NBS Wendlingen-Ulm PFA 2.2 Albaufstieg Stand der Bauarbeiten und erste Erfahrungen mit dem Konzept des Lean- Managements

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Transkript:

NBS Wendlingen-Ulm PFA 2.2 Albaufstieg Stand der Bauarbeiten und erste Erfahrungen mit dem Konzept des Lean- Managements Dr.-Ing. Christian Wawrzyniak CDMSmith Consult GmbH, Stuttgart, Deutschland Dieter Stephan Ingenieurbüro Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH, Düsseldorf, Deutschland Philip Pellegrino CDMSmith Consult GmbH, Stuttgart, Deutschland Zusammenfassung Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm verbindet die Ballungsräume Stuttgart und Ulm miteinander, wodurch die Reisezeiten von heute 54 Minuten auf zukünftig 28 Minuten verkürzt werden. Der Streckenabschnitt ist 59,6 km lang, wovon über 50 % nämlich 30,2 km in Tunnellage verlaufen. Das ingenieurtechnische Herzstück der Neubaustrecke bildet der 14,6 km lange Planfeststellungsabschnitt (PFA) 2.2, in dem die Neubaustrecke von der Filderebene auf die Albhochfläche geführt wird. Der auch als Albaufstieg bezeichnete Abschnitt umfasst im Wesentlichen den 8,8 km langen Boßlertunnel und den 4,8 km langen Steinbühltunnel sowie die zwischen beiden Tunneln liegende 485 m lange und 85 m hohe Filstalbrücke. Die Bautätigkeit für den Rohbau wurde im Frühjahr 2012 aufgenommen und soll bis 2018 abgeschlossen sein. Um eine für alle Projektbeteiligten möglichst effiziente Umsetzung der Baumaßnahme zu ermöglichen, hat die Deutsche Bahn AG vorgegeben, die Zusammenarbeit nach den Grundsätzen des Lean Managements zu gestalten. Im vorliegenden Beitrag werden der Stand der Bauarbeiten und die ersten Erfahrungen mit dem Konzept des Lean Managements beschrieben. Die Inbetriebnahme der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm ist für den Dezember 2021 vorgesehen. 1. Einleitung Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm ist Teil des Großprojektes Stuttgart-Ulm. Im 14,6 km langen Planfeststellungsabschnitt (PFA) 2.2 wird die Bahntrasse von der Filderebene auf die Albhochfläche geführt. Um die ca. 325 m Höhenunterschied zu bewältigen ist der Neubau von zwei Tunnelbauwerken und einer Talbrücke erforderlich. Zwischen Aichelberg und dem Filstal bei Mühlhausen i.t. entsteht der Boßlertunnel (Länge ca. 8,8 km), von der Südseite des Filstals bis Hohenstadt der Steinbühltunnel (Länge etwa 4,8 km). Beide Tunnel bestehen jeweils aus zwei eingleisigen Röhren, die über querschläge miteinander verbunden sind. Zwischen den Tunnelportalen des Boßler- und Steinbühltunnels im Filstal entsteht die EÜ Filstal mit einer Länge von ca. 485 m [1]. 2. Untergrundverhältnisse und Bauverfahren Der Boßlertunnel durchfährt die Gesteine des Braunjuras und die unteren Schichten des Weißjuras [2]. Vom Portal Aichelberg aus wird zunächst der Opalinuston durchquert. Über dem Opalinuston folgen weitere Schichten des Braunjuras mit teilweise geringer Festigkeit und der Neigung zu druckhaftem Gebirgsverhalten. Vom Portal Aichelberg aus ist vorgesehen, den Boßlertunnel zunächst mit einer TVM aufzufahren. Ab dem Zwischenangriff Umpfental wird der Boßlertunnel im Gegenvortrieb durch den als druckhaft angenommenen Gebirgsabschnitt in Spritzbetonbauweise aufgefahren. Der Steinbühltunnel verläuft über seine gesamte Länge in den unterschiedlich stark verkarsteten Kalksteinen des Weißjuras. Zwischen der Baugrube Pfaffenäcker bei Hohenstadt und dem Portal Hohenstadt wird der Tunnel bergmännisch aufgefahren, ebenso von der Baugrube bis zum Portal Todsburg im Filstal. Der bergmännische Vortrieb erfolgt als Sprengvortrieb auf

Bild 1: Lageplan PFA 2.2 der Grundlage von Vortriebsklassen in Anlehnung an die DIN 18312. In der Baugrube Pfaffenäcker wird der Tunnel in offener Bauweise erstellt. 3. Stand der Bauarbeiten Der Auftrag für die Bauarbeiten der Tunnelbauwerke wurde am 17 Oktober 2012 an eine Arbeitsgemeinschaft aus vier österreichischen Bauunternehmen vergeben. Im Frühjahr 2013 wurde mit den Arbeiten vor Ort begonnen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (Januar 2014) laufen der Vortrieb des Zwischenangriffs Umpfental sowie die Vortriebe am Steinbühltunnel von der Baugrube Pfaffenäcker aus in Richtung Westen und Osten. 3.1 Steinbühltunnel Am Steinbühltunnel sind drei Vortriebe aktiv, aus der Baugrube Pfaffenäcker beide Röhren (Kalotte mit nachlaufender Strosse und Sohle) in Richtung Portal Todsburg im Filstal sowie die Weströhre im Kalottenvortrieb zwischen der Baugrube Pfaffenäcker und dem Portal Hohenstadt. Die Oströhre zwischen Baugrube Pfaffenäcker und Portal Hohenstadt ist im Kalottenvortrieb bereits durchgeschlagen. Aufgrund der aktuellen Arbeitsstände wird in diesem Beitrag die Karstproblematik vertieft vorgestellt. Die Vortriebe des Steinbühltunnels durchfahren wie erwähnt die Gesteinsformationen des Oberjuras, welche bereichsweise Verkarstungsstrukturen aufweisen. Neben den daraus möglicherweise auftretenden Einwirkungen auf die Vortriebsarbeiten (Arbeitssicherheit, kosten- und zeitaufwändige Maßnahmen) und auf den endgültigen Tunnel (Statik) könnten auch Einwirkungen auf die Grundwasserverhältnisse und Naturschutzbelange auftreten. Der Steinbühltunnel kommt zwar oberhalb des mittleren Karstwasserspiegels zu liegen, durchfährt aber die Einzugsgebiete von z.t. wasserwirtschaftlich zur Trinkwasserversorgung genutzten Karstquellen sowie Bild 2: Untergrundverhältnisse im PFA 2.2

Bild 3: Vortriebsklasse 6A-1 von ökologisch bedeutenden Quellen. Die Quellschüttungen dürfen sich durch den Tunnelbau nicht maßgeblich verändern. Daher dürfen in verkarsteten Gesteinsschichten beim Tunnelvortrieb angetroffene nachweislich Grundwasser führende oder Sickerwasser ableitende Karststrukturen nicht verfüllt werden. Zur Gewährleistung der Anforderungen aus der Planfeststellung und dem Bauvertrag wurde ein mit den zuständigen Behörden abgestimmtes Ausführungskonzept angefertigt. Dieses Konzept beinhaltet die Erkundung von Karststrukturen im Tunnelbereich und Maßnahmen zum Umgang mit angetroffenen oder im Nahbereich des Tunnels vorhandenen Karststrukturen unter Berücksichtigung von bautechnischen und hydrogeologischen Aspekten. Die Erkundung von Karststrukturen im Nahbereich der Tunnelröhren erfolgt vortriebsbegleitend durch vorauseilende Bohrungen (Phase 1, Erkundung des unmittelbaren Vortriebsbereiches zur Gewährleistung sicherer Bauzustände). Die Auswertung der Bohrungen währenddes Vortriebs erfolgt automatisiert und berücksichtigt diverse Bohrparameter, wie z.b. Lage im Raum, Länge, Durchmesser, Bohrzeit, Spülwasserverlust, Bohrwiderstand und die Beschreibung des Bohrguts. Aus den Ergebnissen lassen sich mögliche Karsthohlräume oder Verdachtsbereiche ableiten. Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, dass die Bohrungen gute Hinweise auf vorausliegende Karststrukturen geben. Nach den Vortriebsarbeiten und vor dem Einbau der Innenschale ist für die Phase 2 (Erkundung des Tunnelnahbereiches zur Gewährleistung eines sicheren Endzustandes (sicheren Bahnbetrieb)) ein geophysikalisches Messprogramm mit zwei unabhängigen Messverfahren und anschließender Anomalieuntersuchung vorgesehen. Hiermit sollen Karststrukturen, die nicht im Vortrieb angetroffen wurden oder mit der Erkundung aus der Phase 1 detektiert wurden, sich aber im Nahbereich des Tunnels befinden und den Tunnel statisch beeinflussen können, lokalisiert werden. Die Karststrukturen werden nach ihren Abmessungen in Typ S (small), M (medium) und L (large) eingeteilt. Eine weitere Unterteilung wird nach ihrer Lage zur Tunnelröhre vorgenommen (siehe nachfolgende Tabelle). Tabelle 1: Typisierung von Karststrukturen Die angetroffene Verkarstung ist überwiegend Kluftkarst, bei dem Klüfte korrosiv aufgeweitet sind. Die Öffnungsweite beträgt bis zu 50 cm, meist liegt sie im Bereich von ca. 20 cm. Die Klüfte sind mit Lehm gefüllt. Die Orientierung des Kluftkarstes ist dabei an die

Bild 4: Herstellen der Bohrlöcher Hauptkluftrichtungen gebunden. Kluftkarst wird häufig, nahezu bei jedem Abschlag, angetroffen. Lochkarst wurde nur in sehr geringem Umfang angetroffen. Festgestellt wurden dann meist vereinzelte Hohlräume mit weniger als 50 cm Durchmesser. Örtlich wurden dabei auf Flächen von maximal 1 m² auch gehäuft Löcher (< 2 cm) angetroffen. Offene bzw. teilverfüllte Karsthohlräume treten in Form von Karstspalten und Karströhren auf, welche ebenfalls aus korrosiv erweiterten Klüften hervorgegangen sind. Diese Karststrukturen sind ebenfalls an die Hauptkluftrichtungen gebunden und bilden dann eine netzartige Struktur. Die Oberflächen sind durch die Korrosion abgerundet und weisen z.t. einen Sinterbelag auf. In diesen Hohlräumen, die Öffnungsweiten von meist 1 m bis 2 m haben, können verstürzte Felsblöcke oder Steine liegen. An diesen Stellen ist z.t. auch eine Lehmfüllung vorhanden. Die Erstreckung der Hohlräume liegt sowohl vertikal als auch horizontal durchaus im Bereich von etwa 10 m oder mehr, die Form ist allerdings sehr unregelmäßig. In der Oströhre des Nordvortriebes wurde eine verstürzte Karststruktur durchfahren, welche über eine Strecke von ca. 20 m den gesamten Kalottenquerschnitt ausmachte. Diese Struktur war vollständig mit Lehm, Steinen und großen Felsblöcken (bis etwa 5 m³) gefüllt. Hohlräume innerhalb der Struktur wurden keine festgestellt. Diese Karststruktur wurde auch in der Weströhre in ihrem Randbereich gestreift. Karsthöhlen wurden nicht angetroffen. In allen Vortrieben zusammen wurden bislang die in Tabelle 2 aufgelisteten Karsthohlräume angetroffen. Gesamtsumme Typ S 6 Gesamtsumme Typ M 56 Gesamtsumme Typ L 2 Tabelle 2: Summe aller bisher in den Vortrieben angetroffenen und verfüllten Karststrukturen (Stand 27.11.2013) Die bautechnischen Maßnahmen für die unterschiedlichen Karststrukturen, die vom Tunnelquerschnitt angeschnitten werden oder innerhalb des Tunnelquerschnitts liegen, sind bereits in der Genehmigungs- und Planungsphase entwickelt worden. Sie stellen einen Leitfaden zur Wahl der beim Vortrieb erforderlichen Zusatzmaßnahmen dar. Die Maßnahmen sind im Einzelfall unter Berücksichtigung der tunnelstatischen Belange an die tatsächliche Lage, Form und Beschaffenheit der Karststrukturen und die örtlichen Gebirgsverhältnisse anzupassen. In Abhängigkeit der Karststruktur (Größe, Lage, Ausbildung, Grundwasserverhältnisse) wurden unterschiedliche Maßnahmen umgesetzt. Planerische Vorgaben Neben vorauseilenden Maßnahmen (Reduzierung Abstand Ausbaubögen, Anpassung Sprengschema, vorauseilende Sicherung mit Spießen oder Rohrschirmen, Ortsbrustanker) bei bekannten/erkundeten Karststrukturen (Phase 1) werden beim Antreffen einer Karststruktur im Tunnelquerschnitt folgende Vorgaben beachtet:

Bild 5: Mit Blöcken gefüllter Karsthohlraum im Steinbühltunnel natürliches Füllmaterial bei Eignung im Verband belassen, ggf. mechanisch vergüten ungeeignetes (z.b. lockeres oder weiches - breiiges) Material entfernen und nach Erfordernis durch geeignetes Material ersetzen Ränder säubern und nach Erfordernis bearbeiten Messquerschnitte (Verformungsmessungen) an die Gegebenheiten anpassen Bei Bedarf Maßnahmen zur Erhaltung der Wasserwegsamkeit ausführen Vorkehrungen für weitere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Innenschale, soweit im Zuge des Vortriebs möglich, vorsehen/treffen. Im Falle, dass die Wasserwegsamkeit erhalten werden muss, sind Umleitungen (Rohre, durchlässiges Füllmaterial) um den Tunnel herum bzw. in Achsrichtung vorgesehen. Somit wird die Karststruktur in ihrer Durchlässigkeit auch nach dem Tunnelbau erhalten. Eine Karststruktur in der Strosse/Sohle wird mit Ausbruchmaterial verfüllt, eine weitere Abarbeitung erfolgt dann mit Ausbruch der Strosse und Sohle mit den geplanten vorgesehenen Maßnahmen. Im Bereich des Ausbruchrandes erfolgt dann die Herstellung einer Betonplombe. Die Dicke der Betonplombe sollte mindestens der Spannweite der Plombe in Tragrichtung entsprechen. Im Einzelfall ist ergänzend zu den bautechnischen Sondermaßnahmen im unmittelbaren Bereich der Karststruktur der vorläufige Regelausbau durch Spritzbeton, Spieße, Anker, etc. zu verstärken. Für den Vortrieb im Lochkarst werden je nach Intensität der Verkarstung und Ausdehnung der Zone mit zerstörtem Stützgerüst folgende Sicherungsmaßnahmen umgesetzt: großräumig aufgelöst: voreilende Sicherung mit Spieß- oder Rohrschirm, Ortsbrustsicherung mit Spritzbeton und Ortsbrustankern bereichsweise aufgelöst: partielle voreilende Sicherung mit Spießschirmen (im relevanten Bereich), Ortsbrustsicherung mit Spritzbeton und Ortsbrustankern Für den Endzustand sind alle Hohlräume in einem Abstand bis 10 m zur Tunnellaibung zu erkunden (Phase 2) und in Abhängigkeit von den statischen Erfordernissen ggf. zu verfüllen. Strukturen über oder neben dem Tunnelquerschnitt werden, falls erforderlich, über Bohrungen bzw. Steig- und Entlüftungsleitungen mit Beton verfüllt, bis die Dicke der Felsbrücke einschließlich Beton den statischen Erfordernissen genügt. Ausgeführte Maßnahmen Meist wurden bisher angeschnittene Karsthohlräume vollständig mit Beton verfüllt. Dies geschieht entweder mit Spritzbeton oder mit Ortbeton. Ortbeton kommt bei größeren Hohlräumen sowie bei Hohlräumen, die wegen der Form schlecht vollständig ausgespritzt werden können zum Einsatz. Eventuell vorhandene (Teil-) Füllungen wurden vor dem Einbringen von Beton entfernt.

Bislang wurde noch keine Notwendigkeit zur Erhaltung der Wasserwegsamkeit festgestellt. Speziell für die Erhaltung geplante Maßnahmen wurden daher noch nicht umgesetzt. Im Bereich der Kalotte ist herstellungsbedingt stets eine gewisse Wasserwegsamkeit auch nach dem Verfüllen mit Beton vorhanden (Spritzschatten, Schwinden Beton). Die bisher angetroffenen Karststrukturen haben die globale Standsicherheit des Tunnels nicht gefährdet. Beim Vortrieb durch die verstürzte Karststruktur, insbesondere in der Oströhre, wurde eine Gefährdung der Mineure (Arbeitssicherheit) durch bautechnische Maßnahmen minimiert (Reduzierung Abstand Ausbaubögen, Anpassung Sprengschema, vorauseilende Sicherung mit Spießen, Stützkern, Öffnung in Teilflächen). 4. Lean Management Im Planungsabschnitt wird vom AG auch während der Ausführungsphase großen Wert auf Optimierungen gelegt. Das bedeutet, dass jegliche Aktivitäten für die Erbringung der Gesamtleistung aufeinander abzustimmen und überflüssige Tätigkeiten zu vermeiden sind. Wobei die Optimierungen stets im Interesse aller Vertragspartner stehen sollen. Zur Umsetzung dieses Leitgedankens wird sich der Instrumente des Lean Managements bedient. Als Grundlage für die Umsetzung wurden die Instrumente des Lean Managements zentral in den Bauverträgen verankert. Als wichtigste Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung sind die Gedanken des Lean Managements von jedem einzelnen Projektbeteiligten zu verinnerlichen. Dazu wurde mit den Projektbeteiligten von Seiten des AG und des AN zum Ausführungsbeginn ein zweitägiges Seminar veranstaltet.zur Steuerung und Umsetzung der einzelnen Instrumente wird das Projekt von Experten des Lean Managements aktiv begleitet. Diese begleiten die großen Baubesprechungen und die unten erläuterten Besprechungen in direktem Zusammenhang mit dem Lean Management. Von den bisher eingesetzten Instrumenten des Lean Managements sind insbesondere folgende hervorzuheben: 4.1 Lean Raum und Lean Table Der Lean-Raum wurde zwischen den Baubüros des AN und des AG als Verbindungselement eingerichtet. Insbesondere dort ausgehend soll von allen Projektbeteiligten eine offene Kommunikation und Transparenz gelebt werden. Zweiwöchentlich finden im Lean Raum Besprechungen, der sogenannte Lean-Table, zwischen den Führungskräften des AG und AN statt. Neben offenen Diskussionen über Optimierungsvorschläge von Seiten aller Beteiligten werden der tägliche Umgang untereinander, Risiken, Qualität und andere Aspekte thematisiert. Wenn Optimierungsvorschläge weiterverfolgt werden sollen, werden je nach Erfordernis in erweiterten Besprechungskreisen Randbedingungen festgelegt. Zu diesen Fachbesprechungen werden dann bspw. die Prüfingenieure einbezogen. Zu den Besprechungen im Lean Raum werden keine Besprechungsprotokolle im klassischen Sinne erstellt. Dadurch werden der offene Austausch und die Transparenz im Lean Table gefördert. Sowohl der offene Austausch und die Transparenz wird von den Projektpartnern bisher als ausgesprochen positiv aufgefasst. Der vertragliche Schriftverkehr fällt im Vergleich zu Projekten dieser Größenordnung bisher gering aus. Die Möglichkeit der freien Absprache im Lean Table trägt hierzu wesentlich bei. 4.2 Last Planner Sitzung Das Last Planner System ist das zentrale Instrument des Lean Managements. Ein Teil davon sind die Last Planner Sitzungen. In den Sitzungen werden LPS- Terminplanungen, sogenannte kooperierende Phasen- Planungen (KPP), aufgestellt, welche wesentliche oder kritische Projektphasen wie z.b. den Vortriebsbeginn behandeln. Die KPP sind als Ergänzung zu den Vertragsterminplänen zu sehen. An den Sitzungen zur Aufstellung der KPP nehmen alle für die Projektphase wichtigen Partner teil. Sitzungsteilnehmer können deshalb neben den Verantwortlichen des AG und AN in Abhängigkeit der behandelten Projektphase z.b. auch Generalplaner, Fachplaner, Nachunternehmer und Lieferanten sein. Zuerst werden alle für die Phase wichtigen Meilensteine analysiert und die dazu notwendigen Aufgaben in einem vorher festgelegten Zeitrahmen eingeordnet. Nachdem die Meilensteine und Aufgaben aller Beteiligten unabhängig voneinander aufgetragen wurden, beginnt die gemeinschaftliche Optimierung und Verzahnung der Einzelleistungen. Wichtig ist hierbei, dass die Optimierung dem stetigen Projektfluss dient. Die Eigenoptimierung muss hinter der Projektoptimierung, welche Allen nützt, stehen. Mit den bisherigen Last-Planner-Sitzungen wurden bisher durchweg positive Erfahrungen gemacht. Der Aushub der Baugrube Pfaffenäcker hätte vermutlich nicht termingerecht fertiggestellt werden können, wenn die einzelnen Arbeitsschritte nicht vorher detailliert in einer KPP dargestellt worden wären. Erst dort wurden die Arbeitsweisen der Teilgewerke und die Abhängigkeiten offen kommuniziert und gemeinsam optimiert. 5. Literatur [1] Breidenstein, M.: Großprojekt Stuttgart-Ulm: Die Tunnel des Albaufstiegs Bauverfahren und vertragliche Besonderheiten, STUVA-Tagung Stuttgart, 2013. [2] Wittke, W.: Die besonderen Eigenschaften des Baugrunds im Bereich von Stuttgart und der Schwäbischen Alb im Hinblick auf den Tunnelbau, 19. Symposium Felsmechanik und Tunnelbau, Stuttgart, 2010.