Seismologische Überwachung Geothermieprojekt St. Gallen

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Transkript:

Schweizerischer Erdbebendienst ETH Zürich CH-8092 Zürich info@sed.ethz.ch www.seismo.ethz.ch Seismologische Überwachung Geothermieprojekt St. Gallen September 2012 Die Stadt St. Gallen plant die Erschliessung eines vermuteten hydrothermalen Reservoirs in rund 3 bis 4 km Tiefe unter dem Stadtgebiet, um geothermische Energie zu gewinnen. Mit einer ersten Tiefbohrung, deren Fertigstellung ungefähr drei Monate dauern wird, soll Anfang Dezember 2012 begonnen werden. Im Rahmen des Forschungsprojektes GEOBEST führt der Schweizerische Erdbebendienst (SED) die seismologische Überwachung des Geothermieprojekts der Stadt St. Gallen durch. In Zusammenarbeit mit den St. Galler Stadtwerken hat der SED bereits sechs neue Erdbebenmessstellen in der Umgebung errichtet. In den nachfolgenden Absätzen beantwortet der Schweizerische Erdbebendienst häufig gestellte Fragen zum Thema Seismologische Überwachung des Geothermieprojektes St. Gallen. Unterschiede Geothermieprojekte Basel und St. Gallen In Basel wurde 2006 ein Versuch zur Nutzung der Erdwärme aus 5 km Tiefe wegen der damit verbundenen Erdbeben abgebrochen und auf Grund einer nachfolgenden Risikostudie endgültig eingestellt. Beim in Basel angewendeten Verfahren wurde das ursprünglich trockene und undurchlässige Gestein durch das Einpressen grosser Mengen Wasser unter hohem Druck mit dem Ziel aufgesprengt, die Wasserdurchlässigkeit zu erhöhen. Anschliessend hätte über eine zweite Bohrung ein künstlicher Wasserkreislauf erstellt werden sollen, um die Erdwärme an die Oberfläche zu fördern. Das Verfahren zur Erhöhung der Durchlässigkeit, Stimulation genannt, löst prinzipiell kleinere Erdbeben aus. Bei diesen sogenannten Mikrobeben besteht in seltenen Fällen die Möglichkeit, dass sie an der Erdoberfläche verspürt werden. Das in St. Gallen geplante Verfahren sieht im Unterschied zu Basel vor, eine bereits bestehende wasserführende Gesteinsschicht anzubohren und das dort von Natur aus vorhandene heisse Wasser an die Oberfläche zu bringen. Nach Entzug der Wärme soll das abgekühlte Wasser durch eine zweite Bohrung wieder in den Untergrund gepumpt werden. Vorausgesetzt, dass ein genügender Wasserfluss in der Tiefe besteht, ist bei diesen sogenannten hydrothermalen Geothermieprojekten in der Regel kein künstliches Aufbrechen des Gesteins notwendig. Dies hat zur Folge, dass beim St. Galler Verfahren im Vergleich zum Basler Projekt nicht zwingend Mikrobeben auftreten. Darüber hinaus besteht in der Region St. Gallen eine wesentlich geringere natürliche seismische Gefährdung als im Raum Basel.

Abbildung 1: Die beiden Verfahren im graphischen Vergleich (Verändert nach: Jodocy, M., Köhler, S. & Stober, I. Geothermische Nutzungssysteme. Poster des Regierungspräsidium Freiburg, Landeshydrogeologie und -Geothermie, 2007). Basler Verfahren St. Galler Verfahren Petrothermale Geothermie Hydrothermale Dublette Beim St. Galler Verfahren wird heisses Wasser aus einem tiefen Grundwasserleiter zutage gefördert (Förderbohrung) und dem Wasser an der Erdoberfläche die geothermische Energie entzogen. Das abgekühlte Wasser wird in definierter Entfernung demselben Grundwasserleiter zurückgegeben (Injektionsbohrung). Bei dem in Basel angewandten EGS-Verfahren (EngineeredGeothermal-System) wird durch das Einpressen von Wasser unter hohem Druck (hydraulische Stimulation) das kristalline Grundgebirge aufgebrochen und so ein künstliches geothermisches Reservoir erzeugt. Mittels einer zweiten Bohrung wird ein Gesteinswärmetauscher geschaffen. Über die Injektionsbohrung wird Wasser zugeführt, um Gebirgswärme aufzunehmen. Das aufgeheizte Wasser gelangt anschliessend über eine Förderbohrung zutage. 2

Wahrscheinlichkeit von Erdbeben beim Geothermieprojekt in St. Gallen Die Gesteine der Erdkruste stehen praktisch weltweit unter hoher Spannung, auch in der Schweiz. Die Schweiz ist im europäischen Vergleich von einer mittleren Erdbebengefährdung betroffen. Grössere Schadenbeben können aber auch in der Schweiz überall und jederzeit auftreten. Erdbeben entstehen durch einen plötzlichen Spannungsabbau in der Erdkruste, wenn die von Natur aus vorhandenen Spannungen die Gesteinsfestigkeit überschreiten und dadurch einen Bruch im Gestein auslösen. Die freigesetzte Energie breitet sich in Form von seismischen Wellen durch die Erde und entlang der Erdoberfläche aus und verursacht die als Beben wahrgenommenen Erschütterungen. Die hydrologische Verhältnisse (der Gehalt und Druck von Flüssigkeiten und Gasen in der Tiefe) haben einen starken Einfluss auf die lokale Gesteinsfestigkeit. Jeder menschliche Eingriff im tieferen Untergrund, wie beispielsweise Tunnelbauten, Bergwerke, Entnahme von heissem Wasser sowie das Einpressen von Wasser, beeinflusst das Gleichgewicht zwischen Spannungen und Gesteinsfestigkeit. Die im Zuge dieser Eingriffe möglicherweise ausgelösten Erdbeben bezeichnet man als induzierte Beben. Die Spannungsänderungen beschränken sich allerdings auf die unmittelbare Umgebung der Bohrung und daher sind induzierte Beben lediglich im Umkreis von wenigen Kilometern zu erwarten. Allerdings bleibt, wie bei allen Technologieprojekten speziell im Energiebereich (Stauseen, Kraftwerke, Minen, Windräder, Raffinerien, etc.), ein minimales Restrisiko, dass nicht vorhergesehene Effekte auftreten. Deshalb lässt sich auch bei der Nutzung der Tiefengeothermie ein Erdbeben nicht grundsätzlich ausschliessen. Bisher haben sich im Zusammenhang mit vergleichbaren Geothermieprojekten wie demjenigen von St Gallen aber keine Erdbeben ereignet, die auch nur zu minimalen Schäden geführt hätten. Analyse des Erdbebenrisikos für das Geothermieprojekt St. Gallen Für das Geothermieprojekt in Basel ist eine umfassende Studie zum Thema Erdbebenrisiko erstellt worden. Eine solche Risikostudie gibt es für St. Gallen bislang noch nicht. Die Risikostudie, welche zur endgültigen Einstellung des Basler Projekts führte, konnte in dieser Form erst im Nachhinein verfasst werden, als eine breite Datengrundlage zur Verfügung stand. Im Vorfeld des Projekts fehlen diese Daten. Ganz allgemein setzt sich das Risiko für ein bestimmtes Ereignis aus seiner Auftretenswahrscheinlichkeit und dem Ausmass seiner Folgen zusammen. Die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Ereignisses lässt sich entweder mit Hilfe einer statistischen Analyse vieler vergangener Ereignisse ähnlicher Art (zum Beispiel für die Abschätzung eines hundertjährigen Hochwassers) abschätzen oder mit einer detaillierten Modellierung der entsprechenden physikalischen Prozesse und Parameter, sofern diese ausreichend bekannt sind. Das für die Tiefengeothermie in St. Gallen vorgesehene Verfahren wird bereits an mehreren Orten mit Erfolg praktiziert. Noch gibt es aber weltweit zu wenige solcher Projekte, um gesicherte statistische Schlussfolgerung über das damit verbundene seismische Risiko zu ziehen. Obwohl die grundlegenden physikalischen Prozesse bekannt sind, die ein Erdbeben auslösen, ist die Rolle der massgebenden Parameter noch nicht genügend quantifizierbar. Des Weiteren sind die tatsächlichen Gegebenheiten des Untergrunds im Vorfeld eines Projektes selten bekannt und die bestehenden Kenntnisse mit grossen Unsicherheiten behaftet. Die vorherrschenden Verhältnisse lassen sich erst besser abschätzen, nachdem eine Bohrung abgeteuft ist und entsprechende Messungen und Tests durchgeführt werden konnten. Dies bedeutet, dass im Fall von Projek- 3

ten zur Nutzung der Tiefengeothermie das damit verbundene seismische Risiko im Lichte wachsender Kenntnisse über die vorgefundenen Verhältnisse laufend neu bewertet werden muss. Bei dem Geothermieprojekt in St. Gallen unterstützt auch der Schweizerische Erdbebendienst die Projektverantwortlichen bei der steten Bewertung des seismischen Risikos. Erfahrungen aus ähnlichen Geothermieprojekten Vergleichbare Projekte zur Gewinnung geothermischer Energie gibt es beispielsweise im Pariser Becken, in Deutschland und in Riehen bei Basel. Im Pariser Becken wird schon seit mehreren Jahrzehnten warmes Wasser aus 1.5 bis 2 km Tiefe zu Heizzwecken gefördert. Es ist keine seismische Aktivität bekannt, die im Zusammenhang mit dieser Nutzung stehen könnte. Auch in der Umgebung von München sind seit einigen Jahren verschiedene Projekte zur Gewinnung von Erdwärme im Gang, die mit dem St. Galler Verfahren vergleichbar sind. Lediglich in der Nähe eines Standorts sind einige kleine Beben aufgetreten, die an der Oberfläche leicht verspürt wurden, aber keinerlei Schäden verursacht haben. Bei Landau, in Rheinland-Pfalz, hat im Zusammenhang mit zwei Geothermieprojekten die lokale seismische Aktivität zugenommen und es kam zu einigen Beben, die an der Oberfläche verspürt wurden. Nur 35 km weiter östlich, in Bruchsal, sind hingegen keine Erdbeben bekannt, die mit dem dortigen Projekt im Zusammenhang stehen könnten. In Riehen wird ebenfalls seit vielen Jahren heisses Wasser aus rund 1500 Meter Tiefe zu Heizzwecken gefördert. Obwohl dieser Standort in unmittelbarer Nähe zum eingestellten Projekt von Basel liegt, ist dort keine erhöhte seismische Aktivität registriert worden. Massnahmen zur Überwachung möglicher seismischer Aktivitäten Seit März 2012 betreibt der SED in Zusammenarbeit mit den St. Galler Stadtwerken sechs neue Erdbebenstationen im Umkreis von 10 Kilometern um die geplante Geothermiebohrung, darunter auch eine Bohrlochmessstelle in 205 Metern Tiefe. Der SED wertet die gewonnenen Daten aus und legt ein Archiv an. Die seismischen Daten stehen jederzeit öffentlich zur Verfügung. Das installierte Messnetz kann auch kleinste Erdbeben (Mikrobeben) aufzeichnen, die zu schwach sind um verspürt zu werden. Damit ist gewährleistet, dass jegliche seismische Aktivität im Bereich der geplanten Tiefenbohrung aufgezeichnet wird und beim Eintreten solcher Vorkommnisse mögliche Zusammenhänge mit dem Geothermieprojekt erkannt werden können. Der SED betreibt ein automatisches Alarmierungssystem, dass die Projektbeteiligten über natürliche und induzierte Erdbeben unmittelbar informiert, um gegebenenfalls frühzeitig reagieren zu können. Sollten solche Ereignisse tatsächlich auftreten, können die seismologischen Daten wichtige Aufschlüsse über die Spannungsverhältnisse und Gesteinsfestigkeit im Untergrund geben. Diese Erkenntnisse leisten einen Beitrag, um die Betriebsparameter der Geothermieanlage zu optimieren und einem Anstieg der seismischen Aktivität entgegenzuwirken. 4

Abbildung 2: Standorte und Innenansicht einer Erdbebenstation Abbildung 3: Aussenansicht Standorte Erdbebenstationen 5

Rolle des SED beim Geothermieprojekt in St. Gallen Das Bundesamt für Energie hat den SED beauftragt, einen Leitfaden zum Umgang mit der seismischen Gefährdung im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Tiefengeothermieprojekte für kantonale und eidgenössische Behörden zu entwickeln. Der SED hat zu diesem Zweck das Projekt GEOBEST ins Leben gerufen. Im Rahmen dieses Projekts unterstützt er ausgewählte Pilotprojekte in der Schweiz bei der seismischen Überwachung der natürlichen und induzierten Seismizität und berät sie bei der Beurteilung der seismischen Gefährdung. Das Geothermieprojekt der St. Galler Stadtwerke ist das erste Pilotprojekt, das im Rahmen von GEOBEST unterstützt wird. Für die Dauer von zwei Jahren stellt GEOBEST die seismologischen Messgeräte für die sechs lokalen Überwachungsstationen zur Verfügung und finanziert die Datenauswertung. Die St. Galler Stadtwerke finanzieren die Installation und den Betrieb der Messgeräte und gewähren dem SED Zugang zu Projektdaten, die für die seismische Gefährdungsanalyse und zur Erstellung des Leitfadens erforderlich sind. Dieses Projekt ermöglicht dem SED seine Aufgabe als unabhängige Fachstelle des Bundes für Erdbeben zu erfüllen und die schweizerische Bevölkerung und Behörden im Falle eines potenziell spürbaren Erdbebens über die Lage, die Stärke und die möglichen Auswirkungen zu informieren. Information über die aktuelle Erdbebentätigkeit im Grossraum St. Gallen Der SED betreibt eine Internetseite (http://www.seismo.ethz.ch/monitor/temp_net/sg/index) auf der die aktuelle Erdbebentätigkeit im Grossraum St. Gallen automatisch veröffentlicht wird. Die Eingangsseite informiert über die Seismizität der letzten 90 Tage. Erdbeben ab einer Magnitude von ML 1.8 werden besonders gekennzeichnet, da sie möglicherweise verspürt werden. Abbildung 4: Einstiegsseite Erdbebenaktivität im Grossraum St. Gallen 6

Hintergrundinformationen zum Überwachungsprojekt, den Erdbebenstationen, der historischen Erdbebentätigkeit im Grossraum St. Gallen und viele weiter Informationen finden Sie ebenfalls auf der Seite. Unter anderem können die Seismogramme der Überwachungsstaionen live beobachtet werden. Weiterführende Informationen zum Thema Erdbeben finden sie ausserdem auf den Seiten des SED (www.seismo.ethz.ch). Information über den Stand des Geothermiprojektes der Stadt St. Gallen finden sie auf der Webseite der Sankt Galler Stadtwerke (http://www.geothermie.stadt.sg.ch). 7