Conseil UE RAT R EUROPÄISCHEN UNION Brüssel, den 29. November 2005 (30.) (OR. en) PUBLIC Interinstitutionelles Dossier: 2004/025 (COD) 5043/05 LIMITE JUSTCIV 27 COC 03 VERMERK des AStV (2. Teil) für den Rat Nr. Vordokument: 4639/05 JUSTCIV 209 COC 038 Nr. Kommissionsvorschlag: 3852/04 JUSTCIV 59 COC 6 Betr.: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen Die Delegationen erhalten beigefügt den Wortlaut des Richtlinienvorschlags in der geänderten Fassung, in der die Bemerkungen der Delegationen berücksichtigt sind. 5043/05 bb/o.r./mg
2004/025 (COD) Vorschlag für eine RICHTLINIE S EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND S RATES über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen Artikel Ziel und Anwendungsbereich () Ziel dieser Richtlinie ist ein leichterer Zugang zur Streitbeilegung und die Förderung einer gütlichen Regelung von Streitigkeiten durch die verstärkte Anwendung der Mediation und die Sicherstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Mediation und Gerichtsverfahren. (2) Diese Richtlinie gilt für Zivil- und Handelssachen mit Ausnahme der Fälle, in denen eine Mediation aufgrund des anwendbaren Rechts ausgeschlossen ist. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten 2 oder die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte ("acta jure imperii"). (3) In dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck "Mitgliedstaat" alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks. 2 Zahlreiche Delegationen sprachen sich dafür aus, die Richtlinie auf grenzüberschreitende Streitfälle zu beschränken (vgl. auch Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates, Dok. 543/04 JUR 476 JUSTCIV 83 COC 300). In einem Erwägungsgrund wird darauf hingewiesen, dass die Richtlinie das Familienrecht und nur die Rechte erfasst, über die die Parteien gemäß dem Recht des Mitgliedstaats, in dem die Mediation erfolgt, verfügen können. 5043/05 bb/o.r./mg 2
Artikel 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck: a) "Mediation" ein strukturiertes Verfahren unabhängig von seiner Bezeichnung, in dem zwei oder mehrere Streitparteien mit Hilfe eines Mediators selbst versuchen, eine Vereinbarung über die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu erzielen. ( ) Dieses Verfahren kann von den Parteien eingeleitet oder von einem Gericht vorgeschlagen oder angeordnet werden, oder nach dem Recht eines Mitgliedstaats vorgeschrieben sein. Es schließt die Mediation durch einen Richter ein, der nicht für ein Gerichtsverfahren in der Streitsache zuständig ist. Bemühungen des mit der Streitbelegung befassten Gerichts oder Richters während des Gerichtsverfahrens über die Streitsache sind jedoch nicht eingeschlossen. b) "Mediator" eine dritte Person 2, die gebeten wird, eine Mediation auf effiziente, unparteiische und sachkundige Weise durchzuführen, unabhängig von ihrer Bezeichnung oder ihrem Beruf in dem betreffenden Mitgliedstaat und der Art und Weise, in der sie benannt oder um Durchführung der Mediation ersucht wurde. 2 In einem Erwägungsgrund wird darauf hingewiesen, dass sich der Ausschluss von Bemühungen, die das befasste Gericht oder der befasste Richter während des Gerichtsverfahrens unternehmen, von der Richtlinie auch auf Fälle erstreckt, in denen der Richter die Hilfe oder Beratung einer sachkundigen Person in Anspruch nimmt. Hinweis für die Übersetzung: Das Wort "tiers" ist im Englischen mit "third person" und im Deutschen mit "dritte Person" zu übersetzen. 5043/05 bb/o.r./mg 3
Artikel 2a Qualität der Mediation () ( ) Die Mitgliedstaaten fördern mit allen ihnen geeignet erscheinenden Mitteln die Entwicklung von freiwilligen Verhaltenskodizes und deren Einhaltung durch die Mediatoren und Organisationen, die Mediationsdienste erbringen, ( ) sowie andere wirksame Verfahren zur Qualitätskontrolle für die Erbringung von Mediationsdiensten. (2) Die Mitgliedstaaten fördern die erstmalige und weitere Ausbildung von Mediatoren, um sicherzustellen, dass eine Mediation gegenüber den Parteien auf wirksame, unparteiische und sachkundige Weise durchgeführt wird. (3) ( ) ( ) Artikel 3 Inanspruchnahme der Mediation () Ein Gericht, das mit einer Klage befasst wird, kann gegebenenfalls und unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles die Parteien auffordern, die Mediation zur Streitbeilegung in Anspruch zu nehmen. Das Gericht kann die Parteien auch auffordern, eine Informationsveranstaltung über die Anwendung der Mediation zu besuchen, wenn solche Veranstaltungen angeboten werden und leicht zugänglich sind. (2) Diese Richtlinie lässt einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, nach denen die Inanspruchnahme der Mediation vor oder nach Einleitung eines Gerichtsverfahrens verpflichtend oder mit Anreizen oder Sanktionen verbunden ist, unberührt, sofern diese Rechtsvorschriften die Parteien nicht daran hindern, ihr Recht auf Zugang zum Gerichtssystem wahrzunehmen. (...) 2 2 In einem Erwägungsgrund wird darauf hingewiesen, dass von den Mitgliedstaaten nicht verlangt wird, die Umsetzung dieser Vorschrift zu finanzieren. In einem Erwägungsgrund wird die Bedeutung des Grundsatzes des Zugangs zur Justiz hervorgehoben. 5043/05 bb/o.r./mg 4
Artikel 4 Qualität der Mediation (Siehe Artikel 2a) Artikel 5 Vollstreckbarkeit einer Vereinbarung über den Streitfall () Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Parteien - oder eine Partei mit Zustimmung der anderen - beantragen können, dass der Inhalt einer im Mediationsverfahren erzielten Einigung über den Streitfall vollstreckbar gemacht wird, sofern die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Antrag gestellt wird, die Vollstreckbarkeit des Inhalts der Vereinbarung zulassen und ihr nicht entgegenstehen. (a) Der Inhalt der Vereinbarung kann nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem der Antrag gestellt wurde, durch ein Urteil, eine Entscheidung oder eine öffentliche Urkunde ( ) durch ein Gericht oder eine andere zuständige Stelle vollstreckbar gemacht werden. In einem Erwägungsgrund wird deutlich gemacht, dass der Inhalt einer Vereinbarung über den Streitfall, der in einem Mitgliedstaat vollstreckbar gemacht wurde, gemäß dem geltenden Gemeinschafts- oder nationalen Recht - beispielsweise auf der Grundlage der Verordnungen Brüssel I oder IIa - auch in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt wird und für vollstreckbar erklärt werden kann. In diesem Zusammenhang würden die in den betreffenden Verordnungen - so z.b. in Artikel 23 der Verordnung Brüssel IIa - vorgesehenen Gründe für die Nichtanerkennung Anwendung finden. In einem weiteren Erwägungsgrund wird folgende Präzisierung vorgenommen: Ist der Inhalt einer Vereinbarung über einen familienrechtlichen Streitfall in dem Mitgliedstaat, in dem die Vereinbarung geschlossen und ihre Vollstreckbarkeit beantragt wurde, nicht vollstreckbar, so gestattet es diese Richtlinie den Parteien nicht, das Recht dieses Mitgliedstaats zu umgehen, indem sie die Vereinbarung über den Streitfall in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckbar machen lassen, zumal Artikel 46 der Verordnung Brüssel IIa ausdrücklich vorschreibt, dass die Vereinbarung in dem Mitgliedstaat vollstreckbar sein muss, in dem sie geschlossen wurde. 5043/05 bb/o.r./mg 5
(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welche Gerichte oder sonstigen Stellen befugt sind, einen Antrag nach den Absätzen und a entgegenzunehmen. (3) Die Vorschriften für die Anerkennung und Vollstreckung einer im Mediationsverfahren erzielten und nach Absatz vollstreckbaren Vereinbarung in einem anderen Mitgliedstaat, werden durch diesen Artikel nicht berührt. Artikel 6 Vertraulichkeit der Mediation () Da die Mediation - sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren - in einer Weise erfolgen soll, die die Vertraulichkeit des Verfahrens wahrt, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass weder Mediatoren noch in die Abwicklung des Mediationsverfahrens eingebundene Personen gezwungen sind, in Gerichtsverfahren in Zivil- und Handelssachen oder in Schiedsverfahren Aussagen zu Informationen zu machen, die sich aus einer Mediation ergeben oder mit ihr in Zusammenhang stehen, es sei denn, a) dies ist aus zwingenden Gründen der öffentlichen Ordnung (ordre public) geboten, um insbesondere den Schutz von Kindern zu gewährleisten oder eine Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person abzuwenden, oder b) ihre Preisgabe ist für die Durchführung oder Vollstreckung der im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung erforderlich. (2) Absatz steht strengeren Maßnahmen der Mitgliedstaaten zum Schutz der Vertraulichkeit bei der Mediation nicht entgegen. Es wird ein Erwägungsgrund eingefügt, in dem die Bedeutung der Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens hervorgehoben wird. 5043/05 bb/o.r./mg 6
Artikel 7 Auswirkung der Mediation auf Verjährungsfristen () Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es für Parteien, die einen Streitfall im Wege der Mediation lösen wollen, nicht unmöglich ist, anschließend ein Gerichtsverfahren einzuleiten, weil Verjährungsfristen während des Mediationsverfahrens abgelaufen sind. (2) Bestimmungen über Verjährungsfristen in internationalen Überkommen, denen sich die Mitgliedstaaten angeschlossen haben und die mit diesem Artikel nicht vereinbar sind, bleiben von Absatz unberührt. Artikel 8 Durchführungsvorschriften Die Kommission veröffentlicht Angaben über die zuständigen Gerichte und Behörden, die ihr die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 5 Absatz 2 mitteilen. Artikel 9 Umsetzung () Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie spätestens am [ ] nachzukommen; hiervon ausgenommen ist Artikel 8, dem spätestens bis zum [ ] nachzukommen ist. Sie setzen die Kommission unverzüglich hiervon in Kenntnis. In einem Erwägungsgrund wird erklärt, dass es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, die Umsetzung von Artikel 7 zu regeln, beispielsweise durch Aussetzung oder Unterbrechung der Verjährungsfrist oder dadurch, dass den Parteien genügend Zeit eingeräumt wird, auch nach dem Zeitpunkt, zu dem nach nationalem Recht eine Verjährungsfrist abgelaufen wäre, ein sich an ein Mediationsverfahren anschließendes Gerichtsverfahren einzuleiten. 5043/05 bb/o.r./mg 7
(2) Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme. Artikel 0 Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Artikel Adressaten Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am Im Namen des Europäischen Parlaments Der Präsident Im Namen des Rates Der Präsident 5043/05 bb/o.r./mg 8