Evangelische Kirchengemeinde Poppenweiler Gottesdienst am nT Matthäus 18,21-35 (Pfarrer Häcker)

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Transkript:

Evangelische Kirchengemeinde Poppenweiler Gottesdienst am 01.11.2015 22.nT Matthäus 18,21-35 (Pfarrer Häcker) Liebe Gemeinde! Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem Andern zu! oder, mit einem Jesus-Wort aus der Bergpredigt positiv formuliert: Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch! (Matth. 7,12) An diese beiden Sätze musste ich denken, als ich die Geschichte für die heutige Predigt las. Sie gelten für mich als eine Art goldene Regel für das menschliche Miteinander, wenn dieses immer wieder gelingen soll. Auch Jesus sieht in dieser einfachen, selbstverständlichen Anweisung und das sind die beiden Sätze in ihrem Wortlaut tatsächlich eine ganz große Sache: Das ist das Gesetz und die Propheten sagt er noch dazu. Wenn das nur tatsächlich so einfach und selbstverständlich wäre, liebe Gemeinde! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, doch mir gelingt der klare Auftrag nicht immer. Wie oft scheitere ich an diesem Anspruch! Wie oft verhalte ich mich anders, als ich es mir von anderen wünsche! Wie oft zeige ich mit einem Finger auf meine Nebenleute, ohne zu merken, dass dabei drei Finger auf mich zurückzeigen! Dem Petrus ging es wohl genauso. Auch er spürt, dass in seinem Leben und in seinen Beziehungen oft etwas schief geht wenn er auch zunächst die Fehler der Anderen sieht: Petrus fragte Jesus: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal? Ich habe mir überlegt, ob ich Sie zu Beginn dieser Predigt fragen soll, was Ihnen in Ihrem Alltag am schwersten fällt. Ich hab mich nicht zu fragen getraut, zumindest nicht in der Öffentlichkeit heute früh. Aber für mich selbst muss ich bekennen: Mir fällt es unwahrscheinlich schwer, jemandem zu vergeben, der mich sehr verletzt hat. Vor allem dann, wenn dieser liebe Mitmensch nicht einsehen will oder kann, dass mich sein Verhalten getroffen hat. Ich erinnere mich an jenen über Jahrzehnte altgedienten Posaunenchorbläser, der nach einem heftigen Streit im Chor seine Tuba im Pfarrhaus ablieferte. Er hätte zwar noch lange genügend Luft für sein Instrument gehabt, aber er konnte nicht mehr mit den anderen zusammen zum Lob Gottes aufspielen. Zu sehr hatte ihn deren Verhalten getroffen und verletzt. Und die Wunde heilte nicht mehr zu, zumindest nicht richtig. Eine dicke Narbe blieb.

Ich konnte ihn damals verstehen. Und kenne seine Situation inzwischen aus eigener Erfahrung. Zur Vergebung gehören nämlich zwei Seiten: Die, die um Vergebung bittet, und die andere, die dazu bereit ist. Allerdings muss ich bedenken: Vielleicht stehe ich in dem einen oder anderen Konflikt auch auf der anderen Seite? Nicht immer bin ich bloß Opfer, sehr wohl kann ich auch Täter sein Und wie hat Jesus auf die Frage des Petrus reagiert? Er hat ihm zwei Antworten gegeben, eine direkte und eine indirekte in Form einer kleinen Geschichte: Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal. Darum gleicht das Himmelreich einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Und als er anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn gebracht, der war ihm zehntausend Zentner Silber schuldig. Da er's nun nicht bezahlen konnte, befahl der Herr, ihn und seine Frau und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und damit zu bezahlen. Da fiel ihm der Knecht zu Füßen und flehte ihn an und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir's alles bezahlen. Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht und ließ ihn frei und die Schuld erließ er ihm auch. Bevor es weitergeht, muss ich einhaken. Was ist das für ein König und was ist das für ein Knecht? Wie kann man so viele Schulden machen? Irgendwas ist total schief gelaufen. Der Schuldenberg ist unüberschaubar, in heutiger Währung einige zig Millionen. Oder anders gesagt: Die Schuld des Knechts ist nie und nimmer zu sühnen, diese Schulden wird er niemals begleichen können! Ich frag mich, wie es so weit kommen konnte. Hätte der König nicht schon lange etwas merken und rechtzeitig einschreiten müssen? Andererseits: Auch der beste Herrscher oder Vorgesetzte kann nicht alles verhindern, was die Untergebenen so treiben. Und da er nicht alles selber machen kann, muss er sich auf seine Untertanen oder Mitarbeiterschaft verlassen können. Anders funktioniert das nicht: Wir müssen uns immer wieder auf andere Menschen verlassen können. Da ist die eine oder andere Enttäuschung vorprogrammiert, vermutlich auf beiden Seiten. Und immer wieder entsteht Schuld, weil Erwartungen enttäuscht werden. Vielleicht, weil sie zu hoch waren, oder weil der oder die, von denen etwas erwartet wurde, es nicht schafften. Aus welchen Gründen auch immer. Dann aber, liebe Gemeinde, wenn wir an solch einem Punkt angekommen sind, gibt es meist nur noch eine Lösung: die Vergebung,

oder anders gesagt: der totale Schuldenerlass. Erbeten von dem, der schuldig geworden ist, und gewährt von der anderen, der geschädigten Seite. Der Knecht in unserer heutigen Geschichte hat diesen totalen Schuldenerlass, die vollkommene Vergebung erfahren. Und zwar gegen alle Erwartung. Winselnd wie ein geprügelter Hund war er vor den König gekrochen mit einem Versprechen, das er nie würde halten können: Hab Geduld mit mir; ich will dir's alles bezahlen! Ha, da lachen ja die Hühner! Und dann geschah ein großes, unfassbares Wunder: Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht und ließ ihn frei und die Schuld erließ er ihm auch. Das ist ja nicht zu glauben! Unfassbar! Ist das denn gerecht oder auch nur im Ansatz gerechtfertigt? Hat der König auch allen anderen ihre Schulden erlassen oder nur diesem Einen? Das unglaubliche Verhalten des Königs lässt sich für mich nur mit einem erklären: mit seinem unglaublichen Herzen. Klar wusste er, dass dieser Knecht niemals mehr auf einen grünen Zweig kommen würde. Da er aber kein Interesse hatte, ihn vollends zu vernichten und seine Familie dazu, erließ er ihm nicht nur einen Teil seiner unglaublichen Schuld, sondern alles! Sieben mal siebzigmal reicht nicht aus, um die Größe seiner Vergebung und seiner Gnade zu bemessen, liebe Gemeinde! Wenn Jesus mit dieser Geschichte zeigen wollte, wie groß die Barmherzigkeit und Gnade Gottes ist, dann übersteigt sie mein Verstehen um ein Vielfaches. Gleichzeitig möchte ich genau das festhalten und mitnehmen in meinen Alltag: Gottes Liebe zu uns ist so groß, dass wir sie niemals begreifen können! Mit seiner Vergebung sprengt Gott jedes Maß und all meine Vorstellungskraft! Am liebsten würde ich hier aufhören, liebe Gemeinde. Doch die Geschichte geht leider, wie ich finde weiter. Und zwar nicht gut: Da ging dieser Knecht hinaus und traf einen seiner Mitknechte, der war ihm hundert Silbergroschen schuldig; und er packte und würgte ihn und sprach: Bezahle, was du mir schuldig bist! Da fiel sein Mitknecht nieder und bat ihn und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir's bezahlen. Er wollte aber nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er bezahlt hätte, was er schuldig war. Also das schlägt jedem Fass den Boden aus! Ist das denn zu glauben? Da kommt einer gerade aus der Generalamnestie, vollkommen von seinen Schulden und seiner Schuld befreit und ist nicht fähig,

seinem Mitknecht eine Winzigkeit zu vergeben! Was sind schon 100 Silbergroschen im Vergleich zu 10.000 Zentnern Silber? Peanuts kann man da nur sagen! So unverständlich mir eben noch die Vergebungsbereitschaft des Königs war, so unverständlich ist mir nun die Hartherzigkeit dessen, der von seiner eigenen Schuld befreit war. Und doch muss ich sagen: Dieses Verhalten ist rauhe Wirklichkeit! Wie oft bleibe ich an Kleinigkeiten hängen, die mein Leben überhaupt nicht beeinträchtigen müssten einem kleinen Kratzer am Auto oder der Farbkombination in der Kleidung meines Mitmenschen! Wie leicht lasse ich mir die Laune verderben und zahle Nichtigkeiten mit Liebesentzug heim, nur weil ich mich in meinem Stolz verletzt fühle! Oder bitte sehen Sie jetzt nicht meinen Zeigefinger, sondern meine große Trauer darüber : Wie kann eine Weltkirche, die immer von Vergebung und Nächstenliebe redet, geschiedenen Gläubigen das Abendmahl, den Ritus der Vergebung, verweigern? Ich verstehe es nicht! Unser Leben ist gefährdet, liebe Gemeinde, und zwar durch Kleinigkeiten. An den großen Rädern können wir nicht drehen, dafür machen wir aus Kleinigkeiten eine Riesenaffäre, aus der buchstäblichen Mücke einen Elefanten. Wie passt das zusammen? Ich denke, es passt überhaupt nicht, und ist doch traurige, ja grausame Wirklichkeit. Mit Folgen: Als aber seine Mitknechte das sahen, wurden sie sehr betrübt und kamen und brachten bei ihrem Herrn alles vor, was sich begeben hatte. Da forderte ihn sein Herr vor sich und sprach zu ihm: Du böser Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich gebeten hast; hättest du dich da nicht auch erbarmen sollen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe? Und sein Herr wurde zornig und überantwortete ihn den Peinigern, bis er alles bezahlt hätte, was er ihm schuldig war. So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr einander nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem Nächsten. Geschieht ihm ganz recht, diesem Übeltäter! Ich hätte wohl genauso gehandelt, wäre ich der König gewesen. Doch sollte ich vorsichtig sein Ich bleibe nämlich an einem Satz hängen: Du böser Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich gebeten hast; hättest du dich da nicht auch erbarmen sollen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe? Die Reaktion des Königs stellt

mich vor die Frage: Was ist böse? Und ich erhalte zumindest eine Antwort darauf (sicher gibt es noch viele andere Antworten): Der König bezeichnet als böse, dass jemand das Gute, das er selbst empfangen hat, nicht weitergibt. Dass der, der eine große Schuld erlassen bekommt, nicht mal eine kleine Schuld vergeben kann. Dass sein Herz nicht berührt wurde von der Großherzigkeit des Königs, sondern engherzig und hart blieb, ein Herz aus Stein. Das sieht der König als böse an. Weil es Leben zerstört, statt es zu erhalten; weil es Menschen unterwirft, statt ihnen zu dienen. Ich könnte Angst bekommen, weil ich spüre: In diesem Sinn finde ich leider auch bei mir immer wieder dasselbe böse Verhalten. Dieselbe Hartherzigkeit, nicht vergeben zu wollen oder zu können. Doch soll mich diese Angst nicht lähmen, denn ihr steht immer noch der Anfang der Erzählung gegenüber. Und dort finde ich die unglaubliche Großherzigkeit des Königs, der mir mehr als siebenmal siebzigmal vergibt, wenn ich ihn darum bitte. Das, so habe ich vorher gesagt, möchte ich heute mitnehmen und mich daran festhalten, liebe Gemeinde! Möchte daran glauben und darauf vertrauen, dass Gott mir immer und immer wieder vergibt, wenn ich zu ihm komme. Und dann möchte ich täglich neu versuchen, mich entsprechend im Alltag und meinen Mitmenschen gegenüber zu verhalten. Denn eigentlich ist es ganz einfach, was von uns erwartet wird: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem Andern zu! oder, mit Jesus positiv formuliert: Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch! Amen.