollen schnellen Ausbau der Erneuerbaren. Im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE). Forsa (2016): Norddeutsche sind die stärksten Befürworter der Energiewende. Im Auftrag des Clusters Erneuerbare Energien. 3 BImSchG (2002): Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge 4 Emissionen = Austrag oder Ausstoß, bedeutet all gemein Aussendung von Störfaktoren in die Umwelt. Die Quelle wird Emittent genannt. Jede Emission bewirkt eine Immission 5 Immissionen = Einwirkung von Störfaktoren aus der Umwelt auf Mensch und natürliche Umwelt. Der Ausstoß aus der Quelle wird Emission genannt. Jede Immission kann folglich auf einen oder mehrere Emittenten zurückgeführt werden 6 Bund (1998): Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm); sechste allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 26. August 1998 7 Region Hannover (2016): Regionales Raumordnungsprogramm Region Hannover 2016 gemäß Beschluss der Regionsversammlung vom 27.09.2016 8 Niedersächsischer Landkreistag e.v.; Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Land wirtschaft und Verbraucherschutz (2013): Regionalplanung und Windenergie Arbeitshilfe zur Steuerung der Wind energienutzung mit Ausschlusswirkung in Regionalen Raumordnungsprogrammen (Kategorisierung harte und weiche Tabuzonen), S. 16 Klimaschutz ein Gewinn für alle Die gemeinnützige Klimaschutzagentur Region Hannover informiert und motiviert Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zum Energiesparen. Sie bietet ihnen unabhängige Beratungen zu Themen wie Gebäudemodernisierung, Heizungserneuerung und erneuerbaren Energien an. Als Impulsgeberin für Politik, Wirtschaft und Kommunen entwickelt sie gemeinsam mit ihren Partnern Projekte und Kampagnen zum Klimaschutz. Klimaschutzagentur Region Hannover GmbH Goethestraße 19, 30169 Hannover Info-Telefon 05 11.22 00 22-20 Mo. und Do.: 9 bis 17 Uhr beratung@klimaschutzagentur.de klimaschutzagentur.de klimaschutz-hannover.de 9 http://www.fachagentur-windenergie.de/ themen/schallimmissionen.html; abgerufen 14.12.2016 10 Repowering Infobörse (2011): Schallimmissionen von Windenergieanlagen, Hintergrundpapier; Bernd Neddermann, Deutsches Windenergie- Institut (DEWI), Bearbeitung des Texte, S. 9 11 Pohl, J., Hübner, G. & Mohs, A. (2012). Acceptance and stress effects of aircraft obstruction markings of wind turbines. Energy Policy, S. 50, S. 592 600 12 Pohl, J.; Gabriel, J.; Hübner, G. (2014): Untersuchung der Beeinträchtigung von Anwohnern durch Geräuschemissionen von Windenergieanlagen und Ableitung übertragbarer Interven tionsstrategien zur Vermeidung dieser, Abschlussbericht 13 Energieagentur NRW: Feldstudie zur Lärmbelastung durch Windenergieanlagen, www.energiedialog.nrw.de/studie-windparkssind-weniger-stoerend-als-verkehrslaerm/; abgerufen 14.12.2016 14 Pohl, J.; Gabriel, J.; Hübner, G. (2014): Fn.12, S. 12 15 Bayrisches Landesamt für Umwelt, Bayrisches Landes amt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (2014): Windenergieanlagen beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit? Reihe: UmweltWissen Klima und Energie, Augsburg 16 Borgmann R. (2005): Nichtionisierende Strahlung Infraschall, S. 22 17 DIN 45680 (1997): Messung und Bewertung tieffrequenter Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft 18 Entwurf DIN 45680 (2013): Messung und Bewertung tieffrequenter Geräuschemissionen 19 Bayrisches Landesamt für Umwelt, Bayrisches Landes amt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (2014): Fn. 15, S. 3 20 Ebd., S. 4 21 Ebd., S. 7 GENDER-HINWEIS: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Broschüre entweder die maskuline oder die feminine Form von Bezeichnungen gewählt. Dies impliziertkeine Benachteiligung des jeweils anderen Geschlechts. 22 Evans T., Cooper J., Lenchine V. (2013): Infrasound levels near windfarms and in other environments, EPA South Australia, resonate acoustics, www.epa.sa.gov.au/xstd_files/.../infrasound. pdf; abgerufen 14.12.2016 23 Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (2016): Tieffrequente Geräusche inkl. Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen. S. 9 ff. 24 Landesumweltamt NRW: Sachinformation Optische Immissionen von Windenergieanlagen, S. 2 f. 25 LAI (2001): Länderausschuss für Immissionsschutz. Hinweise zur Ermittlung und Beurteilung der opti schen Immissionen von Windenergieanlagen (WEA-Schattenwurf-Hinweise). Verabschiedet auf der 103. Sitzung des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI), 06.08.2002 26 Möhring, T. (2010): Leitfaden Repowering Handlungsempfehlungen und Strategien. In: Graue Reihe des Instituts für Stadt- und Regionalplanung, Technische Universität Berlin, S. 32 27 Fachagentur Windenergie an Land (2016): Bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung von Windenergie anlagen. Berlin. S. 9. 28 Ebd., S. 18 Mit freundlicher Unterstützung von: