Inhaltsverzeichnis. Vorwort des Vorsitzenden der Deutschen Orient-Gesellschaft und der Direktorin des Vorderasiatischen Museums zu Berlin...

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Transkript:

Inhaltsverzeichnis Vorwort des Vorsitzenden der Deutschen Orient-Gesellschaft und der Direktorin des Vorderasiatischen Museums zu Berlin... VII Vorwort des Herausgebers... IX Vorwort des Verfassers... XI Einleitung... 1 Katalog... 17 Textbearbeitungen... 35 Nr. 1 Exzerpt aus der gesamten b rûtu-serie... 35 Nr. 2-7 Omina anhand des Knochengerüsts... 67 Nr. 8-12 Omina anhand der Darmwindungen (t r n )... 81 Nr. 13-17 Omina anhand der Präsenz (manz zu)... 90 Nr. 18-21 Omina anhand des Pfades (pad nu)... 96 Nr. 22-27 Omina anhand verschiedener Teile der Leber auf der Vorderseite der Tasche (p n t kalti)... 109 Nr. 28-35 Omina anhand der Gallenblase (martu)... 123 Nr. 36-41 Omina anhand des Fingers (ub nu)... 140 Nr. 42-46 Omina anhand von Keulenmarkierungen (kakku)... 160 Nr. 47-63 Omina anhand der Lunge ( a û)... 169 Nr. 64-77 umma mult biltu, ni irti b rûti und verwandte Texte... 214 Nr. 78-89 Verschiedene Opferschau-Texte... 250 Nr. 90-117 Nicht klassifizierbare Opferschau-Texte... 283 Konkordanzen, Listen und Indices... 311 Literaturverzeichnis... 359 Keilschriftautographien... 365 Kollationsergebnisse... 467

Vorwort des Vorsitzenden der Deutschen Orient-Gesellschaft und der Direktorin des Vorderasiatischen Museums zu Berlin Obgleich Erich Ebeling schon früh Keilschriftautographien von 48 in Assur gefundenen Tontafeln mit Schriften der Opferschauer vorlegte, wurde dieses wichtige Textcorpus nie systematisch studiert. Erst neun Jahrzehnte nach Ebelings Veröffentlichungen widmet sich Nils P. Heeßel dieser Aufgabe. Anlaß hierzu geben die Forschungsergebnisse des Heidelberger Assyriologen Stefan M. Maul, der bei seiner Durchsicht aller in Assur gefundenen Tontafeln nahezu 80 zuvor ungelesene Tontafeln und Tontafelbruchstücke identifizierte, die zahlreiche bislang unbekannte Passagen aus den»h a n d b ü c h e r n«d e r Opferschauer enthalten. In dem fünften Band der Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts können daher weit über hundert in Assur gefundene Opferschautexte erstmals durch Editionen zugänglich gemacht werden. Wir sind dem Autor Nils P. Heeßel und Stefan M. Maul, der die Reihe Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts herausgibt und die Heidelberger Forschungsstelle leitet, ebenso zu Dank verpflichtet wie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, die die Edition der literarischen Keilschrifttexte aus Assur so tatkräftig fördert. Prof. Dr. Markus Hilgert, Vorsitzender der Deutschen Orient-Gesellschaft Prof. Dr. Beate Salje, Direktorin des Vorderasiatischen Museums zu Berlin

Vorwort des Herausgebers Schon bald nach Beendigung der Ausgrabungen in Assur machte Erich Ebeling ein recht umfangreiches Corpus von keilschriftlichen»handbüchern«bekannt, welche Opferschauer in der Tigrismetropole für das Studium ihrer Disziplin niedergeschrieben und gesammelt hatten. Nachdem Ebeling 1919 im ersten Band seiner Keilschrifttexte aus Assur religiösen Inhalts (KAR) die Autographien fünf solcher Texte vorgelegt hatte, präsentierte er nur vier Jahre später in dem zweiten Band Zeichnungen von 43 weiteren, zumeist gut erhaltenen Tafelbruchstücken, aus denen sich bereits die gesamte Bandbreite der Fachliteratur eines Opferschauers ersehen ließ. Den Hauptanteil der von Ebeling zugänglich gemachten Texte bilden umfangreiche Omensammlungen, in denen den als zeichenhaft empfundenen Merkmalen, die sich auf dem Knochengerüst, der Leber, der Gallenblase, den Nieren, der Lunge und dem Gedärm eines Opferlamms oder -schafes beobachten ließen, Deutungen gegenübergestellt sind, die man für Zukunftsprognosen heranzog. Zu dem von Ebeling vorgelegten Textcorpus zählen außerdem Tontafeln mit kommentierten graphischen Darstellungen von Befunden auf Leber und Lunge eines Opfertiers sowie gelehrte Abhandlungen über die k o m p l e x e Hermeneutik der mesopotamischen Eingeweideschau, die uns auch heute noch in weiten Teilen rätselhaft bleiben. Die Fremdheit der mesopotamischen Kunst, anhand von Zeichen auf den Organen eines den Göttern dargebrachten männlichen Schafes Einsicht in Zukünftiges zu gewinnen, vor allem anderen aber die damals wenig erschlossene und daher kaum verständliche Fachterminologie der Opferschauer mag Erich Ebeling davon abgehalten haben, in den folgenden Jahren Umschriften und Übersetzungen der Opferschau-Texte aus Assur vorzulegen. Obgleich diese sowohl in W. von Sodens Akkadischem Handwörterbuch als auch im Chicago Assyrian Dictionary Berücksichtigung fanden, fehlen erstaunlicherweise auch heute noch, neun Jahrzehnte nach Ebelings Erstveröffentlichungen, Editionen der meisten dieser wichtigen Texte. Dank der Forschungen von Jean Nougayrol, Ivan Starr, Ulla Jeyes, Rosmarie Leiderer, Ulla Koch(-Westenholz) und vieler anderer ist uns heute freilich nicht nur ein beachtlicher Teil des Schrifttums der mesopotamischen Opferschauer des zweiten und ersten vorchristlichen Jahrtausends bekannt, sondern auch die Fachsprache der Opferschauer so vertraut, daß einer wissenschaftlichen Edition der Assur-Texte nichts mehr entgegensteht. Ein solches Unterfangen muß sich freilich nicht mehr auf die 48 von Erich Ebeling vorgelegten Texte beschränken. Bei einer genauen Durchsicht aller in Assur gefundenen Tontafeln stieß ich nämlich auf nahezu 80 weitere, teils gut, teils weniger gut erhaltene Tontafelbruchstücke, die sich bei genauerem Studium als Opferschau-Texte zu erkennen gaben. So konnte das Corpus der in Assur gefundenen Opferschau-Texte ganz erheblich vergrößert und ferner um einige Stücke erweitert werden, die lediglich aus den Photodokumentationen bekannt sind, die Walter Andrae zu Beginn des 20. Jh. bei den Ausgrabungen in Assur anfertigen ließ. Den irakischen Antikenbehörden und meinem Heidelberger Kollegen Peter Miglus bin ich dankbar dafür, daß ein erst 2001 bei den jüngsten Ausgrabungen in Assur unter der Leitung von Peter Miglus gefundenes Tontafelfragment mit Gallenblasen-Omina (hier Text Nr. 33) in das hier vorgelegte Textcorpus aufgenommen werden konnte. So ergab sich die einzigartige Gelegenheit, einen fünften Band der Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts zu planen, in dem nahezu alle bislang in Assur entdeckten Opferschau-Texte gemeinsam vorgelegt und erstmals erschlossen werden. Das Textcorpus ist in vielerlei Hinsicht von großer wissenschaftlicher Bedeutung. Nicht alleine, weil es uns neben zahlreichen bislang gänzlich unbekannten Textpassagen auch tiefe Einblicke in ein Opferschauverfahren liefert, für das nicht etwa ein geschlachtetes Schaf, sondern ein geopferter Vogel begutachtet wurde (hier Texte Nr. 87 89), oder weil es eine Art»Taschenbuchausgabe«der Kunst der Opferschau enthält, in der auf einer einzigen Tontafel aus der neuassyrischen Zeit in fast 500 Zeilen die wichtigsten Lehren der Disziplin zusammengestellt waren (hier Text Nr. 1). Die Bedeutung des hier vorgestellten Textcorpus liegt vor allem darin, daß es uns die einmalige Gelegenheit bietet, über weit mehr als ein halbes Jahrtausend hinweg die Entwicklung und Überlieferung der keilschriftlichen Fachliteratur assyrischer Opferschauer zu beobachten von der mittelassyrischen Zeit an bis zu den letzten Tagen Assurs im ausgehenden 7. Jh. v. Chr. Kein anderer altorientalischer Fundort eröffnet eine solche Möglichkeit! Die in Assur gefundenen Opferschau-Texte können darüber hinaus wichtige Erkenntnisse über Mechanismen des Wissenstransfers im Alten Orient liefern. Denn neben vielen ganz sicher in Assur selbst gefertigten Tontafeln fanden sich immerhin 28 Bruchstücke von Opferschau-Texten, die in babylonischer Schrift geschrieben wurden und ein für Tontafeln kassitischer Herkunft so typisches

X Divinatorische Texte II: Opferschau-Omina Erscheinungsbild aufweisen, daß wir annehmen müssen, sie seien in mittelassyrischer Zeit direkt aus Babylonien nach Assur gelangt. Es erwies sich als gute Fügung, daß ich die zahlreichen Opferschau-Texte aus Assur Nils P. Heeßel anvertrauen konnte, der in dieser Reihe bereits den ersten Band mit Divinatorischen Texten (KAL 1) vorgelegt hat und in seiner 2009 vollendeten Habilitationsschrift, ausgehend von dem hier vorgestellten Inschriftenmaterial wichtige»studien zur Entwicklung und Serialisierung der Opferschau-Kompendien in Babylonien und Assyrien«vorlegte. Von dieser Arbeit hat der fünfte Band der Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts ganz erheblich profitiert. Anders als die von Erich Ebeling in KAR vorgelegten Autographien, die zwar verläßlich sind aber den paläographischen Befund nicht wirklich genau erfassen, lassen die von Nils Heeßel angefertigten keilschriftlichen Facsimiles keinen Zweifel daran, daß der weitaus größte Bestand der Opferschautexte aus Assur in der mittelassyrischen Zeit niedergeschrieben wurde. Der größte Teil der mittelassyrischen Opferschautexte, deren Herkunft sich ermitteln läßt, kommt aus den Ruinen des Haupttempels der Stadt. Der Bestand an Opferschautexten aus der hohen und späten neuassyrischen Zeit fällt hingegen mit zehn von insgesamt 117 Stücken überraschend gering aus. Man kann sich daher des Eindrucks nicht erwehren, daß die gelehrte, sich auf schriftliche Traditionen berufende Kunst der Opferschau vor allem im Umfeld des assyrischen Königshofes in Blüte stand und in der Stadt Assur dann bald an Bedeutung verlor, als die Herrscher Assyriens im 9. Jh. v. Chr. Assur als ständigen Wohnsitz aufgaben. Keilschriftliche Protokolle über die Inspektion eines Opfertiers, wie wir sie einerseits aus dem Umfeld von Privatleuten aus altbabylonischer Zeit und andererseits in großer Zahl aus den ninevitischen Archiven der letzten neuassyrischen Könige kennen, haben die Ausgrabungen in Assur nicht hervorgebracht. So bleiben uns Einblicke in die alltägliche Arbeit der Eingeweideschauer weitgehend verwehrt, und wir wissen nur wenig über die Auftraggeber der Opferschauer von Assur, deren Anliegen und die für sie ermittelten Orakelbescheide. In dem vorliegenden Buch erschließt Nils P. Heeßel nicht nur das Corpus der in Assur gefundenen Opferschautexte. Seine Editionen vermitteln uns auch ganz neue Erkenntnisse über die Fachliteratur mesopotamischer Opferschauer. Dies gelang nicht zuletzt, weil zur Deutung schlecht erhaltener Textpassagen und zur Ergänzung von Textlücken zahlreiche Tontafeln aus Ninive, Babylon, Sippar, Uruk und anderer Herkunft herangezogen wurden. Einige dieser Tafeln macht Nils P. Heeßel in dem vorliegenden Band sogar erstmals bekannt. So entstand ein Grundlagenwerk, das dem Umfang zweier Bände unserer Reihe Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts entspricht. Wie bereits der vierte Band der Reihe Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts ist auch der vorliegende mit einem Verzeichnis aller Logogramme, die in den zugänglich gemachten Keilschrifttexten Verwendung fanden, sowie mit einem Glossar versehen, das den gesamten Wortschatz der veröffentlichten Texte erschließt. In dem Glossar sind um der besseren Übersichtlichkeit willen die Belege, die aus den Omenprotasen stammen, von den Belegen geschieden, die den Omenapodosen zuzuordnen sind. Das Glossar wird auf diese Weise zu einem effizienten Instrument, um für beschädigte unveröffentlichte Texte überzeugende Ergänzungen zu ermitteln und um ohne großen Aufwand Textparallelen und Duplikate ausfindig zu machen. In den Keilschrifttexten aus Assur literarischen Inhalts sind von dem vorliegenden Band an in dem Textkatalog sowie im Kopfteil der Editionen bei der Beschreibung der vorgelegten Tontafeln manche Maßangaben mit einem hochgestellten vorangesetzten m versehen. Dieses steht für»m ( a x i m a l )«u n d bezeichnet so die ursprüngliche Gesamtlänge, -breite oder -dicke einer Tontafel. Für Untersuchungen über Tafelformate dürften diese Angaben nützlich sein. Um den Ladenpreis niedrig zu halten und unnötige Fehler zu vermeiden, wurden auch die Druckvorlagen des fünften Bandes der Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts in der Heidelberger Forschungsstelle erstellt. Diese aufwendige Arbeit hat der Autor selbst besorgt, dem unser Dank ebenso gebührt wie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, die die Arbeiten der Forschungsstelle»Edition literarischer Keilschrifttexte aus Assur«seit langer Zeit großzügig und unbürokratisch fördert. Heidelberg, im Dezember 2011 Stefan M. Maul

Vorwort des Verfassers Die Opferschau stellte im Alten Orient die einfachste und sicherste Möglichkeit dar, mit der Sphäre des Göttlichen direkt zu kommunizieren und göttliche Entscheidungen zu drängenden irdischen Problemen zu veranlassen. Zunächst mehr pragmatisch geprägt, entwickelte sich diese Divinationstechnik rasch zu einer hochkomplexen Wissenschaft, die speziell geschulte Spezialisten erforderte, welche sich der Auslegung von Befunden auf den Organen des Opfertieres sowie dem Studium der umfangreichen textlichen Tradition zur Opferschau- Hermeneutik widmeten. Die zahlreichen bei den deutschen Grabungen in Assur zwischen 1903 und 1914 gefundenen Opferschau-Texte belegen das Interesse der Assyrer an dieser babylonischen Divinationstechnik, das sich auch in der Überführung von babylonischen Opferschau-Texten nach Assur und in der Entstehung einer eigenen Opferschau-Tradition in der assyrischen Hauptstadt manifestierte. Einen Teil dieser Opferschau- Texte aus Assur hatte bereits Erich Ebeling 1919-1923 im vierten und neunten Faszikel der Keilschrifttexte aus Assur religiösen Inhalts in Keilschriftautographie veröffentlicht, jedoch sind diese bis auf wenige Ausnahmen bis heute nicht transliteriert und übersetzt worden. Eine beträchtliche Anzahl von einschlägigen Texten ist zudem bislang ganz unpubliziert geblieben. Im vorliegenden Band werden 74 neue Texte und Textfragmente zur Opferschau in Keilschriftkopie vorgelegt und zusammen mit den 48 bereits in Keilschriftkopie publizierten Texten bearbeitet. Dabei werden im allgemeinen nur solche bereits veröffentlichten Tafeln neu kopiert, bei denen durch einen Textzusammenschluß der Text erweitert werden konnte; bei drei größeren Tafeln (Nr. 1: KAR 423, Nr. 30: KAR 150, Nr. 70: KAR 151) wurden allerdings aufgrund von zahlreichen kleineren Verbesserungen ebenfalls neue Keilschriftkopien angefertigt. Die Opferschau-Texte aus Assur datieren zu einem großen Teil in die mittelassyrische Zeit, aber auch mittelbabylonische Manuskripte sind zahlreich belegt, während aus späterer, neuassyrischer Zeit relativ wenig Abschriften stammen. Unter den erstmals publizierten Tafeln finden sich Omensammlungen zu allen Bereichen der Leber und Lunge, insbesondere umfangreiche Abhandlungen zum pad nu, dem Pfad, zum ub nu und dem Finger, außerdem Modelle der Darmwindungen sowie zahlreiche mittelassyrische Texte zur Hermeneutik der Opferschau. Die hier vorgelegten Texte aus dem Vorderasiatischen Museum zu Berlin, wie auch die einzelnen Tafelfragmente aus dem Britischen Museum und dem Louvre konnten im Original eingesehen werden, während mir weitere, nicht in Berlin befindliche Tontafeln aus Assur nur durch Photographien bekannt wurden. Der Band enthält nahezu alle bekannten Opferschau-Texte aus Assur. Es fehlen nur einige wenige Stücke aus dem Museum zu Istanbul, die auf den Grabungsphotos aus Assur so klein abgebildet sind, daß zwar ihre Einordnung als Opferschau- Omina wahrscheinlich, eine Bearbeitung jedoch unmöglich ist. Die Voraussetzung für die Bearbeitung der Opferschau- Texte aus Assur hat Prof. Dr. Stefan M. Maul mit der Erarbeitung seines Katalogs der literarischen Texte aus Assur und der Identifizierung der allermeisten der hier vorgelegten Stücke als zur Opferschau gehörig geschaffen. Für sein Vertrauen, mir diese Texte zur Publikation zu überlassen, aber auch für sein stetes Interesse und seine zahlreichen Hinweise, die mich vor manchem Fehler bewahrt haben, bin ich ihm sehr verbunden. Für die freundliche Aufnahme und vielerlei Hilfe bei zahlreichen Besuchen im Vorderasiatischen Museum, Berlin danke ich der Direktorin Frau Prof. Dr. Beate Salje und dem Kurator der Tontafelsammlung Dr. Joachim Marzahn. Herrn Frank Gaedicke bin ich nicht nur für seine geduldige Bereitstellung der von mir erbetenen Tafeln zu Dank verpflichtet, sondern vor allem auch für seinen Einsatz zur Auffindung der abgebrochenen rechten Seite von VAT 10811, ohne den die hier vorgelegte Neuedition unmöglich gewesen wäre. Frau Uta von Eickstedt gilt mein Dank für die kurzfristige Reinigung mehrerer Tontafelfragmente. Für die Möglichkeit, im Britischen Museum, London Paralleltexte zu den hier publizierten Opferschau- Texten aufnehmen zu dürfen und für die Erlaubnis zur Publikation von K 12451 danke ich den Trustees of the British Museum, sowie insbesondere Dr. Irving Finkel und Dr. Jon Taylor. Prof. Dr. Béatrice André-Salvini vom Département des Antiquités Orientales du Musée du Louvre ermöglichte mir freundlicherweise, AO 7264 zu kollationieren. Viele Fachkollegen haben mich während der Arbeit an diesem Buch auf verschiedenste Weise unterstützt. Vor allem sind hier die zahlreichen fruchtbaren Diskussionen zu nennen, die ich mit PD Dr. Jeanette Fincke (Leiden), Prof. Dr. Eckart Frahm (New Haven), PD Dr. Lilian Maul-Balensiefen (Heidelberg), Dr. Wiebke Meinhold (Heidelberg), Dr. Stefan Jakob (Heidelberg) und Dr. Frauke Weihershäuser (Heidelberg) - allesamt ehemalige und derzeitige Kollegen an der Assur- Forschungsstelle in Heidelberg - führen durfte. Dr. Ulla S. Koch (Kopenhagen) und Prof. Dr. Jean-Jacques Glassner (Paris) stellten mir eigene, zum Teil noch unpublizierte Arbeiten zur altorientalischen Opferschau zur Verfügung, wofür ihnen herzlich

XII Divinatorische Texte II: Opferschau-Omina gedankt sei. Alexa Bartelmus, M.A. (München), Prof. Dr. Helmut Freydank (Berlin), Prof. Dr. Gebhard Selz und Dr. Nicla de Zorzi (Wien) danke ich für weiterführende Hinweise zu einzelnen Texten. Für die Bereitstellung von Unterkunftsmöglichkeiten in Berlin und London danke ich Dr. Marion Steinicke (Bochum) und Dr. Cornelia Wunsch (London). Prof. Dr. Peter Miglus gilt mein Dank für die Überlassung von digitalen Photos von Ass. 2001.D-1823 und Christopher Walker für Informationen zu den Tafeln der Babylon-Collection im Britischen Museum, London. Das vorliegende Buch basiert auf Teilen meiner Habilitationsschrift Die Opferschau in Assur - Studien zur Entwicklung und Serialisierung der Opferschau-Kompendien in Babylonien und Assyrien, die im Sommersemester 2009 an der Philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg angenommen wurde. Für die Möglichkeit, meine Habilitation anhand des Materials aus Assur erarbeiten zu können, danke ich der Akademie der Wissenschaften Heidelberg, vor allem jedoch Prof. Dr. Stefan M. Maul, dessen Herstellung einer intensiven Arbeitsatmosphäre im Projekt die Fertigstellung dieser Arbeit erst möglich gemacht hat. Schließlich gilt mein besonderer Dank meiner Frau und Tochter für ihr Verständnis dafür, daß ich in den letzten Jahren viele Abendstunden und Wochenenden am Schreibtisch verbracht habe, und nicht mit ihnen. Heidelberg, im November 2011 Nils P. Heeßel