Die seismische Struktur der Arava-Störung, Totes-Meer-Transform

Ähnliche Dokumente
Sachplan geologische Tiefenlager Akteure

10. Arbeitstreffen der Amtssachverständigen aus dem Bereich der Grundwasserwirtschaft. 22. und 23. Mai 2013

Digitale Datenauswertung

Pfiffner Engi Schlunegger Mezger Diamond. Erdwissenschaften. 2. Auflage. basics

Kleemann (2011): Bewertung des Endlager-Standortes Gorleben - Anlagen

Visualisierung von Störungen mithilfe seismischer Attribute

Use-Case: 3D-Projekte Geologie

Bestimmung der 2D- und 3D- Scherwellengeschwindigkeitsstruktur flachmariner Sedimente mittels Scholtewellen

DGM, REGIS II und GeoTOP Landesweite 3D geologische und hydrogeologische Modelle der Niederlande

Seismisches Monitoring im Zusammenhang mit der geothermischen Nutzung des nördlichen Oberrheingrabens

Untersuchungsdatum: Berichtsdatum: Auftraggeber: Gemeinde Rudersberg betreuendes Büro: -

Was ist die Magnitude eines Erdbebens?

7 Beziehungen im Raum

Die Grundkonzepte der Quantenmechanik illustriert an der Polarisation von Photonen

Mathematik 16 Koordinatensystem 01 Name: Vorname: Datum:

Gemessene Schwankungsbreiten von Wärmeleitfähigkeiten innerhalb verschiedener Gesteinsgruppen Analyse der Ursachen und Auswirkungen

Mögliche Bewegungsabläufe in Störungsbereichen im Rheinischen Braunkohlenrevier

Geophysikalische und geotechnische Feldversuche und deren Interpretation

Fracking und seismische Ereignisse

Potential für geothermische Fernwärme in Deutschland und Europa

Analyse der EOP-Zeitreihen aus Daten des ITRF2008

Inhalt: Motivation. Geophysikalische Messverfahren. Aufbau und Struktur der Erde. Dynamik des Erdkörpers. rpers. Fazit

Geologisch-Paläontologische Exkursion 2012S (LV ) / Teil Fritz/Gruber

Magnetische Domänen bilden die Grundlage für das Verständnis vieler magnetischer

Exploration Lehren aus der Praxis und aktueller Forschungsbedarf Rüdiger Schulz

Aufgabe I. 1.1 Betrachten Sie die Bewegung des Federpendels vor dem Eindringen des Geschosses.

Elektromagnetische Felder und Wellen: Klausur

3.7 Gesetz von Biot-Savart und Ampèresches Gesetz [P]

Nachklausur WS 2011/2012

Physik des Erdkörpers


1 Hammerschlagseismik

Physik I Musterlösung 2

GOCE Schwerefeld-Gradienten: Geophysikalische

Orientierung Lehrerinformation

Modellierung hydro- und lithodynamischer Prozesse in der Küstenzone

Elektromagnetische Felder und Wellen. Klausur Herbst Aufgabe 1 (5 Punkte) Aufgabe 2 (3 Punkte) Aufgabe 3 (5 Punkte) Aufgabe 4 (12 Punkte) Kern

Uran in hessischen Grund- und Rohwässern. Sachstand des laufenden Projektes. Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie

GPS Analogieexperiment

Erkundung eines Küstenaquifers auf Kreta im Rahmen des EU Projektes MEDIS

Das Amperesche Gesetz Der Maxwellsche Verschiebungsstrom Magnetische Induktion Lenzsche Regel

K & P 2: Einfallende Schichten

Geologische Rahmenbedingungen & Potenziale in Hessen

Lehrplan-Synopse Klasse 7

GeoHiRes International GmbH Keyholetag Tracto-Technik Lennestadt

2 Grundgrößen und -gesetze der Elektrodynamik

Die elastischen Eigenschaften von Flüssigkeits-Gas-Gemischen Die Ausbreitungsgeschwindigkeit elastischer Wellen in Gesteinen ex-

6 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen. E y. E(z=0) Polarisation Richtung des E-Vektors gibt die Polarisation an.


Kontinentaldrift Abb. 1

Dreiachs-Magnetometer: Was bringen sie bei der Bohrloch-Sondierung in der Kampfmittelortung?

Allgemeine Geologie Teil III. Vorlesung SS 2005 Mo, Di, Mi Prof Dr. E. Wallbrecher

Abiturprüfung Physik, Grundkurs. Aufgabe 1: Kräfte auf bewegte Ladungen in Leitern im Magnetfeld

Designing Haptic. Computer Interfaces for blind people

Geologie der Schweiz. Mark Feldmann. Dr. sc. nat. ETH

Elektromagnetische Felder und Wellen: Klausur

3. Tiefengeothermie-Forum

Physik III im Studiengang Elektrotechnik

Alte Physik III. 10. Februar 2011

Herbert Formayer Gute Praxis in der Übertragung von Ergebnissen von Klimamodellen auf lokale Gebiete

Experimentalphysik 2

GPS - Anwendungen. im Zusammenhang mit satellitengestützter Ortung

Chemie der Atmosphäre

Klausur 12/1 Physik LK Elsenbruch Di (4h) Thema: elektrische und magnetische Felder Hilfsmittel: Taschenrechner, Formelsammlung

STERNBURG BINGO STERNBURG BINGO UND SO FUNKTIONIERT S: MITMACHEN UND TOLLE PREISE GEWINNEN! RAUM FÜR EIGENE BEMERKUNGEN, GRÜSSE ETC.

Ferienkurs - Experimentalphysik 2 - Übungsblatt - Lösungen

Die Wellen der Venus [18. Jan.]

Naturwissenschaftliches Praktikum. Rotation. Versuch 1.1

Vorlesung Messtechnik 2. Hälfte des Semesters Dr. H. Chaves

Daraus ergibt sich: Eine Steigerung der Lokal-Magnitude um 1 entspricht einer Verzehnfachung des Ausschlags (denn 10 + M

v q,m Aufgabensammlung Experimentalphysik für ET

Elektrische Schwingungen und Wellen

Tiefengeothermie und induzierte Seismizität

Mathematik-Tutorium für Maschinenbauer II: Differentialgleichungen und Vektorfelder

Problem 1: Die Parabelmethode von Joseph John Thomson

Mittel- und Oberstufe - MITTEL:

12. Elektrodynamik. 12. Elektrodynamik

12. Elektrodynamik Quellen von Magnetfeldern 12.2 Das Ampere sche Gesetz 12.3 Magnetische Induktion 12.4 Lenz sche Regel 12.5 Magnetische Kraft

Gigantische Magnetfelder im Universum

Vorlesung Bohrlochgeophysik. Seismik. laterale und vertikale Auflösung sampling

Sturmflut vom 04./

Rohstoffgewinnung in der Ostsee

Aufgabe III: Die Erdatmosphäre

Abbildung 3.1: Kraftwirkungen zwischen zwei Stabmagneten

Entwicklung der Litho- und Biosphäre (Geologie) Teil II. Prof. Dr. Eckart Wallbrecher Winter-Semester 2004/05 Mo, Di, Mi, Do

III. Elektrizität und Magnetismus Anhang zu 21. Wechselstrom: Hochspannungsleitung 22. Elektromagnetische Wellen

Physik-Department. Ferienkurs zur Experimentalphysik 2 - Musterlösung

Petrophysikalische Charakterisierung von Karbonatgesteinen KURZBERICHT

Elektrische Ladungen A 46

Messen optischer Größen, Messen aus Bildern Übersicht Optische Strahlung, Sensorik Geometrie, Photogrammetrie Kamerakalibrierung Stereo

ZENTRALANSTALT FÜR METEOROLOGIE UND GEODYNAMIK. Meteorologische Analyse des Niederschlags von Juni 2009

Merkur Der schnellste Planet des Sonnensystems. Cibbizone Network

Physikalisches Praktikum

Regionale Geologie der Erde

Ionosphärenbestimmung mit verschiedenen geodätischen Weltraumverfahren

Bohrlochmessung Storkow GmbH

Einfluss der Geologie auf die Nutzung der Erdwärme sowie genehmigungsrechtliche Fragen

R. Wallmüller Die Geologische Situation. Der folgende Vortrag soll einen Überblick über die geologischen Grundlagen der Asse geben.

4 Thermodynamik mikroskopisch: kinetische Gastheorie makroskopisch: System:

Geophysikalische Bohrlochmessverfahren

Transkript:

Die seismische Struktur der Arava-Störung, Totes-Meer-Transform Nils Maercklin Disputation an der Universität Potsdam 2. Juli 2004 Dissertation: Seismic structure of the Arava Fault, Dead Sea Transform

Übersicht Einleitung: Untersuchungsgebiet und Arava-Störung (AF) Seismische Geschwindigkeiten und elektrische Widerstandsverteilung in der Umgebung der AF. Oberflächennahe Struktur der AF Direkte seismische Abbildung der Störung Interpretation und Zusammenfassung

Tektonische Gliederung

Tektonische Gliederung DST Totes-Meer-Transformstörung (Dead Sea Transform) DST DST besteht aus en-echelon Störungen mit links-lateralem Versatz 105 km Versatz seit dem Miozän (~17 Ma), Heute: um 5 mm/a Seismische Aktivität konzentriert sich auf Kompressions- und Extensionsgebiete Untersuchungsgebiet: Geringe Seismizität und einfache Struktur

Untersuchungsgebiet

Geologie Alluvium & Sand (Holozän) Kies, Geröll, Konglomerat (Pleistozän) Konglomerat, Kalk (Tertiär) Kalk- & Sandsteine (Kreide) Sandsteine (Kambrium) Magmatite (Präkambrium)

Geologie AF QF DF Alluvium & Sand (Holozän) Kies, Geröll, Konglomerat (Pleistozän) Konglomerat, Kalk (Tertiär) Kalk- & Sandsteine (Kreide) Sandsteine (Kambrium) Magmatite (Präkambrium) AF Arava-Störung QF DF Qurayqira-Störung Dana-Störung

Controlled Source Array (CSA) Das CSA bildet eine Gruppe aktiver seismischer Experimente mit unterschiedlichen Aufnahmegeometrien. Ziele: 3D-Geschwindigkeitsstruktur in der Umgebung der AF Gemeinsame Interpretation mit anderen geophysikalischen Beobachtungen (elektrische Widerstandsverteilung, Gravimetrie) Eigenschaften der AF selbst (Breite der Zerrüttungszone) Entwicklung von seismischen Methoden zur Abbildung steilstehender Strukturen und Abbildung der AF

3D-Geschwindigkeitsstruktur Seismische Tomographie: Aus beobachteten Laufzeiten lassen sich seismische Geschwindigkeiten im Untergrund ableiten (Vielzahl von Quell-Empfänger-Kombinationen). Datenbeispiel: ein Schuss registriert entlang eines Profils

3D-Geschwindigkeitsstruktur Seismische Tomographie: Aus beobachteten Laufzeiten lassen sich seismische Geschwindigkeiten im Untergrund ableiten (Vielzahl von Quell-Empfänger-Kombinationen). P Hier: Ersteinsätze von P-Wellen liefern P-Geschwindigkeiten (v P ) Datenbeispiel: ein Schuss registriert entlang eines Profils

3D-Tomographie: Geometrie Daten: 14 Schüsse 3 Geophonlinien (9 km) Geophonabstand: 100 m Modell: Knotenabstände: senkrecht zur AF: 1 km parallel zur AF: 2-2,5 km vertikal: 0,5 km

3D-Tomographie: v P Vertikale Schnitte durch das 3D-Modell, v P von 2,5 km/s (violett) bis 5,0 km/s (rot) Scharfer Kontrast nahe der AF W: lateral relativ gleichförmig (Sedimente) O: Blockstruktur (Magmatite)

3D-Tomographie: v P Vertikale Schnitte durch das 3D-Modell, v P von 2,5 km/s (violett) bis 5,0 km/s (rot) Scharfer Kontrast nahe der AF W: lateral relativ gleichförmig (Sedimente) O: Blockstruktur (Magmatite) Vergleich mit 2D-Tomographie (NVR) (Ryberg et al., 2001)

Elektrische Widerstandsverteilung Magnetotellurik: Von natürlichen Quellen induzierte elektrische und magnetische Felder werden gleichzeitig an einer Station gemessen. Mithilfe der gemessenen Daten kann die Verteilung des elektrischen Widerstands ρ im Untergrund modelliert werden. Hier: 2D-Struktur entlang von Profilen (Schmidt, 2002)

Magnetotellurik: Geometrie

v P und ρ (NVR) ρ: elektrisch gut leitende Regionen in rot und gelb (Schmidt, 2002) v P : hohe Geschwindigkeiten in rot (Ryberg et al., 2001)

v P und ρ (NVR) ρ: Schmidt, 2002 v P : Ryberg et al., 2001

v P und ρ Elektrischer Widerstand Seismische Geschwindigkeit

v P und ρ Elektrischer Widerstand Seismische Geschwindigkeit

Oberflächennahe Struktur Beispiel: 2D-Tomographie (v P ) 8 Linien (1 km) über die AF Geophonabstand: 5 m Schusspunktabstand: ~20 m

2D-Tomographie Seismische Geschwindigkeit (v P )

Abbildung von Streuern Migration, Beamforming Seismometer Schuss Punktstreuer (x)

Abbildung von Streuern Migration, Beamforming Seismometer Schuss P Punktstreuer (x) t [s] PxP unsortierte Rohdaten

Abbildung von Streuern Migration, Beamforming Seismometer Schuss P P NE Punktstreuer (x) t [s] PxP unsortierte Rohdaten PxP zeitkorrigiert für einen Streuer an Position x NE = Kohärenz

Abbildung von Streuern Migration, Beamforming Seismometer Schuss P P NE Punktstreuer (x) t [s] PxP PxP Zeitkorrektur und Kohärenzanalyse für alle Untergrundpunkte (dx=125 m) Ergebnisse von Einzelschüssen an jedem Seismometer-Array werden gestapelt. unsortierte Rohdaten zeitkorrigiert für einen Streuer an Position x NE = Kohärenz

Migration: Geometrie Jeweils 10-13 Seismometer bilden ein Array.

Migration: Geometrie Westliches Teilgebiet Geschwindigkeitsmodell

Migration: Auflösung Synthetisches Modell: 2 senkrechte Ebenen von Streuern parallel zur AF Bereiche mit starker Streuung sind rot dargestellt.

Migration: seismische Streuung Verteilung von seismischen Streuern (westliches Teilgebiet): Bereiche mit starker Streuung sind rot dargestellt.

Beobachtungen Oberflächennahe Struktur (bis ~100-300 m Tiefe): Unterschiedliche physikalische Eigenschaften westlich und östlich der AF (seismische Geschwindigkeit, Reflektivität, elektrischer Widerstand) Schmaler seismischer Wellenleiter mit 3-12 m Breite, interpretiert als Zerrüttungszone der Störung (Haberland et al., 2003). Allgemeine Skalenbeziehungen zwischen Breite und Gesamtversatz einer Transformstörung lassen einen geringeren Versatz als 105 km entlang dieser Störung vermuten (siehe Haberland et al., 2003).

Beobachtungen Oberflächennahe Struktur (bis ~100-300 m Tiefe): Unterschiedliche physikalische Eigenschaften westlich und östlich der AF (seismische Geschwindigkeit, Reflektivität, elektrischer Widerstand) Schmaler seismischer Wellenleiter mit 3-12 m Breite, interpretiert als Zerrüttungszone der Störung (Haberland et al., 2003). Allgemeine Skalenbeziehungen zwischen Breite und Gesamtversatz einer Transformstörung lassen einen geringeren Versatz als 105 km entlang dieser Störung vermuten (siehe Haberland et al., 2003). Struktur in 1-4 km Tiefe: Unterschiedliche physikalische Eigenschaften westlich und östlich der Störung (niedrigere seismische Geschwindigkeiten und elektrische Widerstände im Westen) Lithologische Grenze ~1 km östlich der an der Oberfläche sichtbaren Arava-Störung, abgebildet als vertikale Zone seismischer Streuung (Reflektor).

Modellvorstellungen Eine Störung nimmt den gesamten horizontalen Versatz auf.

Modellvorstellungen Eine Störung nimmt den gesamten horizontalen Versatz auf. Der Gesamtversatz verteilt sich auf mehrere Störungen.

Modellvorstellungen Eine Störung nimmt den gesamten horizontalen Versatz auf. Syntektonische Sedimentation: Geringerer Versatz an der Oberfläche. B und C zeichnen sich durch eine schmalere Zerrüttungszone aus als A. Arava-Störung: B + C Der Gesamtversatz verteilt sich auf mehrere Störungen.

Zusammenfassung Die Untergrundverteilung seismischer Geschwindigkeiten und elektrischer Widerstände zeigt abgegrenzte lithologische Einheiten westlich und östlich der Arava-Störung (AF). Die westliche Seite mit niedrigeren Geschwindigkeiten und Widerständen läßt sich durch eine geschichtete Struktur beschreiben (sedimentäre Füllung), während die östliche Seite eine Blockstruktur aufweist (Magmatite). Die Grenze zwischen den beiden lithologischen Einheiten, abgebildet als vertikale Zone seismischer Streuung (Reflektor) in 1-4 km Tiefe, ist gegenüber der Oberflächenausprägung der AF um 1 km nach Osten versetzt. Die AF setzt sich aus (mindestens) zwei Ästen zusammen, wobei der ältere (?) Ast die oben genannte lithologische Grenze bildet. Der Gesamtversatz der DST könnte sich räumlich und zeitlich auf diese Äste verteilt haben (und evtl. auf weitere Störungen in diesem Gebiet).

3D-Tomographie: Auflösung Synthetisches Modell

3D-Tomographie: Auflösung Synthetisches Modell Inversionsergebnis

Reflexionsseismik Datenbeispiel (Linie 9)

Reflexionsseismik Datenbeispiel (Linie 9)

Reflexionsseismik AF AF Südliches Profil Nördliches Profil Gestapelte Zeitsektionen

Breite der Zerrüttungszone Geführte seismische Wellen

Breite der Zerrüttungszone Modelle des Wellenleiters für Linie 4 (v S ) 3-12 m X [m] Zerrüttungszone Breite des Wellenleiters: 3-12 m Wellenleiter interpretiert als Zerrüttungszone der AF Geführte seismische Wellen (Haberland et al., 2003)

Migration: Geometrie Östliches Teilgebiet Geschwindigkeitsmodell

Migration: seismische Streuung Verteilung von seismischen Streuern (östliches Teilgebiet): Bereiche mit starker Streuung sind rot dargestellt.