Die geschichtliche Entwicklung der Nachschubtruppe

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Transkript:

Beiträge zur Geschichte der Nachschubtruppe Heft 03 Die geschichtliche Entwicklung der Nachschubtruppe Verfasser: Erscheinungsjahr: Oberst a.d. Wilhelm Wehrle ca.1960 Nachschubschule des Heeres Garlstedt Ausgabe April 2001

Die geschichtliche Entwicklung der Nachschubtruppe Solange es Kriege gibt, hat die Versorgung der Heere eine für den Kriegsablauf und den Kriegsausgang bedeutsame, bisweilen entscheidende Rolle gespielt. Sie hat sich in ihrer Art und Aufgabenstellung gewandelt, in ihrer Bedeutung ist sie im Zeitalter der Millionenheere und der Technik gewaltig gestiegen - nicht umsonst beschäftigt der Begriff "Logistik" heute alle Streitkräfte der Erde. Dementsprechend vollzog sich die Entwicklung der ihr dienenden Truppe. Die Entwicklung bis 1806 Bis in die neuere Zeit beschränkte sich die Versorgung fast nur auf die Verpflegung von Mann und Pferd. Die Kriegsheere lebten aus dem Lande nach dem Motto "Der Krieg muß den Krieg ernähren". Die Versorgung mit Verpflegung war oft entscheidend. Eine Festung, eine von

Wall und Graben umgürtete Stadt, war verloren, wenn sie nicht ausreichend proviantiert war. Der Angreifer zog meist das "Aushungern" dem mit blutigen Verlusten verbundenen "Sturm" vor. Aber auch er war maßgeblich von seiner eigenen Versorgung abhängig; manche Belagerung mußte abgebrochen werden, weil das besetzte Gebiet ausgesogen war. Die Kriegskunst, das operative Denken, wurde weitgehend von diesen Überlegungen beeinflußt. Sie bestand lange Zeit darin, nicht Schlachten zu schlagen, sondern den Gegner aus seinem Versorgungsgebiet oder den Winterquartieren "herauszumanövrieren". Eine feste Organisation für die Versorgung gab es nicht; im "Troß" waren Menschen, Pferde und Kriegsbedürfnisse vereinigt, die für die Versorgung gebraucht wurden. Der entscheidende Wendepunkt war die Aufstellung stehender Heere um das Ende des 17. Jahrhunderts. Damit beginnen die ersten Ansätze einer friedensmäßigen Planung und Vorbereitung der Versorgung im Kriege. In Preußen erfolgte unter Friedrich dem Großen die erste feste Organisation durch Einführung des

Proviantfuhrwesens, von Feldbäckereien und Feldlazaretten. Notwendiges Kriegsgerät wurde bereits im Frieden in Zeughäusern bereitgestellt, Proviantmagazine wurden angelegt. Die Leitung des Nachschubes war einem besonderen "Generalintendanten" im Stabe des Königs übertragen. Die Kriegsführung während des Siebenjährigen Krieges basierte auf Magazinen und geregeltem Nachschub. Wie maßgeblich die Versorgung den Gang der Dinge beeinflußte, zeigte sich darin, daß der im Jahre 1758 geplante entscheidende Stoß auf Olmütz in Böhmen abgebrochen werden mußte, weil leichte österreichische Truppen die Versorgungslinien durchbrachen und den größten Teil des Nachschubs erbeuteten. Eine Truppe für den Nachschubdienst gab es nicht, sondern bei den Troßfahrzeugen handelte es sich um requirierte Zivilfahrzeuge, deren Lenker im höchsten Maße unzuverlässig waren und trotz scharfer Bewachung bei jeder sich bietenden Gelegenheit davonliefen.

1807-1918 a) Der "Train" Die schlechten Erfahrungen auch im Feldzug 1806 führten bei der Reorganisation des preußischen Heeres 1807 zur Aufstellung einer Trainkompanie für jede Brigade und damit zur Gründung der ersten Nachschubtruppe, die den anderen Waffengattungen gleichgestellt wurde. Die neue Truppe legte in den Feldzügen 1813/14 und 1815 ihre Bewährungsprobe ab, verfiel aber in den Jahrzehnten nach den Befreiungskriegen der Auflösung. Erst als 1850 die drohende kriegerische Auseinandersetzung mit Österreich die Schwäche des damaligen preußischen Heeres zeigte, brachte die nun folgende Reorganisation des preußischen Heeres auch die Neugründung des Trains. 1856 wurden in den Trainbataillonen die eigentlichen Trains sowie Feldlazarette und Pontonkolonnen zusammengefaßt. Daneben wurden zur Artillerie gehörige Munitionskolonnen und die Trosse der Truppe aufgestellt.

Eine klare Unterscheidung in den Aufgaben war damit getroffen. Besondere Verdienste an dieser Neuorganisation hatte der König, spätere Kaiser, Wilhelm I., der die Bedeutung des Trains klar erkannt hatte. Als Uniform trug der Train einen dunkelblauen Waffenrock mit hellblauem Kragen und Aufschlägen, dazu einen Tschako. Die neue Truppe bewährte sich in den Feldzügen von 1864, 1866 und 1870/71 gut. Aus den Trainbataillonen, je Armeekorps zunächst ein Bataillon mit 2 Kompanien, wurden im Zuge der Entwicklung und der Heeresvermehrung bis zum Jahre 1913 Trainabteilungen mit 4 Eskadrons. Der zunehmenden Bedeutung der Heeresversorgung war damit zwar Rechnung getragen, aber doch nur bedingt. Die friedensmäßige Stärke des Trains entsprach keinesfalls den Anforderungen, die ein im Kriegsfall aufzustellendes Millionenheer stellen mußte. Daher bestand für die Trainabteilungen die besondere Aufgabe, für die erst im Mobilmachungsfall aufzustellende große Zahl von Nachschub- und Versorgungsformationen der verschiedensten Art Offiziere, Unteroffiziere und

Mannschaften der Reserve zu schulen und auszubilden. Gehörten doch zum Train und waren mit militärischen Führungspersonal zu besetzen nicht nur reine Traineinheiten wie Proviant, Fuhrpark- und Magazinkolonnen, sondern auch Feldbäckereikompanien, Sanitätskompanien, Pferdelazerette und -depots, Brückentrains usw. Die Bewährungsprobe brachte der 1. Weltkrieg 1914-1918, in dem durch den Train ungefähr 1700 Formationen verschiedenster Art aufgestellt werden mußten - eine Glanzleistung. Der Nachschub an Munition war die Aufgabe der von der Artillerie aufzustellenden und zu führenden Munitionskolonnen. Der Verbrauch an Munition war seit der Einführung des Hinterladers, des Maschinengewehrs, des Schnellfeuergeschützes enorm gestiegen; Munition wurde neben Verpflegung zum wichtigsten Nachschubgut des 1. Weltkrieges. Ende des Jahres 1915 zog man daraus die Konsequenz und faßte Munitionskolonnen und Trains unter einem "Kommandeur der Munitionskolonnen und Trains" zusammen.

b) Die Kraftfahrtruppe Alle Formationen des Trains waren pferdebespannt. Die Technik brachte dem Nachschub ein Werkzeug, dessen er sich in den folgenden Jahren in zunehmendem Maße bedienen sollte: das Kraftfahrzeug, den Lastkraftwagen. Seit 1908 waren im deutschen Heer die ersten Kraftfahrkompanien aufgestellt worden, das erste Bataillon 1911. Die Aufgabe der jungen Kraftfahrtruppe bestand in erster Linie darin, Stämme für mobile Formationen auszubilden und die Entwicklung und Erprobung kriegsbrauchbarer Kraftfahrzeuge weiterzubetreiben. War auch bei Kriegsausbruch 1914 die neue Truppe erst im Entwicklungsstadium, so stellte sie doch bereits über 100 Formationen ins Feld ab, meist Kraftfahrwagenkolonnen mit etwa 54 t Ladefähigkeit. Sehr bald stellte sich ihre weitaus größere Leistungsfähigkeit und vielseitigere Verwendungsmöglichkeit gegenüber bespannten Kolonnen heraus. Nicht nur zum Transport von Nachschubgütern

aller Art, sondern auch zum Truppentransport, im Sanitätsbereich, als Ersatz für fehlende oder zerstörte Eisenbahnlinien fanden Kraftwagenkolonnen Verwendung. Die Zahl der Kraftfahrformationen vermehrte sich schnell im Laufe der Kriegsjahre. Ende 1916 wurde das gesamte Kraftfahrwesen dem "Chef des Feldfahrwesens" unterstellt. 1919-1934 Die Erfahrungen des ersten Weltkriegs führten dazu, in der Reichswehr die bespannten und motorisierten Nachschubeinheiten, die "Fahrtruppe" und die "Kraftfahrtruppe" unter gemeinsamer Führung in der "Inspektion der Verkehrstruppen" zusammenzufassen. Jede der sieben Reichswehrdivisionen verfügte über eine Fahrabteilung und eine Kraftfahrabteilung. Bei der 1934 erfolgten Verstärkung der Wehrmacht gingen die Kraftfahrabteilungen in der neuen Panzertruppe, die Fahrabteilungen in Flakartillerie, Beobachtungsabteilungen usw. auf.

1935-1939 So entstand zunächst bei der Aufstellung der Wehrmacht des sogenannten 3. Reiches ein Vakuum. Erst im Herbst 1935 wurde wieder eine Kraftfahrabteilung (Nr.7 in München) neu aufgestellt. Bis zum Jahre 1939 verfügte das Heer über insgesamt 10 Kraftfahrabteilungen. Die Abteilungen bestanden aus 3, teilweise nur 2 Kompanien bzw. Schwadronen. Bei Ausbruch des 2. Weltkrieges 1939 besaßen eine Reihe von Korps noch keine Kraftfahr- bzw. Fahrabteilung. Die Truppenfarbe war hellblau. Motorisierte und bespannte Abteilungen unterstanden der Fahrtruppenabteilung (In 8) im OKH. So war eine einheitliche Ausrichtung auf das Ziel gewährleistet. Dazu trat für die Kraftfahrabteilungen ab 1936 als neue Aufgabe der Truppentransport auf Kraftfahrzeugen. In den Kraftfahr- und Fahrabteilungen erfolgte vor allem die soldatische und fahrtechnische Ausbildung; eine Schulung im eigentlichen Nachschubdienst war nur bedingt möglich, da das Heer im Frieden aus bodenständigen Einrichtungen versorgt wurde. Trotzdem wurde mit allen Mitteln versucht,

für die im Mobfall aufzustellende große Zahl von Nachschub- und Versorgungseinheiten aller Art ausreichendes militärisches Führungspersonal auszubilden. Diesem Zweck dienten Lehrgänge für Res. Offiziere und Unteroffiziere des 1. Weltkrieges bei allen Abteilungen, vor allem aber an der 1935 gegründeten Heeresnachschubschule, späteren Fahrtruppenschule Hannover. 1939-1945 Konnte diese Ausbildung auf Grund der bestehenden Verhältnisse im wesentlichen auch nur theoretisch erfolgen, so erwies sie sich bei Ausbruch des 2. Weltkrieges als von großem Nutzen. Da die Masse der aktiven Kraftfahrabteilungen personell und materiell zur Bildung eines Kraftwagentransportregiments (Kw Tr Rgt 602) benötigt wurde, standen für die große Zahl der Feldformationen des Nachschubdienstes und die Ersatzabteilungen nur winzige aktive Stämme zur Verfügung. So bestand das Personal der mobmäßig

aufzustellenden Nachschubeinheiten zum weitaus überwiegenden Teil aus Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften des Beurlaubtenstandes. Ganz unzulänglich war die materielle Ausrüstung. Die benötigten Kraftfahrzeuge mußten der Wirtschaft entnommen werden und bildeten ein buntes Bild nach Fabrikat, Leistungsfähigkeit, Art der Aufbauten und Brauchbarkeit. Der Ersatzgestellung an Personal dienten die Kraftfahr- (32) und Fahrersatzabteilungen (18), zu denen 1941 eine Spezialausbildungsabteilung für Kw. Transport trat. Die Nachschubtruppen des Feldheeres gliederten sich in Divisions-, Korps-; Armee-; später auch Heeresnachschubtruppen und den Großtransportraum (GTR). An der Spitze der Nachschubtruppen stand der dem Generalquartiermeister des Heeres im OKH unterstehende Heeresnachschubführer, später General der Nachschubtruppen. Diesem war truppendienstlich nur der Großtransportraum unterstellt, während die übrigen Nachschubeinheiten den militärischen Kommandostellen, zu denen sie kriegsgliederungsmäßig gehörten,

unterstanden. Die Nachschubtruppen der Heeresgruppen unterstanden den höheren Kommandeuren der Armeenachschubtruppen (insgesamt 27), die der Korps dem Kommandeur der Korpsnachschubtruppen und die der Divisionen dem Kommandeur der Divisionsnachschubtruppen. Die Erfahrungen auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen führten zu erheblichen Umgliederungen: - Ausscheiden der Parke aus den Unterstellungsverhältnissen unter die Nachschubtruppe, - Umwandlung der motorisierten Kolonnen in Kraftfahrkompanien, die der mot. Nachschubkolonnenabteilung in Kraftfahrabteilungen, - Umwandlung der bespannten Kolonnen in Fahrschwadronen, die der bespannten Nachschubkolonnenabteilungen in Fahrabteilungen, - Verstärkung der Instandsetzungseinrichtungen der Truppe, - Bildung der "Versorgungsregimenter" der Division (1944), in denen alle Versorgungstruppen in einer Hand,

meist des bisherigen Kommandeurs der Divisionsnachschubtruppen, zusammengefaßt wurden, - Ausbau des Großtransportraumes (GTR) Das Stärkeverhältnis zwischen Kampf- und Versorgungstruppen einer Infanteriedivision betrug 1941 etwa 12000 : 3000. Vom letzteren entfielen 1300 Mann auf die Nachschubtruppen (motorisierte und bespannte Kolonnen, Werkstattzug, Nachschubkompanie, Munitionsund Betriebsstoffverwaltung), die restlichen 1700 auf die übrigen Versorgungstruppen (Bäckereikompanie, Schlächtereizug, Sanitätskompanie, Pferdestaffel, Werkstätten). Am Ende des Krieges waren die Versorgungstruppen der Divisionen auf eine Gesamtstärke von etwa 1200 Köpfen, davon 550 Mann Nachschubtruppe, herabgesunken. Hatte der 1.Weltkrieg bereits infolge des ungeheuren Verbrauches von Munition in den Materialschlachten eine Verschiebung des Schwergewichtes in der Versorgung von der Verpflegung auf das Gebiet des Nachschubs an

Munition gebracht, so bildete sich im 2. Weltkrieg infolge der Motorisierung des Heeres und der weiten Räume der Kriegsschauplätze ein 2. Schwerpunkt heraus: der sich laufend steigernde Bedarf an Betriebsstoff. Der pausenlos und reibungslos funktionierende Nachschub der zwei Hauptbedarfsgüter, Munition und Betriebsstoff, war die vordringlichste Aufgabe der Nachschubtruppen. Während der Feldzüge in Polen 1939 und Frankreich 1940 konnte diese Aufgabe infolge eines verhältnismäßig engbegrenzten Kriegsschauplatzes, guter Straßenverhältnisse und eines engmaschigen Eisenbahnnetzes ohne größere Schwierigkeiten gelöst werden. Völlig andere und wesentlich schwierigere Verhältnisse brachte der Kriegsschauplatz Rußland ab 1941 mit seinen ungeheuren Räumen, den schlechten Straßen- und Eisenbahnverhältnissen, den widrigen klimatischen Bedingungen. Eine völlige Änderung des Versorgungsaufbaues blieb unumgänglich: basierte bis dahin die Versorgung im wesentlichen auf den Einrichtungen der Armeen und Divisionen, wurde ab Ende

1941 ihr Schwerpunkt auf die Heeresgruppen mit Versorgungsbasen und Versorgungsstützpunkten verlegt. In letzteren wurden Munitions-, Betriebsstoff- und Bekleidung, Waffen, Kraftfahrzeugen, Verwaltungs-, Sanitäts- und Veterinäreinrichtungen unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt. Eng mit dieser Entwicklung zusammen hing der gewaltige Ausbau des Großtransportraumes (GTR). Nur dieser war in der Lage, die oben aufgezeigten Schwierigkeiten meistern zu können. Ursprünglich gedacht für Zwecke des Truppentransportes, verschob sich bereits seit 1940 seine Aufgabe auf die Beförderung von Massengütern, vornehmlich Munition und Betriebsstoff. Dazu war die Aufstellung einer großen Anzahl von Kw. Transportabteilungen erforderlich. Da die Führung im geschlossenen Regimentsverband sich als zu schwierig und oft auch untunlich erwiesen hatte, wurde der GTR in selbstständige Kw. Transportabteilungen aufgeteilt. Unter Kw. Transport Regimentsstäben z.b.v. wurden wechselnd je nach Lage und Auftrag mehrere Abteilungen

zusammengefaßt. Seine größte Stärke erreichte der GTR 1943 mit einer Gesamttonnage von etwa 80 000 t, bei Kriegsende betrug sie immer noch etwa 45 000 t. Aus kleinen Anfängen hatte sich die Nachschubtruppe zu einer nicht vorauszusehenden Stärke entwickelt; sie umfaßte Ende 1943 etwa 350 000 Mann und 20 000 Offiziere. Die Leistung der Truppe auf allen Kriegsschauplätzen, oft wenig beachtet und noch weniger anerkannt, war gewaltig. Aus einer Improvisation entstanden, unaufhörlich mit den damit verbundenen Unzugänglichkeiten und Schwierigkeiten kämpfend, hat sie trotz der zunehmenden Knappheit an Menschen und Material und trotz ungenügender Waffenausrüstung bis zum Schluß des Krieges alles getan, um die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen. Die Angriffe der feindlichen Luftwaffe, der in allen besetzten Ländern tobende Partisanenkrieg, brachten ihr schwere Verluste; feindliche Durchbrüche zwangen ihr häufig die Waffe in die Hand. Sie hat auch als Kämpfer, nicht nur als treuer Helfer in der Versorgung, ihren Mann gestellt. Als besonders

verhängnisvoll erwies sich die Zersplitterung in den Fragen des Transportes: arbeiteten doch die 3 Wehrmachtsteile, NSKK, OT und Wirtschaft nebeneinander her. Die dringende Notwendigkeit zentraler Zusammenfassung und Steuerung wurde erst spät erkannt; sie kamen nicht zur Durchführung. Ebenso verhängnisvoll war die Ausstattung mit Fahrzeugen verschiedenster Art (über 1000 Fabrikate und Typen), wodurch Ersatzteilbeschaffung und Instandsetzung ungeheuer erschwert, oft unmöglich gemacht wurden. Seit 1956 Die Vollmotorisierung aller Waffengattungen, ihre umfangreiche technische Ausrüstung und die vielseitigen Bedürfnisse einer modernen Armee erfordern eine sehr spezialisierte Organisation der Versorgung und entsprechend spezialisierte Versorgungstruppen. Bei der Aufstellung der Bundeswehr wurde daher sofort auch mit der Errichtung von für den Nachschubdienst (Transport und Materialversorgung) bestimmten

Truppenteilen, Transport und Quartiermeisterbataillonen bzw. kompanien, begonnen. Zunächst als Quartiermeistertruppe bezeichnet, wurden sie 1959 ein Teil der technischen Truppe. Mit der Aufstellung der Brigaden verlagerte sich der Schwerpunkt der Versorgung von der Division auf die Brigade. So sind derzeit Bataillon, Brigade, Division und Korps Versorgungsträger. Während jedoch im Bataillon die Versorgung Aufgabe der truppeneigenen Versorgungsstaffel ist, dienen dem Nachschub an Munition, Betriebsstoff, Verpflegung und Material besondere Nachschubtruppen (Waffenfarbe mittelblau), und zwar: - im Versorgungsbataillon der Brigade eine Transportkompanie und ein Nachschubzug, - in der Division eine Nachschubkompanie mit Transportzug, - im Korps Transportbataillon und Nachschubbataillon.

Außerdem verfügt die Basisorganisation über Transport- und Umschlagbataillone. Die Ausbildung des Führungs- und Funktionspersonals erfolgt an der Schule der Technischen Truppe II in Bremen sowie an der Logistikschule der Bundeswehr in Hamburg. Im Verteidigungsfall genügen die bereits im Frieden aufgestellten Nachschubtruppen nicht, um die im Einzelfall entstehenden Versorgungsaufgaben zu erfüllen. Ein erheblicher Teil der dann benötigten Nachschubeinheiten besteht im Frieden aus sog. Geräteeinheiten, d.h. Einheiten, die erst im Mobilmachungsfall personell und materiell voll aufgefüllt werden. Da unter den heutigen Verhältnissen, der Enge des Raumes, der Schnelligkeit kriegerischer Operationen und der Reichweite neuzeitlicher Waffen eine ungestörte Mobilmachung kaum denkbar ist, liegt darin ein Moment der Schwäche, das nur durch eine diesen Gegebenheiten entsprechende Mob-Organisation ausgeglichen werden kann.

In den rund 160 Jahren ihres Bestehens hat die deutsche Nachschubtruppe unter schwierigsten Verhältnissen ihre Aufgabe erfüllt. Eine Aufgabe, die in stillschweigender Arbeit und Pflichterfüllung bestand, ohne durch äußere Taten glänzen zu können, und die daher oft nicht die Anerkennung erhielt, die sie verdiente. Möchte die Nachschubtruppe der Bundeswehr die Beachtung und Anerkennung finden, die ihrer Bedeutung entspricht.