Abstract Handlungsleitendes Interesse, Ziele der Arbeit Bei der Bearbeitung des Themas Leitbilder und Kompetenzen des österreichischen Offiziers 1934-1938 wurde behandelt, wie der Wechsel vom Offizier im Ständestaat zum Wehrmachtsoffizier erfolgen konnte. Welche Leitbilder beherrschten das Handeln des österreichischen Offiziers vor dem Anschluss? Welche Kompetenzen waren gefordert? Wie verhielten sich jene österreichischen Offiziere, die nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich in die Wehrmacht übernommen wurden? In der Einleitung werden die Begriffe Leitbild und Kompetenz definiert. Beim Begriff der Kompetenz erfolgt noch die genauere Definierung gemäß dem KODE X- System. Bei diesem System unterteilt sich der Begriff der Kompetenz in 64 Basiskompetenzen. In weiterer Folge werden anhand dieser die Kompetenzen des Offiziers im Ständestaat und der Wehrmacht definiert. Das erste Kapitel Der Ständestaat beschäftigt sich mit dem österreichischen Offizier im Ständestaat. Beginnend mit einem geschichtlichen Hintergrund und den Ereignissen bis zur Entstehung des Ständestaates wird auf das Leitbild des Offiziers im Ständestaat im Allgemeinen eingegangen. Um eine genauerer Beurteilung des Leitbildes zu gewährleisten, werden folgend Offiziere von der Theresianischen Militärakademie über den Generalstab bis hin zu jenen in politischen Ämtern behandelt. Manchmal war es hierbei zielführend, das Leitbild anhand einer Person abzuleiten. Als Beispiel wurde Feldmarschallleutnant Jansa stellvertretend für den Generalstab des Ständestaates behandelt. Abschließend werden die Kompetenzen des Offiziers im Ständestaat gemäß Kompetenzatlas und dem Leitfaden zum Kompetenztraining 1 dargestellt und erläutert. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem österreichischen Offizier in der Deutschen Wehrmacht. Darin wurde dargestellt, wie die Übernahme der österreichischen Offiziere in die Wehrmacht erfolgte. Anhand dieses Beispiels allein wurde gezeigt, wie sich die Prioritäten in der Armee verändert hatten. 1 Vgl.: HEYSE, Volker und ERPENBECK, John: Kompetenztraining. 64 Informations- und Trainingsprogramme. Schäffer- Poeschel Verlag. Stuttgart 2004.
Diese Veränderungen betrafen naturgemäß auch die österreichische Offiziersausbildungsstätte, die Theresianische Militärakademie. Im folgenden Kapitel wurden die ranghöchsten österreichischen Offiziere in der Deutschen Wehrmacht behandelt. An ihrem Beispiel wurde aufgezeigt, wie sich die Leitbilder verändert hatten. Darauf folgend wurden auch die Kompetenzen jener Offiziere beurteilt. In einer Zusammenfassung wird noch ein geschichtlicher Ausblick gewährt. Dieser beschäftigt sich unter Aussparung des Attentats auf Adolf Hitler mit dem österreichischen Widerstand. Bei der Bearbeitung des Themas waren folgende forschungsleitende Fragen von besonderer Relevanz: Was war das Leitbild des österreichischen Offiziers im Ständestaat? Zog sich dieses Leitbild durch alle Ebenen des Ständestaates von der Offiziersausbildung über den Generalstab bis hin zur Politik? Welche Kompetenzen waren gefordert? Wie vollzog sich die Übernahme der österreichischen Offiziere in die Wehrmacht? Wie veränderte sich das Leitbild mit dem Anschluss? Angewandte Methoden und gewählte Forschungsansätze Theorietyp: Methode: Forschungsansatz: Erhebungstechnik: Analysetechnik: empirisch- analytisch geisteswissenschaftlich historisch- genetisch Text- und Dokumentenauswahl Inhaltsanalyse Stand der Forschung Bei der Bearbeitung des Themas waren vor allem zwei Quellen von besonderer Bedeutung. Zum einen Ludwig Jedlickas Buch Ein Heer im Schatten der Parteien, da in diesem Werk die Lage des österreichischen Bundesheeres von der Gründung bis zum Einmarsch der Deutschen Wehrmacht, unter besonderer Bedachtnahme der politischen Einflüsse in der Ersten Republik und im Ständestaat auf die bewaffnete Macht, sehr genau geschildert wurde.
Zum anderen erwies sich Marcel Steins Buch Österreichs Generale im Deutschen Heer 1938-1945 als hervorragende Quelle, weil in diesem nahezu lückenlos objektiv die Schicksale bedeutender österreichischer Heerführer und Offiziere vor und nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich beleuchtet wurden. Resümee In der Geschichte Österreichs befanden sich österreichische Offiziere oftmals zwischen Eid und Gewissen. Nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie entstand ein neuer Staat, die Republik Österreich. Die nach dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrten Soldaten wurden wenig herzlich empfangen. In einem Staat, welcher, zerrissen durch Bürgerkrieg, neue Grenzen und die Uneinigkeit der politischen Parteien, kaum überlebensfähig schien, war kein Platz für die altgedienten Offiziere der ehemaligen Monarchie, da diese dem Anforderungsprofil wenig entsprachen. Trotz aller Widrigkeiten bekannten sich die meisten Offiziere der k. und k. Armee zum österreichischen Nachfolgestaat. Ihr Leitbild Für Gott, Kaiser und Vaterland! hatte jedoch jede Gültigkeit verloren. Zu dem kamen noch die Auflagen des Friedenvertrages von Paris St. Germain, deren Last die junge Republik zu tragen hatte. Zerstrittenheit der politischen Parteien und Bürgerkrieg prägten die ersten Jahre der Ersten Republik. Dazu hatte man mit Deutschland einen nördlichen Nachbarn, der, stetig aufrüstend, zusehends aggressiver wurde. So entschied man sich, nach und nach gegen die Auflagen des Friedensvertrages von St. Germain zu verstoßen. Österreichs Offiziere waren bereit den Weg der Republik und deren politischer Führung zu gehen. 1934 schließlich wurde der autoritäre Ständestaat unter Kanzler Engelbert Dollfuß, einem ehemaligen Offizier der Monarchie, ausgerufen. Ein neues Leitbild wurde für Österreichs militärische Führung definiert. Für ein eigenständiges Österreich, gegen die Deutsche Wehrmacht, gegen einen Anschluss, gegen den im Deutschen Reich an die Macht gekommenen Adolf Hitler! 1935 hatte man sich schließlich entschlossen, einen Generalstab einzurichten. Kommandant dieses Stabes wurde Feldmarschallleutnant Alfred Jansa, ein ehemaliger Offizier der Monarchie. Nach seiner Dienstzeit als Militärattaché in Berlin war er zu einem entschiedenen Gegner des Nationalsozialismus geworden. Entsprechend dem Leitbild des Ständestaates wurden Vorkehrungen für einen zu erwartenden Einmarsch der Wehrmacht nach Österreich getroffen. Das Heer wurde aufgestockt, die Aufstellung der
Luftwaffe enttarnt und Absprachen mit Italien über mögliche Unterstützungen getroffen. Doch wie so oft in der Geschichte Österreichs scheiterte vieles am Geldmangel. Doch nicht nur im Generalstab und dem Offizierskorps generell entsprach man dem Leitbild, arbeitete man für Österreichs Souveränität. Auch an der Militärakademie trat man für die Heimat ein. Ein leuchtendes Beispiel für den Ausbildungsweg an Österreichs Offiziersausbildungsstätte war deren Kommandant, Generalmajor Towarek. Selbst nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht verweigerte er die Leistung des Eides auf Adolf Hitler. Dass es dann doch nicht zu einer militärischen Verteidigung Österreichs beim Anschluss kam, lag nicht daran, dass Österreichs Bundesheer nicht bereitgestanden wäre, es war vielmehr eine politische Entscheidung gewesen. Loyalität und Optimismus waren wohl die Kompetenzen gewesen, die am ehesten den Offizier des Ständestaates prägten. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich verweigerten viele Offiziere die Leistung des Eides auf Adolf Hitler oder wurden aus politischen Gründen nicht in die Wehrmacht übernommen. Sie handelten gemäß ihrem Leitbild. Trotzdem erfolgte 1938 eben der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. Aus dem Ständestaat war die Ostmark geworden. Für jene, die in die Deutsche Wehrmacht übernommen worden waren, musste sich natürlich auch das Leitbild ändern. Man war ja schließlich Teil des Deutschen Reiches geworden. Ein Volk, ein Reich, ein Führer! So lautete das neue Leitbild. An Stelle von Volk und Gott war nur mehr die Person Adolf Hitler getreten. Es galt also nur mehr einer Person zu dienen, nicht mehr der Sache des Gesamten. Wenn auch jene österreichischen Offiziere, die in der Deutschen Wehrmacht dienten, nicht ihrem Leitbild im Ständestaat loyal geblieben waren, so war es doch oftmals das Pflichtgefühl, welches sie an das Heer ihrer neuen Heimat band. Doch so mancher fühlte sich nach wie vor dem Leitbild des Ständestaates verpflichtet und leistete erbittert Widerstand, innerhalb oder außerhalb der Wehrmacht. Betrachtet man trotz allem die Zahl jener, die nicht in das Deutsche Heer übernommen wurden oder aus politischen Gründen verfolgt oder entlassen wurden, und die Zahl jener, die Widerstand leisteten, so blieb die Masse der Offiziere Österreichs ihrer Heimat treu bis in den Tod. Zusammenfassend können also die handlungsleitenden Fragen wie folgt kurz beantwortet werden:
Was war das Leitbild des österreichischen Offiziers im Ständestaat? Der autoritäre Ständestaat und dessen Offiziere verfolgten das Leitbild, dass Österreich ein eigenständiger Staat bleiben muss und ein Anschluss an das Deutsche Reich mit allen Mitteln verhindert werden müsse. Zog sich dieses Leitbild durch alle Ebenen des Ständestaates von der Offiziersausbildung über den Generalstab bis hin zur Politik? Ja, da nicht nur im Offizierskorps das Ziel eines souveränen Österreichs verfolgt wurde. Sowohl an der Theresianischen Militärakademie, als auch im Generalstab und bei den Offizieren in der Politik herrschte diese Haltung. Welche Kompetenzen waren gefordert? Loyalität und Pflichtgefühl waren jene Kompetenzen, die das Handeln in allen Ebenen der militärischen Führung prägten. Sie waren neben anderen herausgearbeiteten Kompetenzen die wichtigsten. Wie vollzog sich die Übernahme der österreichischen Offiziere in die Wehrmacht? Viele österreichische Offiziere verweigerten die Leistung des Eides auf Adolf Hitler. Ein weiterer hoher Prozentsatz wurde aus politischen Gründen verfolgt oder entlassen. Von jenen, die in die Wehrmacht übernommen wurden, sind wohl viele nur als Mitläufer einzustufen. Wie veränderte sich das Leitbild mit dem Anschluss? Anstatt auf ein politisches System oder auf das Volk vereidigt zu sein, wurde man nur mehr auf die Person Adolf Hitler eingeschworen. Man kämpfte und tat seine Pflicht für den Führer. Auch wenn die Losung Ein Volk, ein Reich, ein Führer lautete, war die Person Hitlers das maßgebende.