Doppelhaushalt des Landes Brandenburg 2017/2018: Perspektiven für die Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg

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Transkript:

Positionen der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege Spitzenverbände im Land Brandenburg zum Doppelhaushalt des Landes Brandenburg 2017/2018: Perspektiven für die Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg schaffen Es ist dringend geboten, deutliche Signale und damit Perspektiven für die Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg für die kommenden beiden Haushaltsjahre zu setzen. Dies zeigten jüngst sowohl die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen aus dem Projekt KitaZoom Ressourcen wirksam einsetzen, welche am 14. April 2016 nach über dreijähriger Projektphase in Brandenburg in der Staatskanzlei vor Vertretern aus Landes- und Kommunalpolitik, Verwaltung und Trägervertretern vorgestellt wurden. Der am 29. Juni 2016 veröffentlichte Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme 2016 bekräftigt zum wiederholten Male diese seit langen und weiterhin dringenden Handlungsbedarfe für Brandenburg auch im Bundesvergleich. Wir haben in den vergangenen Monaten und Jahren auf vielfältige Weise Position zu notwendigen Veränderungen in der Kindertagesbetreuung sowie der notwendigen Novellierung des Kita-Rechtes bezogen, u.a. mit den Stellungnahmen zur Novellierung des Kita-Gesetzes 2015. Auch zeigte die Dokumentation der durch die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege Spitzenverbände im Land Brandenburg durchgeführten Regionalkonferenzen 2015 in Form des Aufgabenheftes Perspektiven für die Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg sehr eindrucksvoll, welche Handlungsbedarfe zu der schrittweisen und im Koalitionsvertrag verankerten Verbesserung der Personalschlüssel bestehen. Wir fordern Sie hiermit auf, diesen Bedarfen zu entsprechen und notwendige Ressourcen im Doppelhaushalt des Landes Brandenburg bereitzustellen. Denn der Kern lässt sich wohl mit den Worten des Friedensnobelpreisträgers Nelson Mandela auf den Punkt bringen: Die Seele einer Gesellschaft zeigt sich am deutlichsten daran, wie sie ihre Kinder behandelt. Verwendung der Betreuungsgeld-Mittel für die Kindertagesbetreuung Die durch den Wegfall des Betreuungsgeldes bis 2018 freiwerdenden Mittel, welche den Ländern ab 2016 zusätzlich zur Verfügung stehen, sind zwingend additiv zu den hinter der Koalitionsvereinbarung geplanten Mittel für Verbesserungen in der Kindertagesbetreuung einzusetzen. Es handelt sich um rund 58 Millionen Euro, die vom

Land Brandenburg und seinen Kommunen für Maßnahmen zur Verbesserung der Kinderbetreuung genutzt werden können und aus Sicht der LIGA Brandenburg auch müssen. In diesem Kontext erinnern wir auch an den Beschluss des Landtages (Drucksache 6/2507-B), in dem die Landesregierung sich dafür im Bundesrat einsetzen sollte, dass die im Bundeshaushalt für das Betreuungsgeld eingeplanten und durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 21. Juli 2015 zum Betreuungsgeld zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel nicht dem allgemeinen Bundeshaushalt zugeführt werden. Vielmehr sollte nach diesem Beschluss der Bund durch gesetzliche Regelungen sicherstellen, dass die Mittel mit der Maßgabe auf die Länder verteilt und für Verbesserungen im Bereich Kita eingesetzt werden sollen. Daher erwarten wir, dass diese Mittel auch nicht dem allgemeinen Landeshaushalt, sondern vielmehr konkret dem System Kindertagesbetreuung zugeführt werden, wie es im vergangenen Jahr breiter politischer Konsens war. Priorisierung in Haushalts- und Maßnahmeplanung für die Legislaturperiode bis 2019 Aufgrund der o.g. zahlreichen Erkenntnisgewinne, Empfehlungen und unter Berücksichtigung des in den Regionalkonferenzen durch die Praxis abgegebenen Votums spricht sich die LIGA Brandenburg für folgende Priorisierung bei den Haushaltsplanungen 2017 und 2018 sowie Maßnahmeplanungen bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode aus: 1) zusätzliche Leitungsfreistellung von mindestens 0,125 VZÄ für alle Kitas (unabhängig von der Einrichtungsgröße) 2) Einführung einer weiteren Betreuungsstufe / Bemessungsgröße von Betreuungszeiten von mehr als 8 Stunden im KitaG und damit in der Finanzierungssystematik 3) Personalschlüsselverbesserung für die 3 Jährigen bis zum Schuleintritt (entsprechend der Koalitionsvereinbarung) 4) Personalschlüsselverbesserung für die Hortkind-Betreuung 5) Stärkung der Fach- und Praxisberatung Zusätzliche Sockel für Schlüsselfunktion Kita-Leitung Die Aufgabenvielfalt und das Volumen zur Leitung von Kindertagesstätten wie auch die Schlüsselfunktion von Leitung zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität sind mittlerweile unumstritten. Sowohl das Projekt KitaZoom als auch der Ländermonitor der Bertelsmann Stiftung dokumentieren zugleich die längst nicht hinlängliche Freistellung für die Wahrnehmung der Verantwortung der Aufgabenbereiche (bertelsmannstiftung.de sowie laendermonitor.de). Die schrittweise Einführung einer Sockelfreistellung zusätzlich zu den größenabhängigen Freistellungen ist eine zwingende Seite 2 von 6

Folge aus den Handlungsempfehlungen für Brandenburg, um sicherzustellen, dass die Aufgaben wahrgenommen werden, ohne dass dies zu Lasten der Freizeit von Leitungskräften oder gar zu Lasten der ohnehin knappen Zeit- und Personalressourcen in der Arbeit mit den Kindern geht. Die Einführung einer Sockelfreistellung und einer stufenweisen Erhöhung entsprechend der VZÄ würde die bisherige Finanzierungssystematik zur Leitungsfreistellung nicht vollständig aufheben, jedoch zu einer Stärkung der Leitungsfunktion führen. Mit der schrittweisen Einführung eines zusätzlichen Sockels (beginnend mit 0,125 VZÄ in dieser Legislaturperiode) würden insbesondere in kleinen Einrichtungen eine große Entlastungswirkung erzielt und zusätzliche Ressourcen für Personal in überschaubarem Maße (ca. 240 VZÄ) bereitgestellt. Berücksichtigung der tatsächlichen Betreuungszeiten von mehr als 8 Stunden Einen nicht unerheblichen Beitrag zur weiteren Verschlechterung in der Fachkraft- Kind- Relation trägt die zunehmende Anzahl von Kindern mit einem hohen Betreuungsumfang von mehr als 8 bzw. 10 Stunden bei, ohne dass dem Mehr an Zeitbedarfen der Kinder eine Finanzierung von Zeitanteilen von pädagogischen Fachkräften gegenübersteht. Nach 10 Abs. 1 Kita-Gesetz wird pauschal nur zwischen den Betreuungszeiten bis zu sechs Stunden (Mindestbetreuungszeit) und mehr als sechs Stunden (verlängerte Betreuungszeit) täglich unterschieden. Die Berechnungen des Projektes KitaZoom zeigen, dass nur bei Betreuungszeiten bis maximal 7,5 Stunden täglich der Personalschlüssel mit den öffentlich finanzierten Personalressourcen realisiert werden kann. Werden Kinder länger als 7,5 Stunden täglich betreut, wie bei derzeit mehr als 2/3 der Kinder im Land Brandenburg, muss das vorhandene Personal über die längeren Betreuungszeiten verteilt werden. Dadurch werden das tatsächliche Betreuungsverhältnis und die Qualität der Betreuung für alle Kinder verschlechtert. Weitere Reformmaßnahmen des Landes für Personalausstattung verändern daher weder die Systematik der Finanzierungsbemessung, noch beheben sie das Problem des hohen Anteils von Betreuungsstunden, die nicht öffentlich finanziert werden. Modellrechnungen aus dem Projekt KitaZoom zeigen, dass zunächst bei einer Beibehaltung des Personalschlüssels, aber Berücksichtigung der Finanzierung jeder Betreuungsstunde rd. 34 Mio. und auch rd. 1.300 VZÄ als Erzieher_innen mehr im System der Kindertagesbetreuung gebraucht würden. Bei der Einführung einer zusätzlichen Betreuungsstufe von zunächst 9 Stunden sind rd. 500 VZÄ zusätzlich notwendig. Die Finanzierung jeder Betreuungsstunde oder die Einführung einer weiteren Betreuungsstufe wären ein erster Schritt zum Ehrlichmachen im System und erzielt aus unserer Sicht eine bedarfsgerechtere Finanzierung in den Einrichtungen. Sie stellt aus unserer Sicht eine Notwendigkeit dar, da der sog. Personalschlüssel ohnehin nur eine theoretische Bemessungsgröße darstellt, der die Fachkraft-Kind-Relation nicht annährend widerspiegelt und somit völlig falsche Erwartungen bei Eltern, Fachkräften selbst aber auch bei Politik auslöst. Seite 3 von 6

Personalschlüsselverbesserung 3 Jahre Schuleintritt Entsprechend der Koalitionsvereinbarung 2014-2019 ist die vorgesehene Verbesserung der Personalbemessung für die Betreuung der Kinder ab 3 Jahren bis Schuleintritt in einem - wie durch die LIGA Brandenburg im Jahr 2014 vorgeschlagenen - Stufenplan umzusetzen. Diese Notwendigkeit wird u.a. durch die oben genannten Studien unterstrichen. Aber auch die hohen Ausfallzeiten gehen zu Lasten des Betreuungsverhältnisses von Fachkraft und Kindern sowie der mittelbaren pädagogischen Arbeit. Die in 10 Abs. 1 KitaG verankerten sogenannten Personalschlüssel sind eine rechnerische Größe zur Personalbemessung. Im Kita-Alltag werden in Brandenburg mindestens 8 bis 12 unter Dreijährige von einer Fachkraft betreut (bei einem gesetzlichen Personalschlüssel von 1:6) und mindestens 16 bis 23 Kinder ab drei Jahren (bei einem gesetzlichen Schlüssel von 1:12). Derart ungünstige Betreuungsverhältnisse wirken sich nicht nur auf die Kinder negativ aus, sondern erhöhen auch die Belastung der Kita-Fachkräfte mit der Folge hoher gesundheitlicher Risiken für diese Berufsgruppe. Die Personalausstattung ist schrittweise entsprechend aktueller bundesweiter fachlicher Empfehlungen für kindgerechte Betreuungsverhältnisse anzupassen; erste Schritte zur Annäherung an fachlich orientierte Empfehlungen sind auch hier schon längst überfällig. Personalschlüsselverbesserung für Hortkind-Betreuung Die durch die Landesregierung seit 2010 auf den Weg gebrachten Personalschlüsselverbesserungen haben die Betreuung der Hortkinder bislang nicht berücksichtigt. Hier stagniert seit fast zwei Jahrzehnten die Entwicklung und dies trotz einer zunehmend hohen Bedeutung der Übergangsgestaltungen, der zunehmenden Betreuung von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten oder Behinderung sowie der Kooperationen von Schule und Hort. Die vom Land entwickelten Hortbausteine sowie den in der Planung und fachlichen Diskussion befindlichen zweiten, speziell auf Schulkinder bezogenen Gemeinsamen Orientierungsrahmen für Schule und Kindertagesbetreuung können zwar fachlich begrüßt werden, setzen jedoch personelle und zeitliche Ressourcen voraus, die eine individuellere Betreuung der Kinder sowie Zusammenarbeit entsprechend der geforderten Standards ermöglichen. Stärkung der Fach- und Praxisberatung Das Angebot an Fach- / Praxisberatung (1 Fach- / Praxisberatung pro Ø 2.540 Kita-Plätze) ist nicht ausreichend, um Einrichtungen bei konzeptioneller, fachlicher und qualitativer Weiterentwicklung zu unterstützen und zu begleiten. Neben der geringen Dichte an Fachberater_innen führen die Aufgabenvielfalt sowie fachberatungsferne Themen dazu, dass diese aus Zeitmangel ihre Fort- und Weiterbildungsfunktion sowie ihre Beratung in den Einrichtungen nicht im gewünschten Umfang ausüben können. Immerhin ein Drittel Seite 4 von 6

der Berater_innen fühlt sich zudem durch fachberatungsferne Themen belastet. Einrichtungen in freier Trägerschaft berichten (insbesondere aus dem ländlichen Raum), dass sie nicht oder kaum in den Genuss von (öffentlicher / kommunaler) Fachberatung kommen. Einerseits sind die örtlichen öffentlichen Träger der Jugendhilfe (Jugendämter) für die Finanzierung und die fachliche Steuerung bezüglich einer kontinuierlichen Qualitätssicherung und -entwicklung in der Kindertagesbetreuung (nach 22a, 79 und 79a SGB VIII) verantwortlich. Andererseits beteiligt sich das Land Brandenburg vor dem Hintergrund der hohen Bedeutung der Fachberatung und angesichts seiner fachlichen Steuerungsfunktion mit einem Landeszuschuss von max. 2.800 / Jahr an den Personalkosten von rd. 20 Praxisberater_innen der öffentlichen / kommunalen Träger der Jugendhilfe und der Freien Träger. Damit hat das Land Brandenburg zwar ein qualitativ gutes, aber quantitativ noch nicht ausreichendes Netz von Praxisberatung, in dem insgesamt 63 Praxisberater_innen (meist in Teilzeit) bei den Jugendämtern, Gemeinden und Verbänden für ein Angebot mit insgesamt rund 160.000 Plätzen tätig sind. Auch hier sehen wir weiteren zwingenden Handlungsbedarf zur Unterstützung bei der Entwicklung von Einrichtungs- und Trägerqualität, damit diese ihren gesetzlichen Aufträgen in erforderlicher Weise nachkommen können. Weitere Dialoge und Verständigungsprozesse notwendig Wir bitten um deutliche Unterstützung bei der Umsetzung des Beschlusses des Landes- Kinder- und Jugendausschusses zur Einrichtung eines Expertendialogs durch alle in der Verantwortung stehenden. Dabei müssen aus Sicht der LIGA Brandenburg analog der Empfehlungen aus dem Projekt KitaZoom u.a. folgende Aspekte im Vordergrund der Fortführung der (fach-) politischen Dialoge stehen: Standards festlegen - Welche strukturellen Rahmenbedingungen sollen in Brandenburg gewährleistet werden? Betriebskosten transparent machen - Welche Betriebskosten verursachen diese festgelegten Standards? Prioritäten setzen, politische Entscheidungen treffen - Welche Qualität will Brandenburg? Welche Qualität kann Brandenburg realisieren? Pädagogische Qualität definieren und Umsetzungsbedingungen bestimmen - Verständigungsprozesse von Politik, Verwaltung und Fachpraxis Steuerungseffekte verschiedener Finanzierungsvarianten identifizieren & Prioritäten festlegen Kostenarten und -niveaus festlegen - Betriebskostensystematik für gemeinsame Transparenz und Steuerung nutzen Seite 5 von 6

Gemeinsam für: Gute Bildung. Von Anfang an! Aus den dialogisch konkretisierten Themen müssen weitere Priorisierungen und Umsetzungsstufen als Empfehlungen hervorgehen, die gemeinsam und auch über eine Legislaturperiode hinaus verfolgt werden. Alle Akteure im Kita-System müssen sich dafür auf verlässliche Standards in der Ausstattung von Personalressourcen, Sachausstattung und Finanzierung verständigen. Dies erfordert eine gewaltige Kraftanstrengung, die nur gemeinsam zu stemmen ist ganz im Sinne des Mottos der Kita-Kampagne 2014: Gemeinsam für: Gute Bildung. Von Anfang an!. Potsdam, den 07. Juli 2016 Seite 6 von 6