von Lutz Nasdala Institut fÿr Geowissenschaften, Johannes Gutenberg-UniversitŠt Mainz Becherweg 21, D Mainz

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Transkript:

MITT. STERR.MINER.GES. 143 (1998) MINERALVORKOMMEN IN DEN RIPH ISCHEN GRAUWACKEN DER OBERLAUSITZ, SACHSEN von Lutz Nasdala Institut fÿr Geowissenschaften, Johannes Gutenberg-UniversitŠt Mainz Becherweg 21, D-55099 Mainz Vortrag vor der sterreichischen Mineralogischen Gesellschaft gehalten am 8. Juni 1998 in Wien, am 9. Juni 1998 in Graz und am 10. Juni in Salzburg Zusammenfassung Im nšrdlichen Teil der Oberlausitz Ð welche etwa das šstliche Drittel Sachsens umfa t Ð treten verbreitet prškambrische (rhiphšische) Grauwacken auf. Diese assyntisch verfalteten Grauwacken wurden im Kambrium im Zuge der intrusiven bzw. anatektischen Entstehung gro er Granitoidplutone zum Teil kontaktmetamorph ŸberprŠgt. Im Variszikum kam es wšhrend einer nochmaligen tektonischen Beanspruchung des Grauwackengebirges zur Bildung hydrothermaler Mineralisationen auf Scher- und Ruschelzonen, welche Ÿberwiegend als brekzišs ausgebildete, sulþdfÿhrende Quarz- bzw. KarbonatgŠnge vorliegen. Von besonderem mineralogischen Interesse ist das Auftreten von Titan- und Seltenerdmineralen. Im Vortrag werden typische Paragenesen aus diesen artenreichen Mineralisationen (bisher wurden mehr als 60 Minerale nachgewiesen) bildlich vorgestellt und hinsichtlich ihrer geologischen Position diskutiert. EinfŸhrung zur Geologie Die im Osten Deutschlands gelegene Lausitz ist in ihrem nšrdlichen Teil (dem Flachland der Niederlausitz) Ÿberwiegend durch eiszeitliche Sedimente gepršgt, wšhrend im sÿdlichen, hÿgeligen Teil (in der an Polen und die Tschechische Republik angrenzenden Oberlausitz) Hochlagen gro ߊchiger Plutonitkšrper die Oberߊchentopographie bestimmen. Diese Magmatite (Abb. 1) bilden den Hauptteil der Lausitzer Antiklinalzone, welche sich im Nordosten an die mesozoischen Sedimente des Elbtals anschlie t und von diesem durch die sogenannte Lausitzer berschiebung getrennt ist. 75

Abb. 1 Geologische Karte der Oberlausitz und ihrer nšheren Umgebung (sehr stark vereinfacht; KŠnozoikum abgedeckt). Die Verbreitungsgebiete der kambrischen Granodiorite und Zweiglimmergranite (Intrusiva bzw. migmatisierte Grauwacke) sind nicht getrennt ausgehalten und hier mit Kreuzen markiert. Im Verbreitungsgebiet der NordsŠchsischen Grauwacke (Strichsignatur) sind die Hšfe kontaktmetamorpher Beanspruchung durch Punktierung markiert. In der Oberlausitz dominieren Granodiorite bzw. Zweiglimmergranite palšozoischen (kambrischen) Alters, wohingegen nur untergeordnet jÿngere Magmatite (z.b. devonische DoleritgŠnge oder der variszische Stockgranit von Kšnigshain) auftreten. Die Granitoidkšrper nehmen ein relativ geschlossenes Gebiet ein, dessen Ost-West-Ausdehnung annšhernd 100 km betršgt. An ihren NordrŠndern stehen prškambrische Grauwacken an (zusammenfassend als NordsŠchsische Grauwacke bezeichnet; siehe Abb. 1), welche als Ÿbriggebliebene Reste einer ursprÿnglich ebenfalls gro ߊchigen und mehrere tausend Meter mšchtigen Sedimentdecke anzusehen sind (BERG, 1935; LORENZ, 1962). Das prškambrische Alter der Grauwackensedimentation (rhiphšisch; ca. 600 Mio. Jahre) ist durch Mikrofossilien belegt (z.b. WEBER et al., 1990). Die Grauwacke wurde vermutlich in einem ßachen Meer o.š. sedimentiert, wobei Ð wegen des gro en Verbreitungsgebiets der Grauwacke und ihrer MŠchtigkeit Ð eine mehr oder weniger gleichmš ige und ungestšrte Materialzufuhr Ÿber einen lšngeren Zeitraum angehalten haben dÿrfte. Dies wird auch durch die gleichmš ige Schichtung und konkordante Lagerung des Gesteins sowie das nur seltene Auftreten von Wellenrippeln o.š. auf Schichtߊchen (SCH BEL, 1985) belegt. Der recht geringe Abrollungsgrad des sedimentierten Materials weist auf relativ kurze Transportwege zum Sedimentationstrog hin. 76

Die NordsŠchsische Grauwacke wurde in der jungcadomischen (bzw. assyntischen) Phase (z.b. SCHWAB, 1962; HIRSCHMANN, 1966) weitspannig verfaltet. Im Kambrium intrudierten Granodiorite im Gebiet der heutigen Oberlausitz und verursachten kontaktmetamorphe Ver- Šnderungen in den ihnen benachbarten Grauwackenpartien (KLEMM, 1891; NASDALA & ULLRICH, 1988). Ein betršchtlicher Teil der Grauwackendecke wurde dabei teilweise aufgeschmolzen und liegt migmatisiert (d.h. als Zweiglimmergranit) vor. Im Variszikum wurden die Grauwacken nochmals, allerdings nahezu ÒkaltÓ tektonisch beansprucht (SCHWAB, 1962; vergl. auch BANKWITZ & BANKWITZ, 1988). Es ist dadurch eine schwache Schiefergebirgstektonik der NordsŠchsischen Grauwacke vorhanden, wobei die Schieferung hauptsšchlich als Bruchschieferung ausgebildet ist. Infolge der mesozoischen Heraushebung der Lausitzer Antiklinalzone und daraus resultierender weitgehender Abtragung von Grauwacken und Granitoiden ist die NordsŠchsische Grauwacke heute nur noch an den NordrŠndern der Granitoidplutone vorhanden (Abb. 1). Ihre Oberߊchentopographie ist einerseits durch pleistozšne Hebungen (BRAUSE et al., 1981) und andererseits eiszeitlich gepršgt (Gletscherschliffe auf der Grauwacke wurden z.b. von HERRMANN, 1886 beschrieben). In nšrdlicher Richtung wird die Grauwacke von kšnozoischen Sedimenten Ÿberdeckt. Petrologische Gesteinsbeschreibung Abgesehen von einer gewissen Korngrš envariation und den nur lokal auftretenden karbonatischen Einlagerungen zeigt die NordsŠchsische Grauwacke innerhalb ihres gro en Verbreitungsgebietes eine bemerkenswert gleichartige Zusammensetzung. Gršbere, psammitische Partien sind durch um mehrere hundert µm gro e, wenig abgerundete Mineral- und Gesteinskšrnchen (Ÿberwiegend Quarz, FeldspŠte, Hellglimmer und Kieselschiefer) charakterisiert, welche in eine sehr viel feinere Grundmasse eingebettet sind (Abb. 2, oberer Bildteil). Dabei kann das VolumenverhŠltnis von Klastika und Grundmasse etwa im Bereich 30:70 bis 60:40 variieren. Pelitische Partien sind hinsichlich der Art des sedimentierten Materials weitgehend Šhnlich zusammengesetzt, allerdings ist hier eine Unterscheidung von Klastika und Grundmasse kaum mehr sinnvoll. Deutliche Unterschiede zwischen Psammiten und Peliten sind dagegen in der ReaktivitŠt gegenÿber der durch die kambrische Granodioritintrusion hervorgerufenen kontakmetamorphen Beanspruchung erkennbar (vergl. NASDALA & ULLRICH, 1988; WEBER et al., 1990). Abgesehen von den granodioritnšchsten Bereichen des Grauwackengebirges, in denen die Grauwacke hornfelsartig bzw. migmatisiert vorliegt, zeigen die psammitischen Partien kaum Ver- Šnderungen. Die Kontaktmetamorphose ist hier zumeist nur durch Biotitblastese in der Grundmasse nachweisbar. Tonig-schlufÞge Grauwackenlagen waren vergleichseweise reaktiver und liegen oft als sogenannte Flecken- oder Knotengrauwacken vor. Erstere zeigen zahllose, einen bis wenige mm gro e Muskovit- oder Muskovit-Chlorit-Anreicherungen, welche im HandstŸck als dunkle ÒFleckenÓ, im DŸnnschliff dagegen hell erscheinen (Abb. 2, unterer Bildteil). Knotengrauwacken sind durch kompakte, bis Ÿber 2 cm gro e Klinochloraggregate charakterisiert. In den nicht selten innen hohlen ãknotenò treten wurmartige, aus radial angeordneten KristŠllchen bestehende Klinochloraggregate auf (NASDALA & ULLRICH, 1988; siehe auch Abb. 61 in NASDALA, 1993). 77

Abb. 2 DŸnnschliffbild einer schwach kontaktmetamorph ŸberprŠgten Grauwacken-Wechsellagerung. Grenzbereich zwischen einer psammitischen (oben) und einer pelitischen Lage (unten). Letztere liegt als sogenannte ÒFleckengrauwackeÒ vor (einer der mm-gro en ÒFleckenÓ ist als helle Anreicherung kleinster MuskovitschŸppchen im unteren rechten Bildteil erkennbar). Bildausschnitt im Original etwa 1.6 x 2.1 mm. Neben Siderit wurde in den ãklinochlorknotenò jÿngst auch Talk in grauen Aggregaten nachgewiesen, deren Šu ere Form Ð baumšhnliche Aufeinanderstapelung mehrerer trigonal-pyramidaler bzw. skalenoedrischer (?) Individuen Ð auf eine Pseudomorphosenbildung hinweist (Abb. 3). Es ist allerdings fraglich, ob die Mineralbildung in den InnenrŠumen der Klinochlorknoten ebenfalls syn- oder postmetamorph erfolgte. Die sensibelsten kontaktmetamorphen Mineralreaktionen sind in den (sehr untergeordneten) Grauwackenpartien mit erhšhtem Karbonatanteil im Bindemittel zu beobachten. In granodioritnšheren Grauwackenbereichen wurden diese Partien zumeist in kalksilikatische Hornfelse umgewandelt, wohingegen bereits in nur schwach ŸberprŠgten, granodioritfernen Bereichen Amphibolneubildung (ãverskarnungò) auftritt. Besonders deutlich ist dies an den sogenannten ãkaulenò (nach NASDALA & PFEIFFER, 1991, frÿhdiagenetische calcitische Konkretionen) beobachtbar, bei denen nahe des Šu eren Randes oft ein mm-starker, dunkelgrÿner Ring von AmphibolkristŠllchen ausgebildet ist (in Abb. 4 in der linken BildhŠlfte erkennbar). 78

Abb. 3 Talk auf feinstblšttrigen, rundlichen Klinochloraggregaten, in einer Knotengrauwacke von O ling/lausitz. Die fÿr Talk untypische, trigonal erscheinende Šu ere Form (insbesondere im oberen linken Bildteil erkennbar) weist auf eine Pseudomorphisierung hin. Foto B. Ullrich. Abb. 4 Anschliff einer karbonatischen Konkretion (ãkauleò) in der Grauwacke, von Kamenz/Lausitz. Der dunkle Bereich am linken Bildrand zeigt die umgebende ÒnormaleÓ Grauwacke. Der schwarze Flecken rechts ist ein phosphoritischer Gesteinsrest im Zentrum der ãkauleò (vermutlicher Ansatzpunkt fÿr die Bildung der karbonatischen Konkretion). Bildausschnitt im Original etwa 3 x 4 cm. 79

Hydrothermalmineralisationen In der Oberlausitz sind generell weit weniger Magmatite und Mineralisationen variszischen Alters anzutreffen als in den ihr benachbarten Regionen, wie beispielsweise der Elbezone oder dem Erzgebirge. Vermutlich war der gro e kambrische Oberlausitzer Granitoidblock im Variszikum eine vergleichsweise stabile Einheit, die nur von wenigen Intrusiva (z.b. Kšnigshainer Granit) durchdrungen werden konnte. Bedeutende Magmenbewegungen dÿrften daher nur unterhalb des Granitoidblocks, d.h. in grš eren Tiefen stattgefunden haben. Dementsprechend wurde die dem Granitoidblock außiegende NordsŠchsische Grauwacke im Variszikum nur geringfÿgig durchwšrmt; eine variszische Metamorphose ist weder in der Grauwacke noch in den darunterliegenden (und also den hypothetischen ãmagmenherdenó nšheren) Granitoidpartien nachweisbar. Die NordsŠchsische Grauwacke war im Variszikum allerdings einer nochmaligen tektonischen Beanspruchung ausgesetzt, in deren Folge Hydrothermen auf SchwŠchezonen aufsteigen konnten. Die Entstehung dieser Hydrothermen, wie auch die Herkunft der von ihnen mitgefÿhrten Stoffe, ist nach wie vor weitgehend ungeklšrt. Es kšnnte sich bei ihnen sowohl um magmatogene Fluida (Differentiate) als auch um WŠsser aus tieferliegenden, stšrker aufgeheizten Gesteinen (Aktivierung bereits vorhandener TiefenwŠsser bzw. Freisetzung aus H 2 O/(OH)-fŸhrenden Mineralen) gehandelt haben. In der intensiv mechanisch zerklÿfteten Grauwacke wurden aus den Hydrothermen nach hinreichender AbkŸhlung Minerale ausgeschieden. Dabei wurden die zahlreichen, infolge von Scherbewegungen in den KlŸftungszonen entstandenen Grauwacke-BruchstŸcke wieder miteinander verkittet, und es entstanden gangfšrmige, brekzišse Mineralisationen. In mšchtigeren QuarzgŠngen ist zu beobachten, da zuweilen Grauwacken- und Quarzbrekzien-BruchstŸcke durch Quarz zu einer neuerlichen Brekzie verbunden wurden, mit mehrfacher Wiederholung von Zerscherung und Wiederverkittung. Einige der MineralgŠnge wurden mit der sie umgebenden Grauwacke mitgefaltet. Folglich mu der Mineralabsatz noch wšhrend der tektonischen Beanspruchung des Grauwackengebirges erfolgt sein; Scherbewegungen, Faltung, Aufstieg der Hydrothermen und Mineralbildung haben etwa die gleiche Altersstellung. Die Gangmineralisationen sind zumeist nur wenige cm stark, erreichen in EinzelfŠllen aber MŠchtigkeiten von mehr als einem halben Meter. Sie sind, vornehmlich bei ausgepršgter Brekzienbildung, reich an DrusenhohlrŠumen, in denen eine Vielzahl von Mineralen auskristallisieren konnte. Auf eine Außistung oder detaillierte Beschreibung der aus der NordsŠchsischen Grauwacke nachgewiesenen Spezies (bisher mehr als 60) wird hier verzichtet; hierzu siehe NASDALA (1993) und NASDALA et al. (1997). Unter den Gangarten dominiert Quarz gegenÿber Karbonaten (Siderit, Calcit); Barytmineralisationen (siehe Abb. 7) wurden nur sehr vereinzelt gefunden. Die MineralgŠnge fÿhren sehr oft SulÞde, wobei Sphalerit, Pyrit und Chalkopyrit sehr hšu- Þg, Galenit und Pyrrhotin eher selten auftreten. Der meist nahezu schwarze Sphalerit bildet bis 2 cm gro e Kristalle von tetraedrischem Habitus sowie massive ãadernó von bis zu 10 cm MŠchtigkeit. Pyrit wurde in wohlausgebildeten WŸrfeln und Pentagondodekaedern gefunden (letztere bis 2.5 cm), wohingegen nur Šu erst selten Pyritoktaeder auftreten (Abb. 5). In oberflšchennahen Gangbereichen wurden in sulfidreicheren MineralgŠngen eine Vielzahl von durch Reduktion (z.b. ged. Kupfer und Chalkosin) oder Oxydation entstandene SekundŠrbildungen beobachtet (siehe Abb. 8). 80

Abb. 5 Aggregat oktaedrischer Pyritkristalle mit ausgepršgter mosaikartiger FlŠchenstrukturierung, auf der Prismenߊche eines Quarzkristalls aufgewachsen, von Kamenz/Lausitz. Foto B. Ullrich. Die Mineralisationen der NordsŠchsischen Grauwacke sind in den letzten Jahren insbesondere durch das bemerkenswerte Vorkommen von Titan- und Seltenerdmineralen bekannt geworden. Tafelige Titanite von schmutzig-rosa bis hell bršunlicher FŠrbung, welche zumeist in Paragenese mit TiO 2 -Mineralen, Allanit-(Ce) und Chamosit auftreten, wurden vereinzelt in Kristallen von mehr als 1 cm Grš e gefunden. Allanit-(Ce) (ãcer-epidotó) kommt sehr hšuþg und z.t. auch in grš eren Mengen vor. Er tritt in fÿr dieses Mineral untypischen bÿscheligen, aus nadeligen Individuen bestehenden Aggregaten von zumeist hell bršunlicher FŠrbung auf. Abb. 6 Anschliff einer Pseudomorphose von Monazit-(Ce) nach einem (pseudo)hexagonalen Mineral von dicktafeligem bis kurzsšuligem Habitus, von O ling/lausitz. Die Schnittebene liegt senkrecht zur Hauptachse des (pseudo)hexagonalen Prismas. RŸckstreuelektronenbild (BSE). 81

Ein weiteres Seltenerdmineral in untypischer Ausbildung ist Monazit-(Ce), welcher (pseudo)hexagonale Individuen von dicktafeligem bis kurzsšuligem Habitus formt. NASDALA et al. (1997) vermuteten wegen der untypischen ãkristallformó sowie der Ausbildung kavernšser HohlrŠume in Prismenߊchen, da es sich bei diesen Individuen nicht um Kristalle, sondern um Pseudomorphosen handelt. Dies wird durch jÿngste Untersuchungen an orientierten Anschliffen belegt (Abb. 6). Monazit-(Ce), im RŸckstreuelektronenbild als die kontrastreichere Phase erkennbar, weist nicht die Internstruktur eines PrimŠrminerals auf, sondern ist Ð wie fÿr pseudomorphe Bildungen charakteristisch Ð generell poršs ausgebildet. Das vermutliche PrimŠrmineral (dunkelgraue, sehr homogen erscheinende Bereiche in Abb. 6) konnte durch energiedispersive SEM-Ršntgenanalysen allerdings nicht zweifelsfrei identiþziert werden; es handelt sich um ein Silikat, in dem Gehalte an Al, Ca, Fe, sowie Seltenerdelemente detektiert wurden. Das Ramanspektrum des Monazit-(Ce) zeigt nicht die fÿr einen Einkristall zu erwartende AbhŠngigkeit der Schwingungsmoden von Polarisation und Streugeometrie. Dies fÿhrt zur Schlu folgerung, da die untersuchten (pseudo)hexagonalen Monazit-(Ce)-Individuen keine Einzelkristalle, sondern Aggregate sind, welche aus zahlreichen, sehr kleinen Kristallen ohne einheitliche geometrische Orientierung bestehen. Abb. 7 Garbenfšrmige Sideritaggregate auf Baryt, von O ling/lausitz. Foto B. Ullrich. Schlie lich ist noch das durchaus hšuþge Auftreten hydrothermaler K- und Na-FeldspŠte in Paragenese mit Quarz, Chamosit und Pyrit erwšhnenswert. Mikroklin bildet zumeist dÿnntafelige bis leistenartige Kristalle, seltener auch an ãadularó erinnernde, keilfšrmige bis rhombisch erscheinende Individuen. Albit tritt in tafeligen, oft klar durchsichtigen Kristallen auf, welche den ebenfalls klaren, tafeligen, in derselben Paragenese vorkommenden Fluorapatiten Šu erst Šhneln. Unter dem Binokular ist die Mineralansprache anhand der bei Albit fast immer zu beobachtenden einspringenden Kanten (Verzwillingung nach dem Albit-Gesetz; siehe Abb. 9) mšglich. 82

Abb. 8 Anglesitkristalle von gedrungenem Habitus auf einem angewitterten Sphaleritkristall, von Kamenz/Lausitz. Foto B. Ullrich. Abb. 9 Dicktafelige Albitkristalle neben Mikroklin und Chamosit, von Dubring/Lausitz. An den einspringenden Kanten Ð insbesondere bei dem gro en Individuum in der Bildmitte Ð ist sehr schšn die Verzwillingung nach dem Albitgesetz erkennbar. Foto B. Ullrich. 83

Die Untersuchung der in der NordsŠchsischen Grauwacke auftretenden Hydrothermalmineralisationen ist hauptsšchlich fÿr Mineralsammler von Interesse. Die Kenntnis dieser Mineralisationen tršgt zudem auch zum VerstŠndnis der variszischen Entwicklung der Oberlausitz bei. Wirtschaftliche Gesichtspunkte spielen dagegen kaum eine Rolle: Abgesehen von einer vermuteten geringfÿgigen Verringerung der VerwitterungsstabilitŠt bei gehšuftem Auftreten bestimmter SiO 2 - VarietŠten (massive, Tridymit bzw. ãopal-tó fÿhrende GŠnge) haben die Mineralisationen keinen Einßu auf die Verwendungseigenschaften der Grauwacke, die vor allem zur Gleisschotterung, fÿr den Stra enbau, sowie als Zuschlagstoff fÿr Bitumina und Betone gewonnen wird. Literatur BANKWITZ, P. & BANKWITZ, E. (1988): IntensitŠt der Deformation in der Saxothuringischen Zone, einschlie lich der Lausitz. Ð Z. geol. Wiss., 16, 5, 373-392. BERG, G. (1935): Die Oberlausitzer Grauwackenformation. Ð Z. Deutsch. Geol. Ges., 87, 695-701. BRAUSE, H., SCHUBERT, G. & HORTENBACH, R. (1981): Beitrag zur prškambrischen und pleistozšnen Tektonik im Gebiet von Kamenz. Ð Veršff. d. Museums d. Westlausitz (Kamenz), 5, 9-27. HERRMANN, O. (1886): Gletscherschliffe auf der nordsšchsischen Grauwacke rechts der Elbe, bei LŸttichen zwischen Grossenhain und Kamenz. Neues. Jahrb. Mineral., 1886/II, 200-204. HIRSCHMANN, G. (1966): Assyntische und varistische Baueinheiten im Grundgebirge der Oberlausitz (unter besonderer BerŸcksichtigung der Geologie des šstlichen Gšrlitzer Schiefergebirges). Ð Freib. Forschungsh., C 212, 146 S. KLEMM, G. (1891): Chiastolithschiefer und Hornblende-Porphyrit im Oberlausitzer Flachland. Ð Z. Deutsch. Geol. Ges., 43, 526-530. LANDGRAF, K. (1958): Petrographische Untersuchungen der Grauwacken von Kamenz. Ð Diplomarbeit, Min. Petr. Inst., Martin-Luther-Univ. Halle/Wittenberg. LORENZ, W. (1962): Zur Petrographie und systematischen Stellung pelitischer Gesteine aus der Nordlausitzer Grauwackenformation. Ð Geologie (Berlin), 11, 2, 197-207. NASDALA, L. (1993): Mineralvorkommen in den Grauwacken der nšrdlichen Oberlausitz. Ð Emser Hefte, 14, 2-56. NASDALA, L. & ULLRICH, B. (1988): Kontaktmetamorphe VerŠnderungen in der NordsŠchsischen Grauwacke und damit verbundene Mineralbildungen. Ð Veršff. d. Museums d. Westlausitz (Kamenz), 12, 32-43. NASDALA, L. & PFEIFFER, L. (1991): Zu den ãkaulenó aus der Grauwacke des Vogelberges bei Kamenz/Sachsen. Ð Veršff. d. Museums d. Westlausitz (Kamenz), 15, 3-14. NASDALA, L., MASSANEK, A., ULLRICH, B. & WITZKE, T. (1997): Mineralvorkommen in der NordsŠchsischen Grauwacke bei O ling/lausitz. Ð Der Aufschluss, 48, 281-296. SCH BEL, H. (1985): Schichtߊchenmarken und synsedimentšre DeformationsgefŸge in der rhiphšischen Grauwacke der Kamenzer Serie. Ð Veršff. d. Museums d. Westlausitz (Kamenz), 9, 13-41. SCHWAB, G. (1962): Klufttektonische Untersuchungen der Nordlausitzer Grauwackenformation unter BerŸcksichtigung der GesteinsklŸftung des Lausitzer Zweiglimmergranits. Ð Abh. deutsch. Akad. Wiss., Abh. z. Geotekt., 21, 80 S. WEBER, B., KEMNITZ, H. & PAECH, K. (1990): Zur Kenntnis der Mikrofossilien und Problematika aus der Lausitzer Grauwacke (Kamenzer Gruppe). Ð Veršff. d. Museums d. Westlausitz (Kamenz), 14, 9-34. 84