Klimacheck auf Kläranlagen Dr.-Ing. Manja Steinke Bochum

Ähnliche Dokumente
Verbesserung der Treibhausgasbilanz durch Einsatz der Ultrawaves Ultraschalltechnologie zur Desintegration von Klärschlamm

IfaS 13. Biomasse-Tagung, 12./13. November 2013, Umwelt-Campus Birkenfeld

Energie in der Wasser- und Abfallwirtschaft

INIS Statuskonferenz, , Hamburg. NoNitriNox


Abwasserbehandlung und Energiegewinnung Einführung zum Stand des Wissens und Zukunftsvisionen

Christian Schaum, Robert Lutze, Johannes Rühl, Peter Cornel. 02. Juni GWP Jahreskonferenz Berlin

Benchmark Bericht Benchmark Bericht Steudler Press AG Klimaneutrale Druckerei. myclimate Seite 0

Königsweg oder Sackgasse?

Grundkonzept und Anwendungen von THG-Bilanzen Identifizierung der wichtigsten Parameter Anwendung von THG-Bilanzen an Beispielen

. Workshop ENERGIE BRAUCHT ZUKUNFT - ZUKUNFT BRAUCHT ENERGIE

Energie- und CO 2 -Bilanz von HTC im Vergleich zu konventionellen Verfahren der Klärschlammbehandlung

Bezirksregierung Düsseldorf

Platzhalter für Bild

Reichen die heutigen Technologien für eine nachhaltige Abwasserreinigung aus?

IBS Ingenieurbüro Stappenbeck Ihr Partner für Versorgungs-, Energie- und Umwelttechnik

STUDIE. Energieanalyse und Energieoptimierung -Sitzungsvorlage

Methanverluste beim Einsatz von LNG als Kraftstoff für Otto-Gas und Dual Fuel Motoren auf Schiffen

Integriertes Klimaschutzkonzept für die. Stadt Kreuztal. - Energie- und CO 2 -Bilanz - CO 2 -Minderungspotenzial

Podium Wasser. Rohstoff und Lebensgut. Moderation. Prof. Dr.-Ing. Franz Bischof Hochschule Amberg Weiden Labor Angepasste Wassertechnologien

25. Leistungsvergleich kommunaler Kläranlagen

Umweltökonomische Gesamtrechnungen Treibhausgasemissionen in Hamburg 2012

Elektromobilität und Umwelt. Wie passt das zusammen? Ottheinrichgymnasium Wiesloch 5. Mai 2011

Welchen Beitrag leistet die Industrie zum Erreichen der Klimaschutzziele? Industriegesellschaft gestalten September 2013 Dieter Brübach,

KlimaExpo.NRW Der Beitrag der Thermischen Behandlung KWK-Kommune Iserlohn

Erarbeitung und Umsetzung des Energiekonzeptes der Kläranlage Ebersbach. Michael Kuba - SOWAG Zittau

Klimawandel: Fakten, Optionen, Wirkungen

STEIGERUNG DER ENERGIE EFFIZIENZ AUF KOMMUNALEN KLÄRANLAGEN

Stadtwerke Idar-Oberstein. Erfahrungsbericht über Energieoptimierungen auf den städtischen Kläranlagen

FORD FOCUS Focus_346_2013_V9_Cover.indd /10/ :20

Projekt OXERAM ( )

I-T-G GmbH. Ingenieurgemeinschaft für. Umwelttechnologie

Energiewende im Werra-Meißner-Kreis

Treibhausgasemissionen der Energieproduktion aus Biogas

U 2. Schweizer Forum Elektromobilität Luzern, 26. Januar 2011

Abschlussbericht Detailberatung

Dezentrale CO 2 -negative energetische Verwertung von landund forstwirtschaftlichen Produktionsreststoffen

Klimapositive Biomasseverwertung im PYREG-Verfahren

Klimawandelinformationssystem Rheinland-Pfalz. Philipp Reiter Rheinland-Pfalz Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen

Biodiversität & Naturschutz. 6. Zerstörung, Fragmentierung und Schädigung von Lebensräumen

Neue Wege in der Wasserwirtschaft am Beispiel des Projektes Klimaneutrales Wohnen in Jenfeld

der berliner wohnungsbestand - klimatische sanierung Manfred Hegger Prof. Dipl.-Ing. M. Sc. Econ r Architekt BDA

Schussen Aktivplus. Klaus Jedele, Michael Müller, Dr.-Ing. Jedele und Partner GmbH, Stuttgart

Energie- und CO 2 -Bilanz der Firma Quality First Software GmbH im Jahr 2009

ProPig. Fachtagung für biologische Landwirtschaft 2014, Gumpenstein, Leeb et al.

HAMBURG WASSER und HAMBURG ENERGIE - Beiträge für die Klimawende in der Hansestadt. Michael Beckereit

Kläranlage - Vision

Kurzstudie: Strom und Wärme aus dem Zuhause- Kraftwerk von Lichtblick im Vergleich zur getrennten Strom- und Wärmebereitstellung.

Energieeffizienter Betrieb des Gesamtsystems Klär-/ Biogasanlage

Aufbau eines betrieblichen Energiemanagements

Wirtschaftliche Energie- und Prozessoptimierung für Belebungsanlagen durch bereichsübergreifende

Abschlussbericht. Impuls 2013 Ermittlung und Ausgleich des Carbon Footprints

Weniger ist mehr! Virtualisierung als Beitrag zum Umweltschutz

Unsere Energieversorgung. Fakten von heute, Perspektiven für morgen

Biodiesel? Wasserstoff?? Solarstrom???

Grüne(re) Logistikkonzepte Klimaschutz braucht Partner

Elektrische und thermische Energie aus Biogas: Potentiale, Anwendungen und Chancen

JAHRESBERICHT

Erdgas: Kraftstoff mit vielen Vorteilen

Nitrogen Oxides. O = Lachgas =Stickoxydul =Distickstoffoxid = Nitrous Oxide N 2. Nitrogen oxides

Kurzgutachten zur Frachtbegrenzung für Emissionen aus der MBA - Anhang = Klimabilanz der untersuchten Varianten =

Factsheet: Ernährung und Klima

Emissionen von Treibhausgasen nach revidiertem CO2-Gesetz und Kyoto-Protokoll, 2. Verpflichtungsperiode ( )

Energiekonzept Gemeinde Mosnang

Verbesserung der Energieeffizienz auf mittelhessischen Kläranlagen - erste Ergebnisse

VDIK-Dialog, CNG als alternativer Kraftstoff der Zukunft Fahrwerk- und Aggregateentwicklung ŠKODA, Dr. Martin Hrdlička

Chancen und Grenzen eines Bewertungssystems auf Basis der Primärenergie. Sean Gladwell Fotolia

Rahmenbedingungen von Netzersatzanlagen in Abwassersystemen

feldmilla. designhotel September 2011 climatepartner.com Athens Eriwan Munich San Francisco Vienna Tokyo feldmilla. designhotel

Klima & Energie Einführung Klimathematik: Ursachen, Folgen, Konferenzen

KLIMASCHUTZ IN PFAFFENHOFEN Wo steht die Stadt und was ist möglich?

Das BUND - "Wärmetool"

METRO GROUP Umweltkennzahlen

Allgemeine Information zur Vergasung von Biomasse

TIS innovation park Energetische, ökologische und ökonomische Analyse von Biogasanlagen in Südtirol

BIZ Bürgerinitiative Zukunft für Koblenz e.v.

Zuhause nutzen, global unterstützen

Klimafreundliche Baustoffe, ein Beitrag zum KAGes PROgramm KLIMAschutz

Kreisläufe sind wichtig

Competence Center Energy & Mobility

Die Rolle von Biomethan bei der Energiewende in Bayern

Energieautarkie der Kläranlage von HAMBURG WASSER. Dipl.-Ing. Harald Hanßen Prozessleitung Klärwerke HAMBURG WASSER

Energiekonzept Potsdam Drewitz! Dr. Ing. Klaus Habermann-Nieße Architekt und Stadtplaner! Stadtplanung und Architektur

Ökobilanzstudie zu Fassadenvarianten Naturstein und Glas

Der HWK-Umweltberater

Ergebnisse. Verteilung der CO 2 e-emissionen nach Emissionsquellen (%) Gesamte CO 2 e-emissionen. CO 2 e(t) Anteil (%) Emissionsquelle.

Klimawandel und Luftqualität

KLIMASCHUTZ - WAS KANN DER EINZELNE TUN?

Bilanzierungsstandards für Carbon Footprints

Die kommunale Kläranlage als Quelle der Energieerzeugung. K.-Georg Schmelz, Ekkehard Pfeiffer

CO 2 in Handel und Logistik. Perspektiven, Chancen und Risiken

Emissionsfaktoren für Strom, Fernwärme und Kraftstoffe. Dokument zur Beantwortung häufig gestellter Fragen (FAQ)

Energie- und CO 2 -Bilanz des Kreises Paderborn 2011

Energiedaten: Ausgewählte Grafiken

Bonifatius GmbH Druck - Buch - Verlag. Mai climatepartner.com Athens Munich San Francisco Vienna Yerevan. Bonifatius GmbH Druck - Buch - Verlag

3. Regionale Energiekonferenz Südwestthüringen

Die Biogasanlage. GFS von Franziska Marx

Die Fieberkurve des Planeten Erde

Kläranlage Fürweiler. Entsorgungsverband Saar, Tel / , Postfach , Saarbrücken,

Energy Efficiency Measures at Munich Waste Water Treatment Plants. Maßnahmen zur Energieeffizienz in den Münchner Klärwerken

Transkript:

Klimacheck auf Kläranlagen Dr.-Ing. Manja Steinke Bochum 14. März 2016 Verden

Anlass Klimawandel durch Treibhausgase Kläranlage Energieverbrauch und -bereitstellung Ressourceneinsatz Prozessbedingte Emissionen

Global Warming Potential (GWP) IPCC - Intergovernmental Panel on Climate Change Bezug GWP auf 100 Jahre Verweilzeit Atmosphäre Strahlungswirkung GWP [Jahre] [Wm -2 ppb -1 ] [CO 2 -eq] Kohlenstoffdioxid CO 2 50 200 1,4 10-5 1 Methan CH 4 12 3,7 10-4 25 Distickstoffmonoxid N 2 O 114 3,03 10-3 298 Flourchlorkohlenwasserstoffe FCKW 1,4 270 0,09-0,28 124-14.800 Schwefelhexaflourid SF 6 3.200 0,52 22.800 Bildquelle: klimanavigator.de

CO 2 -eq-emissionen Deutschland Deutschland: 11 t CO 2 -eq/einwohner uba.klimaktiv-co2-rechner.de, Stand 2013

Wesentliche Emissionsquellen einer Kläranlage Strom Heizöl, Flüssiggas, Erdgas Betriebsmittel Baustoffe Lachgas N 2 O Methan CH 4 Schlamm, Rechengut, Transport, Behandlung

Energiebedingte Emissionen Elektrizitätsbedarf Klärwerk 20.000 E 40 kwh/(e a) 450 t CO 2 -eq/a 570 g CO 2 / kwh UBA 2015, Bundesdurchschnitt, Stand 2014

Energiebedingte Emissionen Wärmebedarf Erdgas 290 g CO 2 -eq/kwh Heizöl 335 g CO 2 -eq/kwh Flüssiggas 292 g CO 2 -eq/kwh 2.000 l = 4 t CO 2 -eq werk21.de Bezug: Primärenergiegehalt; Berücksichtigung direkter und indirekter Emissionen

Umfassende Betrachtung Energieverbrauch Energieproduktion Energiebezug Standortbedingungen Förderhöhen Abwasseranfall/ -zusammensetzung Verfahrenstechnik Verfahrensstufen Anforderungen Verbraucher E-MSR Reserven Nutzungsdauer

Energieanalyse nach DWA-A 216 anlagenspezifische Randbedingungen Bewertungskriterien 1 Spezifischer Gesamtstromverbrauch kwh/(e a) 2 Spezifischer Stromverbrauch Belebung - Belüftung kwh/(e a) 3a Spezifische Faulgasproduktion l/(e d) 3b Spezifische Faulgasproduktion m³/(t otr) 4 Grad der Faulgasumwandlung in Kraft/Elektrizität % 5 Eigenversorgungsgrad Elektrizität % 6 Spezifischer externer Wärmebezug kwh therm /(E a)

Betriebsmitteleinsatz Eisen-III-Chlorid 1,15 t CO 2 -eq/t Erfahrungswerte (DWA-A 202, 2011) Klärwerk 20.000 E Zulauffracht 36 kg P/d K p 20 mol Me/ kg P 120 t CO 2 -eq/a Verfahren Produktwahl Optimierte Einmischung Dosier-Regelkonzept

Transporte Entsorgung/ Verwertung Rechengut, Sand, Schlamm, Siebgut Beschaffung Fäll- und Flockungsmittel Benzin Diesel 2,78 kg CO 2 -eq/l 2,94 kg CO 2 -eq/l Klärschlamm Anlagengröße 20.000 E (aerobe Stabilisierung) 100 km einfache Fahrt ca. 60 t/a

Lachgasemissionen

Lachgasemissionen Biologische Reinigungsstufe

Lachgasemissionen Nitrifikation O 2 niedrig NO 3 -N hoch N 2 O wechselnde Milieubedingungen ph-wert, Zusammensetzung Biomasse etc. O 2 hoch Kampschreur et al. (2009), verändert Denitrifikation NO 3 -N hoch C/N niedrig Unzureichende Belüftung Hohe organische Belastung (kombiniert mit unzureichender Belüftung) Geringes Schlammalter Hemmstoffe Geringe Temperatur Hohe NH 4 - Konzentration Zu hohe Belüftung in N-Zone CSB- Limitierung Zulaufcharakteristik Zulaufcharakteristik Zu effiziente Vorklärung

Lachgasemissionen Forschungsergebnisse zum Anteil des Lachgases: Großer Schwankungsbereich! Belebungsanlagen 0,01 bis 22 % N 2 O/ N ges,zu 20.000 E: Zulaufbelastung ca. 80 t Gesamt-Stickstoff /a 0,8 bis 17,6 t Lachgas /a GWP 298 240 bis 5.300 t CO 2 /a

Methanemissionen GWP von Methan = 25 anaerober Abbau Kohlenstoffverbindungen Methanbildung Gezielter Abbau in der Faulung Methanverluste BHKWs von 0,5 bis 1,5 % Gesamtbetrachtung von Klärwerken - wenige Werte

Methanemissionen Messkampagne in den Niederlanden Klärwerk Kralingseveer EW = 360.000 E google.de Daelman et al. 2012

Methanemissionen Gesamt: 302 ± 83 kg CH 4 /d 0,0113 kg CH 4 /kg CSB 0 20.000 E 250 t CO 2 -eq/a Erstellt auf Basis: Daelman et al. 2012

Grenzen und Forschungsbedarf Strom Fällmittel Transport Schlamm 630 t CO 2 -eq/a N 2 O CH 4 480 t CO 2 -eq/a

Lösungsansatz Bausteine einer klimaneutralen Energieversorgung CO 2 -Reduzierung Betriebliche Maßnahmen zur Senkung Energiebedarf Verfahrenstechnische Maßnahmen zur Senkung Energiebedarf Eigenproduktion regenerativer Energien Bezug regenerativer Energien photovoltaik.eu

Fazit Erfordernis einer umfassenden Betrachtung Anlagenspezifische Randbedingungen und Verfahrenstechnik Energiebilanz / Klimabilanz wiederholte Überprüfung in Abhängigkeit aktueller Randbedingungen, Erfolgskontrolle Bilanzierung prozessbedingter Emissionen Forschungsbedarf

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! www. tuttahs-meyer.de