Antworten der Parteien SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Grüne, FDP, Linkspartei.PDS zu den Wahlprüfsteinen zur Bundestagswahl 2005 Gestärkte Verbraucher, starke Wirtschaft Bewegung für unser Land Plädoyer für eine nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik für die Legislaturperiode 2005 bis 2009 des Verbraucherzentrale Bundesverbandes - vzbv Hier nehmen die Parteien zu den Wahlprüfsteinen und den einzelnen Handlungsfeldern Stellung. Punkt für Punkt und Tag für Tag werden die Positionen zu den 33 Handlungsfeldern im Vergleich mit den anderen Parteien dargestellt. Verbraucherzentrale Bundesverband Markgrafenstr. 66 10969 Berlin www.vzbv.de presse@vzbv.de Link zu den Wahlprüfsteinen: http://www.vzbv.de/go/dokumente/413/1/2/index.html
Handlungsfeld 6 Das Europa der Verbraucher: Vorfahrt für die Nachfrage Die Ausgangslage: Damit Verbraucherinnen und Verbraucher ja sagen können zur europäischen Einigung, muss das Verbrauchervertrauen in den Binnenmarkt gestärkt werden. Verbraucher profitieren vom Europäischen Binnenmarkt, der eine große Auswahl an Waren zu günstigen Preisen bietet. Verbraucher müssen sich aber gleichzeitig auf eine zuverlässige Marktaufsicht verlassen können, die die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher wirksam schützt. Dabei muss Brüssel auch die nationalen Traditionen, die kulturellen Eigenheiten in den Mitgliedstaaten und die Sorgen der Verbraucher ernstnehmen. Ein Europa der Verbraucher wird es nur mit einem nachfrageorientierten Ordnungsrahmen geben. Das gilt vor allem für den Dienstleistungssektor. Der Vorschlag für die Dienstleistungsrichtlinie verfolgt aber bislang einen anbieterorientierten Ansatz und dürfte daher für die europakritische Haltung der Bevölkerung mitverantwortlich sein. Denn ein Binnenmarkt für Dienstleistungen setzt voraus, dass Dienstleistungs- und Versorgungsstrukturen vom Handwerker bis zum Metzger nebenan nicht durch Billigkonkurrenz jenseits jedes Qualitätswettbewerbs aus dem Markt gedrängt werden. Ebenso muss beispielsweise die telefonische Belästigung von Verbrauchern durch unerwünschte Werbeanrufe auch dann verboten werden, wenn der Anruf aus einem anderen europäischen Mitgliedstaat kommt. Vor allem im Gesundheitssektor und anderen Bereichen der Daseinsvorsorge sind die Versorgungssicherheit und -qualität wichtiger als durch Liberalisierung erhoffte Preisvorteile. Der Handlungsbedarf: Die Bundesregierung muss sich für eine verbraucherorientierte Überarbeitung der Dienstleistungsrichtlinie einsetzen. Die Schaffung grenzüberschreitender Dienstleistungsmärkte muss dabei Hand in Hand gehen mit der Sicherung hoher Qualitäts- und Verbraucherschutzstandards. Für Gesundheit, Bildung, Kultur, öffentlich-rechtliche Medien, Wasser und andere Leistungen der Daseinsvorsorge muss sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für eine Sicherung und Fortentwicklung hoher Standards bei Versorgungssicherheit und Qualität und für einen gleichberechtigten Zugang aller Bevölkerungsschichten einsetzen.
Antworten der SPD auf die Wahlprüfsteine des vzbv Handlungsfeld 6: Das Europa der Verbraucher Die Bundesregierung hat sich für eine grundsätzliche Überarbeitung des Entwurfs einer europäischen Dienstleistungsrichtlinie ausgesprochen. Sie passt in der vorgelegten Form nicht ins bestehende EU-Recht, die Kontrolle von Schutzvorschriften wird unmöglich, der Verbraucherschutz wäre nicht mehr gewährleistet. Zwar sind die Verbraucherverträge vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen, es sollen aber in Zukunft für außervertragliche Regelungen - z. B. Verbraucherinformation und Haftung - die Regelungen des Staates gelten, die im Heimatland des Dienstleisters gelten. Dies kann zu einer Benachteiligung der Verbraucher führen und ist so nicht hinnehmbar. Entsprechend gilt dies auch für Regelungen zur Lebensmittelsicherheit und beim Umwelt- und Tierschutz. Hier muss unser hoher Schutzstandard erhalten bleiben. Wir stehen für sichere Lebensmittel, wir wollen Verbraucherinnen und Verbraucher schützen, wir wollen ein hohes Niveau im Umwelt- und Tierschutz. Dies muss auch bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen gelten. Auch die Verbraucherinnen und Verbraucher sind Teil der Dienstleistungsmarktes. An der Richtlinie sind grundsätzliche Änderungen notwendig, um die Rechte der Verbraucher zu wahren.
ANTWORT DER CDU/CSU-BUNDESTAGSFRAKTION AUF DIE WAHLPRÜFSTEINE DES VZBV Handlungsfeld 6 Das Europa der Verbraucher: Vorfahrt für die Nachfrage Die weltweite Vernetzung der Märkte und die zunehmende Mobilität erfordern ein schlüssiges Konzept für einen vorbeugenden Verbraucherschutz auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Nicht der allumfassende fürsorgende staatliche Schutz steht im Vordergrund, sondern ein Wirtschaftskonzept, das Verbraucher- und Wirtschaftsinteressen gleichermaßen berücksichtigt und durchsetzt. Nur auf diese Weise wird Verbraucherpolitik zum Motor auch einer langfristig ausgelegten Wirtschaftspolitik. Auch hier gilt eine 1:1 Umsetzung der EU-Verbraucherpolitik, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Die Union steht deshalb für eine Verbraucherpolitik, die ein Gleichgewicht zwischen Verbraucher- und Wirtschaftsinteressen sucht. Nur so kann sowohl für den Einzelnen ein hohes Maß an Lebensqualität gesichert, als auch wirtschaftliches Wachstum und Innovation gefördert werden. Verunsicherte Verbraucher nützen auch der Wirtschaft nicht. Eine umfassende Verbraucherpolitik darf nicht dazu führen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland zu verschlechtern Verbraucherpolitik bedeutet insofern auch die Wahrung der Angebots- und Preisvielfalt.
Antworten von Bündnis 90/Die Grünen auf die Wahlprüfsteine des vzbv Handlungsfeld 6: Wir lehnen eine Dienstleistungsrichtlinie ab, die über das Herkunftslandprinzip Druck auf soziale, ökologische, verbraucherpolitische und arbeitsrechtliche Standards aufbaut und massive Rechtsunsicherheit schafft. Stattdessen setzen wir auf den Ausbau des europäischen Sozialmodells mit harmonisierten sozialen, ökologischen und Verbraucherschutzstandards. Wir setzen uns mit Nachdruck in den Verhandlungen auf europäischer Ebene dafür ein, dass Bereiche der Daseinsvorsorge wie Gesundheit, Bildung, Kultur, öffentlich-rechtliche Medien, Wasser und andere Dienstleistungen im allgemeinen Interesse in einem eigenständigen Rechtsakt verbraucherfreundlich harmonisiert werden. Dabei muss ein gleichberechtigter Zugang und eine hohe Versorgungssicherheit und Qualität gewährleistet werden.. Das schafft Verbrauchervertrauen und damit die Voraussetzungen für eine deutliche Entwicklung und Verbesserung des Dienstleistungsmarktes.
Antworten der FDP auf die Wahlprüfsteine des vzbv Handlungsfeld 6: Das Europa der Verbraucher: Vorfahrt für die Nachfrage Die Europäische Dienstleistungsrichtlinie ist Bestandteil der Lissabon-Strategie. Sie wird prinzipiell von der FDP begrüßt. Denn von der Richtlinie erwartet die FDP erhebliche Wachstumschancen. Ihre Ziele müssen jedoch die Schutzbelange der Mitgliedstaaten wahren. Dies ist zur Zeit nicht gegeben. Daher gibt es erheblichen Änderungs- und Überarbeitungsbedarf. Dies gilt insbesondere auch für Tatbestände in Zusammenhang mit der Beseitigung von "Wettbewerbshindernissen" wie z.b. der Gemeinnützigkeit von Einrichtungen. Die FDP ist der Überzeugung, dass verbindliche Standards festgelegt werden müssen, um einheitliche Regelungen und Normierungen von EU-weiten Dienstleistungen zu sichern.
Antworten der Linkspartei.PDS auf die Wahlprüfsteine des vzbv Handlungsfeld 6 Die Linkspartei.PDS lehnt den von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschlag für eine Dienstleistungsrichtlinie entschieden ab. Sie fordert die Rücknahme des Vorschlags und die Neuerarbeitung mit einem anderen Ansatz. Ihre Mitglieder im Europaparlament sind in dieser Richtung aktiv. Wir wollen insbesondere das anbieterorientierte Herkunftslandprinzip durch das Bestimmungslandprinzip ersetzen und die verschiedenen Bereiche der Daseinsvorsorge ganz aus dem Regelungsbereich der Richtlinie herausnehmen.