Trends im Sozialstaat: Arbeitsmarktintegration als präventive Sozialpolitik

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Zahlreiche Konzepte vorhanden: Gesamtschweizerische Strategie des Bundes zur Armutsbekämpfung v. 31. März 2010. Bericht des Bundesrats zur Weiterentwicklung der Integrationspolitik, des Bundes, v. 5. März 2010 SKOS 31-Punkte-Programm: Zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung, Jan 2010 Städteinitiative Sozialpolitik, Strategie 2015. vom 9. November 2007. Studien: Seco, Mäder et al, Knöpfel, Levy, BASS, Armutsberichte, Kantone SODK.

1. Bildungmassnahmen ja aber arbeitsmarktlich orientierte! Armuts- Bekämpfung +Verhinderung Berufspraktische Ausbildung Arbeitsmarkt- Integration

2. Ausbildung der Sozialarbeitenden neu orientieren Selbstverständnis der Sozialarbeit: Bisher finanzielle Unterstützung der Klienten im Vordergrund. Sozialarbeitende: Mängel in der Ausbildung: Sie kennen den Arbeitsmarkt und das Berufsbildungssystem nicht. Präventive Sozialpolitik aktivierende Sozialhilfe- Massnahmen erfordert neue Kenntnisse. Sozialämter sind Besteller der Ausbildung! Alternative: Mehr Berufs-/Laufbahnberatende anstelle von Sozialarbeitenden einsetzen? Oder private Sozialfirmen? Ausbildungskonzept für die Sozialarbeit überprüfen. Curriculum-Anpassung von den Ausbildungsstätten fordern.

3. Koordination der Massnahmen Interinstitutionelle Zusammenarbeit

Interinstitutionelle Zusammenarbeit IIZ funktioniert vielerorts mangelhaft! Reorganisationsbedarf. Gesetzliche Grundlage vorhanden: Zusammenarbeit und Datentausch, aber es fehlt eine Lead-Regel: Wer führt? IIZ ja, aber es fehlen Finanzierungsregeln IIZ-Informatik-Tools sind zu bürokratisch Koordination der Kofinanzierung ist schwächstes Glied IIZ ist (mangelnde) Führungsaufgabe auf Stufe Bundesrat und auf Stufe der Regierungsräte Kofinanzierungsregeln in der IIZ aufstellen.

Interinstitutionelle Zusammenarbeit auf Kantonsebene: Organisationsvarianten Regierungsratsdelegation präventive Sozialpolitik bilden: Soziales, Bildung, Volkwirtschaft Stabsstelle für IIZ bei einem Departement angesiedelt, mit Anweisungskompetenz Koordinationsstelle IIZ auf Stufe Regierungsrat, mit Weisungsbefugnis Konferenz der Amtsdirektoren, aber mit klarer Leadfunktion durch ein Amt beim Case Management Alle Ämter unter dem gleichen Dach koordinierte Beratung

4. Arbeitsmarktintegration: Schwachstelle Beteiligung der Wirtschaft Primärer Arbeitsmarkt: keine Pflichten des Arbeitgebers ist Hauptmangel des Konzepts Sekundärarbeitsmarkt mit speziellen oder geschützten Arbeitsplätzen zur Reintegration von leistungsschwachen Personen: Anreizsystem, Entschädigungen, Kooperation mit Firmen - wie? Suche nach finanziellen Anreizen für Arbeitsintegraton - neue SKOS-Finanzierungsregeln Moral Suasion/Überzeugungsarbeit bei Arbeitgebern ist Chefsache - auch der Regierungsratsmitglieder Auch in den Firmen muss es Chefsache werden.

5. Arbeitsvermittlung - durch wen? Was sind die Erfolgsrezepte? Private oder öffentliche Arbeitsvermittlung? Mehr Evaluationen sind nötig. Wichtige Kennzahl: Ablösungsquote der Sozialhilfe in den ersten Arbeitsmarkt. Bern: 45 % (öffentliches Kompetenzzentrum Arbeit KA) St.Gallen: 42,3 % (Auslagerung in priv.sozialfirmen) Basel: 32.3 % (öff.arbeitsintegrationszentrum, AIZ) Luzern: 18 % (nur Sozialhilfe-Institution?) Regionale, kulturelle + politische Unterschiede Suche nach effizienter Arbeitsvermittlung Modell Passage (Winterthur u.a.) prüfen! Aktivierende Sozialpolitik

Modell Passage Winterthur 390 arbeitsfähige Sozialhilfebezüger: Einladung für zumutbare Arbeitsprojekte (ca 10 Arbeitsangebote). Lohnanreiz: + 300.- Fr Zuschlag/Monat zu Sozialrente 100 verzichteten auf Anhieb auf Arbeit und weitere Sozialhilfe. Von den Arbeitenden: 50 % profitierten nach eigenen Angaben von fester Arbeitsstruktur 30 % fanden Arbeitseinsatz für sich unentbehrlich für spätere Integration 53 bezogen später keine Unterstützung mehr.

6. Integrationspolitik Verknüpfung mit Arbeitsmarktintegration Wirksamste Massnahme: Frühintegration der Kinder/Harmos Konzept: Grundkompetenzen standardisieren 1. Lesen und Schreiben Sprachkompetenz 2. Alltagsmathematik 3. Alltagsinformatik 4. Rechte & Pflichten: Zivilrechtliches Grundwissen Integrationsvereinbarung: neu als Pflicht und Verpflichtung im AuG (bisher nur 1000 Vereinbarungen!) Verpflichtungen aufstellen und einfordern: Fördern und Fordern! AuG-Revision.

7. Strategie für Glaubwürdigkeit der Sozialpolitik Missbrauchsfälle zerstören Sozialgedanken Sozialsystem ist zugeschnitten auf arbeitswillige, integrierte Bevölkerung Wertsystem Arbeit wird in Frage gestellt. Missbräuche rigid bekämpfen. Vertrauen in der Bevölkerung zum Sozialsystem herstellen. Fördern und Fordern: Wer nicht kooperiert, muss es spüren. Glaubwürdigkeits-Strategie und Kommunikation sind Chefsache.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit