Die Bedeutung der Selbstwirksamkeit für den Stillerfolg. Silvia Honigmann Dozentin BFH Ernährung und Diätetik Still- und Laktationsberaterin IBCLC

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Transkript:

Die Bedeutung der Selbstwirksamkeit für den Stillerfolg Silvia Honigmann Dozentin BFH Ernährung und Diätetik Still- und Laktationsberaterin IBCLC

Motivation, Gefühle und Handlungen von Menschen resultieren in stärkerem Maße daraus, woran sie glauben oder wovon sie überzeugt sind, und weniger daraus, was objektiv der Fall ist. Albert Bandura

Selbstwirksamkeit = Self-efficacy Die persönliche Überzeugung, neue oder schwierige Anforderungen aus eigener Kraft bewältigen zu können.

Die Selbstwirksamkeit Das Empfinden von Selbstwirksamkeit beeinflusst sowohl die Wahl als auch die Ausführung eines Verhalten Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeit sind häufig erfolgreicher in der Ausübung eines Verhalten als Menschen mit niedrigen Selbstwirksamkeit

Quellen der Selbstwirksamkeit Eigene Erfahrungen. Dabei verstärken Erfolge die Selbstwirksamkeit, während Misserfolge sie reduzieren Stellvertretende Erfahrungen durch Beobachten von Modellen Verbale Überzeugungen und Unterstützung Physischer und emotionaler Zustand

Selbstwirksamkeit und Stillen Dennis / Faux (1999) entwickelten und publizierten einen ersten Fragebogen zur Erfassung der Breastfeeding Self-Efficacy (BSE). Nachweis von: Prädiktive Validität des Instruments Positive Korrelation zwischen BSE und Stillen sechs Wochen nach der Geburt Blyth et al., 2002: zeigen den klaren statistischen Zusammenhang zwischen mütterlicher BSE und Stillen: Mütter, die aussschl. stillen BSE vor Geburt, mean 129.50* Mütter, die teilweise stillen BSE vor Geburt, mean 120.62 Mütter, die nicht stillen BSE vor Geburt, mean 109.08* *Unterschied statistisch hochsignifikant (p < 0.0001)

The Relationship Between Breastfeeding Self-Efficacy and Perceived Insufficient Milk Among Japanese Mothers. Otsuka et al 2008. n= 260 Mütter mit Stillwunsch Erfassung der BSE unmittelbar nach der Geburt Nachuntersuchung nach 4 Wochen: 40% der Mütter stillten ausschliesslich 60% der Mütter stillen teilweise oder nicht mehr 73% davon nannten als Hauptgrund dafür die empfundene Milchproduktionsinsuffizienz Die empfundene Milchproduktionsinsuffizienz hing signifikant mit der BSE in der immediaten Postpartum-Periode zusammen (r=.45, p<.001) r=.10 schwache Wirkung /.24 mittlere Wirkung /.37 starke Wirkung

Gründe für das Abstillen bei Müttern, die ihr Kind gestillt hatten, jedoch bereits abgestillt haben Alle N=689 Erwerbstätige Mütter nach 16 Wochen MU N=304 Mütter, die bis höchstens 12 Wochen gestillt haben N=206 Ich hatte zu wenig Milch Mein Kind hatte Hunger nicht mit meiner beruflichen Tätigkeit vereinbaren 51% 56% 62% 30% 28% 32% 20% 24% 3% 7% Mein Kind wollte nicht mehr so oft an die Brust 20% 24% 3% Ich war erschöpft 17% 17% 27% Gross et al 2014: SWIFS Swiss infant Feeding Study

Förderung der Selbstwirksamkeit Eigene Erfahrungen. Dabei verstärken Erfolge die Selbstwirksamkeit, während Misserfolge sie reduzieren Strategien / Bedeutung für die Praxis?

Förderung der Selbstwirksamkeit Stellvertretende Erfahrungen durch Beobachten von Modellen Strategien / Bedeutung für die Praxis?

Förderung der Selbstwirksamkeit Verbale Überzeugungen und Unterstützung Strategien / Bedeutung für die Praxis?

Förderung der Selbstwirksamkeit Physischer und emotionaler Zustand Strategien / Bedeutung für die Praxis?

The effect of a self-efficacy-based educational programme on maternal breast feeding self-efficacy, breast feeding duration and exclusive breast feeding rates: A longitudinal study, Chan Man Yi, et al (2016) Methode: Schwangere in der Interventionsgruppe bekamen in der 28-38 SSW einen Still-Kurs und eine telefonische Stillberatung 14 Tage nach der Geburt Resultate: BF-Self Efficacy 2 Wochen nach der Geburt höher in der Interventionsgruppe (p < 0.01) Ausschliesslich Stillen nach 6 Monate: 11.4% in der Interventionsgruppe 5.6% in der Kontrollgruppe

Breastfeeding Workshop Protocol Zeit Inhalt Methode 15 Minuten Wissen über Stillen: Benefits, Anatomie und Physiologie, Hungerund Sattzeichen 35 Minuten Stilltechnik: Stillpositionen und Ansetzen 25 Minuten DVD mit stillenden Müttern die ihre Erfahrung teilen 20 Minuten Häufige Missverständnisse zum Stillen 15 Minuten Muttermilch Gewinnung, Hand und Pumpen 15 Minuten Zusammenfassung Demo und praktische Übung DVD mit TN schauen Diskussion Demo 10 Minuten Fragen

Effect of immediate and continuous mother-infant skin-to-skin contact on breastfeeding self-efficacy of primiparous women: a randomised control trial, Aghdas et al, 2014 114 primiparas mit Stillwunsch (18-35 Jahre) Interventionsgruppe: Skin-to-skin unmittelbar nach der Geburt Messung : BF-SE nach 1 Monat und Stillen Resultate: 47 Mutter und Kind Dyaden in der Interventionsgruppe / 45 Mutter-und Kind Dyaden in der Kontrollgruppe BF-Self-Efficacy in der Interventionsgruppe 53.42 (+ 8.57 SD) BF-Self-Efficacy in der Kontrollgruppe 49.85 (+ 5.50 SD) p=0.0003 Erfolgreiches Stillen in der Interventionsgruppe 56.6% Kontrollgruppe 35.6 % p=0.02

The Correlation Between Breastfeeding Success in the Early Postpartum Period and the Perception of Self-Efficacy and Breast Problems in the Late Postpartum, Kilci & Coban, 2016 327 primiparas mit Stillwunsch Geburt 56% sectio Stillbeginn unmittelbar nach der Geburt 57% Self-Efficacy nach der Geburt 59.10 (+ 7.21) Mütter mit höherer Self-Efficacy nach der Geburt: weniger Probleme mit den Brüsten (Z=-2.65, p=0.05) Häufiger vaginal geboren (Z=-2.88, p=0.05) Haben keine Anästhesie während der Geburt bekommen (Z=- 2.52, p=0.05)

Maternity hospital practices and Breast feeding self-efficacy in Finnisch primiparous and multiparous women during the immediate postpartum period (Koskinen et al, 2013) Fragebögen wurden an 1400 Frauen verteilt die in 3 verschiedenen Institutionen geboren haben. 573 Frauen haben den Fragebogen ausgefüllt Faktoren die die BF-Self-Efficacy positiv beeinflussen: Multipara längere Stillerfahrung normale vaginale Geburt (p=0.024) stillen in der ersten Stunde nach der Geburt (P=0.001) Neugeborene ist gut an die Brust gegangen (p=0.001) Ausschliesslich Stillen (keine Supplementation) (p=0.001) Rooming-in (0.001) Kein relevanter Einfluss auf die BF-Self-Efficacy Skin- to Skin Kontakt (p=0.58) Häufigkeit der Supplementation (p=0.239) Art der Supplementation (Flasche, Becher usw ) (p=0.329) Nuggi (p=0.881)

Effect of immediate and continuous mother-infant skin-to-skin contact on breastfeeding self-efficacy of primiparous women: a randomised control trial, Aghdas et al, 2014 114 primiparas mit Stillwunsch (18-35 Jahre) Interventionsgruppe: Skin-to-skin unmittelbar nach der Geburt Messung : BF-SE nach 1 Monat und Stillen Resultate: 47 Mutter und Kind Dyaden in der Interventionsgruppe / 45 Mutter-und Kind Dyaden in der Kontrollgruppe BF-Self-Efficacy in der Interventionsgruppe 53.42 (+ 8.57 SD) BF-Self-Efficacy in der Kontrollgruppe 49.85 (+ 5.50 SD) p=0.0003 Erfolgreiches Stillen in der Interventionsgruppe 56.6% Kontrollgruppe 35.6 % p=0.02

Effectiveness of a Breastfeeding Self-efficacy Intervention: Do Hospital Practices Make a Difference? Otsuka et al. 2013 781 schwangere Frauen, die Hälfte aus 2 BFHI Spitäler, die Hälfte aus nicht BFHI Spitäler Interventionsgruppe: bekommt im letzten Trimenon ein Self-Efficacy Workbook Resultate: Die Intervention förderte die Self-Efficacy und das exclusive Stillen 4 Wochen post-partum nur bei den Frauen die in BFHI geboren haben. Kein Unterschied in den nicht BFHI Spitälern.