Lebens- und Werkchronik

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Transkript:

605 Lebens- und Werkchronik 1759 Johann Christoph Friedrich Schiller wird am 10. November in Marbach am Neckar geboren. Der Vater, Johann Kaspar Schiller, ist Wundarzt und Leutnant im Regiment von Herzog Karl Eugen von Württemberg, die Mutter, Elisabetha Dorothea Schiller, geb. Kodweiß, ist Gastwirtstochter. Schillers Schwester Elisabeth Christophine Friederike ist zu diesem Zeitpunkt zwei Jahre alt. 1762 Die Familie Schiller lässt sich dauerhaft in Ludwigsburg nieder. 1763 Schillers Vater wird als Werbeoffizier in die Freie Reichsstadt Schwäbisch Gmünd versetzt. 1764 Familie Schiller zieht zu Jahresbeginn nach Lorch. Schiller freundet sich mit Karl Philipp Conz und Christoph Ferdinand Moser an, dessen Vater, Pfarrer Philipp Ulrich Moser, ihm als Vorbild dient. Schiller will ebenfalls Geistlicher werden. In den Räubern setzt Schiller dem Prediger später ein Denkmal. 1765 Schiller erhält regelmäßigen Elementarunterricht in der Dorfschule in Lorch sowie Lateinunterricht bei Pfarrer Moser. 1766 Am 23. Januar wird Schillers zweite Schwester Luise Dorothea Katharina in Lorch geboren. Am 22. November kommt Charlotte von Lengefeld, Schillers spätere Frau, in Rudolstadt zur Welt. Schillers Vater lässt sich gegen Jahresende nach Ludwigsburg zurückversetzen, die Familie zieht zusammen mit von Hovens in das Haus des Hofbuchdruckers Christoph Friedrich Cotta. 1767 Mit Friedrich Wilhelm von Hoven tritt Schiller in die Ludwigsburger Lateinschule ein, wo beide zu Geistlichen ausgebildet werden sollen. Im Sommer verbringt er mit seinem Vater einige Tage im Musterungslager des Herzogs und bekommt erste Eindrücke für Wallensteins Lager. Der Vater gründet hinter der Wohnung in Ludwigsburg eine Baumschule. 1768 Während sommerlicher Wanderungen mit einem Schulfreund entdeckt der junge Schiller seine dichterischen Ambitionen. Am 20. November wird die dritte Schwester Maria Charlotte geboren. 1769 Zu Neujahr schreibt Schiller für seine Eltern Herzgeliebte Eltern, sein ältestes erhaltenes Gedicht. Er besteht sein erstes Landexamen, das ihn berechtigt, später ins Tübinger Stift aufgenommen zu werden. 1770 Im September besteht Schiller sein zweites Landexamen in Stuttgart. Herzog Karl Eugen gründet Mitte Dezember ein Militärwaisenhaus auf der Solitude bei Stuttgart, das im kommenden Jahr zur Militär-Pflanzschule erweitert wird (Hohe Karlsschule). 1771 Schiller besteht sein drittes Landexamen im September. 1772 Am 26. April konfirmiert der Garnisonspfarrer Olnhausen Schiller in der Garnisonskirche. Vermutlich unter Klopstocks Einfluss entstehen die ersten nicht erhaltenen Trauerspiele Die Christen und Absalon. Im September besteht Schiller sein viertes Landexamen, wenn auch mit weniger guten Noten als bisher, zum Jahresende schließt er die Schule ab. 1773 Auf Drängen des Herzogs muss Schiller dessen Militär-Pflanzschule besuchen. Am 16. Januar zieht er dazu widerwillig auf die Solitude. Der Alltag in der Karlsschule ist einer strengen Disziplin unterworfen, die Schüler tragen Uniform, Besuche, auch solche der Eltern, und Urlaube werden nur selten und in Notfällen gestattet,

606 Lebens- und Werkchronik Ferien gibt es keine. Schillers Schulzeit ist darüber hinaus geprägt von immer wiederkehrenden, zum Teil Wochen andauernden Krankheiten. Schiller knüpft Freundschaft mit Friedrich Scharffenstein. Die Militär-Pflanzschule wird Mitte März zur Herzoglichen Militär-Akademie mit angegliederter Oberstufe. Am 4. Mai wird Schillers vierte Schwester Beata Friederike geboren, bereits am 22. Dezember stirbt sie. 1774 Schiller entschließt sich zum Jurastudium, nachdem eine juristische Fakultät an die Militär- Akademie angeschlossen wird. Er macht nur geringe Fortschritte, interessiert sich aber verstärkt für Literatur und verbringt viel Zeit mit heimlicher Lektüre neuester Dichtungen. Am 29. März stirbt die sechsjährige Schwester Maria Charlotte. Seine Eltern erklären schriftlich, dass sie ihren Sohn zum Dank für seine Ausbildung gänzlich den herzoglichen Diensten überlassen. Nach der Lektüre von Goethes Roman Die Leiden des jungen Werthers beschließen die Freunde Schiller, Scharffenstein, von Hoven und Johann Wilhelm Petersen gemeinsam einen zweiten Werther zu schreiben. 1775 Philosophie wird auf Drängen von Jakob Friedrich Abel zum Zentralfach des Unterrichts in der Karlsschule. Im Januar erscheint Schubarts Erzählung Zur Geschichte des menschlichen Herzens, die Schiller als Quelle für die Räuber verwenden wird. Mitte November wird die Militär-Akademie in die ehemaligen Kasernengebäude hinter dem Neuen Schloss in Stuttgart verlegt. Schillers Vater wird zum Vorgesetzten der herzoglichen Hofgärtnerei auf der Solitude. Schillers späterer Freund Friedrich Haug tritt in die Militär-Akademie ein. Die Leistungen Schillers werden zunehmend schlechter, er entschließt sich, seine juristische Laufbahn zu beenden und im kommenden Jahr gemeinsam mit Wilhelm von Hoven ein Medizinstudium aufzunehmen. 1776 Abel übernimmt den Philosophie-Unterricht in der medizinischen Fakultät. Schiller lernt in dessen Vorlesungen Shakespeare kennen und widmet sich intensiv der wieland-eschenburgschen Prosaübersetzung. Abels Ausführungen zum Fall Johann Friedrich Schwan, dem Sonnenwirt, liefern Schiller den Stoff für den Verbrecher aus verlorener Ehre. Im Oktober erscheint im Schwäbischen Magazin sein erster gedruckter Text, das Gedicht Der Abend. Während des gesamten Jahres widmet Schiller sich neben Shakespeare der Lektüre von Klingers Zwillingen, Leisewitz Julius von Tarent, er liest Miller und vermutlich Rousseau, Young, Ossian sowie Goethes Stella. Das Trauerspiel Cosmus von Medici entsteht, es bleibt unveröffentlicht. 1777 Der Eroberer, das zweite in der Klopstock-Nachfolge stehende Gedicht, erscheint in Balthasar Haugs Schwäbischem Magazin. Am 8. September wird die jüngste Schwester Schillers Caroline Christiane (Nanette) geboren. In seiner Schlussprüfung disputiert Schiller im Dezember über Abels Ästhetische Sätze und über Johann Friedrich Consbruchs Fasciculus observationum medicarum. Während des Jahres arbeitet Schiller intensiv an den Räubern und plant eine Dramatisierung der Autobiographie des Ritters Schertlin von Burtenbach nach dem Muster von Goethes Götz von Berlichingen. 1779 Am 11. Februar wird zu Karl Eugens Geburtstag Schillers nicht überliefertes Festspiel Der Jahrmarkt aufgeführt. Im Mai gründet der Herzog ein deutsches Nationaltheater, das moralische Familienstücke aufführen soll. Anfang Oktober wird das Mannheimer Nationaltheater eröffnet. Schiller reicht eine medizinische Dissertation Philosophie der Physiologie in lateinischer Sprache ein, die abgelehnt wird. Er liest Maler Müllers Gedichte, Wieland, Plutarch, Lessings Laokoon sowie Herder.

Lebens- und Werkchronik 607 Am 12. Dezember besucht Herzog Karl August von Weimar gemeinsam mit Goethe erstmals die Militär-Akademie. 1780 Nach einigen Wochen im Krankenzimmer nimmt Schiller zum Sommerbeginn ernsthaft die Arbeit an den Räubern in Angriff. Am 13. Juni stirbt sein Freund August von Hoven. Im Sommer werden die Räuber vorläufig abgeschlossen, aber dennoch immer wieder geändert. Am 1. November reicht Schiller den zweiten Versuch einer Dissertation ein, die Abhandlung De discrimine febrium inflammatoriarum et putridarum (Über den Unterschied zwischen den entzündlichen und fauligen Fiebern), zu der seine Lehrer ihn gedrängt haben. Auch diese Arbeit wird abgelehnt. Erst die dritte Schrift, Versuch über den Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen, die Schiller am 30. November vorlegt, wird schließlich als Dissertation angenommen und geht noch in diesem Jahr bei Christoph Friedrich Cotta in Stuttgart in Druck. Vor allem aus Geldnot sucht Schiller einen Verleger für die Räuber. Am 15. Dezember wird Schiller aus der Militär- Akademie entlassen und als Regimentsmedikus des Grenadierregiments Augé in Stuttgart angestellt. 1781 Anfang Februar zieht Schiller in das Haus von Balthasar Haug als Untermieter der Witwe Luise Dorothea Vischer. Sie ist eines der Vorbilder für die Laura-Oden in der Anthologie auf das Jahr 1782. Anfang März nimmt er ein Darlehen für die Druckkosten der Räuber auf. Von Mai bis Jahresende leitet Schiller anonym die Redaktion der Zeitung Nachrichten zum Nuzen und Vergnügen. Anfang Mai mildert er die bereits gedruckte Vorrede der Räuber in einer neuen Fassung. Die Räuber erscheinen zwischen Ende Mai und Mitte Juni anonym im Selbstverlag mit fingiertem Druckort. Die Auflage beträgt 800 Exemplare. Kurz darauf lernt Schiller seinen späteren Freund Andreas Streicher sowie Henriette von Wolzogen, die Mutter eines damaligen Mitschülers, kennen. Wolfgang Heribert Dalberg bittet Schiller, Die Räuber für die Mannheimer Bühne zu bearbeiten. Meinungsverschiedenheiten mit dem Herausgeber des Schwäbischen Musenalmanachs Gotthold Friedrich Stäudlin veranlassen Schiller im Herbst, eine eigene Textsammlung, die Anthologie auf das Jahr 1782, zu publizieren. Im Oktober sendet Schiller eine Räuber-Bühnenbearbeitung an Dalberg. Neben dem anonym als Einzeldruck erschienenen Gedicht Der Venuswagen zählen zu den weiteren Arbeiten dieses Jahres fast die gesamte Anthologie auf das Jahr 1782 sowie die beginnende Niederschrift der Philosophischen Briefe. 1782 Am 13. Januar werden die Räuber uraufgeführt. Da Schiller ohne Urlaubsgenehmigung nach Mannheim gereist ist, wohnt er der Aufführung inkognito in einer eigenen Loge bei. Ende des Monats beginnt Schiller mit den Recherchen für den Fiesko. Mitte Februar erscheint die Anthologie auf das Jahr 1782 bei Metzler in Stuttgart. Schiller schickt ein Exemplar der Räuber an Wieland. Die mit Abel und Petersen gegründete und herausgegebene Zeitschrift Wirtembergisches Repertorium der Litteratur erscheint am 31. März. Am 25. Mai reist Schiller zum zweiten Mal unerlaubt nach Mannheim und erhält dort von Dalberg eine Macbeth-Übersetzung sowie Wagners Kindermörderin. Ende Juni erfährt Herzog Karl Eugen von Schillers Mannheimer Reise und stellt ihn unter Arrest. Während seiner Haft arbeitet Schiller am Fiesko. Henriette von Wolzogen bietet an, Schiller Zuflucht auf ihrem Gut Bauerbach zu gewähren. Am 22. September flieht Schiller, begleitet von seinem Freund Streicher, aus Stuttgart mit dem Ziel Mannheim. Die Flucht finanzieren die beiden aus Streichers Ersparnissen. Am 13. Oktober erreichen Schiller und Streicher Oggersheim, wo sie sich als Dr. Schmidt und Dr. Wolf einquartieren.

608 Lebens- und Werkchronik Am 31. Oktober wird Schiller nach mehrmaligen vergeblichen Aufforderungen zur Rückkehr nach Stuttgart zum Deserteur erklärt. Mitte November verkauft Schiller den Fiesko an den Buchhändler Christian Friedrich Schwan. Schiller und Streicher verlassen Oggersheim und trennen sich. Am 7. Dezember trifft Schiller erstmals auf den Bibliothekar Wilhelm Friedrich Hermann Reinwald, seinen späteren Schwager. Am gleichen Tag erreicht er das Gut Bauerbach. 1783 Anfang Januar lernt Schiller Henriette von Wolzogens Neffen, den Freiherrn Ludwig von Wurmb, kennen. Mitte Februar ist die Louise Millerin bis zur Reinschrift ausgearbeitet. Schiller schwankt zwischen den neuen Dramenplänen Imhof (später wohl im Geisterseher aufgegangen) und Maria Stuart, entschließt sich aber letztlich zum Don Karlos. Mitte April bearbeitet Schiller auf Drängen Dalbergs Luise Millerin nochmals. Ende April erscheint die Erstausgabe der Verschwörung des Fiesko zu Genua. Am 30. Mai wirbt Schiller brieflich bei Frau von Wolzogen um die Hand ihrer Tochter Charlotte. Das Schreiben bleibt unbeantwortet. Am 20. Juli wird Fiesko am Bonner kurfürstlichen Theater uraufgeführt. Ende August schließt Schiller einen für ein Jahr gültigen Vertrag mit Dalberg, der ihn dazu verpflichtet, als Theaterdichter bis zum Ablauf des Jahres drei Stücke (Fiesko, Luise Millerin und ein weiteres) für ein Gehalt von 300 Gulden anzufertigen. Zusammen mit Streicher zieht Schiller Mitte des Monats bei Baumeister Hölzel in Mannheim ein. In der zweiten Novemberhälfte beendet Schiller eine neue Bühnenbearbeitung des Fiesko, in abgemilderter Form und mit glücklichem Ende, die er Mitte Dezember in Reinschrift an Dalberg überreicht. 1784 Die Uraufführung von Kabale und Liebe erfolgt am 13. April in Frankfurt am Main. Am 9. Mai lernt Schiller Charlotte von Kalb kennen. Dalberg lehnt am 2. Juli den von ihm in Auftrag gegebenen Entwurf Schillers einer Mannheimer Dramaturgie ab. Schiller hält am 26. Juni anlässlich einer Sitzung der Kurpfälzischen Deutschen Gesellschaft eine Antrittsrede Vom Wirken der Schaubühne auf das Volk, die 1785 unter dem Titel Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken? und später unter der Überschrift Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet veröffentlicht wird. Ende August entsteht Schillers Plan zur Gründung einer unabhängigen Theaterzeitschrift. Der Vertrag am Mannheimer Nationaltheater läuft am 31. August aus. Dalberg lässt sich nicht zu einer Verlängerung bewegen. Schillers Vater versagt dem Sohn am 23. September jede weitere finanzielle Unterstützung. Am 12. November verschickt Schiller die Ankündigung der Rheinischen Thalia an bedeutende Autoren und Zeitschriftenherausgeber und bittet um deren Mithilfe. Schiller besucht vom 23. bis 29. Dezember Darmstadt und liest den ersten Akt des Don Karlos dem Darmstädter Hof und dem anwesenden Herzog Karl August von Weimar vor. 1785 Mitte März erhält Schiller von Christian Gottfried Körner eine Einladung nach Leipzig. Körner bewegt den befreundeten und von ihm geförderten Verleger Georg Joachim Göschen dazu, die Rheinische Thalia zu übernehmen und Schiller darüber hinaus 300 Taler Vorschuss für eine Fortsetzung zu zahlen. Ende März erscheint das einzige Heft der Rheinischen Thalia, die ab dem zweiten Heft unter dem Titel Thalia fortgeführt wird. U. a. sind darin Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken?, kurze Kritiken von Aufführungen am Mannheimer Theater und Teile des Don Karlos veröffentlicht. Gewidmet ist das Heft Herzog Karl August von Weimar. Am 9. April verlässt Schiller Mannheim in Richtung Leipzig. Im Brief vom 24. April wirbt Schiller um die Hand von Margaretha, der Tochter des Verlegers Schwan aus Mannheim. Die Verbindung kommt jedoch nicht zustande. Schiller macht in seiner ersten Leipziger Zeit

Lebens- und Werkchronik 609 Bekanntschaft mit Ludwig Ferdinand Huber, dem Verleger Göschen, Karl Philipp Moritz und den Schwestern Anna Maria (Minna) und Johanna Dorothea (Dora) Stock. Mit Körner entwickelt sich eine intensive Freundschaft. Körner hilft Schiller über eine erneute finanzielle Notlage hinweg, indem er bei der Aufnahme eines Darlehens für ihn bürgt. Am 11. September reist Schiller nach Dresden, wohin Körner und Minna Stock nach ihrer Heirat im August gezogen sind. Schiller wird von ihnen mit in ihr Weinberghaus nach Loschwitz genommen und geht dort seiner Arbeit am Don Karlos nach. Zurück in Dresden bezieht Schiller mit Huber eine gemeinsame Wohnung in der Nähe des körnerschen Hauses. 1786 Das zweite Heft der Thalia erscheint am 16. Februar. Enthalten sind darin von Schiller u. a. das Lied An die Freude, die Erzählung Verbrecher aus Infamie, eine wahre Geschichte, die unter dem Titel Der Verbrecher aus verlorener Ehre bekannt wurde, die Übersetzung von Louis-Sébastien Merciers Philipp der Zweite, König von Spanien und weitere Szenen aus dem Don Karlos. Ende April/Anfang Mai erscheint das dritte Heft der Thalia. Von Schiller werden darin der gesamte zweite Akt des Don Karlos und die überarbeiteten Philosophischen Briefe veröffentlicht. Am 22. Juni vermählt sich trotz der Bedenken Schillers seine Schwester Christophine mit Reinwald in Gerlingen bei Stuttgart. Im Oktober versucht der Hamburger Theaterdirektor Friedrich Ludwig Schröder vergeblich, Schiller für sein Theater zu gewinnen. 1787 Das vierte Heft der Thalia, das Anfang Januar erscheint, enthält von Schiller weitere Szenen des Don Karlos und das erste Stück der Erzählung Der Geisterseher, aus den Papieren des Grafen von O**. Am 14. Februar begegnet Schiller zum ersten Mal der 19-jährigen Henriette von Arnim, zu der er sich hingezogen fühlt. Anfang April beendet er die Bearbeitung der Bühnenfassung seines Don Karlos und verschickt diese an verschiedene Theater. Dalberg nimmt den Don Karlos am 21. April für das Mannheimer Nationaltheater an. Am gleichen Tage folgt Schiller einer Einladung der Frau von Kalb nach Weimar, wo er sich bis Ende Mai aufhält. In dieser Zeit kommt es zu einem Zerwürfnis zwischen ihm und Henriette von Arnim. Ende Juni erscheint die erste Buchausgabe des Don Karlos, Dom Karlos Infant von Spanien, bei Göschen in Leipzig. Zu Körners 31. Geburtstag am 2. Juli schreibt Schiller das kleine Drama Körners Vormittag. Am 20. Juli verabschiedet sich Schiller von den Körners und Dresden. Geplant ist ein längerer Aufenthalt in Weimar, Kalbsrieth und Hamburg. Nach einem kurzen Besuch bei Göschen in Leipzig kommt Schiller am 21. Juli in Weimar an, wo er von Charlotte von Kalb herzlich empfangen wird. In dieser Weimarer Zeit macht Schiller Bekanntschaft mit Wieland, Herder und Christian August Vulpius. Mit Wieland, der sich für Schillers Arbeit interessiert, entwickelt sich rasch ein persönliches Verhältnis. Es folgen Besuche bei der Herzoginmutter Anna Amalia. Schiller findet Einlass in die höfischen Kreise und kommt so auch bereits mit dem näheren Umfeld Goethes in Berührung. Bei einem mehrtägigen Ausflug Ende August nach Jena lernt Schiller den Philosophen Karl Leonhard Reinhold von der Jenaer Universität kennen. Schiller disputiert mit ihm über die Lehren Kants und beschließt, sich mit den kantischen Texten intensiv auseinander zu setzen. Bei der Rückkehr nach Weimar trifft Schiller bald auf den Freimaurer Johann Joachim Christoph Bode, der versucht, ihn zu einer Mitgliedschaft zu bewegen. Am 29. August wird der Don Karlos in der Jambenfassung am Hamburger Theater uraufgeführt. Schiller arbeitet im September an der Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung und verkehrt häufig mit Frau von Kalb, Bode und Herder. Eine dem Don Karlos wohl gesinnte Rezension von Wieland wird im Teutschen Merkur veröffentlicht.

610 Lebens- und Werkchronik Ab Mitte November beschäftigt sich Schiller beflissentlich mit dem Studium verschiedener historischer Quellen. In der Zeit vom 23. November bis 7. Dezember besucht er seine Schwester Christophine und Reinwald in Meiningen. Es folgt ein reger Kontakt mit der Familie von Wolzogen in Bauerbach. Am 6. Dezember trifft Schiller anlässlich eines Besuches von Verwandten Wilhelm von Wolzogens zum ersten Mal seine spätere Frau Charlotte von Lengefeld in Rudolstadt. 1788 Anfang des Jahres fasst Schiller den Entschluss Charlotte von Lengefeld zu heiraten. In der Zeit von Ende Januar bis April hält sie sich bei Frau von Imhoff in Weimar auf. In dieser Zeit kommt es zu häufigen Besuchen und es entspinnt sich ein Briefwechsel zwischen Charlotte und Schiller. Ende März erscheint das kurz zuvor entstandene Gedicht Die Götter Griechenlandes im Teutschen Merkur. Das fünfte Heft der Thalia bringt Anfang Mai eine Fortsetzung des Geistersehers. Schiller reist am 18. Mai nach Rudolstadt. Geplant ist ein längerer Sommeraufenthalt. Charlotte von Lengefeld hatte sich auf Schillers Bitte nach einem Quartier umgesehen und schließlich in Volkstädt eine Wohnung für ihn angemietet. Am 5. August stirbt Henriette von Wolzogen. Die Gelegenheit zu einem ersten Gespräch mit Goethe findet Schiller bei einer Abendgesellschaft im Hause Lengefeld. Es kommt zu keinem tieferen Austausch der beiden Dichter. Ende Oktober erscheint der erste Band der Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande bei Siegfried Lebrecht Crusius in Leipzig. Schiller kehrt am 12. November nach Weimar zurück. Im Dezemberheft des Teutschen Merkurs werden die Briefe über Don Karlos veröffentlicht. Auf Goethes Bemühen hin wird Schiller Mitte Dezember für eine außerordentliche Professur in Jena vorgeschlagen. 1789 Im Januar wird die schillersche Rezension zu Goethes Iphigenie veröffentlicht. Das Anfang März erscheinende sechste Heft der Thalia enthält den ersten Teil der Iphigenie in Aulis von Euripides in Schillers Übersetzung und eine Fortsetzung des Geistersehers. Im Märzheft des Teutschen Merkurs folgt das Gedicht Die Künstler. Am 11. Mai zieht Schiller nach Jena, um dort seine Professur anzutreten. Er mietet im Haus der Schwestern Schramm eine Wohnung. Mitte Mai wird im siebten Heft der Thalia der zweite Teil der Übersetzung der euripideischen Iphigenie und eine weitere Fortsetzung des Geistersehers veröffentlicht. Am 26. Mai hält Schiller seine Antrittsvorlesung in Jena über den Unterschied des Brotgelehrten und des philosophischen Kopfes, die nach einer Überarbeitung unter dem Titel Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? im Novemberheft des Teutschen Merkurs publiziert wird. Bei der Vorlesung herrscht großer Andrang, so dass der vorgesehene Saal nicht genügend Platz bietet und Schiller mit den Interessierten in ein 300 bis 400 Zuhörer fassendes Auditorium umzieht. Auch an den folgenden von Schiller gehaltenen Vorlesungen nehmen jeweils bis zu 500 Studenten teil. Am 5. August trifft Charlottes Jawort schriftlich bei Schiller ein, um das er kurz zuvor, vermittelt über den Kontakt einer Freundin der Familie von Lengefeld, gebeten hatte. Bereits vom 7. bis 10. August sehen sich die frisch Verlobten wieder, entscheiden aber, bis zur endgültigen Klärung der finanziellen Absicherung Schillers sogar gegenüber der Schwiegermutter über die Verlobung Stillschweigen zu wahren. Nach dem Ende des Semesters in Jena verbringt Schiller seine einmonatigen Ferien in der Nähe der Familie von Lengefeld. Am 26. Oktober beginnt das neue Semester. Schiller liest über die fränkische Monarchie und die Geschichte der Römer. Die Zahl der Teilnehmer steht in keinem Verhältnis zum vorangegangenen Semester. Nur ca. 30 Studenten besuchen seine Kurse, die aber auch verspätet angekündigt wurden und zeitlich ungünstig liegen. Am 30. Oktober wird Schiller von Johann Christian Friedrich Schulz besucht, der ihm von der in Paris stattfindenden Revolution berichtet.

Lebens- und Werkchronik 611 Im achten Heft der Thalia, das Ende Oktober erscheint, werden von Schiller u. a. die Übersetzung von Euripides Die Phönizierinnen und Der Abschied, ein Fragment aus dem Geisterseher, veröffentlicht. Bei Göschen erscheint am 5. November Der Geisterseher. Eine Geschichte aus den Memoires des Grafen von O**. Zeitgleich wird die französische Übersetzung dieser Buchausgabe veröffentlicht. Schiller pflegt ein intensives Verhältnis nicht nur zu Charlotte, sondern auch zu Caroline von Lengefeld. Am 15. November erscheint es ihm nötig, den Schwestern in einem Brief zu erklären, dass seine Neigung Charlotte gilt. Der Plan, eine Professur an der Universität in Mainz anzutreten, schlägt fehl. Charlotte unterbreitet ihm den Vorschlag, als freier Schriftsteller zu ihr nach Rudolstadt zu ziehen. Mitte Dezember geben Schiller und Charlotte ihre Verlobung offiziell bekannt. Frau von Lengefeld ersucht daraufhin den Herzog von Meiningen, ihrem künftigen Schwiegersohn einen angemessenen Rang zu erteilen, da ihre Tochter Charlotte Schiller zuliebe den Adelstitel aufgebe. Am 23. Dezember bittet Schiller Herzog Karl August von Weimar um Gewährung eines festen Gehalts. Während der Weihnachtstage, die Schiller im Kreise der Familie von Lengefeld in Weimar verbringt, lernt er Wilhelm von Humboldt kennen. Die beiden treffen sich einige Tage später nochmals in Jena. 1790 Der Weimarer Herzog Karl August stellt Schiller am Neujahrstag das erbetene Jahresgehalt in Höhe von 200 Talern in Aussicht, zudem erhält er am 13. Januar das Hofratsdiplom vom Meininger Hof, womit der Hochzeit nichts mehr im Wege steht. Drei Tage später besucht er die Schwestern von Lengefeld, um praktische Angelegenheiten für das Zusammenleben nach der Heirat zu regeln. Caroline soll mit den Eheleuten die Wohnung teilen. Am 22. Februar heiratet Schiller Charlotte in Wenigenjena. Anwesend sind lediglich Schwägerin Caroline und die Schwiegermutter. Im Sommersemester doziert Schiller weiter über die fränkische Monarchie, außerdem liest er über die Theorie der Tragödie. Auf der Grundlage des Skripts entstehen noch in diesem Sommer die Aufsätze Über den Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen und Über die tragische Kunst. Zudem beginnt Schiller die zeitintensive, sich bis Mitte September erstreckende Ausarbeitung des ersten Teils der Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs, die bei Göschen verlegt wird. Im zehnten Heft der Thalia erscheint Anfang September Die Sendung Moses. Schiller veröffentlicht zu Beginn des Folgemonats im Historischen Calender für Damen für das Jahr 1791 seine Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs. Ende Dezember sind 7000 Exemplare verkauft, 3000 Exemplare werden nachgedruckt. Im Wintersemester liest Schiller über Europäische Staatengeschichte, Universalgeschichte der mittleren und neueren Zeit und über die Kreuzzüge. Am 31. Oktober hält sich Goethe erstmalig in Schillers Wohnung auf. Man spricht über den gemeinsamen Bekannten Körner und die kantische Philosophie. Ende November erscheint das elfte Heft der Thalia, darin von Schiller: Etwas über die erste Menschengesellschaft nach dem Leitfaden der Mosaischen Urkunde, Die Gesetzgebung des Lykurgus und Solon und das Fragment Der versöhnte Menschenfeind. 1791 Anfang Januar wird Schiller Mitglied der Erfurter Kurfürstlichen Akademie nützlicher Wissenschaften. In diesen Zeitraum fällt auch das Auftreten erster Symptome seiner später chronisch werdenden Krankheiten, Fieber und Katarrh. Am Krankenbett besuchen ihn regelmäßig sein Schüler Novalis und Karl Theodor von Dalberg, der ihm rät, die Geschichtsschreibung zugunsten literarischer Arbeiten zurückzustellen. Erste Pläne für den Wallenstein werden gefasst. Schiller erholt sich langsam, aber nie vollständig von der schweren Krankheit. Am 15. und 17. Januar erscheint anonym in der Jenaer Allgemeinen Literatur-Zeitung Schillers Rezension zu Gottfried August Bürgers Gedichten, die von Goethe öffentlich gelobt wird. Drei

612 Lebens- und Werkchronik Wochen später kontert Bürger mit einer Vorläufigen Antikritik, die Schiller mit einer Verteidigung des Rezensenten beantwortet. Mitte März wird Schiller von universitären Verpflichtungen freigestellt. Ein Erholungsurlaub mit Charlotte in Rudolstadt kann einem schweren Rückfall am 8. Mai nicht vorbeugen. Am 10. Mai glaubt Schiller seiner Atemnot zu erliegen, tatsächlich verbreiten sich ab dem 12. Mai in Erfurt Gerüchte über seinen Tod, der am 8. Juni von der Oberdeutschen allgemeinen Literaturzeitung annonciert wird. Ende Juni erreicht die Botschaft Jens Baggesen in Kopenhagen, der eine Gedächtnisfeier unter dort ansässigen Schiller-Freunden ausrichtet. Schillers Gesuch bei Herzog Karl August um eine förmliche Besoldung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wird mit einer einmaligen Zahlung von 250 Talern beantwortet, eine dauerhafte Gehaltsanhebung wird ihm nicht gewährt. Ende November erscheint bei Göschen im Historischen Calender für Damen auf das Jahr 1792 das dritte Buch der Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs. Mitte des Monats versucht Reinhold, bei Schillers dänischen Freunden ein unabhängig von seinen Arbeitsleistungen gezahltes festes Einkommen einzuwerben. Das Schreiben kursiert in Kopenhagen und noch Ende des Monats kommen Herzog Friedrich Christian von Schleswig- Holstein-Augustenburg und Graf Schimmelmann überein, Schiller auf drei Jahre eine jährliche Pension von 1000 Talern zu garantieren. 1792 Das erste Heft der die Thalia ablösenden Neuen Thalia wird Anfang des Jahres mit Schillers Beiträgen Die Zerstörung von Troja im zweiten Buch der Aeneide und Über den Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen veröffentlicht. Ende Februar subventionieren die dänischen Freunde mit 1035 Talern seine täglich mehrstündige Arbeit. Um seine Verdauungsprobleme zu kurieren, erwirbt Schiller ein Pferd, da er dem Reitsport heilsame Qualitäten zuschreibt. Das einsame Reiten deprimiert ihn jedoch so, dass er das Tier wieder verkauft. Die zweite Ausgabe der Neuen Thalia erscheint Anfang März, darin abgedruckt sind Schillers Dido. Viertes Buch der Aeneide und Über die tragische Kunst. Gemeinsam mit Charlotte besucht er von Mitte April bis Mitte Mai Familie Körner. Körner macht seinen Freund mit Friedrich Schlegel bekannt. Die Gespräche drehen sich um die kantische Philosophie und eigene Ambitionen, die Horen und die Ästhetischen Briefe. In der dritten Neuen Thalia, die Anfang Juni erscheint, veröffentlicht Schiller Didos Tod. Beschluß des vierten Buches der Aeneide. Am 26. August verleiht die Pariser Nationalversammlung Schiller die französische Ehrenbürgerschaft, die Urkunde wird ihm jedoch erst am 1. März 1798 überbracht. Kurz darauf wird der erste Teil der Kleineren prosaischen Schriften Schillers bei Crusius in Leipzig verlegt. Anfang Oktober erscheinen sowohl die Geschichte des Malteserordens nach Vertot von M[agister]. N[iethammer]. bearbeitet und mit einer Vorrede versehen von Schiller als auch die Merkwürdigen Rechtsfälle als ein Beitrag zur Geschichte der Menschheit. Nach dem Französischen Werk des Pitaval durch mehrere Verfasser ausgearbeitet und mit einer Vorrede begleitet herausgegeben von Schiller. Mitte Oktober gibt Schiller die Herausgeberschaft des Historischen Calenders auf, dessen dritter Teil mit der Fortsetzung der Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs Mitte November erscheint. Stattdessen unterbreitet er Göschen sein Horen-Konzept: In einem vierzehntägigen Turnus sollen darin die 30 bis 40 besten deutschen Schriftsteller zu Gehör kommen. Anfang November beginnt Schiller in seiner Wohnung ein Privatkolleg über Ästhetik. Gegen Monatsende plant er eine Reise nach Paris, um sich vor dem Nationalkonvent gegen eine Hinrichtung Ludwigs XVI. auszusprechen. Mit der tatsächlichen Hinrichtung am 21. Januar 1793 wird diese Reise hinfällig. Am 28. Dezember wird Kabale und Liebe in Stuttgart erstaufgeführt, weitere Aufführungen werden seitens des Hofs untersagt. Schiller beginnt an einer Theorie des Schönen zu arbeiten, die er Körner brieflich erläutert. Das Projekt

Lebens- und Werkchronik 613 Kallias oder über die Schönheit bleibt jedoch Fragment. 1793 Bei einem Besuch Humboldts Anfang April bittet Schiller den Freund, nach Jena zu ziehen. Humboldt kommt diesem Wunsch Anfang des Folgejahres nach. Am 7. April gibt das Ehepaar Schiller die Stadtwohnung auf und zieht in ein kleines Gartenhaus. Im Mai überarbeitet Schiller Die Götter Griechenlandes. Er beginnt die ästhetischen Schriften Über Anmut und Würde und Vom Erhabenen, in diesem Kontext entstehen Entwürfe zu Über das Erhabene, Gedanken über den Gebrauch des Gemeinen und Niedrigen in der Kunst und Zerstreute Betrachtungen über verschiedene ästhetische Gegenstände. Ende Juni erscheint die Abhandlung Über Anmut und Würde im zweiten Stück der Neuen Thalia. In den August fällt ein längerer Aufenthalt in der freien Reichsstadt Heilbronn gemeinsam mit Charlotte. Ende des Monats ersucht Schiller beim Herzog Karl Eugen um freies Betreten württembergischen Bodens und Übersiedlung nach Ludwigsburg. Aufgrund der Abwesenheit des Herzogs bleibt die Anfrage unbeantwortet, jedoch erfährt Schiller, der Herzog habe öffentlich erklärt, ihn im Falle seiner Einreise nach Stuttgart zu ignorieren. Am 8. September zieht Schiller mit seiner Familie nach Ludwigsburg, um in der Nähe von Eltern und Freunden leben zu können. Die Arbeit am Wallenstein schreitet dort voran. Am 14. September verschläft Schiller die Geburt seines ersten Kindes Karl Friedrich Ludwig. Am Folgetag erscheint das dritte Stück der Neuen Thalia mit Schillers Abhandlung Vom Erhabenen. Zur weitern Ausführung einiger Kantischen Ideen. Ende September lernt er Hölderlin kennen, den er Frau von Kalb als Hauslehrer empfiehlt. Ab Oktober entstehen Entwürfe zu den Abhandlungen Über die Gefahr ästhetischer Sitten, Über den moralischen Nutzen ästhetischer Sitten und Über naive und sentimentalische Dichtung. Am 24. Oktober stirbt Herzog Karl Eugen von Württemberg in Hohenheim. Schiller beobachtet die Überführung des Leichnams am 30. Oktober von seiner Wohnung aus, wahrscheinlich wohnt er auch der Totenmesse in der Schlosskapelle bei. Anfang November besucht Schiller die Karlsschule in Stuttgart und wird von 400 Eleven mit einem euphorischen Vivat begrüßt. Zurück in Heilbronn erhält er am 20. November das Diplom als Ehrenmitglied der Jenaer Naturforschenden Gesellschaft. Gegen Jahresende treibt er die Briefe an den Herzog Friedrich Christian von Augustenburg voran. 1794 Ende Januar unterbricht Schiller seine philosophisch-ästhetischen Studien vorerst, um sich intensiver dem Wallenstein widmen zu können, für den er einige Prosaszenen entwirft. Durch eine Brandkatastrophe im Schloss Christiansborg in Kopenhagen am 26. Februar werden die Augustenburger Briefe vernichtet. Schiller verspricht dem Herzog in der Jahresmitte, die Briefe bestmöglich zu rekonstruieren. Aus dieser Arbeit entsteht die Abhandlung Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Am 11. März besucht Schiller Abel, der mittlerweile in Tübingen Philosophie lehrt, und lernt den Verleger Cotta kennen. Um den 15. März übersiedeln Schillers für einen längeren Aufenthalt nach Stuttgart in das Hofküchengartenhaus. In dieser Zeit arbeitet Johann Heinrich Dannecker an Schillers Büste. Anfang Mai empfängt Schiller erstmals Besuch von Fichte sowie von Cotta, der Schiller die Redaktion einer geplanten politischen Tageszeitung (Allgemeine Zeitung) anträgt. Schiller lehnt dieses Angebot später aus gesundheitlichen Gründen ab. Hingegen stellt er Cotta sein Horen- Projekt vor, zu dem er ihn wieder und wieder drängen wird. Am 14. Mai kehrt das Ehepaar Schiller nach Jena zurück. Die Familien Humboldt und Schiller sind nun Nachbarn und pflegen nahezu täglich Umgang, oft treffen sie auch Fichte. Sowohl Humboldt als auch Fichte ermutigen Schiller bei seinen Kant-Studien. In der zweiten Auflage seiner Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft würdigt Kant Mitte Mai Schillers Über Anmut und Würde.

614 Lebens- und Werkchronik Am 7. Juni konferiert Schiller mit Fichte, Woltmann und Humboldt über die geplanten Horen. Man verfasst gemeinsam eine Aufforderung zur Mitarbeit an der Zeitschrift, die u. a. an Körner, Goethe, Kant, Christian Garve, Johann Jakob Engel, Friedrich August Weißhuhn, Herder, Gotter, Klopstock, Friedrich Gentz, Alexander von Humboldt, Friedrich Jacobi und Matthison verschickt wird. Schiller beschließt die Aufgabe der Neuen Thalia zugunsten der Horen. Am 10. Juli erhält er von Cotta 450 Gulden Vorschuss für seine Arbeit. Goethes Zusage zur Mitarbeit an den Horen trifft am 24. Juni ein. Am 20. Juli folgt das Schlüsselereignis der beginnenden Freundschaft zwischen Schiller und Goethe: Beide nehmen als Ehrenmitglieder an der Tagung der Naturforschenden Gesellschaft in Jena teil und führen im Anschluss ein intensives Gespräch über die Metamorphose der Pflanzen, die Urpflanze und die Trennung von Idee und Erfahrung. Das Gespräch wird zwei Tage später bei Humboldts fortgesetzt. Schiller unterhält sich mit Goethe über Kunst und Kunsttheorie und unterbreitet ihm Thesen aus seinen Kallias-Briefen. Mitte August besucht der Verleger Salomo Michaelis Schiller in Jena, um mit ihm die Herausgabe eines Musenalmanachs für jährlich 300 Reichstaler vertraglich zu regeln. Ende August erscheint das vierte Stück der Neuen Thalia (Jahrgang 1793) mit Schillers Fortgesetzter Entwicklung des Erhabenen. Zwischen Schiller und Goethe entspinnt sich ein reger brieflicher Kontakt, an dessen Anfang der beiderseitige Wunsch nach schriftstellerischer Kooperation zum Ausdruck gebracht wird. Diesem Wunsch entgegenkommend, schickt Goethe Schiller bereits am 30. August das verschriftlichte Ergebnis der gemeinsamen Unterhaltungen vom 20. und 22. Juli: In wiefern die Idee, Schönheit sei Vollkommenheit mit Freiheit, auf organische Naturen angewendet werden könne. Schiller arbeitet im September am Aufsatz Über das Naive und an Skizzen zum Wallenstein, außerdem schreibt er die Ästhetischen Briefe. Am 11. September erscheint Schillers Rezension Über Matthisons Gedichte in der Jenaer Allgemeinen Literatur-Zeitung. Im September wohnt Schiller für zwei Wochen bei Goethe und tauscht sich mit ihm über naturwissenschaftliche und ästhetische Gegenstände und schriftstellerische Projekte aus. Humboldt und Herder kommen zu Besuch. Mit Humboldt reist Schiller am 27. September nach Jena zurück. Goethe drängt Schiller Mitte Oktober, sein geplantes Drama über den Malteserorden zu konkretisieren. Schiller indes verschiebt die Pläne zu den Malthesern auf Neujahr. Mit dem fünften Stück der Neuen Thalia erscheinen Ende Oktober Schillers Zerstreute Betrachtungen über verschiedene ästhetische Gegenstände. Anfang Dezember erhält Schiller von Cotta 360 Gulden Vorschuss und von Goethe die Druckfahnen des ersten Buches von Wilhelm Meisters Lehrjahren zum Lesen. Am 10. Dezember erscheint Schillers Horen-Ankündigung im Intelligenzblatt der Allgemeinen Literatur-Zeitung. 1795 In diesem Jahr liest Schiller die Manuskripte der verschiedenen Bücher von Wilhelm Meisters Lehrjahren und übersendet Goethe kritische Anmerkungen, auf die dieser prinzipiell eingeht. Er selbst arbeitet vor allem an den Ästhetischen Briefen. Am 15. Januar erscheint die erste Ausgabe der Horen in einer Auflage von 1500 Exemplaren, die durch einen Nachdruck Anfang März um 500 Exemplare erhöht wird. Ein Jahrgang der Horen umfasst 12 Stücke, die in vier Bänden zu drei Stücken erscheinen sollen. Schiller veröffentlicht im ersten Stück den Anzeigentext Die Horen eine Monatsschrift und die ersten neun Briefe Über die ästhetische Erziehung. Das letzte Thalia-Heft erscheint Anfang Februar ohne Beitrag Schillers. Das zweite Stück der Horen vom 20. Februar enthält die Ästhetischen Briefe 10 bis 16. Im März schickt Schiller Kant die ersten beiden Stücke, dieser zeigt sich begeistert von den Ästhetischen Briefen, lässt sich aber nicht zu einer Mitarbeit an den Horen bewegen. Cotta wünscht, künftig alle Stücke Schillers verlegen zu dürfen und rät ihm, den finanziell viel versprechenden Ruf nach Tübingen als ordentlicher Professor der Geschichte anzunehmen, der

Lebens- und Werkchronik 615 ihm am 12. Februar angetragen wurde. Schiller aber vermittelt zunächst Hölderlins Hyperion an Cotta. Außerdem erbittet er von dem Verleger 200 Taler, da die Zeit der dänischen Besoldung abgelaufen ist. Mitte März beginnt Schiller mit der Merkwürdigen Belagerung von Antwerpen in den Jahren 1584 und 1585 seinen letzten historischen Aufsatz, zudem plant er eine verbesserte Neuauflage seiner Dramen bei Cotta. Körner vermittelt Friedrich Schlegel als Mitarbeiter bei den Horen, deren drittes Stück am 20. März ohne einen Beitrag Schillers erscheint. Für Tübingen stellt man ihm in Aussicht, sich von allen öffentlichen Verpflichtungen befreit ausschließlich der Lehre widmen zu dürfen. Schiller aber sucht seine finanzielle Position in Jena zu stärken und bittet den Herzog am 26. März für den Fall krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit um eine Gehaltsverdoppelung, die dieser ihm auch umgehend zusagt. Die Professur in Tübingen lehnt Schiller am 3. April endgültig ab. Am 13. April ziehen Schillers letztmalig innerhalb Jenas um. Auf dem Weg zur Leipziger Buchmesse besucht Cotta am 24. April Schiller und erörtert in Goethes Anwesenheit die positive Resonanz des literarischen Marktes auf die vielfach subskribierten Horen. Der Verleger plant eine drei- bis vierbändige Ausgabe von Schillers Dramen und ästhetischen Schriften. Auf der Buchmesse geraten deswegen am 6. Mai Cotta und Göschen aneinander, da Göschen seine Verlagsrechte am Don Karlos nicht aufgeben möchte. Im vierten und fünften Stück der Horen erscheint die Merkwürdige Belagerung von Antwerpen. August Wilhelm Schlegel wird auf Körners Rat hin zur Mitarbeit für die Horen geworben. Mit dem Gedicht Poesie des Lebens nimmt Schiller seine seit sieben Jahren unterbrochene lyrische Produktion wieder auf. Er erwägt einen literaturkritischen Anhang für die Horen (und damit ein Forum für die geplanten Xenien). Das sechste Stück der Horen vom 22. Juni enthält Die schmelzende Schönheit. Fortsetzung der Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen (Briefe 17 27). Ab dem 24. Juni kommt es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Schiller und Fichte, dessen Beitrag Über Geist und Buchstab in der Philosophie vom Herausgeber der Horen abgelehnt wird. Fichte zieht sich aus dem Projekt zurück, nicht ohne Schiller in einem Antwortschreiben als unwissenschaftlich dilettierenden Philosophen zu disqualifizieren. Mitte August gibt sich Schiller enttäuscht von seinem Horen-Projekt, es mangelt an guten Beiträgen und emphatischer Rezeption. Beim Druck des ersten Musen-Almanachs kommt es zu Verzögerungen, weil der Verleger Michaelis von seinem Geschäftsführer betrogen worden ist. Humboldt schaltet sich ein. Im September beschäftigt sich Schiller vornehmlich mit der Abhandlung Über das Naive. Am 5. September wird seine finanzielle Lage durch eine erneute dänische Pension von 400 Talern verbessert. Am 24. September erscheint das neunte Stück der Horen und darin Schillers Texte Das Reich der Schatten (Das Ideal und das Leben), Natur und Schule (Der Genius), Das verschleierte Bild zu Sais, Von den notwendigen Grenzen des Schönen besonders im Vortrag philosophischer Wahrheiten (Über die notwendigen Grenzen beim Gebrauch schöner Formen I), Der philosophische Egoist, Die Antike an einen Wanderer aus Norden (Die Antike an den nordischen Wandrer), Deutsche Treue, Weisheit und Klugheit, An einen Weltverbesserer, Das Höchste, Ilias, Unsterblichkeit. Am 26. September übersendet ihm Goethe sein Märchen zur Lektüre. Am 23. Oktober erscheint mit dem zehnten Stück der Horen Schillers Elegie (ab 1800: Der Spaziergang). Er schreibt weiter Gedichte für Die Horen, möchte sich aber künftig wieder dramatischen Arbeiten widmen. Nachdem am 24. Oktober die Allgemeine Literatur-Zeitung einen böswilligen Aufsatz Friedrich August Wolfs zu einem Horen-Beitrag Herders veröffentlicht hatte, überlegt sich Goethe, alle journalistischen Angriffe auf die Horen zu sammeln und eine umfassende Replik zum Jahresende zu formulieren (Xenien). Im November verfasst Schiller die Abhandlung Die sentimentalischen Dichter, seinen Geburtstag feiert er gemeinsam mit Goethe.

616 Lebens- und Werkchronik Am 24. November erscheint das elfte Stück der Horen mit Schillers Gedichten Die Teilung der Erde, Die Taten der Philosophen (Die Weltweisen), Theophanie, Einem jungen Freunde als er sich der Weltweisheit widmete, Archimedes und der Schüler und dem Essay Über das Naive. Dieser Publikation aus der Horen-Reihe, deren Aufgabe Schiller aufgrund sinkender Qualität der Beiträge und nachlassender Subskriptionszahlen für unvermeidlich hält, folgt am 15. Dezember der Musen- Almanach für das Jahr 1796, darin von Schiller Die Macht des Gesanges, Das Kind in der Wiege, Odysseus, Das Unwandelbare, Zeus zu Herkules, Der Tanz, Einer jungen Freundin ins Stammbuch, Spruch des Confucius, Würden, Deutschland und seine Fürsten, Pegasus in der Dienstbarkeit (Pegasus im Joche), Der spielende Knabe, Die Ritter des Spitals zu Jerusalem (Die Johanniter), Der Sämann, Die zwei Tugendwege, Die Ideale, Der Kaufmann, Ein Wort an die Proselytenmacher, Der beste Staat, Der Abend, Der Metaphysiker, Columbus, Würde der Frauen, Stanzen an den Leser (Abschied vom Leser). Im Brief vom 17. Dezember schreibt Schiller an Goethe, es sei höchste Zeit,»die philosophische Bude«für eine Weile zu schließen. Am 26. Dezember schickt Goethe die ersten 12 Xenien nach dem Vorbild martialischer Epigramme als eine Abrechnung der Literatur mit ihren Kritikern. Schiller greift die Idee begeistert auf. Das zwölfte Stück der Horen erscheint zum Jahresende und enthält Schillers Essay Die sentimentalischen Dichter sowie die Gedichte Menschliches Wissen, Die Dichter der alten und neuen Welt (Die Sänger der Vorwelt), Schön und erhaben (Die Führer des Lebens), Der Skrupel, Karthago, Ausgang aus dem Leben (Die idealische Freiheit). 1796 In diesem Jahr schreitet die gemeinsame Arbeit an den Xenien beträchtlich voran, hunderte Epigramme entstehen. Goethe und Schiller pflegen nun und in der Folgezeit sehr regen Verkehr, man besucht sich abwechselnd in Jena und Weimar für gemeinschaftliche Mahlzeiten, Gespräche und Arbeiten. Am 22. Januar erscheint in diesem Jahr das erste Stück der Horen mit Schillers Gedicht Der Dichter an seine Kunstrichterin und dem Beschluß der Abhandlung über naive und sentimentalische Dichter nebst einigen Bemerkungen einen charakteristischen Unterschied unter den Menschen betreffend, der zusammen mit Über das Naive und Die sentimentalischen Dichter die Abhandlung Über naive und sentimentalische Dichtung bildet. Am 5. Februar dankt Schiller brieflich den dänischen Freunden für die Verlängerung der Pension. Cotta bittet er am 19. Februar, seinen kranken Vater finanziell zu unterstützen und mit Lektüre zu versorgen. Ein Gespräch mit Goethe bringt Schiller am 16. März zu dem Entschluss, den Maltheser-Plan aufzugeben und dafür den Wallenstein auszuarbeiten. Während das zweite Stück der Horen ohne Beitrag von Schiller erscheint, enthält das dritte Stück dieses Jahrgangs seine Schrift Über den moralischen Nutzen ästhetischer Sitten. Schillers Schwester Nanette stirbt am 23. März auf der Solitude. Am gleichen Tag reist Schiller auf Goethes Einladung hin nach Weimar, um einem Gastspiel Ifflands beizuwohnen. Goethe, der sich von Ifflands Spiel Anregungen für Schillers Wallenstein erhofft, lässt diesem eine vom Publikum separierte, komfortable Kranken-Loge einrichten. Er verbringt zahlreiche Abendgesellschaften mit Herder, Iffland und Wieland. Iffland mimt in der Weimarer Räuber-Inszenierung den Karl Moor. Dem Zuschauer Schiller gefällt sein Jugendwerk jedoch nicht mehr. Kurz darauf, am 25. April, wird Schillers Bühnenbearbeitung des goetheschen Egmont ebenfalls mit Iffland in der Hauptrolle zum ersten und einzigen Mal aufgeführt. Anfang Juni beginnt Schiller mit dem Jenaer Drucker Göpferdt die Bedingungen für den Musen-Almanach auszuhandeln. Am 25. Juni stattet Jean Paul Schiller einen einmaligen Besuch ab. Der mit Caroline frisch verheiratete A. W. Schlegel zieht am 8. Juli nach Jena und wird von Schillers empfangen. Häufige Besuche folgen. Am 11. Juli wird Schillers zweiter Sohn Ernst Friedrich Wilhelm geboren. Mitte Juli erscheint bei Michaelis ein Sonderdruck von Schillers Gedicht Der Tanz.

Lebens- und Werkchronik 617 Ab August übersendet Schiller dem Komponisten Karl Friedrich Zelter einige seiner Gedichte für den Musen-Almanach zur Vertonung. Schillers Vater stirbt am 7. September auf der Solitude. Erst am 19. September erhält Schiller diese Nachricht und verzichtet zugunsten seiner Mutter auf den Erbanteil. Am 29. September erscheint der Musen-Almanach für das Jahr 1797, der so genannte Xenienalmanach bei Cotta. Schiller veröffentlicht darin Das Mädchen aus der Fremde, Pompeji und Herkulanum, Politische Lehre, Die beste Staatsverfassung, An die Gesetzgeber, Würde des Menschen, Majestas populi, Das Ehrwürdige, Klage der Ceres, Jetzige Generation, Falscher Studiertrieb, Jugend, Quelle der Verjüngung, Der Aufpasser, Die Geschlechter, Der Naturkreis, Der epische Hexameter, Das Distichon, Die achtzeilige Stanze, Das Geschenk, Grabschrift, Der Homeruskopf als Siegel, Der Genius mit der umgekehrten Fackel, Macht des Weibes, Weibliches Urteil, Forum des Weibes, Das weibliche Ideal, Die schönste Erscheinung, An die Astronomen, Innerer Wert und äußere Erscheinung (Inneres und Äußeres), Freund und Feind, Der griechische Genius, Erwartung und Erfüllung, Das gemeinsame Schicksal, Menschliches Wissen, Der Vater, Der Besuch (Dithyrambe), Liebe und Begierde, Güte und Größe, Der Fuchs und der Kranich, Die Sachmänner, Tabulae votivae, Vielen, Einer, Xenien. Der Almanach findet reißenden Absatz. Ende Oktober sind alle Exemplare vergriffen, eine zweite Auflage erscheint am 3. Dezember und ist zum Monatsende vollständig verkauft. Am 22. Oktober beginnt Schiller die Arbeit am Wallenstein, die ihn bis zum 17. März 1799 beschäftigen wird. Zunächst entsteht eine Prosafassung, Ende Dezember wird der erste Akt ausgearbeitet. Um sich ausschließlich dieser umfangreichen Arbeit widmen zu können, wirbt Schiller u. a. Hölderlin und Körner für Beiträge in den Horen an. 1797 Am 3. Februar erscheint Wielands Rezension der Xenien in der Februarausgabe des Teutschen Merkur. Mitte März unterzeichnet Schiller einen Kaufvertrag für Garten und Sommerhaus des verstorbenen Jenaer Professors Johann Ludwig Schmidt. Die Kaufsumme von 1150 Talern schießt Cotta vor. Mit Goethe diskutiert Schiller die Inneneinrichtung und am 2. Mai wird das Haus bezogen. Umbauten wie die Hinzufügung eines Stockwerks sind geplant, werden aber auf das Folgejahr verschoben. Im Herbst zieht die Familie in die Stadtwohnung. Anfang April wird Schiller als Mitglied der Stockholmer Akademie der Wissenschaften diplomiert. Für Cottas Dramenausgabe plant Schiller eine Neubearbeitung des Don Karlos, da der frühere Verleger Göschen das Drama nicht gemeinsam mit Cotta herausgeben will. Am 21. Mai liest Schiller Goethe das Vorspiel Wallensteins Lager vor. Goethe rät dem Freund, der zunächst fünf Akte geplant hatte, zu einem trilogischen Aufbau des Dramas. Zum Monatsende formuliert Schiller eine Absage an A. W. Schlegel, was die Mitarbeit an den Horen anbelangt. Grund hierfür sind die harschen Äußerungen des Bruders Friedrich Schlegel über die Zeitschrift. Anfang Juni unterbricht Schiller die Arbeit am Wallenstein und beginnt mit seiner Balladendichtung für den nächsten Musen-Almanach. Der Musen-Almanach auf das Jahr 1798, der so genannte Balladenalmanach, erscheint am 2. Oktober und enthält Schillers Balladen Der Ring des Polykrates, Der Handschuh, Ritter Toggenburg, Elegie an Emma, Der Taucher, Reiterlied, Die Urne und das Skelett, Das Regiment, Die Worte des Glaubens, Nadowessische Totenklage, Der Obelisk, Der Triumphbogen, Die schöne Brücke, Das Tor, Die Peterskirche, Licht und Wärme, Breite und Tiefe, Die Kraniche des Ibycus, Das Geheimnis, Der Gang nach dem Eisenhammer. Schiller nimmt die Arbeit am Wallenstein unverzüglich wieder auf. Ab dem 4. November arbeitet er die Prosafassung in jambische Verse um, was die Arbeit ungemein anschwellen lässt. Anfang Dezember hat er den ersten Akt des einteiligen Wallenstein abgeschlossen (heute Die Piccolomini I und II). Goethe rät Schiller erneut, den Wallenstein zyklisch zu gestalten. Gegen Jahresende gedenkt Cotta die Horen einzustellen.