A C T A U N I V E R S I T A T I S L O D Z I E N S I S



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Transkript:

A C T A U N I V E R S I T A T I S L O D Z I E N S I S FOLIA GERMANICA 5, 2009 A gnieszka Staw ikow ska-m arcinkow ska* DIE POLARITÄT DER RECHTS- UND GEMEINSPRACHE ALS GEGENSTAND DER SPRACHWISSENSCHAFTLICHEN FORSCHUNG In der heutigen Sprachwissenschaft sind die Fachsprachen ein wichtiger Gegenstand der Untersuchungen geworden. Gemeint wird hier meist die Medizinsprache, die Sprache der Europäischen Union oder der ökonomischen Disziplinen. Seltener, obwohl die Praxis das verlangt, untersucht m an die Eigenschaften der Sprache des Rechts. Die Rechtssprache ist nicht einfach nur eine Fachsprache im herkömmlichen Sinne. D a im Bereich des Rechts Angelegenheiten von höchstem öffentlichen Rang und Interesse geregelt werden, betreffen Phänomene und Entwicklungen im Bereich der Rechtssprache häufig direkt und elementar Angelegenheiten von öffentlicher Bedeutung und wirken so unmittelbar auf den öffentlichen Sprachgebrauch ein. Die Untersuchungen, die im Bereich der Sprache des Rechts durchgeführt worden sind, betreffen meist die Übersetzungen der rechtlichen Texte. In der polnischen Sprache führte solche Untersuchungen unter anderem Jerzy Pieńkos (1999), der die Rechtssprache als M ittel der fachlichen Übersetzungen betrachtete. Sein Buch Podstawy juryslingwistyki (Grundkenntnisse der Jurislinguistik) weist auf solche Eigenschaften der Rechtssprache hin, die beim Übersetzen und Dolmetschen zu Fehlern führen können. Er untersucht den Reichtum der Juristen- und Rechtssprache des Französischen und Polnischen. Auch viele deutsche Namen wären in diesem Zusammenhang zu erwähnen, wie z.b. des Rechtswissenschaftlers, der sich mit der Rechtssprache beschäftigt, K ent D. Lerchs von der interdisziplinären A rbeitsgruppe Sprache des Rechts der Berliner-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Dietrich Busses, der sich unter anderem mit der juristischen Semantik beschäftigte oder G ünter Grewendorfs, der die linguistischen Aspekte der * Agnieszka Stawikowska-Marcinkowska, M. A., Lehrstuhl für deutsche und angewandte Sprachwissenschaft, Universität Łódź.

Rechtsprüfung untersuchte. Die Übersetzungen der rechtlichen Texte sind aber nicht das wichtigste Thema dieser Forschung. Die Rechtssprache gehört, wie geasgt, immer noch zu den unentdeckten Bereichen der Sprachwissenschaft, obwohl sie immer häufiger an Bedeutung gewinnt. Oft wird sie aber nur als Fachsprache des Rechts betrachtet und in die Fachsprachen einfach als Untergruppe eingegliedert. Das Phänom en dieser Fachsprache besteht aber darin, dass sie sich im Unterschied zu anderen Spracharten im größten Teil der Gemeinsprache bedient. Die Rechtssprache beeinflusst die Gemeinsprache jedoch übernimmt sie auch gleichzeitig ihre Eigenschaften. Eine Fachsprache unterscheidet sich von der Gemeinsprache im Allgemeinen unter anderem dadurch, dass ihre Begriffe eindeutig bezeichnet sind, aber in der Regel nur innerhalb des betreffenden Faches gelten. In dieser Hinsicht bildet auch jede Fachsprache eine Gruppensprache, nämlich die der Gruppe der jeweiligen Fachleute. Fachsprachen haben meist den R uf der Unverständlichkeit - was einerseits am Fachvokabular der so genannten Terminologie liegt. Andererseits werden die sprachlichen Besonderheiten vor allem in speziellen Situationen wirksam, die dem Fachfremden oft nicht verständlich sind. Die Gegenüberstellung der Termini Fachsprache und Gemeinsprache bildet in dieser Hinsicht ein wissenschaftliches Problem, das heutzutage zunehmende Aufm erksamkeit auf sich zieht. W enn m an die sprachwissenschaftliche Literatur überschaut, sieht ganz genau, dass die beiden Spracharten als konträres Paar verwendet sind. Das muss also bedeuten, dass es keine Fachsprache gibt, die sich der Gemeinsprache bedienen würde. Die Untersuchungen betreffen vor allem Versuche, die beweisen sollen, in welchem Grad sich die Fachsprache der Gemeinsprache bedient. R einhardt (1966, S. 183-195) und Heller (1970) führten lange Untersuchungen, die zum Ziel hatten, ein Modell zu entwerfen, das den Grad der gegenseitigen Abhängigkeit beider Sprachen darstellen. Reinhardt baute sein M odell a u f der Polarität: der gemeinsprachliche W ortschatz- F a- chwortschatz auf. In seinem Modell sieht m an genau, dass die Gemeinsprache und die Fachsprache kein echtes Gegenpaar bilden. Er teilte den Fachw ortschatz in einen speziellen, also dem Allgemeinwortschatz abgewandten, und einen allgemein verständlichen Bereich ein. Darüber hinaus m eint er, dass sowohl der gemeinsprachliche als auch fachsprachliche W ortschatz mehr oder weniger voneinander durchsetzt sind. Heller (1970, S. 221) findet dass sehr logisch, indem er als Kennzeichen der Gemeinsprache den allgemeinen Gebrauch und gleichzeitig die generelle Verständlichkeit der ihm zugehörigen Lexik und der Fachsprache die Fachbezogenheit der ihr zugeordneten W örter und W ortgruppen nennt. Es ist natürlich klar, dass es sowohl allgcmeinverständliche als auch

nicht allgemeinverständliche Fachausdrücke gibt und dass ähnlich auch allgemeinverständliche und nicht allgemeinverständliche W örter des nicht fachbezogenen Teils der Lexik zu finden sind. M an könnte also sagen, dass es hier nicht von Zweipoligkeit, sondern von Vierpoligkeiten die Rede sein soll. Heller entwickelte dementsprechend folgendes Modell. Grad der Allgemeinverständlichkeit fachbezogene Lexik Grad der Spezialisation nicht fachbezogene Lexik Abb. 1. Das Modell von Heller (1970) Jeder ist sich dessen bewusst, dass ein Teil unserer Lexik durch seine fachliche Bczogenheit charakteristisch ist. M an spricht dann von fachbezogener oder fachlich gebundener Lexik also Fachlexik (Heller 1970, S. 222f.). Wie soll dementsprechend die Fachlexik definiert werden? Innerhalb der fachbezogenen Lexik gibt es doch all gemeinverständlichen und nicht allgemeinverständlichen Bereich und die Grenzen sind sehr fließend. Einige werden einen Ausdruck als Fachausdruck die anderen als allgemein verständliches Wort empfinden. Manchmal ist es sehr subjektiv. Es hängt von vielen Faktoren ab, z.b. von der Ausbildung des Rezipienten ab, wie ein Begriff empfunden wird. A uf dem ersten Blick könnte m an einerseits sagen, das das als G rundbaustein dieses Artikels geltende Juristendeutsch zu solchen Fachsprache gehört, die sich der Gemeinsprache abheben. Gemeint könnten aber nicht nur die verwendeten lateinischen Fachbegriffe, sondern die gesamte Redeund Schreibweise sein. Typisch für diese Ausdrucksweise sind lange, mehrfach verschachtelte Sätze und die übermäßige Verwendung von Fach begriffen, die aus dem Lateinischen stammen. D arüber hinaus neigen Juristen zu pedantischer Genauigkeit, um in fachlicher Hinsicht unangreifbar zu sein

(wegen der Haftung), selbst wenn die Zuhörer oder Leser auch bei weniger genauer oder gar umgangssprachlicher Formulierung den Inhalt korrekt verstehen würden. Anderseits bedient sich die Rechtssprache des W ortschatzes, der in einem anderem Kontext von einem Leien zu verstehen wäre. Deshalb muss man beim juristischen Gebrauch von Alltagswörtern im Juristendeutsch sehr vorsichtig sein. Sie haben dort oft einen völlig anderen Sinn oder einen unerw arteten Sinn. Wie soll das verstanden werden? Die Rechtssprache übernahm viele Begriffe aus der Gemeinsprache. Sie hat ihnen aber eine ganz andere, neue Bedeutung angegeben. Deshalb wird die Rechtssprache als Sondersprache bezeichnet, die den Laien viele Schwierigkeiten bereitet. M an liest ein Gesetzbuch und sieht Begriffe, die man kennt, die man versteht aber in der von dem Juristen geschriebenen Kette scheinen sie einfach unklar und gleichzeitig unverständlich zu sein. Schon auf dem ersten Blick sieht man, dass die Begriffe polyseme Bedeutung haben müssen. Das wäre aber zu einfach gesagt. Bei tieferen Untersuchungen zeigt sich, dass diese Begriffe zwar in der Gemeinsprache auch benutzt werden, sie haben aber in der Rechtssprache eine ganz andere Herkunft. Bis jetzt gibt es keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob die Begriffe aus der Gemeinsprache mit den Begriffen, die dieselbe Form in der Rechtssprache haben, Hom onym paare bilden oder ob die Rechtstermini Begriffe der Gemeinsprache sind, die von den Rechtsdisziplinen auf eine einzigartige Art und Weise verwendet werden, also bilden eine nur für sich charakteristische Polysemie. Zwischen öffentlicher Sprache und juristischer Fachsprache kommt es daher häufig zu Interferenzen, und damit zu Überlagerungen zwischen fachlichen und nichtfachlichen Gebrauchsbereichen solcher Lexeme, die nebeneinander in fachspezifischer (häufig: terminologischer) und nicht fachspezifischer Verwendungsweise Vorkommen. M it Interferenzen sind also Störungen oder Störungspotenziale gemeint, die sich daraus ergeben, dass einzelne W örter des W ortschatzes je nach Einstellung und Vorwissen der Rezipienten entweder in fachlicher oder in nicht-fachlicher, gemeinsprachlicher Semantik interpretiert werden. Voraussetzung für solche Interferenzen ist also das Vorhandensein unterschiedlicher semantischer Füllungen für ausdrucksseitig identische W örter, die nebeneinander in fachlicher und nichtfachlicher Verwendung Vorkommen. Solche Interferenzen treten besonders häufig an der Grenzlinie von Rechtssprache und Gemeinsprache auf. Eine der wichtigsten Besonderheiten der juristischen Fachsprache besteht, also darin, dass die Rechtsprache Ausdrücke enthält, die der Form nach mit denen der Gemeinsprache übereinstimmen, auf der Inhaltsebene aber von der semantischen Struktur der Gemeinsprache abweichen können (Oskaar 1979, S. 101; O tto 1981, S. 47). Die lexikalische Nähe der Gemeinsprache und Rechtsprache bringt aber nicht zwangsläufig ein leichteres Verständnis der Rechtsprache für den Laien

mit sich. Zum Einen wird, wie oben gezeigt, nur deijenige die Bedeutung eines Wortes bei seinem Gebrauch im Rahmen der Rechtsprache in vollem Umfang richtig verstehen, der das Begriffssystem kennt, in das dieses Fachwort oder dieser Fachausdruck eingebettet ist. Zum Anderen verbirgt sich hinter der formalen Ähnlichkeit der Rechtsprache und der Gemeinsprache die Gefahr des Missverstehens von Rechtsbegriffen. Im Folgenden sollen Fälle betrachtet werden, in denen Ausdrücke der Gemeinsprache und Rechtsprache in ihrer Form gleich sind, sich aber semantisch unterscheiden. Den ersten Fall stellen die Rechtsbegriffe dar, die von den Laien im Allgemeinen richtig erfasst werden, auch wenn die juristischen Hintergründe im einzelnen unbekannt sind. Dies ist in den Fällen möglich, wenn die Begriffe der Gemeinsprache und der Rechtsprache, die eine gleiche sprachliche Form haben, im Wesentlichen, im Kern, gleich sind und sich voneinander nur in Nuancen unterscheiden. Ein Beispiel dafür wäre Rechtsverletzung. Der Laie erfasst zwar nicht die ganze Palette der Fälle, in denen eine Rechtsverletzung (in einem bestimmten Rechts bereich) gegeben ist. Es reicht aber aus, dass er Rechtsverletzung als verbotene Handlung, durch die die Rechte eines Anderen verletzt werden, versteht (vgl. Eckardt 2000, S. 26). Das bedeutet, dass der Laie auch in einem sprachlich komplizierten Rechtstext Rechtsverletzung verstehen wird. Ein anderer Terminus, der eine der Form nach ähnliche Entsprechung in der Gemeinsprache hat, ist das Wort Entscheidung. In der Fachsprache bedeutet es Endgültiges Urteil, Schiedsspruch im Zivilrecht und hat rechtliche Folgen. In der Gemeinsprache wird es ähnlich als das Festlegen von etw. Strittigem. Wahl einer von m ehreren M öglichkeiten verstanden. Die Folgen so einer Entscheidung werden aber rechtlich nicht beurteilt. Der Unterschied zwischen den beiden Begriffen wird auch in den mit ihnen meist auftretenden Wörtern deutlich. Zu den meist auftretenden Kollokationen in diesem Fall gehören z.b.: - in der Fachsprache: endgültige Entscheidung, eine Entscheidung fällen, gerichtliche Entscheidung, richterliche Entscheidung, umstrittene Entscheidung, eine Entscheidung herbeiführen, sachgerechte Entscheidung, zur Entscheidung bringen, unwiderrufliche Entscheidung, schiedsrichterliche Entscheidung; - in der Gemeinsprache: eine Entscheidung treffen, verbindliche Entscheidung, eine schnelle Entscheidung, falsche Entscheidung, persönliche Entscheidung, eine einstimmige Entscheidung, eine klare Entscheidung, zu einer Entscheidung kommen, vernünftige Entscheidung. Beispiele in der Rechtssprache: Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Vor der Entscheidung. D as Oberverwaltungsgericht legt die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung über die Auslegung revisiblen Rechts vor, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung h at oder 2. das Oberverwaltungsgericht von der Entscheidung eines anderen

Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe (Verwaltungsgerichtsordnung). Die Revision ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 2. das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (Arbeitsgerichtsgesetz). Beispiele in der Gemeinsprache: Eine Entscheidung darüber, in welchem Bezirk ab M ontag gestreikt werden soll, will der IG-Metall-Vorstand in Frankfurt an diesem Donnerstag treffen (Der Spiegel online). H at nicht auch Als mir klar wurde, dass ich dieses Licht jeden Morgen sehen würde, konnte ich mein Glück nicht fassen, sagte Henri Matisse über seine Entscheidung, in Nizza zu bleiben (Der Spiegel online). Es folgten M otoren Wechsel, die neue Partnerschaft mit BM W und die Entscheidung für einen neuen Reifenpartner (Der Spiegel online). Wann eine Entscheidung getroffen wird, ob der Inspiro in Kleinserie geht, steht noch nicht fest (Der Spiegel online). Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt zu Gunsten der Penny Stocks hat die Deutsche Börse ihre Delisting-Regeln ausgesetzt (Der Spiegel online). Wenn man z.b. das W ort Haftung in dieser Hinsicht unter die Lupe nimmt, muss man auch von der Polarität der Fach- und Gemeinsprache sprechen. In der Fachsprache bedeutet es Verantwortung für den Schaden eines anderen, in der Gemeinsprache zwar einerseits Verhaftung, Beschlagnahme, Bürgschaft und anderseits im Sinn von anheften das Haften, Verbindung, Kontakt. Im Zusammenhang zu anderen W örtern, mit denen es am häufigsten auftritt (die häufigsten Kollokationen), lässt sich diese Polarität sehr deutlich beobachten, ln der Rechtssprache kommt das W ort Haftung meist in folgenden Verbindungen vor: Gesellschaft mit beschränkter Haftung, persönliche Haftung, Haftung übernehmen, volle Haftung, gesamtschuldnerische Haftung, unbegrenzte Haftung, unbeschränkte Haftung, Beschränkung der Haftung, Umfang der Haftung, Haftung fü r Schulden, gemeinsame Haftung, gesetzliche Haftung, Haftung der Gesellschafter, begrenzte Haftung, solidarische Haftung, übernehmen keine Haftung, m it unbeschränkter Haftung, Übernahme einer H aftung usw. In der Gemeinsprache wird es auch in der rcchtssprachlichen Bedeutung verwendet aber bildet auch eigene Kollokationen und zwar: aus der Haftung entlassen, von einer Haftung befreien, Freistellung von Haftung.

Beispiele in der Rechtssprache: Für Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Sitz im Ausland gelten ergänzend die folgenden Vorschriften (Handelsgesetzbuch). Die Haftung des Übernehmers beschränkt sich au f den Bestand des übernommenen Vermögens und die ihm aus dem Vertrage zustehenden Ansprüche. Beruft sich der Übernehmer auf die Beschränkung seiner Haftung, so finden die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der 1990, 1991 entsprechende Anwendung (Bürgerliches Gesetzbuch). Beispiele in der Gemeinsprache: Dass bisher keiner persönlich zur Haftung heran gezogen wurde, zeigt, wie kläglich es um den Anlegerschutz in Deutschland trotz aller Absichtsbekundungen tatsächlich bestellt ist (Die Welt online). Zudem kauft er mehr Haftung ein, als er im Schadensfall bezahlen kann (Die Welt online). Die EU-Kommission will jedoch das Sanierungskonzept und die Haftung Berlins einer wettbewerbsrechtlichen Prüfung unterziehen (Der Spiegel online). Für diese waghalsigen Zusagen der Bankgesellschafts-Oberen übernimmt nun am Dienstag das Land Berlin - und damit der Steuerzahler - die Haftung (Der Spiegel online). Adhäsion, die physikalische Haftung zweier Stoffe oder Körper aneinander (Wikipedia). Diese Pressung dient der Haftung zwischen der inneren Oberfläche der Wulstkerne und der äußeren Oberfläche der Karkasse (freepatentsonline). Einen viel schwierigeren Fall stellen Termini dar, die beim Gebrauch im juristischen Kontext im Unterschied zum gemeinsprachlichen Gebrauch juristisch relevante M erkmale aufweisen. Ein anschauliches Beispiel für den unterschiedlichen G ebrauch von Ausdrücken im gemeinsprachlichen und juristischen Kontext sind die Ausdrücke Leihe und Darlehen. Leihe kann in der Gemeinsprache zur Bezeichnung mehrerer Nutzungsarten verwendet werden. Als juristischer Terminus wird Leihe als unentgeltliche Gebrauchsüberlassung definiert ( 598 BGB). Wer z.b. einen Leihwagen nimmt, leiht nicht, sondern mietet, weil er zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet wird ( 535 II BGB). Wenn m an beim Nachbarn 3 Eier fürs Kuchenbacken ausleiht, so handelt es sich rechtlich gesehen nicht um eine Leihe, sondern um ein Darlehen ( 607 Abs. 1 BGB), weil m an die gleichen Eier nach Gebrauch nicht zurückgeben kann (vgl. Arntz, Picht, M ayer 2002, S. 110f.). Weitere Beispiele: Einwilligung und Genehmigung. In der Gemeinsprache können diese Benennungen als Synonyme für Zustimmung gebraucht werden, während in der Rechtsprache zwischen der Einwilligung als

vorheriger Zustim m ung und der Genehmigung als nachträglicher Zustim mung unterschieden wird. Die dritte Stufe bilden die Termini, die (oder deren Teile) zwar der Form nach eine Ähnlichkeit mit der Gemeinsprache aufweisen, die jedoch ein Laie nicht zuordnen und unter denen er sich nichts vorstellen kann. Ein Beispiel dafür wäre im Urheberrecht Folgerecht. Die Unterscheidung zwischen dem gemeinsprachlichen und juristischen Gebrauch von Termini ist für die Übersetzung von Fachtexten von großer Bedeutung. Die Frage, wie in jedem Einzelfall eine Übersetzung gefunden werden kann, sowie die Frage, ob es sich um einen gemeinsprachlichen oder juristischen Begriff handelt, kann nur gelöst werden, wenn das betreffende Begriffssystem berücksichtigt wird. Ziel dieses Artikels war es, an ausgewählten Beispielen des Wortschatzes, der der Rechtssprache und der Gemeinsprache gemeinsam ist, sowohl die Überscheidungen als auch die Divergenzen in der Bedeutungsgebung der Lexeme zu schildern und hierbei das Störungspotenzial offen zu legen, das sich aus solchen unterschiedlichen Bedeutungen entwickelt. Es zeigt sich aber, dass eine solche Analyse die Offenlegung des jeweils zur Geltung gebrachten bedeutungsrelevanten Wissens erfordert. Rekonstruiert werden daher die hinter den fachlichen und nichtfachlichen Wortverwendungen bzw. -deutungen stehenden jeweiligen semantischen Netze und Wissenssysteme, deren innere Struktur sowie ihre Einbettung in benachbarte und/oder übergreifende W issensstrukturen (vgl. Busse 1991). LITERATURVERZEICHNIS Arntz R., Picht H., Mayer F. (2002), Einführung in die Terminologiearbeit, Hildesheim, Zürich, New York. Busse D. (1991), Juristische Fachsprache und öffentlicher Sprachgebrauch, Einführung in die Lehr- und Forschungsbreiche öffentlicher Sprachgebrauch/Öffentliche Kommunikation, http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/germl/schwerpunkte/sprachgebrauch/bereich2.html Eckardt B. (2000), Fachsprache als Kommunikationsbarriere?, Wiesbaden. Heller K. (1970), Der Wortschatz unter dem Aspekt des Fachwortes. Versuch einer Systematik. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, GS Reihe 19. Oskaar E. (1979), Sprachliche M ittel in der Kommunikation zwischen Fachleuten und zwischen Fachleuten und Laien im Bereich des Rechtswesens. In: Mentrup W. (Hrsg.), Fachsprachen und Gemeinsprache, Düsseldorf. Otto W. (1981), Die Paradoxie einer Fachsprache. In: Der öffentliche Sprachgebrauch, Bd. 2, Stuttgart. Pieńkos J. (1999), Podstawy juryslingwistyki. Język и> prawie - prawo tv języku, Warszawa. Reinhardt W. (1966), Produktive verbale Wortbildungstypen in der Fachsprache der Technik. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Pädagogischen Hochschule Potsdam, Gesellschaftlich-sprachwissenschaftliche Reihe 2.

A gnieszka S ta wiko w ska-m arcinko m k a POLARYZACJA JĘZYKA PRAWNEGO I OGÓLNEGO JAKO PRZEDMIOT BADAŃ JĘZYKOZNAWCZYCH W językoznawstwie wiele miejsca poświęca się w ostatnim czasie językom fachowym. Językoznawcy najczęściej podejmują badania dotyczące języka medycyny, ekonomii czy w ostatnim czasie Unii Europejskiej. Rzadziej, choć wymaga tego rzeczywistość, analizuje się język prawny czy też prawniczy. Trzeba zaznaczyć, że język prawny nie jest językiem fachowym w ogólnie przyjętym tego słowa znaczeniu. Opisuje on sytuacje, które są ważne dla opinii publicznej, które muszą być, dla dobra obywateli, uregulowane poprzez przepisy. Przepisy są wprawdzie tworzone przez prawników, powinny być jednak rozumiane przez ogół społeczeństwa. Prawnicy posługują się najczęściej językiem, którego cechy nie są proste do uszeregowania. Język prawny i prawniczy charakteryzuje się skomplikowaną składnią, stylem, który unika wszelkich ozdobników. Problem wiąże się jednak przede wszystkim z prawidłowym odczytaniem znaczeń używanych pojęć. Można tu mówić o dwóch rodzajach pojęć, gdyż język prawny używa terminów tjpowych dla tej dziedziny, takich jak np. prawo majątkowe, prawo autorskie czy ustawa, jednak obok nich pojawiają się często pojęcia zaczerpnięte z języka ogólnego, które w pewnych kolokacjach nabierają innego z punktu widzenia prawa znaczenia, np. orzeczenie, wyrok czy własność. Autorka niniejszego tekstu próbuje odpowiedzieć na pytanie, jak dalece pojęcia języka ogólnego wnikają w język prawny i czy ma miejsce odwrotny proces oraz w jakim stopniu może mieć to wpływ na rozumienie tekstu. Odpowiedź nie jest z pewnością prosta, ale należy wierzyć, że dalsze badania prowadzone nad językiem prawnym przybliżą semantyczne aspekty różnic pomiędzy językiem prawnym a ogólnym i tym samym ułatwią rozumienie tekstów ustaw czy wyroków sądowych.