Was lange währt, wird schließlich gut! So lautet ein Sprichwort.

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VORWORT Was lange währt, wird schließlich gut! So lautet ein Sprichwort. Einige unserer verehrten Konabiturienten haben sich eine Menge Zeit genommen, über zwei Jahre, um etwas zu Papier zu bringen und abzuliefern. Aber nun ist der lang ersehnte Augenblick gekommen: Hier haltet ihr nun endlich das Buch in Händen,»unser«Buch! Es ist, wie ihr sicher nach nur kurzer Prüfung feststellen werdet, ein recht ansehnliches Werk geworden, zweifellos. Nette Fotos, kaum zu beanstandende Lebensläufe, hübsche Geschichten, alle erzählenswert, wirklich alle. Um eine häufiger gestellte Frage ein für alle Mal zu beantworten: Unser Buch ist in der gesamten Republik käuflich zu erwerben, ja europaweit, weltweit. Ob es aber nun wirklich einen Käufer findet, das steht in den Sternen. Aber ganz ohne Zweifel wird eines Tages die Schwedische Akademie der Schönen Künste aufmerksam werden und folglich - leider, leider wohl erst posthum den Nobelpreis für Literatur auf uns herabregnen lassen! Ihr zweifelt doch wohl nicht daran?! Der Nobelpreis kann auch auf mehrere Personen verteilt werden, wie ihr sicher wisst. Es bekäme also von uns ein jeder etwas ab! Der Buchtitel»Eine Mütze voll Leben«ist ein Einfall von Klaus Fröbe, vorgeschlagen am 11.4.2008 bei unserem 50jährigen in der»lochmühle«an der Ahr. Wie ihr euch erinnert, stand seinerzeit vor nunmehr fast sechzig Jahren der Wunsch im Raume, sich durch ein entsprechendes Accessoire von anderen Klassen, vor allem von den beiden parallelen, abzuheben. Irgendeiner hatte die Idee, dies könnten Mützen sein sowie farblich dazu passende Fliegen. Unser Ordinarius, Studienrat Walter Hamann, erhob keine Einwände. Wil- 13

fried Faßbender besorgte alles. Erstmals getragen wurden Mütze, mit Schirm und rot-bunt kariert, sowie Fliege von uns beim Schulausflug am 4. Juli 1955 anlässlich des 125jährigen Bestehens unseres Gymnasiums. Die Dampferfahrt nach Linz, ihr habt sie sicherlich noch vor Augen. Wenn nicht, dann beguckt euch das Foto vom besagten Tage. Ihr findet es am Ende dieses Vorwortes. Und auch auf dem Cover ist unsere Mütze zu sehen, das habt ihr sicherlich sofort bemerkt. Getreu der Namenliste der Abiturientia MCMLVIII, Klasse O I c (ihr findet sie im Anhang), habe ich euch mit euren einzelnen Beiträgen alphabetisch eingeordnet, dies erschien mir logisch und am einfachsten. Einige von uns fanden die Zeit und die Muße, gleich zwei Erzählungen abzuliefern, diese stehen dann auch hintereinander. Mit einer Ausnahme: meine eigenen Geschichten. Ich habe die Klasse quasi eingerahmt, eine Erzählung vorne, alphabetisch korrekt, die andere hinten als Abschluss. Vor eurer Vita prangt euer Foto, Jetzt-Zustand. Das zweite - von anno Tobak findet ihr zwischen Lebenslauf und eurer Geschichte. Die Qualität der angelieferten Aufnahmen war recht unterschiedlich, und ich hegte von vornherein bei einigen Bedenken, ob sie denn in unserem Buche auch gebührend zur Geltung kommen. Urteilt selber. Eure Aufnahmen wurden ergänzt durch solche aus dem Bestand, um vor allem auch unsere verstorbenen Klassenkameraden (Liste im Anhang) bildlich darzustellen. Und so ist wirklich jeder Konabiturient auf einem Foto zu entdecken. Ein nicht zu verzeihender Fehler wäre es, sich nur die Erzählungen zu Gemüte zu führen. Nein! Auch die Lebensläufe bergen so manches Überraschende, was wir von dem einen und anderen gar nicht wussten und bis dato nie erfahren haben. Bevor ihr euch jetzt in die Innereien des Werkes begebt, lechzend nach dem, was die ehemaligen Klassenkameraden»verbrochen«und zu Papier gebracht haben, solltet ihr auf jeden Fall dieses Vorwort zu Ende studieren. Es lohnt sich! Denn was ihr hier nun zu lesen bekommt, ist den scheinbar unendlich ergiebigen Gehirn-

windungen eines Bernhard Marten entflossen. Wirklich erstaunlich! Also bitte, lassen wir Bernhard zu Wort kommen: Soweit ich das heute noch nachvollziehen kann, wurden Ostern 1949 einundzwanzig (21) Schüler in die VI c (Sexta) des Städtischen Naturwissenschaftlichen Gymnasiums Köln - Mülheim eingeschult, und zwar in der Genovevastraße. Das neue Schulgebäude, zwischen Rhein und Düsseldorfer Straße gelegen, konnte erst im Jahre 1955 bezogen werden ( heute: Rheingymnasium Köln-Mülheim). Hier unterbreche ich mal kurz den Bernhard, falle ihm ins Wort und ergänze seine letzte Angabe. Die Grundsteinlegung des neuen Schulgebäudes erfolgte am 29. Juli 1954, das Richtfest wurde gefeiert am 7. Januar 1955, ab dem Schuljahr 1955/1956 wurde im Neubau unterrichtet. Und nun weiter der Bernhard. Von diesen oben genannten 21 Schülern haben nur sechs (6) die Schule im Jahre 1958 mit dem Abitur verlassen, und zwar Eckhardt Coerdt Manfred Groos Wilfried Faßbender Karl-Fritz Huppertz Wilfried Faust Jürgen Knauer Von den übrigen 15 Schülern der 1949er Anfangsklasse verließen fünf (5) die Schule mit der Mittleren Reife im Jahre 1955. Dies waren Herbert Decker Franz-Werner Peifer Ludwig Intemann Rolf Dieter Schmetzke Günter Lingens

Sieben (7) Klassenkameraden schieden bereits vor der Mittleren Reife aus: Rudolf Buchmüller Roland Rheilen(Umzug) Heinz Koistra Herbert Schneider (Umzug) Heinz Lacroix Manfred Strobel (Umzug) Erwin Linke Drei Klassenkameraden wurden zwar in die O II versetzt, also in die Oberstufe, verließen aber vor der Reifeprüfung unsere Klasse: Friedhelm Gronau Wolfgang Mellmann Dietmar Warneke Im Jahre 1950 trat ich (Bernhard Marten) in die Klasse des Studienrats Walter Hamann ein, in die V c (Quinta). Ab dieser Zeit, also nach mir, kamen noch neununddreißig (39) Schüler hinzu, von denen 23 im März 1958 zusammen mit den oben genannten ersten sechs ihr Abitur erlangten. Sechzehn (16) ehemalige Klassenkameraden machten nicht mit uns gemeinsam ihr Abitur, sondern verließen vorher die Klasse. Diese 16 teilen sich wie folgt auf: Jochen Menck verließ Ostern 1955 mit Mittlerer Reife die Schule. Sechs (6) machten ein Jahr nach uns ihr Abitur: Rüdiger Albat Hans-Jürgen Kranz Ingo Debuschewitz Ralf Pätzmann Rudolf Josche Wolfgang Riotte Wolfgang Pfeifer übersprang in der Mittelstufe eine Klasse und legte ein Jahr vor uns seine Reifeprüfung ab. Die restlichen acht (8) Mitschüler verließen vorzeitig während des Schuljahres bzw. nach erfolgter / nicht erfolgter Versetzung die Klasse: Günter Bels Hans-Hermann Lüdorf Hans-Jürgen Gern Günter Mailahn

Manfred Giese Klaus Plog Friedhelm Jäger Walter Widmann An unserem Gymnasium war unsere Klasse bis hin zum Abitur immer diejenige mit den meisten Schülern (Anmerkung der Herausgebers: laut»festschrift zur Feier des 125jährigen Bestehens und des Einzugs in die neue Schule am Rhein«zählte im Mai 1955 unsere Klasse O II c 32 Schüler, die O II a lediglich 21, die O II b deren 26). Ein wichtiger Grund hierfür lag darin, dass es damals in Köln für Schüler mit naturwissenschaftlicher Ausrichtung nur unser Gymnasium gab, in welchem ab der Sexta Englisch als erste Fremdsprache unterrichtet wurde. Schüler, aus anderen Bundesländern nach Köln zugezogen und mit Englisch als Anfangssprache, hatten nur die Möglichkeit, über unsere Klasse den Anschluss zu finden. Unsere Schulleitung stellte uns, die c-klasse, auch über Köln hinaus als leistungsstark heraus mit der Zielrichtung»Englisch als Anfangssprache«. Dies hatte zur Folge, dass wir nicht nur als»vorzeigeklasse«für Besucher aus England, Dänemark und dem Düsseldorfer Schulministerium herhalten mussten, sondern dass auch immer wieder Lehramtsanwärter während ihrer Ausbildung unsere Klasse durchliefen (und uns für die Unterstützung bei den Lehrproben dankbar waren). Soweit also Bernhards Erinnerungen. Seinem guten Gedächtnis ist wohl nichts hinzuzufügen. Er behauptet, sogar noch zu wissen, auf welchem Platz innerhalb des Klassenraumes die einzelnen gesessen haben. So, nun seid ihr genügend eingestimmt auf das, was euch erwartet. Freut euch der Dinge, die nun anstehen und macht euch an die Lektüre! Ach ja, ehe ich es vergesse: Solltet ihr in diesem Buche einen Fehler entdecken (Rechtschreibung, Grammatik, Interpunktion), so ist dieser selbstverständlich bewusst im Text versteckt worden, und dies nur, um eure Aufmerksamkeit zu schulen. Köln, im Sommer 2010 Der Herausgeber Hans-Jo. Carlitscheck

Sie spielen ein gefährliches Spiel Hans-Joachim Carlitscheck Im Frühjahr 1949 trat ich im nordhessischen Städtchen Hessisch- Lichtenau in die Sexta des Städtischen Realgymnasiums ein, durchlief diese Klasse, auch Quinta und Quarta und wurde ebenfalls ohne Probleme in die Untertertia versetzt. Ich weiß es noch wie heute, die erste Mathematikarbeit in der Untertertia brachte mir ein»ausreichend«ein. Das reichte mir vollkommen, besonderen Ehrgeiz legte ich nicht an den Tag. Als ich dann aber das Heft nach der zweiten Arbeit zurück erhielt, beschlich mich doch ein mulmiges Gefühl, denn unter der Arbeit»glänzte«ein fettes»ungenügend«!»du solltest vielleicht etwas mehr tun!«, forderte ich mich selber auf, setzte diesen Vorsatz in die Tat um und hatte Erfolg. Die dritte Mathematikarbeit erbrachte ein glattes»sehr gut«. Diese Eins habe ich mir dann wohl zu lange angeschaut, sonnte mich in diesem Erfolg und schrieb in der Arbeit Nummer vier doch tatsächlich wieder ein»ungenügend«! Nun wurde es kritisch. Nicht etwa, dass ich mir ausnehmend große Sorgen machte, das nicht. Aber es zeichnete sich unser Umzug nach Köln ab, und dort dann vielleicht mit einem»mangelhaft«in Mathematik vorzusprechen, nein, das wollte ich nicht.»also, was muss ich für eine Note schreiben, um weder eine 5 in meinem Übergangszeugnis stehen zu haben noch eine zu gute Note, die ich dann unter Umständen nicht verteidigen kann?«, fragte ich mich und entschloss mich, es mit einem»ausreichend«zu versuchen. Und es klappte! Mein Mathematiklehrer zog die Augenbrauen in die Höhe, als es dann um die Zeugnisnote ging.»4-6 - 1-6 - 4! Was hast du dir denn dabei gedacht? Welche Note kommt denn dabei heraus? Bist du mit einer 4 einverstanden?«na klar, das war ich. Und alle anderen Lehrerinnen und Lehrer

ging ich an mit der Bitte, mir lieber die weniger gute Note zu verpassen, wenn ich zwischen zweien stünde und sie sich entscheiden müssten. Es geisterte nämlich da eine Meinung durch unser Gymnasium, welcher ich aber nicht so recht Vertrauen schenkte.»wir hier in Hessisch-Lichtenau«, so hieß es,»wir sind den Schulen in Kassel um einiges voraus! Und ganz sicher trifft dies auch auf Köln zu! Mache dir keine Sorgen!«Das mit Kassel, das stimmte wohl. Aber auch Köln voraus? Darauf wollte ich mich lieber nicht verlassen und ließ Vorsicht walten. Im Januar 1953 gelangten wir nach Köln und bezogen eine Wohnung in Köln-Deutz. Und ab dem 13. Januar war ich dann Schüler unseres Städtischen Naturwissenschaftlichen Gymnasiums, trat in die Untertertia ein. Von wegen»ganz sicher trifft dies auch auf Köln zu«! Im Gegenteil! In allen Fächern, wirklich in allen, musste ich aufholen und mir einen abstrampeln, tat dies, wurde nach Obertertia und danach in die Untersekunda versetzt. In dieser Klasse fiel mein Halbjahreszeugnis dann allerdings ausgesprochen mies aus, so dass mein Hineinrutschen in die gymnasiale Oberstufe ernsthaft gefährdet schien. In Untersekunda erstmals und ab dieser Klassenstufe aufwärts gelang mir nun wirklich bewusst und gewollt, die Note in einer Klassenarbeit zu schreiben, die ich brauchte, um das Klassenziel zu erreichen und eine Wiederholung zu vermeiden. Schon früher war mir dies hin und wieder gelungen, erstmals ja noch in Hessisch-Lichtenau. Nun aber wurde es beinahe zur Perfektion. Mich abzustrampeln, das hatte ich nicht mehr nötig. Auf ein strahlendes Zeugnis mit glänzenden Noten legte ich keinen großen Wert, wurde ich doch auch so versetzt. Ob mit lauter»sehr gut«oder nur mit einer Latte von»ausreichend«, das war vollkommen egal, ich saß in der nächst höheren Klasse. Auch im Abitur ging es für mich keinesfalls um Traumnoten oder um einen hohen Notendurchschnitt. Über einen Numerus clausus machte ich mir keine

Gedanken, den gab es für die von mir ins Auge gefassten Studienfächer nicht. Ich konnte studieren, wenn mein Reifezeugnis das Wörtchen»bestanden«enthielt. Dies alles war mir spätestens ab der Untersekunda klar. Ich legte es nur noch darauf an, immer versetzt zu werden und schließlich das Abitur zu bestehen. Vor jeder Arbeit fragte ich mich, welche Note ich schreiben musste, um das oder das zu erreichen oder um das oder das zu vermeiden. Und es klappte eigentlich immer. Während nun fast alle unsere lieben Lehrerinnen und Lehrer mich für einen schwachen Schüler hielten, aus ihrer Sicht zweifelsohne zu Recht, dem man helfen müsse, das Ärgste zu verhindern, dem aber ganz sicher einmal»seine Trägheit und Faulheit zum Verhängnis werden wird!«(so äußerte sich Studienrat Gottfried Witsch), da gab es doch einen, der mich durchschaut hatte. Dies war unser Deutsch- und Philosophielehrer Dr. Wolfgang Schemme. Eines Tages anfangs der Unterprima, nachdem wir eine Deutscharbeit zurück erhalten hatten, lief ich dem Dr. Schemme auf dem Gang vor unserem Klassenraum über den Weg, und er sagte zu mir:»sie spielen ein gefährliches Spiel! Sie wissen, was ich meine!«er drohte mit dem Finger und ging. Er hatte erkannt, wie ich arbeitete, dass ich»gezielt«schreiben konnte nach dem Motto»Welche Note brauche ich? Die schreibe ich auch!«mir entlockte seine Bemerkung seinerzeit nur ein Grinsen, und ich»spielte«weiter. Mit Erfolg. Aber es hätte natürlich auch in die Hose gehen können. Später als Student, als ich zwei- oder dreimal Dr. Schemme aufsuchte (er wohnte damals nicht weit von mir ebenfalls in Deutz), kamen wir auf diese Szene, auf diese seine Bemerkung und eben auch auf meine»kunst«zu sprechen, und er verriet mir, dass ihm mein»gefährliches Spiel«bewusst war seit Obersekunda. Ernsthaft etwas dagegen unternommen habe er nicht, denn es sei ja immer gutgegangen,»nur nicht im Abitur«. Dies wiederum»sei nun mir bewusst!«, entgegnete ich.

Das Abitur! Wie ihr alle wisst, in vier Fächern hatten wir schriftliche Klausuren zu bewältigen. Derjenige von uns, der zu deutlich oder auch überhaupt von seiner Vornote abwich, landete im»mündlichen«. In den Fächern Mathematik und Latein schrieb ich haargenau das, was sein musste, um eben nicht noch mündlich geprüft zu werden. In den beiden anderen Fächern, also Deutsch und Physik, da gelang mir dies nicht. In Deutsch schrieb ich besser, in Physik deutlich besser, als es die Vornote besagte, weil mir in beiden Klausuren die Themen lagen, ich mich hinreißen ließ und das»gezielt schreiben«außer Acht ließ. Für Deutscharbeiten in Oberprima bekamen wir immer vier oder fünf Themen, von denen wir dann eins auswählten, um dieses in fünf oder gar sechs Unterrichtsstunden zu bearbeiten und zu Papier zu bringen. Ein Thema, welches ich wählte im zweiten Halbjahr, also kurz vor dem Abitur, lautete:»welche Rolle spielt das Gespräch im Leben des Menschen?«Und dann kam mir ein Gedanke, den ich für keineswegs abwegig hielt.»es liegt doch vielleicht nahe«, so sagte ich mir,»dass Dr. Schemme etwas Vergleichbares formuliert für die Abiturklausur! Das wäre doch möglich!«und tatsächlich, es kam so! Das Thema für die Deutschklausur, welches ich dann wählte, lautete:»welche Bedeutung hat das Schweigen im Leben des Menschen?«Da war ich in meinem Element! Es ist doch nicht verwunderlich, dass es mit mir durchging und ich nicht mehr die Disziplin aufbrachte, auf die Vornote zu achten! Nun komme ich auf die Physikklausur zu sprechen. Unser Mathematik- und Physiklehrer war Dr. Josef Hiegemann. Im Laufe der Oberprima hatte er mit uns drei Themenblöcke ausführlich abgehandelt, und aus diesen mussten dann auch die Aufgaben für die Abiturklausur erwachsen. Dummerweise aber verlangte das Ministerium in Düsseldorf vier Themen, aus denen es dann wiederum eins auswählte und uns zur Aufgabe machte.

Woher also das vierte Thema nehmen? Da war guter Rat teuer. Unsere Schule nannte innerhalb der Physiksammlung mehrere Wattmessgeräte ihr eigen. Eines dieser Geräte zeigte zum Leidwesen von Dr. Hiegemann immer falsche Werte an und wurde von ihm dem Eichamt überantwortet, um es dort wieder auf Vordermann bringen zu lassen. Es dauerte etwas, dann kam das Gerät zurück, zeigte aber immer noch verkehrt an!»pfuscharbeit!«dr. Hiegemann regte sich auf, verfiel dann aber auf die glänzende Idee, aus diesem Vorgang rund um Wattmessgerät und Eichamt ein Thema zu formulieren, eben das vierte, welches noch fehlte,»und niemals ist man da in Düsseldorf doch so dämlich, dieses für die Klausur zu wählen, nicht wahr!«nun ja, in Düsseldorf dachte man anders.»erfrischend, ein solches Thema! Ist uns noch nicht untergekommen! Sonst überall immer das gleiche! Nicht aber hier! Toller Vorschlag!«Da stand nun also unser lieber guter Dr. Hiegemann, salopp ausgedrückt, auf dem Schlauch. Wie gesagt, aus dem Unterricht erwachsen war das Wattmessgerätthema nicht, und wir hatten bis dato auch keine Ahnung, weshalb und wann und wie es war mit dem Eichamt. Am Tage der Physikklausur - Freitag, der 17. Januar 1958 - kommt Dr. Hiegemann pünktlich zu Klausurbeginn um 7.45 Uhr in den Raum, sagt»sitzen Sie ruhig! Hören Sie gut zu! Schreiben Sie nicht mit!«und berichtet uns in fünfzig Minuten,»die Ihnen leider von der Klausurzeit abgehen!«, über das Gerät und was mit ihm geschehen war. Na, da war ich doch wieder in meinem Element! Ein Thema, welches einem entgegenkommt, wenn man in Deutsch firm ist! Ein Thema, bei dem ich ironische und andere Töne anschlagen kann! Ein Thema, bei dem ich formulieren und mich auch ein wenig lustig machen darf! Ein Thema, welches selbstverständlich auch eine sachliche Darstellung verlangt, denn schließlich handelt es sich um etwas Naturwissenschaftliches. Da gilt es zum Beispiel auch zu berechnen, was mir aber egal war und mir nicht schwer

fiel in diesem Falle. Und ich legte los, gewährte mir freien Lauf, Vornote hin - Vornote her! Eine solche Gelegenheit darf ich mir nicht entgehen lassen, auch nicht beim schriftlichen Abitur! Bei zwei unserer vier Klausuren funktionierte also mein»gefährliches Spiel«nicht. Was Deutsch anging, so meinte Dr. Schemme:»Da habe ich ganz andere zu prüfen!«folgerichtig landete ich in der mündlichen Physikprüfung! Das musste dann sein! Ich bekam als Aufgabe vorgesetzt:»was hält den Sputnik auf seiner Umlaufbahn?«Wie ihr sicher wisst, war der Sputnik der erste künstliche Erdsatellit, wurde von der Sowjetunion am 4. Oktober 1957 gestartet, umkreiste die Erde in 96 Minuten und war für Lehrer wie Schüler natürlich eine Sensation. Ich ließ ihn also kreisen, diesen Sputnik, rechnete und berechnete, verwechselte aber dabei das große M für Mond mit dem kleinen m für Masse, so dass ich einerseits den Sputnik etwas aus den Augen verlor, zum anderen bei meiner Rechnung an der Tafel sich die Erde schließlich um den Mond drehte, was nun weder Dr. Hiegemann akzeptieren konnte noch einer der zahlreichen anderen Anwesenden glauben wollte und meine Physiknote folglich nicht aufgebessert wurde. Dies wiederum war mir ziemlich schnurz, denn ich hatte ja nicht vor, ein naturwissenschaftliches Fach zu studieren. Ich bestand das Abitur, erhielt die Zulassung zum Studium und hechelte am ersten Tage meines ersten Semesters zusammen mit Diether Meewes in einen übervollen Hörsaal, in dem Geschichte anstand. Dort wurden noch vor Erscheinen des Herrn Professors Textblätter verteilt, die wir zu unserem Leidwesen nicht lesen konnten, denn Französisch hatten wir nie gelernt. Also rasch raus aus diesem Hörsaal, um die Ecke geflitzt und hinein in den nächsten, ebenfalls übervollen. Dort stand Erdkunde auf dem Programm, und da sind Diether und ich hängen geblieben. 1 1 (Anmerkung des Herausgebers: Der obige Text»Sie spielen ein gefährliches Spiel«erschien vorab bereits in leicht veränderter Form in meinem 2007 erschienenen Buch»Das Leben hat oft Spitzen«, ISBN 978-3-939119-94-4).