Sondertransit (SOT) des Flughafens Wien Schwechat

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MENSCHENRECHTSBEIRAT der Volksanwaltschaft 1015 Wien, Singerstraße 17 Vorsitz: Univ. Ass. DDr. Renate KICKER Tel: 01/51505-233 StV: Univ. Prof. Dr. Andreas HAUER sop@volksanwaltschaft.gv.at www.volksanwaltschaft.gv.at Stellungnahme des Menschenrechtsbeirates zu Sondertransit (SOT) des Flughafens Wien Schwechat I. Rechtliches und Organisatorisches zum Sondertransit des Flughafens Wien-Schwechat 1. Allgemeines Pro domo: Dieser Empfehlungsentwurf basiert hinsichtlich von Pkt. I auf der Stellungnahme des BMI vom 25. November 2015 an die AG Sondertransit und hinsichtlich von Pkt. II. auf der Stellungnahme des VA-MRB zu NPM-Mandat für Abschiebungen und Zurückweisungen am Luftweg vom 16. Dezember 2014 und den Beratungen in der AG Sondertransit Der sogenannte Sondertransit (im Folgenden: SOT) im Objekt 800 ist ein Teil des Flughafens Wien-Schwechat und steht im Eigentum der Flughafenbetreibergesellschaft. Der SOT ist baulich vom Flughafengebäude getrennt (vgl. zur Lage der Objekte die Anlagen N und O der Kundmachung betreffend die Gesamtheit der offenen Transiträume, BGBl. II Nr. 32/2014). Die Räumlichkeiten des SOT dienen unterschiedlichen Zwecken, nämlich als Zurückweisungszone (ZWZ) und als Erstaufnahmestelle Flughafen (SOT im engeren Sinne; 1 Abs. 4 der Verordnung zur Durchführung des BFA-Einführungsgesetzes, BGBl. II Nr. 453/2013). Die gesamten Räumlichkeiten des SOT wurden mit Bescheid der LPD NÖ vom 18. Dezember 2013 zu Transiträumen isd. des 13 Abs. 2 des Grenzkontrollgesetzes (GrekoG) erklärt. Transiträume dienen dem Aufenthalt von Transitreisenden, das sind Personen, die während einer Zwischenlandung auf einem österreichischen Flugplatz dessen Transitraum oder das Luftfahrzeug nicht verlassen ( 13 Abs. 1 GrekoG). 2. Zur Zurückweisungszone (ZWZ): 41 FPG dient der Umsetzung des Artikels 13 Abs. 4 des Schengener Grenzkodex und ermächtigt die Sicherheitsbehörden, einen Fremden, der unrechtmäßig in das Bundesgebiet einzureisen versucht, an der Einreise zu hindern (Zurückweisung). Kann der Fremde, der zurückzuweisen ist, den Grenzkontrollbereich aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht sofort verlassen, so kann ihm, unbenommen seines Rechtes, das Bundesgebiet jederzeit zu verlassen, zur Sicherung der Zurückweisung aufgetragen werden, sich für die Zeit dieses Aufenthaltes an einem bestimmten Ort innerhalb dieses Bereiches aufzuhalten ( 42 Abs. 1 FPG). Der Aufenthalt in der ZWZ ist nur kurzfristig (in der Regel für die Dauer von 24 bis 48 Stunden, in Ausnahmesituationen etwa bei selten angeflogenen

Flugdestinationen einige Tage). Für den Aufenthalt in der ZWZ gilt gemäß 43 Abs. 3 FPG der 53c Abs. 1 bis 5 VStG über die Durchführung des (Verwaltungs-)Strafvollzuges. 1 Zuständig ist die LPD Niederösterreich als Fremdenpolizei- und Grenzkontrollbehörde. 3. Zum Sondertransit (SOT) im engeren Sinne: Ein Fremder, der nach Anreise oder während der Abschiebung über einen Flughafen, in dem eine Erstaufnahmestelle (EAST) am Flughafen eingerichtet ist, einen Antrag auf internationalen Schutz stellt, ist dieser EAST vorzuführen ( 31 Abs. 1 und 3 AsylG). Ein solcher Fremder kann, soweit und solange die Einreise nicht gestattet wird, dazu verhalten werden, sich zur Sicherung einer Zurückweisung an einem bestimmten Ort im Grenzkontrollbereich oder im Bereich der EAST aufzuhalten (Sicherung der Zurückweisung); er darf jederzeit ausreisen. Der Aufenthalt im SOT ist zu beenden, wenn das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitteilt, dass dem Asylwerber die Einreise zu gestatten ist. Die Sicherung der Zurückweisung darf nur so lange dies unbedingt nötig ist, jedenfalls nicht länger als sechs Wochen aufrechterhalten werden ( 32 Abs. 5 AsylG). Zuständig ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion NÖ. Der SOT im engeren Sinne ist überdies eine Betreuungseinrichtung isd Grundversorgungsgesetzes-Bund 2005 (GVG-B 2005) (vgl. 1 Z 5 GVG-B 2005 und 1 Abs. 1 Z 5 Betreuungseinrichtungs-Betretungsverordnung 2005 BEBV 2005). 4. Faktisches: 1 53c VStG lautet: Durchführung des Strafvollzuges 53c. (1) Häftlinge dürfen ihre eigene Kleidung tragen und sich, ohne dazu verpflichtet zu sein, angemessen beschäftigen. Sie dürfen sich selbst verköstigen, wenn dies nach den verfügbaren Einrichtungen weder die Aufsicht und Ordnung beeinträchtigt noch unverhältnismäßigen Verwaltungsmehraufwand verursacht. Sie sind tunlichst von Häftlingen, die nach anderen Bestimmungen als nach diesem Bundesgesetz angehalten werden, männliche Häftlinge jedenfalls von weiblichen Häftlingen getrennt zu halten. (2) Häftlinge sind in einfach und zweckmäßig eingerichteten Räumen mit ausreichendem Luftraum und genügend Tageslicht unterzubringen. Die Hafträume sind gut zu lüften und in der kalten Jahreszeit entsprechend zu heizen. Bei Dunkelheit sind sie außerhalb der Zeit der Nachtruhe so zu beleuchten, daß die Häftlinge ohne Gefährdung des Augenlichtes lesen und arbeiten können. Es ist dafür zu sorgen, daß die Häftlinge Vorfälle, die das unverzügliche Einschreiten eines Aufsichtsorgans erforderlich machen könnten, diesem jederzeit zur Kenntnis bringen können. (3) Ihr Briefverkehr darf nicht beschränkt, sondern nur durch Stichproben überwacht werden. Schriftstücke, die offenbar der Vorbereitung oder Weiterführung strafbarer Handlungen oder deren Verschleierung dienen, sind zurückzuhalten. Geld- oder Paketsendungen sind frei. Pakete sind in Gegenwart des Häftlings zu öffnen. Sachen, die die Sicherheit und Ordnung gefährden können, sind ihm jedoch erst bei der Entlassung auszufolgen, sofern sie nicht wegen ihrer Beschaffenheit vernichtet werden müssen. (4) Häftlinge dürfen innerhalb der Amtsstunden Besuche empfangen, soweit dies unter Berücksichtigung der erforderlichen Überwachung ohne Gefährdung der Sicherheit und Ordnung sowie ohne Beeinträchtigung des Dienstbetriebes möglich ist. (5) Der Brief- und Besuchsverkehr von Häftlingen mit inländischen Behörden und Rechtsbeiständen sowie mit Organen, die durch für Österreich verbindliche internationale Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte eingerichtet sind, darf weder beschränkt noch inhaltlich überwacht werden. Das gleiche gilt für den Verkehr ausländischer Häftlinge mit diplomatischen und konsularischen Vertretern ihres Heimatstaates. (6)

Im SOT wird den betroffenen Personen eine Schlaf- und Waschgelegenheit, Unterhaltung im Rahmen des Möglichen sowie Verpflegung zur Verfügung gestellt. Die medizinische Versorgung ist durch die Konsultationstätigkeit des Amtsarztes der LPD Schwechat und in Notfällen durch den Notarztdienst des Flughafens gewährleistet. Weiters wird eine psychosoziale Betreuung der Schutzsuchenden durch die CARITAS angeboten. Ein Verlassen des SOT in die allgemeine Transitzone des Flughafens ist auf Wunsch der sich im SOT aufhaltenden Personen jederzeit möglich, um die Ausreise zu organisieren bzw. auszureisen, also auch zum Abflugterminal oder zum Check-In. Dies erfolgt auf Grund der baulichen Trennung vom Flughafengebäude und Sicherheitsbestimmungen des Flughafens im Wege einer Überführung in behördlicher Begleitung. II. Rechtliche Beurteilung 1. Der Begriff Ort einer Freiheitsentziehung in Art. 148a Abs. 3 Z 1 B-VG ist im Sinne des Art. 4 OPCAT zu verstehen (RV 1515 BlgNR 24. GP 7; vgl. 11 Abs. 1 Z 1 VolksanwG). Das B-VG knüpft also an einen völkerrechtlichen Begriff an, vergleichbar dem Begriff der Staatsverträge in Art. 50 B-VG. Für die Auslegung des Begriffes Ort einer Freiheitsentziehung sind daher auch die Regeln über die Auslegung völkerrechtlicher Verträge (Art. 31 WVK) maßgeblich. Maßgeblich sind daher auch Ziel und Zweck des völkerrechtlichen Vertrages. Ziel des OPCAT ist es, durch die Einrichtung von präventiven Besuchsmechanismen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zu verhindern (Art. 1 OPCAT), wobei sich diese Besuchsmechanismen auf Orte beziehen sollen, an denen Personen durch den Staat oder mit staatlicher Billigung festgehalten werden (können). Da Zweck des OPCAT eine effektive Folterprävention ist, wird der Begriff Ort der Freiheitsentziehung weit verstanden und kommt es auf die Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit einer Freiheitsentziehung bzw. Freiheitsbeschränkung nicht an. 2. Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung und Strafe (CPT) geht davon aus, dass der Besuch von Flughafentransiträumen von seinem Mandat umfasst ist (CPT-Standards, S. 61, Rz 25). Die Rechtsauffassung und Praxis des CPT ist auch deshalb von Bedeutung, weil der Begriff Orte der Freiheitsentziehung in Art. 4 OPCAT sich an Art. 2 des Europäischen Übereinkommens zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung anlehnt. 2 3. Es besteht eine umfangreiche Judikatur zur Frage, ob der Aufenthalt in Flughafentransiträumen eine Freiheitsentziehung isd. Art. 5 EMRK bzw. des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrBVG) darstellt. 3 Diese Judikatur ist sehr einzelfallbezogen. Der EGMR 4 und ihm folgend der VfGH 5 stellen für die Frage, ob eine 2 Vgl. Nowak/McArthur, The United National Convention Against Torture. A Commentary (2008) p 926: places of detention comprise transit zones at international airports. 3 Vgl. Kopetzki, Art 1 PersFrG, in Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht. Kommentar, Rz 24, und Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005. Kommentar (2006) 475 ff, jeweils mwn. 4 EGMR 25.6.1996, Amuur gg Frankreich, Appl. 19776/92 = EuGRZ 1996, 577. 5 VfSlg. 15.465/1999 (zum allgemeinen Transitraum), 16.081/2001 und 16.354/2001 (jeweils zum Sondertransit). 3

unter Art. 5 EMRK bzw. das PersFrBVG fallende Freiheitsentziehung oder eine von diesen Gewährleistungen nicht erfasste bloße Freiheitsbeschränkung vorliegt, auf die konkrete Situation und die Kriterien der Art, der Dauer, der Auswirkungen und der Modalitäten einer solchen Maßnahme ab. Der EGMR hat dabei auch ausgesprochen, dass die Ausreisemöglichkeit eine Freiheitsentziehung nicht ausschließt. 6 Diese Rechtsprechung, die im Zusammenhang mit Art. 5 EMRK und dem PersFrBVG zwischen Freiheitsentziehung und bloßen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit unterscheidet, die außerhalb des Schutzbereiches dieser Gewährleistungen liegen, ist nicht auf den Begriff des Ortes einer Freiheitsentziehung isd. Art. 4 OPCAT bzw. des Art. 148a Abs. 3 Z 1 B-VG übertragbar. Hier wie dort geht es um Unterschiedliches: Der Schutz der persönlichen Freiheit gewährleistet, dass Beschränkungen der körperlichen Bewegungsfreiheit, die eine bestimmte Intensität erreichen, nur in den in der EMRK bzw. im PersFrBVG taxativ genannten Fällen erfolgen dürfen und sichert solche Eingriffe durch eine Reihe von verfahrensrechtlichen Rechtsschutzgewährleistungen ab. Hingegen steht das OPCAT im Dienst einer effektiven Folterprävention durch präventive Besuchsmechanismen an jenen Orten, in denen Personen durch den Staat oder mit staatlicher Billigung festgehalten werden oder festgehalten werden können, weil bei solchen Orten von einem besonderen Schutzbedürfnis auszugehen ist. Es ist für die Zulässigkeit des präventiven Besuchsmechanismus also nicht einmal erforderlich, dass eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit an einem solchen Ort bereits erfolgt ist. 4. Vor diesem Hintergrund ist zwar zu berücksichtigen, dass zur Sicherung der Zurückweisung über Fremde keine Schubhaft verhängt werden kann (vgl. 76 FPG). Auch haben die sich im SOT aufhaltenden Personen das Recht auf jederzeitige Ausreise, was auch in der Praxis gewährleistet ist (was allerdings auch nach der zuvor dargestellten Judikatur des EGMR eine Freiheitsentziehung nicht von vornherein ausschließt). So hat auch der EGMR im Jahr 2005 ausgesprochen, dass der Aufenthalt im allgemeinen Transitraum (nicht im SOT) des Flughafens Wien-Schwechat im Hinblick auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls keine Freiheitsentziehung isd. Art. 5 EMRK dargestellt hat. 7 Mit dem behördlichen Auftrag, sich zur Sicherung der Zurückweisung innerhalb des Grenzkontrollbereiches an einem bestimmten Ort aufzuhalten, ist allerdings eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit verbunden, 8 die auf einer behördlichen Anordnung beruht. Dieser Umstand bewirkt, dass ein solcher Aufenthalt im SOT unter dem präventiven Blickwinkel einer effektiven Folterprävention in den Anwendungsbereich des Besuchsmechanismus des OPCAT fällt. 5. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Begriff Ort einer Freiheitsentziehung in Art. 4 OPCAT bei einem völkerrechtlich gebotenen weiten Begriffsverständnis, im Hinblick auf die Effektivität des präventiven Besuchsmechanismus und unter Beachtung der Rechtsauffassung und Praxis des CPT die Räumlichkeiten des SOT erfasst, und zwar unabhängig davon, ob diese Räumlichkeiten ihrer Zweckwidmung nach als Zurückweisungszone oder als SOT im engeren Sinn verwendet werden. Diese Auffassung steht auch im Einklang mit der Empfehlung Nr. 273 des Menschenrechtsbeirates gemäß 15a SPG zur Zurückweisungszone im SOT. 6 EGMR Amuur gg Frankreich, Rz 48. 7 EGMR 8.12.2005, Mahdid und Haddar gg Österreich, Appl. 74762/01 = ÖJZ 2006, 613. 8 Schmalzl, in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, 42 FPG 2005 Anm 4 und 5.

III. Beantwortung der Fragen der Volksanwaltschaft 1. ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen der SOT des Flughafens Wien Schwechat als Ort der Freiheitsentziehung nach Art. 4 OPCAT zu qualifizieren ist und Der Begriff Ort der Freiheitsentziehung nach Art. 4 OPCAT ist im Einklang mit der internationalen Auslegungspraxis des OPCAT weit auszulegen und erstreckt sich daher auch auf den SOT des Flughafens Wien Schwechat, selbst wenn der Aufenthalt eines Fremden im SOT des Flughafens Wien Schwechat im konkreten Einzelfall nach der Judikatur des EGMR nicht als Festnahme oder Haft isd. Art. 5 EMRK bzw. des PersFrBVG zu qualifizieren wäre. 2. ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen alle Bestimmungen, Erlässe und Vereinbarungen zwischen VA und BM.I die Schubhaft betreffend auch auf den SOT Wien Schwechat anzuwenden sind Ob die für die Schubhaft oder andere Formen der Festnahme oder Haft isd. Art. 5 EMRK bzw. des PersFrBVG geltenden Regelungen (Gesetze, Verordnungen, Erlässe, Verwaltungsvereinbarungen) auch auf Orte der Freiheitsentziehung isd. Art. 4 OPCAT, in denen keine Festnahme oder Haft isd. Art. 5 EMRK bzw. des PersFrBVG erfolgt, anwendbar sind, ist eine Frage der Auslegung dieser konkreten Regelungen im Einzelnen. Der Menschenrechtsbeirat und die Kommissionen der Volksanwaltschaft werden weiter prüfen müssen, welche Regelungen für den SOT des Flughafens Wien Schwechat Anwendung finden sollen, damit der dort bestehende Schutzstandard erhalten und nach Möglichkeit erhöht werden kann. Da es sich beim SOT des Flughafens Wien Schwechat jedoch um einen Ort der Freiheitsentziehung nach Art. 4 OPCAT bzw. 11 Abs. 1 Z 1 Volksanwaltschaftsgesetz handelt, sind den Kommissionen der Volksanwaltschaft die im Anlassfall erwähnten medizinischen Auskünfte gemäß 11 Abs. 5 VolksanwG zu erteilen. Bei diesem Ergebnis muss auf die Frage 3. nicht eingegangen werden. In der 22. Sitzung des MRB am 1. Dezember 2015 angenommen. 5