Martin Greve Auswirkungen der Bodenschutzkalkung auf den Stoffhaushalt Geobotanik martin.greve@wald-rlp.de
Kompensationsversuch: Versuchsbeginn 1989
15 15 16 Kontrolle 16 1 5 13 2 6 12 3 7 Kalk-Steigerungsvarianten: 3 t Dolomit / ha 5 t Dolomit / ha 9 t Dolomit / ha 15 t Dolomit / ha 13 4 8 12 Kontrolle 60 m 5 1 11 11 6 7 2 3 8 4 Kontrolle Kompensationsversuch: Versuchsbeginn 1989 14 9 W KS 10
Potentielle Netto-Säurebelastung : Entwicklung 1989-2012 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 [keq/ha] 4 3 2 1 0-1 Abnahme der Potentielle Netto-Säurebelastung -2 Potentielle Netto- Säurebelastung AC pot Bsp.: Idar-Oberstein
Potentielle Netto-Säurebelastung : Entwicklung 1989-2012 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 [keq/ha] 4 3 2 1 Deposition von Schwefel und Base-Kationen (M b ) rückläufig Stickstoff-Deposition nahezu konstant 0-1 -2 Schwefel SO4-S* [keq/ha] Stickstoff N [keq/ha] Zukünftige Abnahme der Potentielle Netto- Säurebelastung in gleicher Geschwindigkeit unwahrscheinlich, da Niveau der N-Deposition erreicht Potentielle Netto- Säurebelastung AC pot Base-Kationen: Ca, Mg, K (Puffernd) Mb-Kationen Bsp.: Idar-Oberstein
Aktuellen Säurebelastung + + NH 4 + NO 3 - SO 4 2- Org - NH 4 + + NO 3 - + SO 4 2- + Org - Berechnung anhand der Bilanzen von, N, S, Org - Zusammensetzung der aktuellen Säurebelastung: Eintrag von versauernd wirkenden Verbindungen (, NH 4+ ) Freisetzung von gespeicherter Säure (Nitrifikation, Al-Sulfat- Auflösung, organische Säuren) Biomasseproduktion: Netto- Assimilation von Kationen abzüglich der Netto- Assimilation von Anionen (ULRICH 1991, 1994; VAN BREEMEN, MULDER & DRISCOLL 1983)
Säurebelastung durch Ernteentzug Aufnahme von Kationen (z. B. Ca 2+, Mg 2+, K +, NH 4+ ) aus dem Boden in den Bestand Aufbauphase Abgabe einer gleichen Anzahl von Protonen ( ) in den Boden zum Ladungsausgleich => Säurebelastung Mineralisation: Rückführung von Kationen durch die Zersetzung abgestorbener Biomasse in den Boden Zerfallsphase Verbrauch einer gleichen Menge von Protonen ( ) => Pufferung
Säurebelastung durch Ernteentzug Aufnahme von Kationen (z. B. Ca 2+, Mg 2+, K +, NH 4+ ) aus dem Boden in den Bestand Aufbauphase Abgabe einer gleichen Anzahl von Protonen ( ) in den Boden zum Ladungsausgleich => Säurebelastung -Verbrauch findet nicht statt, wenn Biomasse entzogen wird Je höher der Ernteentzug, desto stärker die Versauerung
Summe der aktuellen Säurebelastung (1989-2012) -Bilanz [keq/ha/24a] Stickstoff- Bilanz [keq/ha/24a] Versuchsfläche Schwefel- Bilanz [keq/ha/24a] Austrag Org.-Säuren [keq/ha/24a] Festlegung Derbholz & Rinde [keq/ha/24] Säurebelastung [keq/ha/24a] Adenau (3 t ha -1 ) 5 32 18 7 13 75 Idar- Oberstein (3 t ha -1 ) 15-4 25 3 14 53 Hochspeyer (3 t ha -1 ) 5-3 1 16 12 31 Zusammensetzung der aktuellen Säurebelastung: Eintrag von versauernd wirkenden Verbindungen Freisetzung von im Boden gespeicherten Säure- Altlasten Entzug von Biomasse, die am Standort gebildet aber dann nicht mehr dort mineralisiert wird
Folgen der Bodenversauerung - Zerstörung von Tonmineralen (kleinste Bodenteilchen, < 2 µm) - Tonminerale: Wichtig für die Nährstoff- und Wasserspeicherung Mg Ca Mg K K Ca K Si Al Si Mg K Si Al Si K K Ca Si Al Si K K K Si Al Si Mg Mg Mg K K Ca Ca Ca Mg Al Ca K Mg Si = Aluminium = Calcium = Kalium = Magnesium = Silizium
Folgen der Bodenversauerung Mg Al Al Al Ca K Mg Si K Mg K Ca Si Al Si Si Al Si K Ca K Si Al Si K K Al Si Al Si Mg Ca Mg = Aluminium K K = Calcium Mg = Kalium Ca = Magnesium K = Silizium K Al Al Al Al - Zerstörung der Tonminerale - Abbau von Nährstoff- Vorräten (Kalium, Calcium, Magnesium) - Freisetzung von Aluminium (Schädigung der Wurzeln) - Beeinträchtigung der Pflanzenernährung - Abnahme der biologischen Aktivität der Waldböden
Wirkung der Kalkung
Pufferung der Säurebelastung (Summe: 1989-2012) Versuchsfläche Säurebelastung [keq/ha/24a] Pufferung durch Mineralverwitterung: (M b -Kationen) [keq/ha/24a] Pufferung durch Deposition: (M b -Kationen) [keq/ha/24a] NICHT gepuffert [keq/ha/24a] Kalkdosis zur Kompensation [kg Dolomit/ha/ 24a] Adenau (3 t ha -1 ) 75 9 13 53 (71%) 3100 Idar-Oberstein (3 t ha -1 ) 53 11 10 32 (60%) 1900 Hochspeyer (3 t ha -1 ) 31 3 7 21 (68%) 1250 Ein Großteil der Säurebelastung wird nicht durch die natürliche Pufferkapazität (M b - Kationen aus Deposition und Mineralverwitterung) abgepuffert Die Säureneutralisationskapazität der Kalkung mit 3 t Dolomit pro ha wurde in Adenau im Beobachtungszeitraum aufgebraucht
Nitrat-Fracht (Sickerwasser 60 cm): Mittelwert 1989-2012 Stickstoff-Fracht [kg/ha/a] 25 20 15 10 5 0 21 21 17 12 7 5 4 2 2 3 Kontrolle 3 t/ha 5 t/ha 9 t/ha 15 t/ha Risiko einer höheren Stickstoff-Verlagerung (als Nitrat) mit steigender Kalkdosis Höher Austrag von Nitrat bedeutet Auswaschung von Nährstoffen und/oder Aluminium Adenau Idar-Oberstein
Elementbilanzen: 1989-2012 Fläche (Bodenart) Kalkung (3 t/ha) Magnesium [kg/ha/24a] Sickerwasser- Austrag Festlegung Biomasse (oberirdisch) Adenau (Lt2) Hochspeyer (Sl3) + 349 + 349-275 - 95-49 - 35 Deposition + 53 + 24 + 35 + 4 Bilanz + 113 + 247 Fläche (Bodenart) Kalkung (3 t/ha) Sickerwasser- Austrag Festlegung Biomasse (oberirdisch) Calcium [kg/ha/24a] Adenau (Lt2) Mineralverwitterung Hochspeyer (Sl3) + 603 + 603-170 - 59-349 - 217 Deposition + 173 + 95 Mineralverwitterung + 21 + 3 Bilanz + 278 + 425 Keine kürzere Wirkung durch die Bodenart (lehmiger Sand) in Hochspeyer Unterschiedliche Hauptaustragswege für Magnesium (Sickerwasser) und Calcium (Ernteentzug)
BC/Al-Verhältnis Verhältnis Basischer Kationen/Aluminium: Sickerwasser 10 cm 1988/4 1989/3 1990/2 1991/1 1991/4 1992/3 1993/2 1994/1 1995/1 1995/4 1997/1 1997/4 1998/3 1999/2 2000/1 2000/4 2001/3 2002/2 2003/1 2003/4 2004/3 2005/2 2006/2 2007/1 2007/4 2008/3 2009/2 2010/1 2010/4 2011/3 2012/2 Kontrolle: Risiko für Al-Stress im Wurzelraum, keine Verbesserung erkennbar 3 t/ha: sinkt wieder auf das kritischen Verhältnis von 1 ab 15 t/ha: stärkere Wirkung, aber ebenfalls bereits Rückläufig 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Geringes Risiko Mittleres Risiko Hohes Risiko Bsp.: Adenau 0Kontrolle 13 t/ha 815 t/ha
Bestandes-Ernährung
Magnesium [mg/kg] Nadel-/Blattanalysen 2011: Magnesium (Idar-Oberstein) 3000 Picea abies (c+0) 3000 Picea abies (c+2) 3000 Picea abies (Streufall) 2500 2000 Luxus 2500 2000 2500 2000 1500 1000 Übergang: Luxus Normal Übergang: Mangel 1500 1000 1500 1000 500 Mangel 500 500 0 0 0 31 3 56 79 15 8 GW 0 31 3 56 97 15 8 0 3 3 5 9 15 0 0 1 3 6 7 8 t Dolomit/ha t Dolomit/ha t Dolomit/ha Langfristige Verbesserung der Magnesium-Ernährung durch eine gering dosierte Kalkung
Biomasse-Zuwachs
Einfluss der Kalkung auf den oberird. Biomasse-Zuwachs Kontrolle: keine Kalkung Geringe Kalkung: 3 und 5 t/ha Hohe Kalkung: 9 und 15 t/ha Anstieg des Zuwachses gegenüber der Kontrolle (Zeitraum 1989-2013) 140% 120% 100% 100% Adenau Idar-Oberstein Hochspeyer 124% 105% 140% 120% 100% 120% 108% 100% 140% 120% 100% 128% 114% 100% 80% 60% 40% 20% 0% 80% 60% 40% 20% 0% 80% 60% 40% 20% 0%
Zuwachs gering hoch Zuwachsgeraden (nach: SCHWINNING & WEINER 1998, PRETZSCH 2010) größen-symetrisch größen-asymetrisch (aus: PRETZSCH 2010) klein groß Größe der Individuen klein groß Größe der Individuen Verteilung des Gesamtzuwachses eines Bestandes auf die Individuen proportional zu ihrer Größe Verteilung des Gesamtzuwachses eines Bestandes auf die Individuen überproportional steigend zu ihrer Größe Bei besserer Nährstoffversorgung, wird Licht stärker zum limitierenden Faktor Vorteil für größere Individuen
BHD-Zuwachs [mm a -1 ] Zuwachsgeraden 18 15 12 9 6 3 0 Adenau Idar-Oberstein Hochspeyer 0 10 20 30 40 50 Kontrolle 18 15 12 9 6 3 0 0 10 20 30 40 50 BHD [cm] Geringe Kalkung 18 15 12 9 6 3 0 0 10 20 30 40 50 Hohe Kalkung Linear (Kontrolle) Linear (geringe Kalkung) Linear (hohe Kalkung) Wirkung der Kalkung: Verschiebung der Zuwachsverteilung hin zu größeren Individuen Kalkung reduziert die Konkurrenz um Nährstoffe Licht wird stärker zum limitierenden Faktor, Vorteil für größere Individuen
Ausblick
Versuchsweiterführung Weiterführung der Untersuchungen auf den Versuchsflächen des Kompensationsversuchs: Kontrolle Kalksteigerungsvarianten mit 3, 5, 9 und 15 t Erweiterung der Versuchsflächen durch Wiederholungskalkung einer 3 t Variante mit einer zweiten Dolomitgabe (3 t/ha) mit einem Dolomit-Holzaschegemischs (3 t/ha)
Fazit Ohne Kalkung wird weniger als 50 % der Säurebelastung von M b -Kationen abgepuffert Der Boden hat auf der unbehandelten Kontrolle seine Funktion als Nährstoffspeicher größtenteils verloren Reduktion der Säurebelastung durch Luftreinhaltemaßnahmen hinsichtlich Stickstoff dringend erforderlich Kalkung zum Schutz der Tonminerale und zur Erhaltung der Bodenfunktionen weiterhin auf Standorten nötig, auf denen: Magnesium- bzw. Calciumbilanzen negativ sind bei reduzierter Nutzung die Säurebelastung die Pufferkapazität durch M b -Kationen übersteigt Kalkung mit 3t Dolomit / ha: Magnesium und Calcium wird langfristig im Ökosystem gespeichert Keine kürzere Wirkung durch die Bodenart (lehmiger Sand)
Fazit Schlussfolgerungen für die Praxis: Unter aktuellen Bedingungen (Daten der Jahre 2008-2012) sind ca. 80-160 kg Dolomit/ha/a zur Kompensation der Säurebelastung notwendig Wirkungsdauer einer Praxiskalkung mit 3t/ha: ca. 20-40 Jahre Höhere Dosierung nicht sinnvoll, Gefahr der Mobilisation von Nitrat Einsatz von Kalken mit hohem Magnesium-Carbonat-Anteil empfehlenswert, mobilisierte Anionen werden von Magnesium und nicht von Aluminium begleitet Einsatz von Element-Bilanzen zur Ermittlung der Kalkungsbedürftigkeit Ausblick: Wirkungsdauer verlängert sich, da: Aufgespeicherte Schwefelvorräte abgebaut werden Stickstoffemissionen ab 2030 reduziert werden sollen