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Transkript:

www.kinderpsychiater.org www.bag-kjp.de www.dgkjp.de www.bkjpp.de Verbände für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Stellungnahme der kinder- und jugendpsychiatrischen Fachverbände zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit zur Einführung des PEPP-Entgeltsystems auf dem Wege der Ersatzvornahme 1. Stellungnahme zum Vorgehen Mit großer Bestürzung und Irritation haben die Fachverbände der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie zur Kenntnis genommen, dass das BMG unbeirrt durch Nachfragen aus dem parlamentarischen Raum und ohne Berücksichtigung der Ergebnisse der vom BMG durchgeführten Anhörungen nach dem Scheitern des Einigungsprozesses der Selbstverwaltungspartner nun per Ersatzvornahme nach 17d Abs. 6, Satz 1 Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes fachlich nicht begründbare Regelungen auf dem Verordnungsweg, gegen die Position der Krankenhausträger und gegen die Position der Experten, durchsetzen will. Selbst wenn die Sorge vor politischen Folgen in einem Wahljahr handlungsleitend gewesen sein sollte, wäre es aus unserer Sicht dennoch nicht erforderlich gewesen, eine Ersatzvornahme in dieser Form vorzuschlagen. Nun soll, entgegen aller Evidenz, ein definitiv diagnosebezogenes Entgeltsystem in der Psychiatrie eingeführt werden. Im Referentenentwurf des BMG werden die von den Fachverbänden massiv kritisierten, verweildauerabhängigen Vergütungsstufen mit Diagnose-(Gruppen-)Bezug definitiv zur Grundlage genommen und bereits in 1 (2) festgeschrieben, damit sind sie in der Logik der Verordnung nicht mehr Teil des lernenden Systems. Die Einstufung nach den Anlagen zu dieser Verordnung erfolgt in PEPP-Entgelte und innerhalb dieser Entgelte in verweildauerabhängige Vergütungsstufen. ( 1 (2), Seite 3) Dies, obwohl wiederholt darauf hingewiesen wurde, dass entgegen nachweislich ungeeigneter Diagnosegruppen vielmehr der Schweregrad der sozialen Teilhabebe- Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, e. V. (BAG) Dr. med. Ingo Spitczok von Brisinski, 1.Vorsitzender Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters LVR-Klinik Viersen Horionstr. 14, 41749 Viersen Tel. 02162/96-5000 oder -31 Fax: 02162/96-5647 e-mail: Ingo.Spitczokvonbrisinski @lvr.de Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, (DGKJP) e.v. Prof. Dr. med. Gerd Schulte-Körne, Präsident Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Klinikum der Universität München, Pettenkoferstr. 8 a, 80336 München Tel.: 089/5160-5900 Fax: 089/5160-5902 e-mail: Gerd.Schulte-Koerne @med.uni-muenchen.de BundesArbeitsGemeinschaft Leitender Mitarbeiter/-innen des Pflege- und Erziehungsdienstes kinder- und jugendpsychiatrischer Kliniken und Abteilungen e.v. Hans-Ulrich Neunhoeffer 1. Vorsitzender Heckscher-Klinikum München Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Deisenhofer Str. 28, 81539 München Tel: 089/9999-1300, Fax: 089/9999-1111 e-mail: Hans- Ulrich.Neunhoeffer@bag-kjp.de Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland e.v. Vorsitzender Dr. Maik Herberhold Von-der-Leyen-Str. 1 51069 Köln Tel.: 02 21 16 91 84 23 Fax: 02 21 16 91 84 22 e-mail: mail@bkjpp.de Stellungnahme BAG, BAG PED, DGKJP, BKJPP Referentenentwurf, 6.11.2012 1

einträchtigung der Patientinnen und Patienten einen bislang aber nicht hinreichend oder gar nicht erfassten (in mehr als 95 % der Fälle) - Kostentrenner darstellt.. 1 Der Diagnosebezug wird nicht nur in ungeeigneter Form und gegen den artikulierten Sachverstand umgesetzt sondern er wird auch contra legem (KHRG vom 13.2. 2009, 17d) festgeschrieben. Aufgrund der Erfahrungen im Ausland, wo in der Psychiatrie diagnosebezogene Entgeltsysteme, so genannte DRGs, sich nicht bewährt haben oder bei ursprünglichen Planungen nicht flächendeckend eingeführt wurden, hatte der Gesetzgeber in Deutschland explizit die Errichtung eines Systems gefordert mit tagesgleichen Entgelten und eben nicht die Einführung von diagnosebezogenen Gruppen (DRGs). In der Verordnung wird nun kaum mehr verhohlen, dass es sich um ein DRG Fallpauschalensystem handelt, auch wenn, alibihalber, behauptet wird, dass eine Fallpauschalierung im PEPP-Entgeltkatalog 2013 nicht vorgesehen sei ( Das PEPP-Entgeltsystem unterscheidet sich in ( ) vielerlei ( ) Hinsicht vom DRG-Fallpauschalensystem. ( ) Eine Fallpauschalierung sieht der PEPP-Entgeltkatalog 2013 nicht vor. (Begründung, Seite 23) Tatsächlich findet einefallpauschalierung statt - über die Zusammenziehung mehrerer Aufenthalte, die sehr rasch einsetzende degressive Vergütung und Regelungen dass eine Diagnose kaum im Verlaufe einer Behandlung verändert werden kann auch das eine Regelung, die praktischen Erfahrungen mit den multiplen psychiatrischen Comorbiditäten widerspricht. Desweiteren wird offen angekündigt, vom Diagnosen(gruppen)bezug auch künftig nicht abrücken zu wollen. Die leistungsbezogenen OPS-Kodes werden nicht die Diagnosen(gruppen) ersetzen können, wie bisher den OPS-Anwendern und mitentwickelnden Fachverbänden suggeriert wurde: Im Rahmen des lernenden Systems können frühzeitig - auch für die Kinder- und Jugendpsychiatrie - weitere Leistungsmerkmale als Kostentrenner identifiziert werden, ( ). Parallel zur Weiterentwicklung der PEPP- Klassifikation werden zudem vom DIMDI die ICD- und OPS-Kataloge in Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften und allen anderen Beteiligten fortlaufend weiterentwickelt. (Begründung, Seite 24, Hervorhebungen d.d.verf.) Daraus lässt sich schlussfolgern, dass das beschworene lernende System nur begrenzt lernen will und soll. Mit dem kurz nach den letzten Anhörungen und fachlichen Diskussionen zu eben diesen zentralen Inhalten nun bekannt gewordenen Referentenentwurf des BMG wird der im Gesundheitswesen übliche Weg definitiv verlassen und durch ein Diktat des BMG ersetzt. Die Fachverbände der Kinder- und Jugendpsychiatrie fühlen sich in ihrer stets kooperativen Haltung enttäuscht. Wir haben deshalb beschlossen auch nicht mehr durch die bisher stets hoch engagierte Kooperation und den intensiv gepflegten Dialog den Anschein erwecken zu wollen, dass es sich hier noch um ein normales parlamentarisches Verfahren handelt. Das BMG hört zwar an hört aber nicht zu. Anhörungen (vgl. Begründung, S.23) erfüllen damit nur den Zweck der Pseudolegitimation. 2. Stellungnahme zum durchgängigen System (KHRG vom 13.2. 2009, 17d) Aus den nicht als kostentrennend identifizierten Leistungsnachweisen des OPS-Systems (das im Übrigen erst ab 2013 seitens DIMDI erlaubt, die aufwändigen Leistungen für Diagnostik und Krisenbehandlung zu Behandlungsbeginn so abzubilden, dass sie mit dem klinischen Alltag besser überein- 1 Aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht kann man den Unsinn dieser Diagnosegruppierungen, welche statistisch zusammengestellt wurden, z.b. daran erkennen, dass Kinder mit Tic-Störung und Kinder mit Intelligenzminderung die gleiche Diagnosegruppe teilen sollen. Ein Faktor, der diese beiden Formen der Beeinträchtigung einen könnte, ist eben der Schweregrad der sozialen Beeinträchtigung. Ätiologisch und neurobiologisch gibt es keinen Grund, diese beiden Störungen in einer Diagnosegruppe zu vereinigen. Auch die in Deutschland von einer nachgeordneten Behörde des BMG herausgegebene ICD-10-GM Klassifikation führt beide Störungen in völlig unterschiedlichen Diagnosekategorien. Stellungnahme BAG, BAG PED, DGKJP, BKJPP Referentenentwurf, 6.11.2012 2

stimmen) und aus den gelieferten Kosten der Kalkulationshäuser wurde eine Abnahme (Degression) der Kostensätze über die Zeit für die Psychiatrie und die Kinder- und Jugendpsychiatrie errechnet. Im Hinblick auf die verweildauerassoziierten Vergütungsstufen ist zu berücksichtigen, dass der degressive Kostenverlauf das Ergebnis der tagesbezogenen Kostenkalkulation ist, die das InEK auf der Grundlage der dafür von den Krankenhäusern und Fachabteilungen zur Verfügung gestellten empirischen Daten durchgeführt hat. (Begründung, Seite 24). Wie das BMG selbst einräumt, waren in der Psychosomatik die Datensätze nicht ausreichend (Begründung, Seite 25). Es liegt nahe, dass die Nichteinführung der Degression in der Psychosomatik Folge der mangelnden Datenlieferung ist.. 2 Das PEPP-System ist demzufolge durch die Herausnahme eines Fachgebietes, entgegen dem gesetzlichen Auftrag, nicht durchgängig gleich gestaltet worden Die Behauptung: Die degressiven durchschnittlichen Tageskosten werden auch in anderen, internationalen Untersuchungen zu Behandlungskosten in der Psychiatrie bestätigt. (Begründung, Seite 24) ist nicht belegt. Internationale Untersuchungen zu Behandlungskosten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, die eine Kostenabnahme unabhängig von Variablen wie Diagnostikaufwand und Krisenaufwand belegt hätten, sind uns nicht bekannt und wurden vom BMG nicht mit Quellennachweisen versehen., bleiben daher rein deklaratorische Rhetorik. In diesem Abschnitt wird deutlich, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie, die in allen psychiatrischen Fächern aus gutem Grund die geringsten stationären Behandlungszahlen, dort aber die längsten Verweildauern aufweist, in ihren Besonderheiten trotz vielfacher Stellungnahmen und sachgerechter Vorschläge nicht gehört und nicht berücksichtigt worden ist. 3. Stellungnahme zu den Kostenfolgen Auch die Kostenfolgenabschätzung (Vorblatt, D 2 a), ist zumindest für den Bereich der Kinder und Jugendlichen, den wir fachlich überblicken, fälschlich zu kurz gegriffen und völlig unangemessen. Die im Referentenentwurf festgeschriebenen degressiven Tagesentgelte werden gerade in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, die in allen psychiatrischen Fächern aus guten Gründen die längste Verweildauer aufweist, weil oft nur eine intensive Einbeziehung der Eltern oder des sonstigen Herkunftsmilieus eine psychische Stabilisierung von Kindern ermöglicht, zu erheblichen Einnahmeverminderungen führen, denn hier werden besonders viele von der Degression betroffene Behandlungstage entstehen. Die Vergütungsdegression, die vorgeschlagen wird, ist mitnichten ganz moderat einsetzend (Begründung, Seite 25), sie kann gegenüber der derzeitigen Vergütung zu fallbezogenen Mindereinnahmen von mehr als 50 % bei durch den Krankheitsverlauf bedingten Langliegern führen. Bei entsprechend ausgelegten Kinder- und Jugendpsychiatrien mit ungünstiger Verweildauerverteilung kann es gar zu einem Budgetverlust von bis zu 50 % kommen, wie uns aus Vorberechnungen mit Grouper-Logistik bekannt wurde. Auch bei üblichen Fällen entsteht eine erhebliche, keine moderate Degression. (z.b. PEPP-Kode PK02Z Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen wird vom 1 bis 10 Tag mit 1,9701, vom 11-24 Tag mit 1,2479 und ab dem 25. Tag mit 1,2229 vergütet. Das ist eine Degression von -38% ab der Hälfte der Behandlungsdauer, da eine Qualifizierte Entzugsbehandlung bei Jugendlichen nach den geltenden Standards ca. 50 Tage umfassen sollte). Diese Einnahmeverminderungen werden in einem fachlich nicht begründbaren Entlassungsdruck münden, der dann wiederum subsidiäre Systeme bei Kindern, also die Kinder- und Jugendhilfe SGB VIII, nicht zuletzt über den 35a SGB VIII, zum Ausfallbürgen bei einer nicht adäquaten medizini- 2 Das BMG räumt an diversen anderen Stellen ein, dass die empirische Basis für das Entgeltsystem dünn ist: Trotz noch verbesserungsbedürftiger Datengrundlage bietet damit bereits der erste PEPP-Entgeltkatalog eine deutlich sach- und leistungsgerechtere Abbildung der Leistungen psychiatrischer und psychosomatischer Einrichtungen als über die derzeit geltenden Abteilungspflegesätze. (Begründung, Seite 23) Oder: Gleichwohl bedarf der Katalog hier frühzeitig einer weiteren Differenzierung. (Begründung, Seite 25). Stellungnahme BAG, BAG PED, DGKJP, BKJPP Referentenentwurf, 6.11.2012 3

schen Behandlung macht. Die fachlich und empirisch nicht begründete Einführung der Degression mit massivsten Auswirkungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, wo Verweildauern sich auch wegen unterschiedlich ausgeprägter lokaler, ambulanter und teilstationärer medizinischer Versorgungssysteme sich in Ost und West massiv unterscheiden, wird dem folgend in der ganzen Bundesrepublik, aber besonders im Osten, zu einer massiven Steigerung der Jugendhilfekosten führen. die von den ohnehin stark belasteten Kommunen zu tragen sind entgegen der Feststellung Durch die Verordnung ergeben sich für die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden keine finanziellen Auswirkungen. (Seite 2. Vorblatt, D2a). Würden tatsächlich eine sektorenübergreifende Versorgung und moderne hometreatment Ansätze als intensive, die stationäre Behandlung verkürzende Angebote ausgebaut könnten diese Folgen wenigstens teilweise abgefangen werden und für einen Teil der Patienten in einer Verbesserung der familiennahen Versorgung resultieren. Eine reine Liegezeitverkürzung ohne koordinierte Hillfeplanung vor der Entlassung führt zu einer Verschlechterung für die Patienten und ihre Familien und zu notwendigen Auffangmassnahmen in subsidiären Systemen. In diesem Zusammenhang ist es im Sinne dieser gesamtgesellschaftlichen Folgekosten wenig produktiv, wenn im Referentenentwurf offen über Anreize für eine frühzeitige Entlassung (Begründung, S. 24) gesprochen wird. Mehrfach wurde von uns darauf hingewiesen dass gerade in der Kinder- und Jugendpsychiatrie bereits eine enorme Verweildauerreduktion (zwischen 1991 und 2010 auf 31 % des ursprünglichen Durchschnittswertes bei gleichzeitiger Bettenreduktion um 34 %!) erreicht wurde und von den Partnern in der Jugendhilfe kritisiert wird.dies geschah auch unter den Bedingungen des bisherigen Systems tagesgleicher Pflegesätze, was auf Seite 25 der Begründung zur Verordnung bestritten wird. Auf die vor allem in strukturschwachen Gebieten negativen Folgen haben wir in unserem Schreiben vom 17.10. 2012 bereits deutlich hingewiesen und entsprechende Materialien und Belege veröffentlicht. Das Kinderrecht auf eine den gesellschaftlichen Regeln angemessene medizinische Behandlung (UN- Kinderrechtekonvention Art.3.3) wird mit diesem Inhalt des Referentenentwurfs im Sinne einer Verschärfung der Versorgungsungerechtigkeit massiv infrage gestellt. Zu Gunsten der Krankenkassenfinanzen soll eine medizinisch nicht begründbare Kostenverlagerung in die kommunale Jugendhilfe vorgenommen werden. 4. Stellungnahme zu den Reformvorhaben unter besonderer Berücksichtigung der Kinder und Jugendpsychiatrie ( 64 b SGB V) Gänzlich verabschiedet hat sich das BMG im Referentenentwurf vom ursprünglich vom Gesetzgeber vorgesehen Reformvorhaben. Es schlägt hier nur eine rechnerische Reform der Krankenhausentgeltberechnung vor. Alle inhaltlich intendierten Veränderungen, die Überwindung der Sektorisierung, Einführung von Hometreatment etc. sind im Referentenentwurf nicht mehr zu erkennen. Der PEPP-Entgeltkatalog enthält keine Entgelte von Modellvorhaben nach 64b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. Er umfasst jedoch zahlreiche Entgelte für die teilstationäre Behandlung. Diese können für die Vergütung im Rahmen von Modellvorhaben, die jeweils gesondert zu vereinbaren ist, zur Orientierung herangezogen werden. (Begründung, Seite 13). Im Gegenteil werden hier in Modellvorhaben angezielte stationsersetzende Leistungen völlig unzureichend mit teilstationären gleichgestellt. Voll- und teilstationäre Behandlungen bleiben getrennt, was dem Auftrag sektorenübergreifender Angebotsstrukturen in Modellvorhaben widerspricht. Vergütungen im Rahmen von Modellvorhaben sollen eigens verhandelt werden, was deren Vergleichbarkeit auf Bundesebene konterkarieren wird. Den Auftrag des PsychEntgG, mindestens ein Modellvorhaben pro Bundesland unter besonderer Berücksichtigung der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu realisieren, sehen wir unter diesen Umständen als unrealistisch an. Stellungnahme BAG, BAG PED, DGKJP, BKJPP Referentenentwurf, 6.11.2012 4

5. Fazit Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass dieser Referentenentwurf die von der Fachwelt scharf kritisierten und von der DKG folgerichtig abgelehnten Vorgaben für das Entgeltsystem lediglich 1 zu 1 wiederholt. Alle fachlichen Einwände wurden ignoriert. Das BMG räumt zwar gravierende Fehler und eine mangelnde Datenbasis ein, schreibt aber die Diagnoseorientierung und die degressiven Tagesentgelte in der Verordnung fest. Die noch möglichen Modifikationen im sogenannten lernenden System sollen nur noch unter diesen gesetzten Rahmenbedingungen möglich sein. Das BMG enthüllt die eigene Strategie der Diagnoseorientierung (Diagnosebezug und Fallbezug auch in der Psychiatrie) entgegen dem gesetzlichen Auftrag und mit dem alleinigen Ziel der Kostenreduktion im stationären Bereich ohne komplementäre Ausgleichskonzepte. Eine Ersatzvornahme dieses Entgeltsystems durch das Bundesministerium für Gesundheit wäre letztendlich patienten- und insbesondere kinderfeindlich hier soll v.a. auf Kosten der psychisch kranken Kinder und Jugendlichen gespart werden, ohne dass strukturelle Voraussetzungen für ein Auffangen im ambulanten Sektor oder über Modellvorhaben auch nur im Ansatz mitgedacht worden wären. Die Fachverbände der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie haben sich deshalb entschlossen, der Einladung des BMG zu einer Anhörung zum Referentenentwurf am 12.11.2012 nicht Folge zu leisten. Wir weisen vielmehr darauf hin, dass mit dem Referentenentwurf u.e. ein Gesetzesbruch, d.h. die Einführung eines DRG-analogen Systems contra legem intendiert ist. Wir sind der Auffassung, dass in diesem Falle die Ausschöpfung aller rechtlichen Mittel bis hin zum Gang nach Karlsruhe, zum Wohl und Schutz der uns anvertrauten Patientinnen und Patienten und ihrer Familien, geboten ist. Wir haben mehrfach auf die drohende Zunahme der Versorgungsungerechtigkeit für psychisch kranke Kinder und Jugendliche hingewiesen und teilen die Sorge unserer kommunalen Netzwerkpartner in der Jugendhilfe. 6.11.2012 Dr. med. Maik Herberhold Vorsitzender des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, in Deutschland e. V. (BKJPP) Stellungnahme BAG, BAG PED, DGKJP, BKJPP Referentenentwurf, 6.11.2012 5