e i r e ts g i d e r P Zweifeln & Staunen wie Thomas (1/8) Text: Johannes 20,24-29 Predigt vom 20. Januar 2013 von Peter Knecht www.kirchesteinmaur.ch www.kircheneerach.ch
Schriftlesung: Psalm 139,1-6 Liebe Gemeinde, In den vergangenen Tagen haben wir einmal mehr ernüchtert feststellen müssen, dass Worten sogar solchen, die unter Eid gesagt wurden, manchmal wenig zu trauen ist. Ein Lügengebäude, das über die Jahre immer grösser wurde, ist zusammengebrochen. Erschreckend deutlich wird aber auch gesagt, dass da weiterhin noch viel Lüge mit im Spiel sei. Beispiele, wie das des Radrennfahrers Lance Armstrong, des Politikers X und des Bankers Y sind alles andere als förderlich dazu, dass wir Aussagen anderer Menschen Vertrauen schenken. Dabei wissen wir, dass wir ohne Vertrauen nicht leben können. Wir möchten gerne vertrauen, und erleben doch manchmal Situationen, in denen wir über Aussagen anderer Menschen misstrauisch werden. Zweifel kommen auf. So ist es mir auch ergangen, als letzte Woche eine Roma- Familie im KGH aufgetaucht ist und mir mit einer höchst fragwürdigen Geschichte erklärte, warum sie Geld bräuchten Wir sind manchmal misstrauisch, weil wir gewiss alle schon die Erfahrung gemacht haben, dass uns jemand eine Lüge aufgetischt, oder nur die halbe Wahrheit gesagt hat. Und vielleicht sind wir manchmal auch etwas misstrauisch, weil wir selber in unserem Erzählen etwas übertrieben oder schon einmal nicht die ganze Wahrheit gesagt haben Zwei Fragen: 1. Wem kann ich ganz und gar vertrauen? 2. Bin ich selber in meinem Reden ganz und gar vertrauenswürdig? Vertrauen können baut auf, gibt Halt, Kraft, beflügelt. Demgegenüber werden wir geschwächt, wenn Zweifel aufkommen. Zweifel, Misstrauen zieht den Boden unter den Füssen weg, bringt ins Wanken, ist wie ein Gang auf dem Glatteis was wir heute Morgen draussen reichlich vorfanden. Zweifeln und staunen wie Thomas. So haben wir die Überschrift formuliert für die erste Predigt unserer achtteiligen Gottesdienstreihe Zweifeln und Staunen. 2
Thomas einer der zwölf Jünger Jesu ist in die Geschichte eingegangen als der Zweifler. Und sogar zum Sprichwort ist er geworden, der ungläubige Thomas. Warum ist Thomas ein Zweifler? Wir hören einen Abschnitt aus dem Johannesevangelium Kapitel 20, die Verse 24-29. In den Versen davor wird berichtet, wie Jesus am Abend des Auferstehungstages plötzlich in den verschlossenen Raum der Jünger trat und ihnen den Zuspruch gab: Friede sei mit euch! Dann zeigte er ihnen seine Wundmahle. Damit fanden die anwesenden Jünger zur tiefsten Gewissheit: Der Herr ist wahrhaft auferstanden! 24 Thomas aber, einer der Zwölf, der auch Didymus genannt wird, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Da sagten die anderen Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sagte zu ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und nicht meinen Finger in das Mal der Nägel und meine Hand in seine Seite legen kann, werde ich nicht glauben. Thomas war wir wissen nicht warum an diesem Abend nicht im Jüngerkreis. Damit hat er das besondere Ereignis verpasst und kann sich nur noch nachträglich von seinen Jünger-Kollegen erzählen lassen, was sie erlebt haben. Und nun kann Thomas das Geschilderte nicht wirklich fassen es übersteigt seinen Verstand. Ist das, was ihm seine Kollegen hier erzählen wirklich wahr. Kann man solches glauben? Ich bin mir nicht so sicher, ob es zutreffend ist, Thomas als den Zweifler unter den Jüngern darzustellen. Hatten nicht alle Jünger Mühe, zu glauben, als Maria ihnen berichtete, Jesus sei von den Toten auferstanden, sie habe ihn gesehen? Petrus und Johannes waren ungläubig losgerannt, um selber nachzusehen, ob das wirklich wahr sein könne Auch sie konnten erst glauben, nachdem sie gesehen hatten die Leinentücher im leeren Grab und dann (noch am selben Tag) Jesus, der sich ihnen zeigte und sie seine Wundmahle sehen liess. 3
Und nun sagt doch Thomas nichts anderes, als dass er genau wie sie sehen wolle, um das Unglaubliche, glauben zu können. Drei Jahre waren die Jünger mit Jesus durchs Land gezogen. Drei Jahre intensivsten Unterrichts. Jesus lehrte sie über das Gesetz, die Propheten und die Schriften. Er erzählte ihnen in Gleichnissen vom Reich Gottes. Und sie erlebten wunderbare Heilungen, ja sogar Totenauferweckungen. Er erzählte ihnen auch, von seinem Leidensweg, den er zu gehen habe. Ja sogar seinen Tod und seine Auferstehung am dritten Tag kündete er ihnen an. Aber all das genügte nicht, dass sie einfach nur auf Grund seiner Worte glauben konnten. Es hat ganz einfach nicht in ihr Denken gepasst es war zu hoch, als dass sie es fassen konnten (Ps 139,6). Müssen nicht auch wir eingestehen, dass uns diese Gedanken eigentlich zu hoch sind. Menschliche Vernunft allein reicht nicht aus, um die Frohbotschaft des Evangeliums zu fassen. So ist es doch eigentlich tröstlich, dass die Jünger, die Jesus so nahe waren, nicht als übergrosse Glaubenshelden dargestellt werden, sondern als solche, die mit ihrem begrenzten Verstehen immer wieder fragend zu Jesus kamen. Und noch tröstlicher ist es, zu sehen, mit welcher Liebe und Geduld Jesus seine Jünger leitet und begleitet. Und so sehen wir in unserem Abschnitt, wie Jesus nun auch dem Thomas so entgegenkommt, wie er es braucht. 26 Nach acht Tagen waren seine Jünger wieder drinnen, und Thomas war mit ihnen. Jesus kam, obwohl die Türen verschlossen waren, und er trat in ihre Mitte und sprach: Friede sei mit euch! 27 Dann sagt er zu Thomas: Leg deinen Finger hierher und schau meine Hände an, und streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Jesus sagt zu ihm: Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Selig, die nicht mehr sehen und glauben! Plötzlich unvermittelt steht Jesus zum zweiten Mal bei den Jüngern im verschlossenen Raum. Wieder der Zuspruch: Friede sei mit euch! Den haben sie nötig. Wo so Unfassbares geschieht, reagieren wir Menschen zuerst mit Angst und Schrecken. Der Zuspruch Jesu ist ihnen vertraut. Friede sei mit euch! Wie Balsam wirken auf sie diese Worte Jesu. 4
Noch bevor Thomas etwas sagen kann, spricht Jesus ihn an und bietet ihm genau das an, was Thomas vor Tagen geäussert hat. Der Text lässt offen, ob Thomas wirklich die Wundmahle Jesu berührt hat. Möglicherweise hat er das nicht einmal mehr gebraucht, um erkennen zu können, dass wirklich wahr ist, was er bisher nur gehört hatte. Und so formuliert er das grösste Bekenntnis eines Jüngers: Mein Herr und mein Gott! Der da vor ihm steht und die Hände zu ihm hin ausstreckt, ist Herr und Gott in Person. Mein Herr und mein Gott! In dem Moment ist in Thomas etwas Entscheidendes geschehen. Bis dahin war er von Zweifeln geplagt. Zweifeln das bedeutet eigentlich eine innere Zerspaltenheit. Einerseits möchte man dem glauben, aber da sind noch andere Stimmen/Gedanken, die in eine andere Richtung ziehen. Innerlich zerrissen schwankt man hin und her. An vielen Stellen in der Bibel finden wir die Aufforderung, etwas von ganzem Herzen zu tun. In Röm 4 schreibt Paulus über Abraham, welcher "Vater des Glaubens" genannt wird, weil er Gott von ganzem Herzen glaubte. Er wagte es, Gottes Zusagen an ihn ganz zu vertrauen, obwohl sein Verstand dies nicht wirklich fassen konnte. Er hat getan, wozu ihn Gott aufforderte, als er mit ihm einen Bund schloss (Gen 17,1), wo es heisst: Ich bin El-Schaddai (= der allmächtige Gott). Wandle vor mir und sei vollkommen (sei ganz). Gott sucht Menschen, die ihr Herz ungeteilt (ganz, vollkommen) Gott zuwenden. In unserem Abschnitt begegnet Jesus dem Thomas so, dass dieser den entscheidenden Schritt tun kann: Thomas erkennt, dass er Jesus von ganzem Herzen vertrauen kann. Er erkennt nicht nur, dass Jesus tatsächlich von den Toten auferstanden ist. Er erkennt auch, dass die Worte zutreffen, die Jesus ihnen vor seinem Tod gesagt hatte. (zb: An jenem Tag werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch. Joh 14,20) 5
Jesus war da, auch als er ihnen nicht sichtbar war. Die ganze Zeit über war er da, nicht nur in den Momenten, in denen er sich ihnen leiblich zeigte. Er war da in euch und kennt darum die Gedanken, die Thomas quälten. Thomas erlebt genau das, was der Schreiber des 139. Psalmes formuliert hat: 2b du verstehst meine Gedanken von fern 4 Kein Wort ist auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht ganz und gar kennst. So kommt Thomas vom Zweifeln ins Staunen ein Staunen, das ihn zum ungeteilten Vertrauen führt und ihn bezeugen lässt: Mein Herr und mein Gott! Thomas hat zum Glauben gefunden. 29 Jesus sagt zu ihm: Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Und er fügt eine Einladung an, die alle Generationen nach Thomas und damit auch uns heute ganz direkt angeht: Selig, die nicht mehr sehen und glauben! Wagen wir es doch, Jesus in allem restlos zu vertrauen: Und üben wir uns täglich darin, ganz zu sein nicht in Zerrissenheit zu leben. Denn ganz sein bedeutet auch, dass wir uns darum bemühen, dass Wort und Tat zusammenstimmen. Für die Menschen um uns soll durch unser Handeln sichtbar, erfahrbar werden, dass unsere Worte vertrauenswürdig sind. Nur im Ganzsein können wir glaubwürdige Zeugen der Liebe Gottes sein und Menschen zu dem hin führen, der wahrhaft vertrauenswürdig ist. In 2. Chronik 16,9 heisst es: Die Augen des HERRN schweifen über die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ihm ungeteilt gehört. AMEN 6
Notizen 7
Predigt-Themen 27 09.45 Uhr_Mehrzweckgebäude Neerach Gibt es nur eine wahre Religion? Januar 3 10 17 24 3 März Ist die Kirche nicht für viel Unrecht verantwortlich? 10 Ist der christliche Glaube eine Zwangsjacke? Februar Ich bin doch auch ohne Jesus ein guter Mensch? Februar Wie kann ein liebender Gott Leiden zulassen? Februar Ist der christliche Glaube gesellschaftsrelevant? Februar Wozu braucht es denn die Kirche? März 8