SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss
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- Albert Gärtner
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1 Az.: 4 B 175/15 3 L 1421/14 Beglaubigte Abschrift SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss In der Verwaltungsrechtssache 1. der Frau 2. des Herrn - Antragsteller - - Beschwerdeführer - prozessbevollmächtigt: Rechtsanwalt gegen den Landkreis Meißen vertreten durch den Landrat Brauhausstraße 21, Meißen - Antragsgegner - - Beschwerdegegner - beigeladen: prozessbevollmächtigt:
2 2 wegen Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (Windfarm...); Antrag nach 80 a Abs. 3 VwGO hier: Beschwerde hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Döpelheuer und den Richter am Oberverwaltungsgericht Tischer am 23. Juli 2015 beschlossen: Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 10. April L 1421/14 - wird zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt. Gründe 1 Die zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. April 2015 ist unbegründet. 2 Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 10. April 2015 den Antrag nach 80 a Abs. 1 und Abs. 3 i. V. m. 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Antragsgegners vom 3. Juli 2014 abgelehnt, weil hieran kein überwiegendes Interesse bestehe. Bei summarischer Überprüfung der Rechtslage werde der Drittwiderspruch voraussichtlich erfolglos bleiben. Die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von sieben Windkraftanlagen des Typs VESTAS V-112 verstoße nicht gegen Vorschriften, auf deren drittschützende Wirkung sich die Antragsteller berufen könnten. Sie stelle hinreichend sicher, dass weder von der Errichtung noch von dem Betrieb der Anlage
3 3 schädliche Umwelteinwirkungen i. S. v. 3 BImSchG durch Geräusche ausgingen. Der Antragsgegner habe der Genehmigung das von der Beigeladenen zum Antragsgegenstand gemachte Schallgutachten der... GmbH vom 3. Dezember 2013 zugrunde gelegt. Die Schallimmissionsprognose sei für die sieben beantragten Anlagen des Typs VESTAS V-112 unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch fünf bereits vorhandene Windkraftanlagen erstellt worden. Für das in einem Mischgebiet befindliche Wohngrundstück der Antragsteller sei ein Immissionswert der Gesamtbelastung von 41 db(a) nachts ermittelt worden. Dieser liege 4 db(a) unter dem zulässigen Immissionswert der TA Lärm für Dorf- oder Mischgebiete. In dem Schallgutachten seien zu Recht im Rahmen der Vorbelastung keine weiteren Geräuschimmissionen berücksichtigt worden. Die in dem Messbericht des Büros für Umwelttechnik... genannten potenziellen Emissionsquellen des Kfz-Betriebes mit Lackiererei und der Zimmerei seien nicht in die Bestimmung der nächtlichen Schallimmissionen eingeflossen, da die Unternehmen in der Nachtzeit keine Betriebserlaubnis hätten. Auch sei in dem Schallgutachten zu Recht kein Impuls- oder Tonhaltigkeitszuschlag angesetzt worden. Es sei anzunehmen, dass von den streitgegenständlichen Anlagen keine impulshaltigen Geräusche ausgingen. In dem Kurzbericht zum Schallgutachten seien die gekennzeichneten, rechnerisch bei einer Frequenz von ca. 4 khz auftretenden Tonhaltigkeitszuschläge nicht als immissionsrelevant bewertet worden, weil sie subjektiv in Entfernungen von mehr als 200 m nicht mehr wahrnehmbar seien. Es seien keine Impulse aufgetreten. Die von den Antragstellern genannten Entscheidungen des OLG München hätten einen anderen, älteren und kleineren Anlagentyp betroffen und könnten daher nicht zur Beurteilung der Impulshaltigkeit der streitgegenständlichen Anlagen herangezogen werden. Schädliche Umwelteinwirkungen durch Infraschall seien ebenfalls nicht zu besorgen. Durch Messungen an verschiedenen Anlagentypen sei nachgewiesen, dass tieffrequenter Schall durch Windkraftanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liege. Bereits bei einem Abstand von 250 m von einer Windkraftanlage seien im Allgemeinen keine erheblichen Beeinträchtigungen durch Infraschall mehr zu erwarten. Dies gelte auch bei dem Abstand der nächstgelegenen Windkraftanlage zum Grundstück der Antragsteller von ca m. Die vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebene "Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall" vom Juni 2014 treffe keine wissenschaftlichen Aussagen, die geeignet wären, die bisherigen wissenschaftlichen
4 4 Erkenntnisse zur (Nicht-)Hörbarkeit der von Windkraftanlagen ausgehenden Infraschallemissionen in Frage zu stellen. Insgesamt lasse sich der Schallimmissionsprognose der... GmbH, in deren Berechnungen zudem noch ein Sicherheitszuschlag von 1,1 db(a) enthalten sei, hinreichend sicher entnehmen, dass die Einhaltung der Richtwerte gewährleistet sei und von dem Betrieb der genehmigten Anlagen keine rechtswidrigen Geräuschbelastungen der Antragsteller ausgingen. Schließlich verletze die Genehmigung die Antragsteller auch nicht in ihren Rechten aus anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die für die Erteilung der Genehmigung gemäß 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu prüfen seien. Die geltend gemachte Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen liege nicht vor Hiergegen wenden die Antragsteller ein, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass ihre nachbarlichen Belange nicht hinreichend beachtet worden seien. Die bloße Erkenntnis des Antragsgegners, dass nachbarliche Belange durch die Anlagen berührt werden könnten, ersetze nicht die erforderliche Auseinandersetzung mit nachbarschützenden Normen. Auch hätte das Verwaltungsgericht nicht davon ausgehen dürfen, dass in dem Schallgutachten der... GmbH vom 3. Dezember 2013 zu Recht im Rahmen der Vorbelastung keine weiteren Geräuschimmissionen berücksichtigt worden seien, weil die als potenzielle Emissionsquellen in Betracht kommenden Anlagen für die Nachtzeit keine Betriebserlaubnis hätten. Vielmehr hätten diese Anlagen bei der Ermittlung der Vorbelastung für die Tagzeit berücksichtigt werden müssen, weil eine Überschreitung zur Tagzeit dieselben Wirkungen auslöse wie eine solche zur Nachtzeit. Auch habe das Verwaltungsgericht die Annahme des Gutachtens, dass von den streitgegenständlichen Anlagen keine impulshaltigen Geräusche ausgingen, nicht ansatzweise in Frage gestellt und die Bedenken der Antragsteller allein mit dem pauschalen Hinweis auf die Verschiedenheit der jeweiligen Anlagentypen unbeachtet gelassen. Zudem habe das Verwaltungsgericht ohne nähere Begründung eine Beeinträchtigung der Antragsteller durch Infraschall abgelehnt, weil eine Wahrnehmbarkeit tieffrequenter Geräusche in Verbindung mit den streitgegenständlichen Anlagen ausgeschlossen sei. Es habe unzulässig die Bereiche Hörschall und Infraschall vermischt, indem es ausgeführt habe, dass tieffrequenter Schall durch Windkraftanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liege. Infraschall sei gerade dadurch gekennzeichnet, dass er nicht durch das Gehör,
5 5 sondern anderweitig organisch, insbesondere als Körperschall, wahrnehmbar sei. Deshalb verbiete sich ein Abstellen auf für den Hörschall entwickelte Regelungen. Auch insoweit nehme der angefochtene Beschluss einseitig auf die Angaben im Schallgutachten der... GmbH Bezug. 4 Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, die nach 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu berücksichtigen sind, geben zu einer Änderung des angefochtenen Beschlusses keinen Anlass. 5 Sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Antragsgegner haben sich hinreichend mit nachbarschützenden Belangen auseinandergesetzt und geprüft, ob mit dem Betrieb der Windkraftanlagen schädliche Umwelteinwirkungen für die Nachbarn einhergehen. Unter Punkt E.4.1. der Genehmigung vom 3. Juli 2014 wird ausgeführt, dass bei antragsgemäßer Ausführung der geplanten Windkraftanlagen und Beachtung der Nebenbestimmungen die Erfüllung der sich aus 5 BImSchG ergebenden Pflichten sichergestellt ist. Hierunter fällt auch der Schutz der Nachbarschaft. 6 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 3. Juli 2014 verletzt nicht deshalb Rechte der Antragsteller, weil sie auf einem Schallgutachten beruht, in dem eine Vorbelastung des betroffenen Gebietes durch einen Kfz-Betrieb mit Lackiererei und einen Zimmereibetrieb nicht geprüft wurde. Die Antragsteller haben nicht substantiiert vorgetragen, dass eine solche Untersuchung geboten war. Auf die Geräuschbelastungen zur Nachtzeit haben beide Unternehmen keinen Einfluss, weil sie in den Nachtstunden nicht betrieben werden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass tagsüber die zulässigen Immissionswerte überschritten würden, wenn man die Vorbelastung aus beiden Betrieben einbezöge. Nach Punkt D der Genehmigung ist für die Windkraftanlagen M520, M521 und M539 ein maximaler Schallleistungspegel von 104,7 db(a) zu garantieren. Nach dem Gutachten der... GmbH vom 3. Dezember 2013 hat die Einwirkungsbereichsberechnung für den Wohnort der Antragsteller durch die beurteilten Windenergieanlagen allein verursachte Schallimmissionswerte von 36,9 db(a) und einen Beurteilungspegel von 37 db(a) ergeben. Diese liegen deutlich unter den nach Ziffer 6.1.c) TA Lärm für Mischgebiete höchstzulässigen Immissionswerten von 60 db(a). Dieser Grenzwert
6 6 könnte auch dann noch eingehalten werden, wenn man die Vorbelastungen aus den beiden Betrieben hinzurechnete. 7 Die Antragsteller haben nicht substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen bei der Berechnung der Geräuschimmissionen durch die Windkraftanlagen Zuschläge für Ton- und Impulshaftigkeit vorzunehmen sein sollen. Nach dem Kurzbericht zur Bestimmung der Schallleistungspegel einer Windenergieanlage des Typs VESTAS V- 112 vom 9. Juli 2013 sind die Tonhaltigkeitszuschläge als nicht immissionsrelevant bewertet worden, weil sie subjektiv in Entfernungen von mehr als 200 m nicht mehr wahrnehmbar seien. Im Schallgutachten der... GmbH vom 3. Dezember 2013 wird ausgeführt, dass weder Zuschläge für Tonhaltigkeit noch für Impulshaltigkeit anzusetzen seien. Für das Verwaltungsgericht bestand kein Anlass, von der Fehlerhaftigkeit dieser Feststellungen auszugehen. Es waren keine konkreten Anhaltspunkte für eine mögliche Unrichtigkeit ersichtlich. Derartige Anhaltspunkte haben auch die Antragsteller nicht aufgezeigt. Sie haben lediglich auf die Rechtsprechung des OLG München verwiesen, die aber einen anderen Anlagentyp, nämlich ENERCON E-82, betraf. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die zu einem älteren und kleineren Anlagentyp ergangenen Entscheidungen nicht zur Beurteilung der Impulshaltigkeit der streitgegenständlichen Windkraftanlagen herangezogen werden können. Hierzu bedurfte es keiner ausführlicheren Begründung. 8 Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht die Bereiche Infraschall und Hörschall nicht vermischt. Es hat nicht verkannt, dass Infraschall unterhalb der menschlichen Hörschwelle liegt. Gegenteiliges ist den Ausführungen im Beschluss, dass tieffrequenter Schall durch Windkraftanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liege, nicht zu entnehmen. Insoweit muss differenziert werden zwischen der generellen Hörbarkeit von Tönen, die für Menschen bei einer Frequenz von weniger als 20 Hz nicht mehr gegeben ist, und der entfernungsabhängigen Hörbarkeit. Ist die Entfernung zur Windkraftanlage so groß, dass Töne, die grundsätzlich wegen ihrer Frequenzhöhe noch hörbar sind, nicht mehr gehört werden können, ist auch eine Wahrnehmung tieffrequenter Töne ausgeschlossen. Auch Töne tiefer Frequenz erreichen den Menschen über das Gehör,
7 7 selbst wenn sie nicht mehr als Töne wahrgenommen werden, sondern - was möglich, aber nicht erwiesen ist - psychische Auswirkungen entfalten. Zudem haben die Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen, ab welcher Entfernung schädliche Umwelteinwirkungen durch Infraschallimmissionen zu erwarten sein sollen. 9 Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 2 VwGO. Dabei entspricht es nach 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil sich diese durch eigene Antragstellung dem Kostenrisiko aus 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat. 10 Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und in Anlehnung an Ziffern 19.2, , 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Dieser Beschluss ist unanfechtbar ( 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). gez.: Künzler Döpelheuer Tischer
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