FaktenBlatt Gesundheitspolitik VII. Fragen und Antworten zur Zusatzversicherung Stand: Juli 2012
Liebe Leserin, lieber Leser Ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung hat neben der obligatorischen Krankenpflegeversicherung auch eine Zusatzversicherung abgeschlossen. Bei der CSS sind es rund 80 Prozent der Versicherten. Bei der anstehenden Revision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) setzt sich die CSS für eine freiheitliche und partnerschaftliche Ausgestaltung der Zusatzversicherung ein. Da die Zusatzversicherung freiwillig ist, ist sie tendenziell weniger reguliert als die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Dies soll auch so bleiben. Das zugrunde liegende Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist über 100 Jahre alt und soll mit einer Totalrevision an das heutige Umfeld angepasst werden. Im Zentrum steht die Sicherstellung eines vernünftigen Versichertenschutzes. Da die Revision des VVG für die Ausgestaltung der Zusatzversicherungsprodukte von grosser Bedeutung ist, beobachtet die CSS den Gesetzgebungsprozess aufmerksam. Sie erachtet eine Totalrevision als sinnvoll, wehrt sich jedoch gegen Bestimmungen, die einen übermässigen Aufwand für die Versicherer zur Folge hätten, ohne einen nennenswerten Mehrwert für die Kunden zu schaffen. Zudem darf der Ausbau obligatorischer Bestimmungen die Vertragsfreiheit nicht einschränken. Denn nur, wenn die Verträge zwischen den Versicherern und den Versicherten bzw. den Leistungserbringern freiwillig sind, ist es möglich, innovative und wirtschaftliche Zusatzversicherungsprodukte anzubieten. Dieses Faktenblatt erklärt, welche Zusatzversicherungen existieren und welche gesetzliche Vorgaben sie erfüllen müssen. Sie erfahren auch, was die Rahmenbedingungen für einen optimal funktionierenden Zusatzversicherungsmarkt aus Sicht der CSS sind. Georg Portmann Vorsitzender der Konzernleitung CSS Gruppe Riccarda Schaller Leiterin Gesundheitspolitik
Zusatzversicherung 3 1. Wieso braucht es Zusatzversicherungen? Zusatzversicherungen werden angeboten, weil viele Kundinnen und Kunden sich über die obligatorische Krankenpflegeversicherung hinaus versichern möchten. Grund für den Abschluss einer Zusatzversicherung ist etwa der Wunsch, sich alternativ zu versichern (z.b. Komplementärmedizin), von einem breiteren Leistungsangebot profitieren zu können (z.b. Leistungen im Ausland, Zahnpflegeversicherung), nach einer umfassenderen Vorsorge (z.b. Pflegeversicherung), nach mehr Komfort während Spitalaufenthalten (z.b. Einzelzimmer). 2. Welche wichtigen Zusatzversicherungen gibt es? Da die Zusatzversicherungen heute frei gestaltet werden können, gibt es viele innovative Versicherungsprodukte. Diese sind von Versicherer zu Versicherer verschieden und decken die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden ab. Welche Leistungen ein bestimmtes Produkt jeweils genau abdeckt, ist in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) festgehalten. Zu den klassischen Zusatzversicherungsprodukten gehören: Ambulante Zusatzversicherungen: Sie decken Leistungen im ambulanten Bereich, die nicht durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernommen werden. Dazu gehören nicht kassenpflichtige Medikamente, Sehhilfen, Notfallbehandlungen im Ausland, Alternativmedizin, Zahnbehandlungen usw. Spitalzusatzversicherungen: Sie erlauben die freie Spitalwahl, die Behandlung durch den leitenden Arzt oder den Oberarzt sowie einen höheren Komfort bei der Hotellerie. Die Zusatzversicherung «allgemeine Abteilung ganze Schweiz» übernimmt die Behandlungskosten in allen Spitälern, auch wenn diese höher sind als im Wohnkanton. Bei «halbprivaten «Spitalzusatzversicherungen» hat der Versicherte ausserdem Anspruch auf die Bezahlung eines Zweibett-Zimmers und wird in den öffentlichen Spitälern vom leitenden Arzt oder vom Oberarzt behandelt. Versicherten mit «privater Spitalzusatzversicherung» wird im Krankheitsfall ein Einzelzimmer vergütet und für ihre Behandlung ist in der Regel der Chefarzt zuständig.
4 Zusatzversicherung Seit dem 1. 1. 2012 ist die neue Spitalfinanzierung in Kraft. Sie ermöglicht die freie Spitalwahl auch in der Grundversicherung. Die Behandlungen in allen auf der kantonalen Spitalliste aufgeführten Spitälern der Schweiz (inklusive den privaten Spitälern) werden von der Grundversicherung übernommen. Die Vergütung entspricht jedoch bei einer ausserkantonalen Behandlung höchstens dem Tarif, der in einem Listenspital des Wohnkantons für die betreffende Behandlung gilt (ausgenommen Notfall). Eine Spitalzusatzversicherung macht somit auch nach der Einführung der neuen Spitalfinanzierung noch Sinn. Vorsorge für Krankheit/Unfall: Sie deckt die Heilungs-, Pflege- oder Haushaltskosten bei Unfall oder Invalidität und ergänzt damit die Leistungen der Kranken- und der Unfallversicherung. Wichtige Versicherungsprodukte Anzahl abgeschlossene Versicherungsprodukte per 31. Dezember 2011, exkl. Rückversicherte Grundversicherung Obligatorische KV 1 236 466 Zusatzversicherungen Ambulante Zusatzversicherungen Spitalzusatzversicherungen Weitere Zusatzversicherungen 345 346 1 684 662 1 615 438
Zusatzversicherung 5 3. Welche Vorgaben muss die Zusatzversicherung einhalten? Die Zusatzversicherung basiert auf freiwilligen Verträgen zwischen Versicherern und Versicherten. Diese Verträge unterstehen dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Da das VVG zum Privatrecht gehört, gelten Zusatzversicherer und -versicherte auch in Gerichtsverfahren als gleichberechtigte Vertragspartner. Die Aufsicht über die Zusatzversicherung erfolgt durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA). Sie stellt sicher, dass die Prämien weder missbräuchlich hoch noch solvenzgefährdend tief sind. Die Versicherer dürfen ihre Produkte erst anbieten, nachdem die FINMA die Prämien genehmigt hat. Im folgenden Kasten sind die wichtigsten Unterschiede der gesetzlichen Vorgaben für die obligatorische Krankenpflege- und Zusatzversicherung zusammengefasst: Unterschiedliche Regeln für die obligatorische Krankenpflege- und die Zusatzversicherungen Gewinne: Im Gegensatz zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung dürfen Zusatzversicherungen nicht nur von Non-Profit-Versicherern angeboten werden, d.h. es dürfen Gewinne erzielt werden. Prämiengestaltung: In der Zusatzversicherung sind risikogerechte Prämien möglich. Diese variieren meistens nach Alter und Geschlecht. Es sind aber auch andere risikorelevante Faktoren denkbar. In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung müssen die Versicherer von allen Einwohnern einer Region die gleichen Prämien verlangen und dürfen keine Risikofaktoren berücksichtigen. Aufnahme von Versicherten: Die Krankenversicherer müssen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung alle Versicherten aufnehmen. In der Zusatzversicherung dürfen Gesundheitsdeklarationen verlangt und Anträge abgelehnt oder unter Vorbehalt akzeptiert werden. Wechsel der Versicherung: In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung können Versicherte ohne Nachteile den Versicherer wechseln. In der Zusatzversicherung kann bei jedem Versicherungswechsel eine Gesundheitsdeklaration verlangt werden. Kontrahierung und Tarife: In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gilt der Kontrahierungszwang. Dies bedeutet, dass die Versicherer keinen Leistungserbringer ablehnen können. Die Versicherer müssen alle Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu einem staatlich genehmigten Tarif anbieten. Zusatzversicherer hingegen sind im Leistungseinkauf frei. Hier können die Versicherer selber entscheiden, mit welchen Leistungserbringern sie einen Vertrag abschliessen wollen. Die Tarife werden individuell ausgehandelt. Datenschutz: In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung unterliegt die Datenbearbeitung strengen gesetzlichen Bestimmungen. Die Zusatzversicherungen unterliegen dem VVG. Dies ermöglicht, mit der Einwilligung der versicherten Person, eine weiter gehende Datenbearbeitung. Diese Einwilligung erteilt die versicherte Person mit der Unterzeichnung des Versicherungsantrages. (Die CSS stellt die korrekte Datenbearbeitung durch interne Datenschutz-Vorschriften sicher. Deren Einhaltung wird durch regelmässige Schulungen der Mitarbeitenden und Kontrollen sichergestellt).
6 Zusatzversicherung 4. Welche Rahmenbedingungen braucht das Zusatzversicherungsgeschäft? Damit die Zusatzversicherungen auch weiterhin innovativ und den Bedürfnissen der Kunden angepasst sind, braucht es einen möglichst wettbewerblichen und freiheitlichen Rahmen: Vertragsfreiheit: Die Vertragsfreiheit ist zu begrüssen. Mehr Handlungsspielraum fördert tiefere Kosten und Innovation. Denn nur wenn die Verträge zwischen allen Akteuren (Versicherer, Versicherten und Leistungserbringern) freiwillig sind, haben die Parteien den Anreiz, innovative Produkte anzubieten und gleichzeitig wirtschaftliche Verträge auszuhandeln. Zeitgemässes VVG: Das geltende Versicherungsvertragsgesetz stammt aus dem Jahr 1908. Es braucht deshalb ein zeitgemässes VVG, das berechtigte Konsumentenschutzanliegen berücksichtigt, Übertreibungen jedoch im Interesse von Kunden und Versicherungen verhindert. Eine Totalrevision des Gesetzes ist sinnvoll. Allerdings dürfen keine Bestimmungen zur Anwendung gelangen, die einen übermässigen Aufwand für die Versicherer zur Folge hätten, ohne einen nennenswerten Mehrwert für die Kunden zu schaffen. Die würde zusätzlich Kosten und letztlich höhere Prämien verursachen. Auch darf der Ausbau obligatorischer Bestimmungen die Vertragsfreiheit nicht einschränken. Der aktuelle Entwurf für das neue VVG geht diesbezüglich zu weit. Für die CSS ist es insbesondere wichtig, dass: das blosse Schweigen des Versicherers auf Verlängerungs- und Änderungsanträge nicht als Zustimmung gilt und die Versicherer die benötigte Zeit für Überprüfungen und Abklärungen ohne unnötigen Verwaltungsaufwand in Anspruch nehmen können (Besondere Antragsverhältnisse, Art. 6 EVVG), zum Schutz der ehrlichen Kunden falsche Angaben in Kundenanträgen weiterhin sanktioniert werden können (Anzeigepflichtverletzung, Art. 18 und 19 EVVG), durch eine umfassende Informationspflicht und das damit verbundene Kündigungsrecht den Versicherten genügend Schutz gewährt wird, jedoch keine unverhältnismässige, zweiwöchige Widerrufsfrist eingeführt wird (Widerrufsrecht, Art. 7 EVVG).
Zusatzversicherung 7 5. Welche Folge hätte die Trennung von OKP und Zusatzversicherung? Die Trennung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung von der Zusatzversicherung wird immer wieder diskutiert auch als denkbarer Gegenvorschlag zur Volksinitiative für eine öffentliche Krankenkasse. Befürworter der Trennung werfen den Krankenkassen vor, dass die Vermischung von obligatorischer Krankenpflegeversicherung und Zusatzversicherung zu Intransparenz führt und die Daten der Zusatzversicherung zur Risikoselektion in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung missbraucht werden. Diese Vorwürfe sind unbegründet. Das Bundesamt für Gesundheit prüft die Reserven, Rückstellungen, Rechnungslegungen und die Verwaltungskosten der Krankenversicherer genau und sorgt dafür, dass die Versicherer das Krankenversicherungsgesetz einheitlich anwenden. Eine Trennung von obligatorischer Krankenpflegeversicherung und Zusatzversicherung würde keine Vorteile für die Versicherten bringen im Gegenteil: Da die Mehrheit der Versicherten die obligatorische Krankenpflegeversicherung und die Zusatzversicherung beim gleichen Versicherer hat, würden durch die Trennung der beiden Versicherungen wichtige Synergien verloren gehen. Dies hätte folgende Auswirkungen: mehr Bürokratie für Versicherer und Leistungserbringer: Die Leistungserbringer müssten die Leistungen den zwei Versicherern separat in Rechnung stellen, mehr Kosten: Mehr Bürokratie verursacht mehr Kosten (und höhere Prämien) und ist ein Schritt Richtung Zweiklassenmedizin, mehr Aufwand für Versicherte: Alle Versicherten mit einer Zusatzversicherung müssten den Leistungsfall bei zwei verschiedenen Versicherern melden, weniger Transparenz: Versicherte und Leistungserbringer hätten für den gleichen Leistungsfall mehrere Ansprechpersonen.
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