Handyparken - Sind alle Systeme gleich? Oder gibt es da etwa Unterschiede? (Eine kleine Bilanz nach 365 Tagen "Handyparken" in Deutschland) Wir stellen immer wieder fest, dass Politiker und Medien, wenn es um Parkraummanagement und Parkraumbewirtschaftung geht, allgemein kaum einen Unterschied zwischen den einzelnen Park-Systemen und deren Anbietern machen und alle in einen Topf werfen, egal ob mono- oder multifunktional, ob Taschenparkuhr oder "Handyparken". Dies führt zu Verunsicherungen bei Anwendern und Nutzern und veranlasst uns, hier nach 365 Tagen "Handyparken" in Deutschland eine kleine Bilanz zu ziehen und die Fakten im nachfolgenden einmal objektiv aufzuzeigen. Alleine beim sogenannten "Handyparken" gibt es in Deutschland vier unterschiedliche Anbieter und Systeme. Diese unterscheiden sich wiederum in Handhabung und Abrechnung. Lässt man nun die seit Jahrzehnten im Einsatz befindlichen und jedermann bekannten Systeme wie Parkuhren und Parkscheinautomaten außer Betracht, so kann man davon ausgehen, dass der Parkraumbewirtschaftungs-Experte klar und deutlich zwischen dem monofunktionalen System PARK-O-PIN (In Car Parking Meter - ICPM) und den multifunktionalen, auf Handy basierenden Systemen unterscheidet. Während monofunktionale Systeme wie PARK-O-PIN bereits seit 1999 in Europa im Einsatz sind und täglich den unterschiedlichsten Anforderungen seitens der Kommunen und Nutzer gerecht werden, sieht die Situation beim sogenannten "Handyparken" ganz anders aus. Solche Systeme befinden sich bisher nur in einigen Städten in Österreich, Skandinavien und Irland im Einsatz. In Deutschland dagegen sind sie noch nicht über das Teststadium hinausgekommen, und es sollen zunächst einmal Fragen in bezug auf erforderlichen Investitionen für die Systeminstallation, die tatsächlichen Betriebskosten, die Nutzerfreundlichkeit und Akzeptanz geklärt werden. Um uns diesen Systemen gegenüber stärker abzugrenzen, haben wir uns die Mühe gemacht, Ihnen im nachfolgenden einen objektiven Überblick über diese Systeme zu geben, wo sie im Einsatz sind, welche Rahmenbedingungen damit verbunden sind und welche Akzeptanz sie bis dato beim Parker finden. 1. M-Parking (Telekom/Siemens) Dieses System wird seit ca. zwei Jahren in einigen Städten in Österreich, darunter Wien, eingesetzt. Seit März 2005 gibt es Testversuche in Berlin und seit Juni 2005 in Paderborn. Der Nutzer muss sich unter Angabe seines Kfz-Kennzeichens und seiner Adresse beim Systembetreiber anmelden und in eine Kontoabbuchung zur Bezahlung seiner Parkgebühren einwilligen. Er erhält dann eine Vignette (Barcode), die er an die Windschutzscheibe seines Fahrzeugs kleben muss. Bei jedem Parkvorgang ist eine telefonische An-/Abmeldung unter der am entsprechenden Parkscheinautomaten ausgewiesenen Telefonnummer erforderlich. Eine Bestätigung per SMS ist abzuwarten.
- 2-1.1 Berlin - Testphase seit Februar 2005 Angemeldete Teilnehmer: ca. 9.000 Tatsächliche Nutzer: ca. 3.000 Umsatz: ca. 30.000 / Monat = 10,00 pro Nutzer und Monat Die Kosten für die Systembereitstellung und Transaktionen trägt der Betreiber während der Testphase. Für den Nutzer fallen keine zusätzlichen Transaktionskosten an. Die fotofähigen Handys, die zur Überwachung durch das Ordnungspersonal benötigt werden (Barcode einscannen, versenden und auf Bestätigung warten), wurden der Stadt vom Betreiber kostenlos zur Verfügung gestellt. (Quelle: TelematicsPRO e.v.) 1.2 Paderborn - Testphase seit Juni 2005 Angemeldete Teilnehmer: ca. 650 Tatsächliche Nutzer: nicht bekannt Umsatz: ca. 2.400 / Monat = 3,69 pro Nutzer und Monat Die Kosten für die Systembereitstellung und Transaktionen trägt der Betreiber während der Testphase. Für den Nutzer fallen zusätzlich Transaktionskosten von: 5 Cent pro Parkvorgang und eine monatliche Grundgebühr von 50 Cent an. Die Parkgebühren werden nicht minutengenau, sondern im Drei-Minuten-Takt abgebucht. Die fotofähigen Handys, die zur Überwachung durch das Ordnungspersonal benötigt werden (Barcode einscannen, versenden und auf Bestätigung warten) wurden der Stadt vom Betreiber kostenlos zur Verfügung gestellt. (Quelle: Stadt Paderborn) 1.3 Fazit: Zu Beginn der Testphase im Februar 2005 wurde seitens des Betreibers (Internetseiten) von vielen weiteren teilnehmenden Städten gesprochen. Geblieben sind bis jetzt Berlin und Paderborn. In Berlin wurden dem Nutzer keine zusätzlichen Transaktionskosten berechnet. Bei Paderborn wurde dies jedoch geändert und der Nutzer wird mit 5 Cent pro Parkvorgang und 50 Cent monatlicher Grundgebühr zur Kasse gebeten. Bei minutengenauer Abrechnung der Parkgebühren scheint das System für den Betreiber nicht rentabel zu sein. Der Betreiber empfiehlt in Berlin eine Abrechnung im Fünf- Minuten-Takt. In Paderborn werden die Parker von vornherein schon mit einem Drei- Minuten-Takt belegt. Bleibt die Frage, wer trägt die hohen Kosten für die Systembereitstellung nach der Testphase? Oder könnte es ein Modell wie im Falle Bregenz (Österreich) werden? Dort hat man einen Vertrag bis 2010 abgeschlossen mit Systembereitstellungskosten von 400.000 = 30.000 / Jahr. Demgegenüber stehen ca. 820 monatlich an Einnahmen, die von 568 angemeldeten Handy-Usern zu verbuchen sind. (Quelle: StR. Alexandra König im Internet)
- 3-2. MOPAS (Saarland) Dieses System wurde mit großer Unterstützung des Saarländischen Wirtschaftsministeriums (320.000 Starthilfe) und "Werbetouren" politischer Vertreter des Innenministeriums im März 2005 in Neunkirchen und Saarbrücken eingeführt. Im November 2005 folgte Wiesbaden. Der Nutzer muss sich ähnlich wie bei M-Parking unter Angabe seiner persönlichen Daten, des Kfz-Kennzeichens anmelden und in eine Kontoabbuchung seiner Parkgebühren einwilligen. Zum Parken muss er dann ebenfalls eine am Parkscheinautomaten ausgewiesene Telefonnummer anwählen und auf SMS-Bestätigung warten. Zum Beenden des Parkvorganges muss die ausgewiesene Telefonnummer erneut angewählt und SMS- Bestätigung gewartet werden. Das Ordnungspersonal, ausgestattet mit speziellen Kontrollgeräten, überprüft dann jeden einzelnen Parkvorgang. 2.1 Saarbrücken - Testphase seit März 2005 Es liegen keine Daten seitens des Systembetreibers oder der Stadt vor. Im Internet ist lediglich die Rede von ca. 3.000 Anmeldungen in Saarbrücken und Neunkirchen. 2.2 Neunkirchen - Testphase März 2005 bis Januar 2006 Angemeldete Nutzer im Zeitraum eines knappen Jahres: 1.500 Durchschnittliche Parkvorgänge pro Monat: 200 Durchschnittliche Einnahmen pro Monat:: 240-630 Das entspricht ca. 0,133 Parkvorgängen und ca. 0,30 an Einnahmen pro angemeldetem Teilnehmer und Monat. Die zusätzlichen finanziellen Aufwendungen für die Stadt in bezug auf Systembereitstellung betrugen ca. 20.000. Dazu gab es einige systembedingte Ausfälle bei den Überwachungsgeräten des Ordnungspersonals, was zu Kontrollstörungen führte. Der Testbetrieb wurde nach ca. einem Jahr beendet, der Systembetrieb nicht fortgesetzt. (Quelle: Ordnungsamt Stadt Neunkirchen) 2.3 Wiesbaden - Testbetrieb seit November 2005 Wer die sehr "euphorisch" klingende Mitteilung des Verkehrsdezernenten Joachim Pös im Internet etwas genauer betrachtet, wird von seiner Drei-Monate-Bilanz weniger angetan sein als er selbst. In nur drei Monaten hätte es 1.800 Anmeldungen gegeben. 3.500 Parkvorgänge würden pro Monat abgewickelt, wobei der durchschnittliche Parkvorgang 111 Minuten dauern würde. Genau betrachtet sind dies1,94 Parkvorgänge pro Teilnehmer und Monat. Das wiederum entspricht ca. 3,59 an Parkeinnahmen pro Teilnehmer und Monat, wenn die durchschnittliche Parkgebühr 1 pro Stunde beträgt.
- 4-2.4 Fazit Wer nun in Wiesbaden und Saarbrücken bzw. weiteren Städten die Anschaffungskosten für die Überwachungsgeräte (ca. 600 /Gerät) trägt und ob die laufenden Kosten für die Systembereitstellung (wie in Neunkirchen) nun auf den Parker umgelegt oder der Kommune angerechnet werden, ist nicht bekannt. 3. Easypark (Dänemark) Der Nutzer muss sich unter Angabe seines Kfz-Kennzeichens und der Adresse anmelden und in eine Kontoabbuchung zur Zahlung seiner Parkgebühren einwilligen. Er erhält eine Vignette (Barcode), die er an die Windschutzscheibe kleben muss. Bei jedem Parkvorgang ist eine telefonische An-/Abmeldung unter der am entsprechenden Parkscheinautomaten ausgewiesenen Telefonnummer erforderlich. Eine Bestätigung per SMS ist abzuwarten. Im Gegensatz zu M-Parking und MOPAS werden hier ALLE anfallenden Nebenkosten für Systembereitstellung und laufende Transaktionen (An-/Abmelden etc.) dem Nutzer zusätzlich zu seinen Parkgebühren berechnet. Der Nutzer zahlt neben seinen Parkgebühren eine Transaktionsgebühr von 46 Cent! pro Parkvorgang (egal wie lange dieser dauert) und eine monatliche Grundgebühr von 4,64 mit Abrechnungsnachweisen bzw. 2,32 ohne Abrechnungsnachweise. Das System wird in einer ersten Testphase in den Städten Duisburg und Flensburg angeboten. Fazit: Duisburg und auch Flensburg legen die gesamten anfallenden "Betriebskosten" auf den Parker um. Ob dieser, auch wenn er ein Vielparker ist, sich den Service "Handyparken mit Easypark" gönnen wird, bleibt abzuwarten. Alleine die Zusatzkosten für 20 Parkvorgänge pro Monat plus Grundgebühr betragen 13,84 (166,08 im Jahr) plus Parkgebühren! 4. M-Park (Schwers, Deutschland) Dieses System wird in Bremen, Düsseldorf und Köln eingesetzt. Es ist eine Mischung aus Mono- und Multifunktionalität. Basis des Systems ist der Parkscheinautomat, der für diese Anwendung umgerüstet werden muss. Die weitere Systemkomponente ist das Handy des Nutzers. Nach Anmeldung beim Betreiber unter Zustimmung zum Abbuchungsverfahren kann er sich über die am Parkscheinautomaten angegebene Telefonnummer einwählen. Dabei muss er die Parkdauer im voraus bestimmen und erhält dann über den Parkscheinautomaten wie üblich ein Parkticket, das wie bisher auch auf dem Armaturenbrett hinter der Windschutzscheibe ausgelegt wird. Die Gebühren werden über die Telefonrechnung des Handynutzers abgebucht. In Bremen, Düsseldorf und Köln insgesamt seit März 2005 angemeldete Teilnehmer = 3.000. Stadt Parkvorgänge pro Monat Umsatz pro Monat Umsatz pro Teilnehmer und Monat Düsseldorf 434 781,75 1,80 Köln 400 600,00 1,50 (Quelle: Stadt Köln, Stadt Düsseldorf) Zahlen aus Bremen liegen nicht vor.
- 5 - Fazit: Auch wenn die teure Automatenumrüstung (Neuausstattung) von Siemens finanziert wurde, so zeigt sich, dass die Akzeptanz beim Nutzer doch mehr als gering einzustufen ist und sich der Abrechnungsaufwand nicht rentiert. Bleibt offen, wer nach der Testphase die Kosten für Transaktionen und Automatenumrüstung trägt. Autor: Theo Gitzen, Geschäftsführer PIN Produktinnovative Marketing-GmbH