Rede von Thorben Albrecht Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Abi - und jetzt? anlässlich der

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Transkript:

Gesperrt bis zum Beginn - Es gilt das gesprochene Wort! Rede von Thorben Albrecht Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Abi - und jetzt? anlässlich der Abiturentlassungsfeier HEG Uelzen am 12. Juli 2014 Stand: 14.07.2014 16:10

- 1 - ich freue mich, heute zu Ihnen sprechen zu können, hier in meiner alten Schule. Es ist ein besonderer Tag für Sie, einer auf den Sie stolz sein können. Sie haben wirklich etwas geleistet. Ihr Abiur - das bleibt für s Leben, das kann Ihnen keiner nehmen. Es ist auch insgesamt eine besondere Zeit für Sie. Das Leben als - wenn ich das so sagen darf - Abiturienten im Endstadium. Erfolg und Enttäuschung, Aufregung und Stolz, Freiheit und Ungewissheit - das alles kommt auf einmal. Ihr Bauch fühlt sich vielleicht wie eine Waschmaschine an, in der all diese Gefühle durcheinander geschleudert werden. Was kommt jetzt? Die Frage stellen sich sicherlich viele von Ihnen. Auch wenn Sie schon konkrete Stand: 14.07.2014 16:10-2 -

- 2 - Pläne haben - wie es wirklich wird, werden Sie erst noch herausfinden. Das ist mir nicht anders gegangen. Auch wenn es im Rückblick vielleicht sehr einfach aussieht: Vor 25 Jahren habe ich vor den Abiturienten des HEG gesprochen - als Schülersprecher. Es ging um Gerechtigkeit und Chancengleichheit - unabhängig von der sozialen Herkunft. Es ging darum, dass jeder die Möglichkeit haben sollte, Autor seiner eigenen Lebensgeschichte zu werden. Diese Themen beschäftigen mich noch heute. Vom Schülersprecher in die Politik und als Staatssekretär ins Arbeits- und Sozialministerium - das klingt nach einem sehr geraden Weg. Aber das war es nicht - zum Glück, sonst hätte ich viel verpasst im Leben. - 3 -

- 3 - Wenn Sie in naher Zukunft vielleicht an die Uni gehen, werden Sie viel lernen. Ich habe im Geschichts- und Politikstudium z.b. viel über sogenannte Patronage-Klientel-Strukturen in vormodernen Gesellschaften gelernt. Aber was das heißt, habe ich erst Jahre später im Libanon erfahren. Wenn man Beirut hinter sich lässt, eine trotz langen Bürgerkrieg wunderschönen und modernen arabischen Metropole, dann taucht man in eine andere Welt ein. Die Landschaft verändert sich, es wird bergiger und Zedern stehen an den Hängen. Ich war auf dem Weg zu einem Gespräch mit Walid Dschumblat, Mitglied der libanesischen Regierung und Führer der Drusen im Libanon. Sein Anwesen liegt auf einem Berg und nachdem ich die Wachen mit ihren Kalaschnikows passiert hatte, musste ich im Hof noch etwas warten. - 4 -

- 4 - Und dort war eine lange Schlange von Menschen, die zu Dschumblat wollten. Weil dieser dort Nachbarschaftsstreitigkeiten schlichtete, Kredite für die nächste Aussaat vergab, und Hilfen für arme Familien. Gericht, Bank und Sozialsystem in einer Person. In dem Moment habe ich verstanden, was Patronage-Klientel-Strukturen sind und vielleicht mehr darüber gelernt, wie Politik auch sein kann, als in meinem ganzen Studium. Umwege lohnen sich also, wenn man die Dinge wirklich verstehen will. Wenn Sie jetzt also vor wichtigen Entscheidungen stehen: Was soll ich studieren? Werde ich das schaffen? Kann ich später damit Geld verdienen? - 5 -

- 5 - Dann würde ich aus meiner Erfahrung sagen: Machen Sie sich die Entscheidung nicht zu schwer. Machen Sie auch, worauf Sie Lust haben. Beruf - so abgedroschen es klingt - kommt von Berufung. Wenn Sie unsicher sind: Informieren Sie sich. Sie waren in der 9. Klasse im Berufsinformationszentrum der Arbeitsagentur. Die steht auch Erwachsenen gern zur Beratung zur Verfügung. Und auch die Seite abi.de bietet gute Orientierung, Tips und Experten-Chats zur Berufs- und Studienwahl. Lassen Sie sich beraten, aber gehen Sie Ihren eigenen Weg. Gehen Sie auch mal Umwege. Man muss nicht gleich von der Schule an die Uni oder in die Ausbildung gehen. Man kann auch etwas - 6 -

- 6 - ausprobieren. In einem Freiwilligen Jahr, neue Erfahrungen sammeln. Im Ausland neue Einblicke bekommen. Gehen Sie Ihren eigenen Weg. Und scheuen Sie sich nicht umzukehren, wenn Sie merken, dass Sie sich verrannt haben. wenn Sie mich fragen, was hat Ihnen auf Ihrem Weg am meisten geholfen? Was war am wichtigsten, um sein Leben einigermaßen auf die Reihe zu kriegen? Meine Antwort wäre: Andere Menschen. Freunde, Familie, die Eltern. Auch wenn es im Jugendalter zwischen Kindern und Eltern nicht immer konfliktfrei abgeht: Was Eltern an Geduld und Unterstützung - 7 -

- 7 - aufbringen - das wird einem manchmal erst im Rückblick so richtig klar. Deshalb gestatten Sie, dass ich an dieser Stelle meinen Eltern danken möchte: Ohne Eure Liebe und Hilfe würde ich heute hier nicht reden. Ein erfolgreiches Leben schafft man niemals allein. das Leben besteht nicht nur aus Schule, Uni und Beruf. Vielleicht ist Ihnen der Sport wichtig. Ich habe beim Judo im VfL Suderburg als Jugendlicher Selbstvertrauen gewonnen. Das konnte ich dann in den Jahren danach gut gebrauchen. - 8 -

- 8 - Bei mir waren es auch die Musik, die Gitarre, die Band - die immer wichtig waren neben allen Lernen und Arbeiten. Ich habe vor 25 Jahren nicht nur bei der Entlassungsfeier geredet, sondern auch in der Abi- Band gespielt. Und treffe mich auch heute noch mit meinen Kumpeln zum rocken. Auch wenn ich es mit der Musik nie in die Bundesliga geschafft habe und heute bei den Altherren spiele - Feiern, Freunde und Lebensfreude sind wichtig. Deshalb: Genießen Sie den heutigen Tag. Die Feier, den Abiball. Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag. Es ist Ihr Tag. Feiern Sie - Sie haben es sich verdient!