40:46 Min.; Rio de Janeiro und Sao Paulo, Brasilien Eine Dokumentation von Maike Pricelius und Adrian Mengay Ein Lehrfilm, der verschiedene Projekte vorstellt, die sich gegen Armut und Ausgrenzung wenden. Eine Plattform, die den Austausch von ausgezeichneten Methoden und Ansätzen ermöglicht. Favelas sind Orte in Brasilien, an denen sich die Armut verdichtet hat. Menschen aus dem ländlichen Teil des Landes, vor allem aus dem Nordosten, zieht es in die Stadt, um dort ein neues Leben anzufangen. Es treibt sie die Hoffnung an, dass dort alles besser werden kann. Die Ausgrenzung vom Arbeitsplatz, der Mangel an bezahlbarem Wohnraum und die Vorurteile, mit denen die Bewohner einer Favela täglich zu kämpfen haben, führen dagegen oft zu einem Leben am Rand der Gesellschaft. Der Film zeigt die Realität dieser Menschen, vor allem aber liegt der
Fokus auf den Prozessen der Selbstorganisation. Der Kampf um Wohnraum, Arbeit, Zugang zu Bildung und das Aufbauen von Perspektiven produziert Gemeinschaften, die sich besonders intensiv in den Favelas Brasiliens entwickelt haben. Wir haben unterschiedliche Projekte, Kooperativen und Gruppen besucht und die Menschen nach ihren Motiven, Hoffnungen, aber auch nach der Organisation, ihrer Arbeitsweise und der Funktion ihres Wirkens gefragt. Herausgekommen ist ein Film, der den Austausch ermöglichen will für Menschen, die sich in ähnlichen Bereichen wie die Protagonisten engagieren. Dabei deckt der Film ein breites Spektrum an Themen ab. Allen vorgestellten Projekten ist gemeinsam, dass sie die Menschen ansprechen, einbeziehen und in einer Weise organisieren, die sie dazu befähigt, selbst ihren Weg zu gestalten. Selbstorganisation und Selbstermächtigung sind der zentrale Ausgangspunkt für alle Projekte. Dabei haben alle Ansätze einen eigenen Fokus, sei es Bildung, ökonomische Unabhängigkeit, Identitätspolitik oder Kultur. F a v e l a Der Film zeichnet die Situation der Favela Sao Remo in Sao Paolo nach. Alexs erzählt, wie die Favela entstanden ist und warum die Menschen dorthin gekommen sind. Die persönliche Geschichte von Rosangela zeugt von den Vorurteilen, mit denen die Menschen konfrontiert wurden. Rosangela musste ihre eigenen Vorstellungen selbst neu überdenken, als ihr Mann sie zum ersten Mal mit zu sich nach Hause nach San Remo nahm, das erste Mal, dass Rosangela eine Favela betrat. Erster Eindruck: Entsetzen. Nun ist San Remo ihr zu Hause. Sie beschreibt einen anderen Alltag als den, der in den Köpfen der Allgemeinheit herrscht. Die meisten Menschen arbeiten hart, oft heißt das um 5:30 aufstehen, um der Familie ein Dach und ein Essen geben zu können. Dabei haben sie immer mit der Diskriminierung aufgrund ihrer Armut zu kämpfen. B i l d u n g In San Remo existiert ein besonderes Projekt, Projeto Alavanca. Es wurde 2004 von einer deutschen Studentin, Daniela Mattern, initiiert. Das Projekt wurde mehrfach ausgezeichnet. Projeto Alavanca ist ein Ort, der das Selbsthilfepotential der Gemeinde vorantreibt. Die Eltern und Geschwister derjenigen, die einen der vielen Nachhilfeoder Computerkurse besuchen, werden sofort mit eingebunden. Die Jugendlichen sollen ihre Chance auf einen Studienplatz erhöhen. Langfristig sollen die Menschen der Favela aber ausgebildet werden, um eigene Projekte jeglicher Art selbst verwirklichen zu können. So stehen vor allem Themen wie Verwaltung, Öffentlichkeitsarbeit und Drittmittelanwer-
bung im Vordergrund. Verschiedene Projekte bietet für alle die Möglichkeit sich zu beteiligen, sei es im Bibliotheksprojekt, verschiedenen Ausbildungs- und Umweltprojekten. In Form einer Kooperative hat Alavanca eine eigene Werkstatt für Lernspielzeug aufgebaut mit Lizenzen aus Deutschland, um für den Markt in Brasilien zu produzieren. Eine eigene Ausbildungswerkstatt bietet jungen Menschen aus der Favela die Chance auf einen Arbeitsplatz. Der Gewinn fließt zurück in andere Projekte von San Remo, wie die Computerkurse, Förderkurse oder Universitätsvorbereitung. In ganz San Remo ist Alavanca bekannt, an 10 Stellen der Favela sind Infotafeln angebracht, um über die aktuellen Entwicklungen zu informieren und um Termine öffentlich bekannt zu geben. Ihr Ziel, Perspektiven für die Menschen in der Favela San Remo zu schaffen, hat das Projeto Alavanca erreicht. Es hat gezeigt, dass es auch andere Wege nachhaltiger Entwicklung gibt. A u s b i l d u n g Einen dieser Wege beschreitet auch die NGO Acao Communitário do Brasil (Gemeinschaftaktion Brasiliens) in Rio de Janeiro. Auch sie versteht sich nicht als Wohlfahrtsorganisation. Die Acao initiiert und vernetzt Kooperativen, und sie bietet, unterstützt von der Regierung Lula da Silvas, Arbeitseinstiegsprogramme für Jugendliche (16-24 Jahre) an. Dabei koordiniert die Acao Unternehmen und Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchen oder sie unterstützt diese dabei, sich selbstständig zu machen. Unter ihrem Dach befinden sich drei eigene Kooperativen, eine Papierwerkstatt, ein Schönheitssalon und eine Keramikwerkstatt. Vor allem für Frauen eröffnet sich hier eine Perspektive auf ein selbstbestimmtes Leben. Davon erzählt Cliniuda, die mit ihrem Mann aus dem Nordosten vom Land in die Stadt kam und nun in einer der Keramikwerkstätten als Ausbilderin arbeitet. Wie sehr die Arbeit ihr Selbstwertgefühl gesteigert hat wird sofort deutlich, wenn man ihr bei der Arbeit zusieht. K u l t u r Von der Bedeutung die Selbstvertrauen und Anerkennung für die eigene Handlungsfahigkeit haben, erzählt auch Luiz Antonio de Oliveira. Er ist der Direktor des Museu da Mare, dem ersten Favelamuseum. Zusammen mit den Bewohnern der größten Favela Rio de Janeiros hat er eine Ausstellung der Geschichte der Favela entwickelt. Die Kraft der Erinnerung und die Möglichkeit, sich mit der Geschichte des Ortes auseinanderzusetzen, gibt den Favelabewohner die oft vermisste Anerkennung ihrer Person. Das Museum zeigt ein anderes Bild der
Favela. Hier bestimmen nicht Gewalt und Verbrechen den Alltag der Menschen. Das Museum zeigt Zeiten des Feierns, des alltäglichen Lebens zu Hause, des Aufbaus, aber auch des Widerstandes. Wie Luiz Antonio de Oliveira selbst sagt, können dadurch im Museum andere Zeiten entstehen. Das Favelamuseum ist ein Ort, an dem sich die Menschen dazugehörig fühlen sollen, es ist für alle offen und fördert den Austausch über vielfältige Themen. So können die Menschen die Paradigmen und Stigmata dekonstruieren, die ihnen von außen zugeschrieben werden. Die Stadt ist eine. Es gibt keine geteilte Stadt. te, schafft eine Gegenöffentlichkeit zum generellen Programm der Medien und bietet gleichzeitig den Jugendlichen eine Perspektive. Wie es ist, als jugendlicher Afrobrasilianer in einer Favela Brasiliens aufzuwachsen, trägt zum Schluss des Films XY in seinem eigenen Hip Hop Song vor. Ich bin stolz darauf, Afro-Brasilianer zu sein. Auf dem Event Favela Toma Conta trifft sich die Jugend aus der Favela, da hier bekannte Hip Hop Bands auftreten. Das Festival ist eine bekannte Instanz in der Favelakultur geworden. Der heute ebenfalls bekannte Literat der Peripherie und Hip Hopper Alessandro Buzzo begann vor Jahren mit seinen Freunden, Straßenfeste zu organisieren. Die Musik und die Texte, die sich mit ihren Problemen und ihrem Leben beschäftigen, bieten den Jugendlichen ein Ventil für ihren Frust. Die Favelakultur zeigt eine andere Seiu r p s urban research in participatory struggles Bisher erschienen: City of Favelas, Crisis, Empower the Favela Kontakt: urps@ymail.com, Maike Pricelius und Adrian Mengay