Luftüberschuss im Grundwasser als potentielles Paläoklimaproxy. Werner Aeschbach-Hertig Institut für Umweltphysik Universität Heidelberg



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Grundwasser als Archiv Klima, Umwelt Proxy Zeit Infiltration Distanz, Alter Probenahme Aquifer

Edelgase im Wasser edel inert konservativ wichtigste Quelle/Senke: Austausch mit Atmosphäre ideale Tracer

Löslichkeit der Edelgase in Wasser Bunsen Löslichkeit [cm 3 STP cm -3 atm -1 ] 0.2 Xe 0.15 0.1 Kr 0.05 Ar Ne 0 He 0 5 10 15 20 25 30 Temperatur [ C]

Edelgas-Komponenten im Grundwasser tritiogenic Konzentration relativ zum Gleichgewicht 2 1.5 1 0.5 radiogenic Luftüberschuss excess air equilibrium Gleichgewicht Löslichkeit Xe Kr Ar He Ne Temperature Temperatur 0 3 He 4 He Ne Ar Kr Xe

Edelgas-Komponenten im Grundwasser tritiogenic radiogenic Luftüberschuss excess air equilibrium Gleichgewicht p n n β - n p 3 H 3 He p Konzentration relativ zum Gleichgewicht 2 1.5 1 0.5 U, Th α Zeit X + α ( 4 He) 0 3 He 4 He Ne Ar Kr Xe

Edelgas-Komponenten im Grundwasser tritiogenic radiogenic Luftüberschuss excess air equilibrium Gleichgewicht Konzentration relativ zum Gleichgewicht 2 1.5 1 0.5??? 0 3 He 4 He Ne Ar Kr Xe

Edelgas-Komponenten im Grundwasser tritiogenic radiogenic Luftüberschuss excess air equilibrium Gleichgewicht Konzentration relativ zum Gleichgewicht 2 1.5 1 0.5 Aufenthaltszeit??? Paläotemperatur 0 3 He 4 He Ne Ar Kr Xe

Modelle für Edelgaskonzentrationen im GW ( ) ( A, F ) C mod C eq T,S,P C ex i = i + i i = ( Ne, Ar, Kr, Xe) Gleichgewicht T: Temperatur S: Salzgehalt P: Luftdruck Luftüberschuss A: Menge Luft F: Fraktionierung ex Es existieren verschiedene Modellansätze für C ( A F ) i,

Maß für die Größe des Luftüberschusses Relativer Ne-Überschuss Ne Ne C C C ( ) Ne Ne % 100 = eq Ne eq Ne-Löslichkeit ist gering Ne ist relativ groß Ne-Löslichkeit hängt nicht stark von T ab Ne ist praktisch modell-unabhängig: Beobachtungsgröße

Geschichte des Luftüberschusses Erste Beobachtungen 1979: Herzberg & Mazor, Andrews & Lee, Heaton & Vogel Erste systematische Studie: Heaton & Vogel, 1981: Excess Air in Groundwater Lufteinschluss bei Infiltration in Kapillarsaum Transport mit Wasser nach unten Totale Auflösung unter erhöhtem hydrostatischem Druck Abhängig von Struktur der ungesättigten Zone Abhängig vom Niederschlagsregime Arid: sporadische Starkniederschläge viel Excess Air

Heaton et al. 1983: Stampriet Aquifer, Namibia Feuchtphasen

Stute et al. 1995: Brasilien

Stute & Talma 1998: Stampriet Aquifer, Namibia 28 27 26 NGT ( C) 25 24 23 22 21 20 250 200 Ne (%) 150 100 50 0 0 10000 20000 30000 40000 14 C Alter (a)

Wilson & McNeill 1997

Wilson & McNeill 1997

Fayer & Hillel, 1986: Encapsulated Air

Faybishenko, 1995: Entrapped Air

Physikalische Faktoren P 0 P > P 0 P > P c V g V g V w V w V w Lufteinschluss Teilweise Auflösung Vollständige Auflösung Definierende Parameter: P, V g /V w

Entscheidender Faktor? V g /V w : typisch ~ 5 % Reicht für ~ 500 % Ne >> typische Ne-Werte Ausreichend Luft vorhanden: NICHT limitierend P: typisch ~ 2 m = 0.2 atm hydrostatischer Druck Reicht für ~ 40 % Ne ~ typische Ne-Werte Druck limitiert Auflösung: P bestimmt Ne!

Kapillardruck: P cap = 2σ r 10 1 Druck [atm] 0.1 0.01 sand 0.001 10-7 10-6 10-5 10-4 10-3 Blasenradius r [m]

Ne [%] 16 14 12 10 8 6 4 2 Säulenexperimente: Ne P hyd F = 0 A = 0.0014 A= 0.01 vollständige Auflösung A = 0.1 unvollständige Auflösung 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 Entnahmetiefe [m]

Der hydrostatische Druck P hyd ist der bestimmende physikalische Parameter für Ne P hyd wird durch Grundwasserspiegelschwankungen (GWSS) erzeugt Ne sollte Amplitude der GWSS widerspiegeln GWSS Neubildung Niederschlag Feuchte

Niger δ 18 O, δ 2 H, NGT, und Ne als Paläoklima-Proxys

Niger: Stabile Isotope -20-25 -30 CT3 CT2 CT1 GMWL flach jung δ 2 H [ ] -35-40 tief alt warm trocken -45-50 kühler? feuchter! -55-8 -7-6 -5-4 δ 18 O [ ]

Niger: Luftüberschuss und δ 2 H 140 120 feucht CT3 CT2 CT1 Ne [%] 100 80 60 trocken 40 20 r 2 = 0.72 0-55 -50-45 -40-35 -30-25 -20 δ 2 H [ ]

Niger: Paläotemperaturen T ~ 5.5 C ~ 3.5 C: moderne T = T soil -T air ~ 2.0 C: Abkühlung der Luft

Schlussfolgerungen Hydrostatischer Druck (erzeugt durch GWSS) limitiert und kontrolliert die Grösse des Luftüberschusses ( Ne). In ariden Gebieten ist Ne ein Proxy für Feuchtigkeit (Variabilität/Intensität von Niederschlag / Neubildung). In Niger, indizieren stabile Isotope, NGT und Ne in konsistenter Weise Änderungen in der Feuchtigkeit.