SPECIAL Alliance fotolia.com 03/2015 10 MATERNA MONITOR
Alliance fotolia.com IT-Fabrik IT aus dem Katalog Seit einiger Zeit gilt die IT-Fabrik als Vorbild der Leistungserbringung in der IT. Getrieben wird diese Entwicklung von den Ansprüchen, die Fachabteilungen und Anwender heute an die IT stellen: Sie muss alle Leistungen sofort, kostengünstig und in verlässlicher Qualität bereitstellen. Die gute Nachricht: Es gibt bewährte Ansätze und Methoden, mit denen die IT die Transformation zur IT-Fabrik bewältigen kann. Zum Beispiel Servicekataloge und Self-Service-Portale. Die IT ist ein Business Enabler, der die Unternehmensziele technologisch unterstützt, neue Geschäftsmodelle ermöglicht und das Unternehmen durch Innovation in einer führenden Position im Wettbewerb hält. So zumindest die Theorie, die seit langer Zeit die meisten Fachleute zum Schmunzeln bringt. Zu starr, zu statisch und zu sehr entlang technologischer Silos MATERNA MONITOR 11 03/2015
SPECIAL aufgestellt, konnte die IT bislang dem eigenen Anspruch nur selten gerecht werden aller Standardisierungs- und Automatisierungsbemühungen zum Trotz. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein wichtiger Aspekt ist jedoch die traditionelle Struktur der IT. Noch immer ist die IT in vielen Unternehmen und Verwaltungen entlang technologischer Expertise strukturiert. Datenbank-Admins, Firewall-Experten, Anwendungs-Spezialisten sie alle betreuen ihren Bereich mit hohem Know-how und gewährleisten den reibungslosen Betrieb der jeweiligen Komponenten. Dabei gerät jedoch der Blick auf die von der IT Einzigartige IT? Viele Unternehmen betrachten die IT getrennt von anderen Unternehmensprozessen. Das hat zwar historisch betrachtet seine Berechtigung, wird aber auf Dauer der Rolle der IT im Unternehmen nicht mehr gerecht. Denn die IT ist den Kinderschuhen entwachsen und ein strategischer interner Dienstleister geworden. Konsequenterweise sollten auch die IT-Services zunächst wie alle anderen Beschaffungsprozesse im Unternehmen betrachtet werden. Der IT-Servicekatalog kann deutlich mehr sein als nur ein Beschaffungsportal für Anwendungen, Speicherplatz und E-Mail-Postfächer. Er kann auch für andere unternehmensinterne Services genutzt werden. Verbrauchsmaterial der Mitarbeiter, Papier für den Kopierer oder Kaffee für die Kaffeeküche die Abläufe einer IT-Fabrik sind nicht einzigartig, sondern haben die klassischen Produktions- und Beschaffungsprozesse zum Vorbild. Ein IT-Servicekatalog kann also zum generellen, effizienten Beschaffungsportal wachsen und damit eine strategische Position innerhalb des Unternehmens einnehmen. zu erbringende Leistung als Ganzes in den Hintergrund; der IT-Service als eigentliches Produkt der IT kann in dieser Struktur nicht End-to-End betrachtet werden. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Consumerization der IT, das Digital Enterprise und das Internet of Things es warten zahlreiche Herausforderungen auf Unternehmen und Behörden, die dringend gemeistert werden müssen. Das Marktforschungsunternehmen Lünendonk beobachtet: Durch die Digitalisierung verändern sich auch die Rollen von Business und IT. Das Business denkt stärker technologisch, während die IT Knowhow über Fachprozesse aufbaut. Fachbereiche und IT müssen sich künftig inhaltlich besser verstehen, was auch die Qualität der Zusammenarbeit tangiert. Insellösungen sollen bei der ganzheitlichen Projektplanung keine Option mehr darstellen. Stattdessen wird eine agile IT angestrebt, welche die Anforderungen des Business schnell umzusetzen weiß. Ähnliche Schlüsse ziehen auch die Analysten von Crisp Research: Die IT muss sich als strategischer Partner und Business Enabler verstehen und eng mit den unterschiedlichen Fachabteilungen zusammenarbeiten, um deren Bedürfnisse und Anforderungen zu verstehen. Insbesondere im digitalen Zeitalter und während der digitalen Transformation kann dies für ein Unternehmen zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil werden. Standardisierung und Automatisierung Der Weg dahin beginnt damit, die IT nicht mehr aus rein technologischer Sicht zu betrachten, sondern das Unternehmen und das Business in den Fokus zu rücken. Das bedeutet zunächst: Standardisierte Leistungen, die sofort zur Ver fügung stehen, und damit eine agile IT, die schnell auf die Unternehmensanforderungen reagieren kann. Gleichzeitig entsteht eine IT, die durch einen hohen Automatisierungsgrad bei den Standards Ressourcen frei bekommt, um innovativ das Unternehmen im Wettbewerb voranzubringen. Das Ziel ist die IT- Fabrik, die ihre Leistungen nach industriellen Tugenden schnell, zuverlässig, kostengünstig und gleichbleibend hochwertig erbringt. Aus unserer Erfahrung ist dafür der Servicekatalog ein guter Einstiegspunkt, erläutert Uwe Scariot, Executive Vice President, Business Line IT Factory bei Materna. Im Servicekatalog werden alle Leistungen, die 03/2015 12 MATERNA MONITOR
die IT standardmäßig erbringt, aufgelistet. Im Idealfall ist der Servicekatalog mit einem Self-Service-Portal verbunden, über das die Fachbereiche IT-Services auswählen und bestellen können. Der Servicekatalog ist das Aushängeschild der IT; er zeigt, was die IT leisten kann, so Scariot. Zudem ist der Servicekatalog das Fundament der IT-Fabrik. In dieser Fabrik werden die Anforderungen der Besteller aufgenommen. Das Produkt ist ein IT-Service, der aus verschiedenen Komponenten aufgebaut ist und nach ausführlichen Tests und nach erfolgter Qualitätssicherung dem Kunden zur Verfügung gestellt wird. Services können dabei ganz oder in Teilen aus externen Cloud-Angeboten bezogen werden, aus dem eigenen Rechenzentrum oder auch aus dem Rechenzentrum eines Geschäftspartners. Einzelleistungen aus den unterschiedlichen Technologiesilos und anderen Ressourcen werden so zu einem End-to-End-Service zusammengefügt, der sich konsequent an den Unternehmenszielen und dem Bedarf der Fachbereiche ausrichtet. So laufen im Servicekatalog alle Ressourcen, die der IT zur Verfügung stehen, sowie die Bestellungen aus dem Unternehmen zusammen. Vorbild industrielle Fertigung Um dieses zu erreichen, muss die Produktion der Services weitgehend automatisiert ablaufen. Diese Automatisierung wiederum beginnt damit, dass die IT-Leistungen standardisiert, also quasi ab Lager verfügbar sind. Um den Servicekatalog zu definieren, müssen also zunächst die Business- Anforderungen bekannt sein. Aus diesen kann abgeleitet werden, welche IT-Services notwendig sind und quasi von der Stange geliefert werden können. Zudem wird festgelegt, welche Services ganz oder in Teilen extern bezogen werden und welche intern bereitgestellt werden sollen. Zusammen führen diese Schritte zum Servicekatalog. Wir sehen seit einigen Monaten, dass das Thema IT-Fabrik an Fahrt gewinnt. In der Regel wählen die Unternehmen den Einstieg über einen Servicekatalog mit einem angebundenen Self-Service-Portal, über das die Fachbereiche und Anwender die IT-Leistungen abrufen können. Uwe Scariot, Executive Vice President, Materna MATERNA MONITOR 13 03/2015
SPECIAL Auch bei der Bereitstellung der Services dient die industrielle Fertigung als Vorbild: Services bestehen aus Komponenten wie Clients, Server, Anwendungen, Datenbanken und so fort. Diese werden entsprechend der Definition im Servicekatalog verbaut, geprüft und dann ausgeliefert. Eine zentrale Rolle dabei spielt die IT-Sicherheit: Alle Ein- und Ausgänge der IT- Fabrik werden gegen Malware oder andere Angriffsvektoren geschützt, um den reibungslosen Betrieb der Services zu gewährleisten. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Cloud-Service eines Drittanbieters oder eine Komponente aus dem eigenen Rechenzentrum handelt. Damit sitzt die IT- Schnittstelle Servicekatalog Mit dem Servicekatalog erhält die IT viel mehr als nur eine Beschreibung des eigenen Portfolios. Er hilft auch dabei, die steigende Zahl externer Dienstleister besser zu verwalten. Die IT entwickelt sich durch Cloud, Internet of Things und andere Entwicklungen seit einiger Zeit verstärkt zum Service-Broker, der einen wachsenden Teil der Leistungen nicht mehr selbst erbringt. Welcher Dienstleister wann und wo am besten geeignet ist, kann über den Servicekatalog definiert werden, ebenso die jeweiligen SLAs (Service Level Agreements) dieses Zulieferers. Über das Katalogsystem können die externen Services mit dem IT-Service-Management (ITSM) verbunden werden. Vor allem Unternehmen, die in der IT auf ein großes Dienstleisternetz zurückgreifen, erhalten durch den zentralen Servicekatalog eine übersichtliche und logisch an den IT-Services ausgerichtete Struktur. Sie möchten weitere Informationen zur IT-Fabrik? Schreiben Sie einfach an marketing@materna.de. Sicherheit als Querschnittsfunktion zwischen IT und Business. Störungen im Regelbetrieb fließen als Incident zurück in den Produktionsablauf, wo die Ursachen analysiert und beseitigt werden. Somit erhält man ein System, das ständig optimiert wird und die IT-Services in einer gleichbleibend hohen Qualität zur Verfügung stellt. Wichtig ist dabei, dass man jeden neuen Service, jede neue Anforderung wieder bei der Servicedefinition aus den Business-Anforderungen beginnt, so Scariot. So hat man die Gewähr, dass die IT-Services mit dem Bedarf des Unternehmens in Einklang stehen und auch einen Wertbeitrag leisten. Ändern sich Anforderungen, sind das klassische Changes, die über einen Feedback-Kanal in die Serviceproduktion einfließen können. Von großer Bedeutung ist aus der Erfahrung Scariots, dass im ersten Schritt die Business-Seite ihre Anforderungen definiert. Erst dann prüft die IT als Berater die technische Umsetzbarkeit. Selbstbedienung im IT-Shop Wir sehen seit einigen Monaten, dass das Thema IT-Fabrik an Fahrt gewinnt, so Scariot. In der Regel wählen die Unternehmen den Einstieg über einen Servicekatalog mit einem angebundenen Self-Service-Portal, über das die Fachbereiche und Anwender die IT-Leistungen abrufen können. Vor allem das Self-Service-Portal ist ein wichtiger Aspekt. Die Anwender sind Portale wie Amazon gewohnt und erwarten ein derartiges Angebot heute auch innerhalb des Unternehmens. Sie wollen schnell und einfach einen Dienst buchen, ohne dabei mit komplexen Prozessen konfrontiert zu werden. Das Bestellen eines IT-Services könnte dann etwa so erfolgen: Der bestellberechtigte Anwender ruft im Browser das Portal auf, navigiert durch die unterschiedlichen Service-Kategorien zum gewünschten Dienst und bekommt dann alle Informationen zu diesem Service angezeigt inklusive möglicher Optionen, Kostenstellenverantwortung und so fort. Bestellt der Anwender diesen Service, startet automatisch das zugeordnete Genehmigungsverfahren, beispielsweise in Form eines Service Requests an den Vorgesetzten per Mail. Nach der Genehmigung mündet der Request automatisch in einem Fulfillment- Prozess und der Dienst steht zur Verfügung. 03/2015 14 MATERNA MONITOR
Der Servicekatalog ist das Aushängeschild der IT; er zeigt, was die IT leisten kann. Getrieben wird die Entwicklung hin zur IT-Fabrik aus Scariots Erfahrung weniger vom IT-Management, sondern stark vom Top-Management wie CIO oder CEO. Wir beobachten, dass sich die Unternehmen vor allem aus drei Gründen dieses Themas annehmen: Kosten, Agilität und Qualität der IT- Dienstleistungen, so Scariot. Materna ist in diesem Bereich bestens aufgestellt. Wir verfügen nicht nur über langjähriges Know-how in allen Bereichen des IT-Service-Managements, sondern konnten auch in zahlreichen erfolgreich umgesetzten Projekten ein sehr hohes Maß an Expertise bei Self-Service- Portalen und den zugrunde liegenden Prozessen aufbauen. Inzwischen sind rund ein Drittel aller Mitarbeiter bei Materna in unserer Business Line IT Factory tätig. Auch die Unternehmen haben inzwischen erkannt, dass eine agile IT ein kritischer Faktor für den Erfolg am Markt ist. Nicht nur gegenüber den eigenen Kunden und Partnern, die ein hohes Maß an Flexibilität fordern. Auch zur Gewinnung und Bindung der Mitarbeiter ist es fast schon zwingend, eine Arbeitsumgebung anzubieten, die den heutigen Gewohnheiten und Erfahrungen der Anwender gerecht wird. IT muss einfach sein, schnell und auch am Arbeitsplatz Spaß machen. Damit sind die Zeiten der klassischen DV-Org alter Schule passé. So haben Servicekataloge vielerorts in Teilbereichen der IT oder auch in einzelnen Fachabteilungen schon Einzug gehalten. Dahinter liegen teilweise jahrelange Prozesse, so Scariot. Wir sind definitiv auf dem Weg hin zur IT-Fabrik. In den vergangenen Jahren sind wir ein gutes Stück vorangekommen, auch wenn das Thema von den Unternehmen zunächst noch skeptisch aufgenommen wurde. Heute sind die notwendigen Technologien und Sourcing-Strategien bewährt und erprobt. Im Zuge des Digital Enterprise haben die Unternehmen erkannt, dass nur eine flexible und innovative IT einen strategischen Beitrag zum Unternehmen liefern kann. Nun reden wir nicht mehr nur darüber, sondern tun es! Jan Schulze Ab Seite 36 lesen Sie in weiteren Beiträgen, wie die IT-Organisation zur IT-Fabrik gelangt. Alliance fotolia.com MATERNA MONITOR 15 03/2015